Die verkehrte Welt der EDK – Eine Zusammenfassung

Condorcet-Autor Felix Schmutz fasst die Analyse von Professor Walter Herzog zusammen.

Mit dem Harmos-Konkordat wollte die EDK die Schulbildung in der Schweiz deutlicher an der Lernleistung der Schülerinnen und Schüler orientieren, was periodisch durch die Überprüfung von Mindeststandards gemessen werden sollte. Mit der ÜGK (Überprüfung der Grundkompetenzen) 2016 und 2017 wurden allerdings nur ausgewählte Grundkompetenzen getestet, deren Selektion im Wesentlichen nach erhebungstechnischen Kriterien (Multiple-Choice Aufgaben) erfolgte. Die Beschränkung auf ein kleines Segment des obligatorischen Bildungsauftrages, auch in den geprüften Fächern Sprache und Mathematik, sendet das fatale Signal aus, dass pädagogisch nur wichtig ist, was sich im Rahmen einer solchen Studie messen lässt.

Paradox ist die Diskrepanz zu den PISA-Ergebnissen: Während die ÜGK der Schweizer Schülerschaft schwache Mathematikkenntnisse, jedoch gutes Leseverständnis bescheinigt, bezeugen die PISA-Resultate seit 2000 stets gute Mathematikleistungen, hingegen eine geringe Lesekompetenz.

Das Centre konstatiert schwerwiegende Mängel

Eine gewisse Klärung bringt das von der EDK angeforderte Gutachten des Centre for Educational Testing der Universität Luxemburg. Es konstatiert bei der Überprüfung der Mathematikkompetenzen schwerwiegende Mängel bei der Auswahl und Validierung der Testaufgaben, bei der Entwicklung des zugrunde liegenden Kompetenzmodells und bei der Festlegung der Schwellenwerte, die eher Regelstandards (ein mittleres Niveau) als Mindeststandards (von allen zu erreichen) entsprechen.

Konsequenterweise hätte die EDK aufgrund der kaum interpretierbaren Ergebnisse das Scheitern der Überprüfung eingestehen, die untauglichen Mindeststandards überarbeiten und auf die Publikation der Resultate verzichten müssen. Stattdessen lenkt sie mit der Ausrede, dass mit den beiden Erhebungen zur Mathematik und zur Sprache erst der Ausgangspunkt des Harmonisierungsprozesses erfasst werde, von ihren Versäumnissen ab. Die Reaktion steht in eigenartigem Widerspruch zum Verhalten der EDK angesichts der PISA-Erhebung von 2015, deren schlechte Resultate mit methodischen Mängeln der Testanlage zu relativieren versucht wurden. Auf die weit schlechtere Qualität der eigenen Studie wird mit einer Strategie reagiert, die im Luxemburger Gutachten als rhetorisch bezeichnet wird.

Kritisiert wird im Luxemburger Gutachten auch die Tatsache, dass die EDK gleichzeitig als Auftraggeberin und operative Leiterin des Testverfahrens auftritt. Es besteht der Verdacht, dass die wissenschaftliche Erhebung durch politische Einmischung beeinflusst wurde. Vermutlich haben die unerwarteten Resultate bei der Überprüfung der Grundkompetenzen in Mathematik die EDK-Plenarversammlung bewogen, das Gutachten aus Luxemburg einzuholen und die Publikation der Ergebnisse bis Mai 2019 hinauszuschieben.

Ernüchternd und unergiebig

Die gewonnenen Daten aus der ÜGK sind im Hinblick auf allfällige Massnahmen zur Verbesserung von Schule und Unterricht ernüchternd unergiebig. Die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen lassen sich durch Kontextvariablen (wie Geschlecht, soziale Herkunft, Immigration, Stundendotation) nicht sinnvoll erklären. Als problematisch erweist sich, dass die Beschränkung auf die Überprüfung von Grundkompetenzen einen Vergleich mit den PISA-Studien, die jeweils das ganze Kompetenzspektrum abdecken, erschwert, wenn nicht verunmöglicht.

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Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) erschienen (Septemberausgabe 2019).

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Ein Kommentar

  1. Die EDK – hahaha!
    Kafkaesk, was da abläuft. So viel Selbstherrlichkeit und Selbstüberschätzung kann nur scheitern und scheitern lassen. Der Staatsschule laufen die Lehrpersonen davon und die meisten Schülerinnen und Schüler der Abgangsklassen haben eher verlernt anstatt erworben. Zum Heulen ist das!

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