Albert Bitzius (1797–1854) alias Jeremias Gotthelf ist bekannt als Pfarrer und Schriftsteller – weniger als Kämpfer für die Schule. Als Schulkommissär entsetzten ihn die Zustände, die er in den schmutzigen Schulstuben antraf: völlig untaugliche Lehrer, erbärmliche Löhne, eintönige Paukerei ungerechte Behandlung der Kinder, Prügeleien mit dem Rohrstock. Weil er Schulgesetzgebung und Schulverwaltung deutlich kritisierte, kein Blatt vor den Mund nahm und Missstände öffentlich und in seinen Büchern anprangerte, wurde er als früher Whistleblower vom Berner Erziehungsdepartement als Schulkommissär entlassen.
Liberale Schulreform
Die Reform des Schulwesens war eines der zentralen Projekte der liberalen Bewegungen in der Schweiz seit dem liberalen Umschwung 1830/31 gewesen. Aufgrund der Liberalen Verfassung von 1831 wurde im Kanton Bern 1835 das «Gesetz über die öffentlichen Primarschulen» als Grundlage für eine Reform des Schulwesens verabschiedet. Bitzius war 1830 in Bern bei den Vorbereitungen zum Sturz des alten Regiments noch führend mitbeteiligt, hatte sich jedoch von der siegreichen Bewegung bald nach 1831 abgewendet, indem er den Vorwurf erhob, hier etabliere sich eine neue Aristokratie mit dem vorherrschenden Interesse der Geldkumulation.
Er wirkte als Pfarrer und Schulkommissär tatkräftig an den Veränderungen im Sozial- und Bildungswesen des Kantons Bern mit. Die Forschungen Gustav Toblers («Jeremias Gotthelf und die Schule» 1907) und Hans Bloeschs («Jeremias Gotthelf. Unbekanntes und Ungedrucktes über Pestalozzi, Fellenbergund die bernische Schule» 1938) zeigen, dass er sich mit leidenschaftlicher Anteilnahme um das Wohl der Schule seiner Zeit kümmerte. Sein von ihm verehrter Lehrer Lutz nannte seinen Eifer «unbescheidene Zudringlichkeit».
Nie hätte ich geglaubt, dass das Unterrichtgeben so nützlich wäre, da lernt man erst, indem man zum Erklären genötigt ist.
Lehrer und Menschenbildung
Bereits als Jugendlicher interessierte sich Bitzius für pädagogischen Fragen. Während seines Studiums beschrieb er seine künftige Tätigkeit als Pfarrer: «Bildung des Menschen in der mir anvertrauten Gemeinde wird meine erste und einzige Pflicht sein.»
1818 übernahm er als 21-jähriger Student für eineinhalb Jahre eine Stellvertretung an der «Grünen Schule», dem Progymnasium in Bern. Die Tätigkeit in der Schulstube, deren Anforderungen und die Bereicherung für den Lehrer beschrieb er folgendermassen: «Ich sehe alle Tag, dass mir vieles fehlt, vieles ich falsch angreife…» «Nie hätte ich geglaubt, dass das Unterrichtgeben so nützlich wäre, da lernt man erst, indem man zum Erklären genötigt ist, über Dinge Rechenschaft zu geben, von denen man sonst geglaubt, man verstünde sie von selbst.»
Er kam zum Schluss, dass nicht das Lernen an sich, sondern die Entwicklung des Charakters und Bildung desselben die höchsten anzustrebenden Ziele seien. Fortan blieb sein Interesse an pädagogischen Fragen bis zu seinem Tode. Dabei geriet er immer wieder mit dem Erziehungsdepartement, den lokalen Behörden und Autoritäten in der Schulpolitik wie beispielsweise mit Philipp Emanuel von Fellenberg in Konflikt:
«Damals (nach der Regeneration) war der Kanton Bern der Schauplatz verschiedenartigster Kriege, unter welchen doch keiner mit der Erbitterung geführt wurde wie der pädagogische.» Er sei «einigermassen in diese Kriege verflochten» worden und habe dabei «mehr als eine Lanze mit Herrn Fellenberg» gebrochen.
Während seiner Vikariatszeit in Utzenstorf bis 1824 half Bitzius regelmässig dem Schulmeister im Dorf aus und versuchte die Dorfbewohner zum Neubau eines Schulhauses zu bewegen. 1828 unterbreitete er als Pfarrvikar in Herzogenbuchsee dem Bernischen Kirchenrat Reformvorschläge für das Schulwesen. 1829 geriet Bitzius im «Bollodinger Schulstreit» in Konflikt mit dem Oberamtmann von Effinger in Wangen, weil er sich für den Schulmeister Johannes Steiger einsetzte, dem zufolge einer Schulteilung der Lohn gekürzt werden sollte. Weil sich Bitzius gegen diese Ungerechtigkeit erfolglos gewehrt hatte drohte man ihm mit Zwangsversetzung nach Amsoldingen. Es gelang im jedoch die Versetzung rückgängig zu machen und sie wurde in eine Beförderung als Vikar an die Heiliggeistkirche in Bern umgewandelt.
Grosse Landschulkommission und Armenerziehungsanstalt
Bitzius wurde 1832 in die Grosse Landschulkommission gewählt, die ein neues Schulgesetz für den Staat Bern erarbeiten sollte. Von 1834 bis 1836 wirkte er als Lehrer für «Vaterländische Geschichte» an den staatlichen Lehrerfortbildungskursen («Burgdorfer Normalkurse» für angehende und bereits amtierende Volksschullehrer) in Burgdorf und wurde dabei von Fellenberg öffentlich kritisiert. Bitzius hatte für die Unterrichtsvorbereitung u.a. das Buch «Des Schweizerlands Geschichte für das Schweizervolk» von Heinrich Zschokke (1834) benutzt. Die «Weltbeglückungsideen» Fellenbergs wurden zu einem öffentlichen Hindernis der Schulentwicklung. Sowohl die Ausarbeitung eines Schulgesetzes, wie die Etablierung einer funktionierenden Lehrerbildung wurden immer wieder durch seine öffentliche Polemik gestört und die Öffentlichkeit wurde verunsichert.
Bei sehr guter Schulzucht erwarb er sich die Liebe der Kinder, die Achtung der Eltern und brachte die Schule in einen sehr erfreulichen Zustand. Auch sein Betragen ausser der Schule, das manchem jungen Lehrer zum Muster zu geben wäre, verdiente nie eine Rüge.
Seit 1835 leitete Gotthelf gemeinsam mit Gleichgesinnten im Bezirksverein für christliche Volksbildung eine Armenerziehungsanstalt. Dieser beauftragte ihn mit einer Werbeschrift für die Armenerziehung, was angesichts der Sparsamkeit der Bauern keine leichte Aufgabe war. Das Ergebnis, das Buch die Armennoth, ist zugleich Kampfansage an den Kinderverding und Erfolgsbericht der vom Kanton geförderten und bis 1872 bestehenden Trachselwalder Anstalt.
Wahl zum Schulkommissär
Gotthelfs Einsatz für die Schule wurde 1835 mit der Wahl zum Schulkommissär des Kommissariatskreises Lützelflüh honoriert, zu dem Lützelflüh, Hasle, Rüegsau und Oberburg gehörten. In dieser Funktion – neben seinem Pfarramt und seiner schriftstellerischen Tätigkeit – beaufsichtigte er 19 Schulen, die er auch tatsächlich regelmässig besuchte. Andere Schulkommissäre schreckten die langen Wege ab, im Fall Gotthelfs bis zu vier Stunden.
Bitzius setzte sich immer wieder für seine Lehrer ein: So stellte er am 23. August 1840 als Aktuar der Schulkommission Lützelflüh dem Lehrer Stucker, der wegen seines Pflichteifers, seiner Schulführung und seines Betragens sehr geschätzt war, folgendes Zeugnis aus: «Bei sehr guter Schulzucht erwarb er sich die Liebe der Kinder, die Achtung der Eltern und brachte die Schule in einen sehr erfreulichen Zustand. Auch sein Betragen ausser der Schule, das manchem jungen Lehrer zum Muster zu geben wäre, verdiente nie eine Rüge».
Als der Schulkreis von Grünenmatt Stucker, der damals noch Unterlehrer in Lützelflüh war, als Oberlehrer begehrte, schrieb Bitzius im Auftrag der Schulkommission von Lützelflüh an das Erziehungsdepartement: Stucker, «ein sittlicher, friedlicher, begabter Lehrer erwarb sich die Liebe der Gemeinde und der Schulbehörde und die letztere theilt mit dem Schulkreis die Überzeugung, dass derselbe unter obwaltenden Umständen zu dieser Stelle am besten passe, da seine bekannte Persönlichkeit eine Garantie des zurückkehrenden Friedens darbietet»
Eindringlich erinnerte er die Behörden und die Lehrer immer wieder an ihren Auftrag, ohne Rücksicht auf seine eigene Person, sein Image oder seine Karriere. So schreibt er beispielsweise im Schulbericht von Lützelflüh ungeschminkt:
“Im Durchschnitt des Winters findet sich kaum die Hälfte der Kinder in der Schule ein, in den zwei ersten Monaten nicht ein Drittel…. . 1/50 versucht sich an Aufsätzen, ein 1/75 verirrt sich in Brüchen, 1/758 (die Gemeinde Lützelflüh zählte 758 Schüler) weiss, wo kleine und grosse Anfangsbuchstaben stehen sollen. 0/758 bildet einen vernünftigen Satz.”
Er berührt dabei nicht nur zahlreiche pädagogische Konzepte, sondern zeigt auch die soziale Rolle des Schulmeisters auf.
Freuden und Leiden eines Schulmeisters
In den Jahren 1838 und 1839 veröffentlichte er das Buch «Leiden und Freuden eines Schulmeisters» (2 Bände), in das viele Erfahrungen aus seiner Schulkommissärs-Zeit einflossen. Gotthelf schrieb, dass er in dieser Form soziale Missstände und Vorschläge zur Reform zum Ausdruck bringe, weil er sich auf dem Dienstweg kein Gehör verschaffen könne. Schulkommissär Gotthelf und der fiktive Schulmeister Peter Käser seien beide «unterdrückte Naturen», der Schulmeister könne sich allerdings allein nicht freikämpfen. Er fühlte den inneren Auftrag, etwas Konkretes zu tun und zu verändern. Er konnte weder schweigen noch zuwarten. Energisch setzt er sich darin für die allgemeine Schulpflicht, für eine bessere Schulbetreuung und eine bessere Lehrerbildung ein – ganz im Sinne des Volksschulgedankens von Heinrich Pestalozzi. Aus der Sicht des Primarlehrers Peter Käser im fiktiven Ort «Gytiwyl» schildert er in seinem Roman die Verhältnisse im Schulwesen, die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen der Schulmeister schonungslos:
«Dass meine Gelehrsamkeit nicht weit her sei und mein Unterricht selbst eine Stümperei, das sah ich noch nicht ein. Ich begriff noch immer nicht, wie man von einem Schulmeister verlangen könne, dass alle Kinder sollten rechnen und schreiben lernen, und noch viel weniger fiel mir ein, dass die Kinder lernen sollten, Selbstgedachtes auszudrücken, dass sonst das Schreiben ihnen nichts nütze. Ich begriff noch gar nicht, wie man eine Schule in Klassen abteilen und sogar vieles möglich machen könne, was bei der alten Unordnung unmöglich schien».
Er berührt dabei nicht nur zahlreiche pädagogische Konzepte, sondern zeigt auch die soziale Rolle des Schulmeisters auf. Den unmittelbaren Rahmen und Hintergrund des Romans stellt die allgemeine Primarlehrerprüfung dar, welche 1836 zur künftig leistungsbezogenen Lehrerbesoldung durchgeführt wurde. Mit diesem Buch gelang es Gotthelf, sich und seinen Anliegen Gehör zu verschaffen. Es entspannten sich heftige Debatten, und viele dringende Veränderungsprozesse kamen in Gang.
Gotthelf wusste, dass Kritik manchmal deutlich sein musste. Wo man Missstände verdeckt oder gar verdrängt, da ist laut und unanständig korrekter als leise und anständig.
Kritik an der Obrigkeit
Gotthelf wusste, dass Kritik manchmal deutlich sein musste. Wo man Missstände verdeckt oder gar verdrängt, da ist laut und unanständig korrekter als leise und anständig. Polemik, Polarisierung, Provokation sind Gotthelf nicht fremd. Von diesen Stilmitteln machte er regen Gebrauch. In vielen Fällen ist Imagepflege gar Verrat an der Sache. Lob und Anerkennung sind zwar angenehm, stehen aber oft genug dem Guten im Wege. Selbstverständlich verdarb es sich Gotthelf wegen seiner Kritik auch mit der Obrigkeit. Er hatte sich stark gemacht um die Schule und vor allem um die Kinder, was zum Bruch mit der schulischen Obrigkeit führen musste.
In seinem Brief vom 9. August 1841 an Lehrer Stucker, der sich im Seminar Kreuzungen seiner Weiterbildung widmete, schildert er, welche Erfahrungen er als Schulkommissär machen musste:
«Da schnauzt uns das Erziehungsdepartement ab, zeigt das Volk uns die Zähne, hängen die Seminaristen einem heimlich die Nägel ein, und wenn man unverdrossen das Alles duldet, so hat man endlich den Lohn, dass es heisst: man sei ein verfluchter Pfaff. Und wenn es einer sagt, so sagen es alle halbgebackenen Helden nach, wie auch alle Frösche in einem Weiher quacken, wenn einmal einer angefangen hat. Unser Erziehungsdepartement hat einen Unterrichtsplan losgelassen und einige 40 Fragen, welche jährlich beantwortet werden müssen, und zwar über jede Schule. Es heisst, sie hätten das Formular dazu aus China express kommen lassen.»
Entlassung
1844 stellte Bitzius in der international bekannten «Pädagogischen Revue» von Dr. Karl Mager in einem anonymen Beitrag das bernische Schulwesen allzu drastisch an den Pranger und warf im gravierende Mängel und Pflichtversäumnisse vor. Damit brachte er das Fass zum überlaufen. Als Verfasser identifiziert, wurde er 1845 in verletzender Weise durch das verärgerte Erziehungsdepartement als Schulkommissär entlassen und durch einen jungen Vikar aus Oberburg ersetzt.
Der Kampf geht weiter
Nichtsdestotrotz beschäftigte sich Gotthelf weiterhin mit pädagogischen Angelegenheiten. Wenn Gotthelf Elend und Unglück sah, konnte er nicht tatenlos zusehen, er musste handeln und etwas verändern. Er wirkte stets vor dem Hintergrund seines starken christlichen Glaubens. Leben und Glaube bildeten für ihn eine Einheit. Im Namen der Gemeinde Lützelflüh verfasste er 1849 eine Eingabe zum geplanten neuen Schulgesetz von 1856 an den Grossen Rat.
Gotthelf hat mit seiner Polemik das bernische Schulwesen stärker gefördert als mancher, der mit seiner Kritik hinter dem Berg zurückhielt oder überhaupt kritiklos alles schluckte. Berechtigte Anliegen trennten Gotthelf von vielen Vertretern der jungen Lehrergeneration. Gegen ihren Standesdünkel, der oft umso grösser sich aufblähte, je kleiner und oberflächlicher Wissen und Bildung waren, gegen die sich überall breit machende «Halbschoppenbildung» und «Pintenaufklärung» führte er einen Kampf, in dem es ihm um die besten Elemente des Berner Geistes ging. Der falschen, hochmütigen Ein-Bildung stellte er die einfache Herzensbildung gegenüber. Er hatte auch gegen den Eigennutz der Bauern, gegen die Vernachlässigung der Sommerschule, gegen Vorurteile und Mangel an Gemeinnützigkeit anzukämpfen.
Während der Reformzeit war Bitzius als engagierter Pfarrer, Bildungsplaner, Lehrer, Schulkommissär, Beobachter und Kritiker an der Entwicklung und Ausgestaltung des modernen Berner Schulsystems massgeblich beteiligt. Er engagierte sich Zeit seines Lebens unermüdlich für den Aufbau und die Verbesserung des bernischen Schulwesens. Mit seiner fordernden Art und seinem unerbittlichen Kampf geriet er immer wieder in Konflikt mit dem Erziehungsdepartement, den lokalen Behörden und Autoritäten der Schulpolitik.
Kritische Stimme im Berner Blätterwald
Im «Bauern-Spiegel» und im zweiten Roman «Leiden und Freuden eines Schulmeisters», die von 1836 bis 1838 entstanden, kommen alle sozialen und politischen Probleme zur Sprache, für deren Lösung sich Bitzius seit seiner Vikariatszeit engagierte und zu denen er seitdem in Zeitungen, Schul- und Vereinszeitschriften, Reden und Eingaben an das Berner Erziehungsdepartement Stellung nahm. Je weiter sich sein Ruhm als Erzähler verbreitete, desto hartnäckiger setzte er sich für die Verbesserung des Schulwesens ein, umso mehr wuchsen auch Furcht und Respekt vor seiner satirischen Stimme in mehr als 100 Zeitungsartikeln bis 1852 im Berner Blätterwald.
Bitzius kämpfte für die allgemeine Schulpflicht, notfalls mit Strafen für die säumigen Eltern – womit er sich natürlich nicht beliebt machte.
Allgemeine Schulpflicht, neue Schulhäuser, mehr Lohn für Lehrer
Bitzius kämpfte für die allgemeine Schulpflicht, notfalls mit Strafen für die säumigen Eltern – womit er sich natürlich nicht beliebt machte. Zu Gotthelfs Zeiten behielten viele Bauern ihre Kinder für Hof- und Feldarbeiten zuhause, statt sie in die Schule zu schicken. Gotthelf verfügte über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und eine scharfe Beobachtungsgabe. Er porträtierte die Bauern in all ihren Facetten – nicht nur mit den Sonn-, sondern auch mit den Schattenseiten. Auch im Schulwesen lag damals vieles im Argen. So setzte sich Gotthelf für eine bessere Schulbildung ein. Auch auf der Seite der Lehrer gab es viele Missstände, da der Beruf wegen des geringen Lohns und Klassenzahlen von bis zu 100 Schülern in einem Raum unattraktiv war. So setzte sich Gotthelf für den Bau neuer Schulhäuser und die bessere Besoldung der Lehrenden ein. Zitat Gotthelf: «Ein Schulmeister ist denn doch kein Jagdhund, der am hungrigsten am besten jagt. Sondern sein Kopf steht bis auf einen gewissen Punkt in akkurat geradem Verhältnis zum Magen.» Er konnte jedoch auch mit gutmütiger Ironie auf seine Schützlinge, die Schulmeister, bemerken, dass sie «bei höherer Besoldung nur längere Pfeifen anschaffen würden».
Gotthelf kritisierte das Fehlen von einheitlichen Unterrichtsplänen und den Wirrwarr von verwendeten Lehrmitteln mit spitzer Feder.
Einheitliche Unterrichtspläne und Lehrmittel
Gotthelf kritisierte das Fehlen von einheitlichen Unterrichtsplänen und den Wirrwarr von verwendeten Lehrmitteln mit spitzer Feder. An den Berner Schulen herrschte eine «babylonische Verwirrung». Er bemühte sich um eine Vereinheitlichung des Schulstoffes im Kanton Bern und setzte sich mit verschiedenen Schulbüchern auseinander.
Gegen den Alkoholmissbrauch
Gotthelf war gegen die Liberalisierung der Berner Wirtshausgesetzgebung, er bekämpfte den zu häufigen Wirtshausbesuch und den damit einhergehenden Alkoholkonsum von Lehrern und Schülern. So berichtete er in Briefen an das Erziehungsdepartement von Schülern, die regelmässig ins Wirtshaus gingen, sowie von Lehrern mit Alkoholproblemen. Einen konkreten Grund zur Kritik gab die Gemeinde Rüegsau. Dort befand sich der Gasthof näher am Schulhaus, als gesetzlich erlaubt war.
Sozial verträgliche Massnahmen auf Gemeindeebene
Bitzius strebte nach direktem Wirken und konkreten Massnahmen auf Gemeindeebene. Eine sparsame, sozial verträgliche Gemeindepolitik sei der Prüfstein für die politische Kultur der Bürger, die auf zwei Säulen ruhen müsse. Einerseits werde sie durch Schulpflicht und ein einheitliches, breites Bildungsangebot erzeugt, andererseits griffen Schule und religiöse Unterweisung erst dann, wenn der soziale Zusammenhalt der Familie gesichert sei. Transparenz der Verwaltung, Anwendung der Gesetze und Kontrolle der Beamten seien vorrangig Aufgaben eines bürgernahen Staates.
Lebenswirklichkeit und zeitlose geistige Werte
Gotthelf blieb mit Namen und Schriften bis heute aktuell, während die Zeit über alle seine vielen Gegner hinweggegangen ist. Der Grund dafür ist einfach: Weil Gotthelf sich nicht für politische Ideologien oder theoretische Gesellschafts- und Wirtschaftskonstruktionen interessierte, sondern einzig für die Lebenswirklichkeit und die zeitlosen geistigen Werte, die diese Lebenswirklichkeit lebenswert machen.
Quellen:
Gustav Tobler: Jeremias Gotthelf und die Schule. Verlag Wyss, Bern 1906
Barbara Mahlmann-Bauer et al. (Hg.): Jeremias Gotthelf und die Schule. Katalog zur Ausstellung in der Gotthelf-Stube in Lützelflüh 2009. Bern 2009.