Pisa-Reaktion

Mehr Mathe und Deutsch an Bayerns Grundschulen

Als Reaktion auf die jüngsten Ergebnisse der PISA-Studie baut Bayerns Kultusministerin Anna Stolz den Stundenplan in der Grundschule um: Künftig soll es in Bayern pro Woche mehr Unterricht in Deutsch geben und teils auch in Mathe. Wir bringen einen Bericht des bayrischen Rundfunks.

Eine Stunde mehr Deutschunterricht pro Woche für alle Jahrgangsstufen sowie eine Stunde mehr Mathematik in der ersten und in der vierten Klasse: Das hat Bayerns Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern angekündigt – als Reaktion auf das schlechte Abschneiden bei der jüngsten Pisa-Studie.

Julian Löwis, Journalist des bayrischen Rundfunks

“Lesen, Schreiben, Rechnen ist das Wichtigste, was unsere Schülerinnen und Schüler können müssen”, sagte Stolz zur Begründung. In den vergangenen Wochen habe sie viele Gespräche mit Mitgliedern der Schulfamilie und der Wissenschaft geführt und intensiv an einem Maßnahmenpaket gearbeitet.

Mehr individuelle Förderung – vor allem beim Lesen

Neben mehr Deutsch- und Matheunterricht sollen alle Kinder stärker individuell gefördert werden. Dafür will Stolz verbindliche Lesescreenings einführen, “um den Lehrkräften noch besser Aufschluss über Lesefähigkeiten zu geben und eine genauere Diagnose zu ermöglichen”. Laut Ministerium sind außerdem zielgerichtete Lehrerfortbildungen, Unterrichtsmaterialien und eine Stärkung der frühkindlichen Sprachförderung in dem Maßnahmenpaket vorgesehen.

“Innerhalb dieses festen Rahmens bekommen die Schulen aber auch zusätzliche pädagogische Freiräume”, sagte Kultusministerin Stolz. “Schließlich sind die Lehrkräfte die Profis vor Ort, die ihre Schülerinnen und Schüler am besten kennen.”

Wo gekürzt wird, ist noch nicht bekannt

Die Änderungen wirken sich auch auf die Wochenstundenzahl aus: Die erste Klasse bekommt eine Wochenstunde mehr, die vierte eine weniger. Damit gibt es künftig in den Jahrgangsstufen eins und zwei einheitlich 24 Stunden und in den Jahrgangsstufen drei und vier einheitlich 28 Stunden Unterricht pro Woche.

“Wir müssen den Mut haben, Prioritäten zu setzen und auch Neues zu wagen.”

Unterm Strich soll es aber nicht mehr Unterrichtsstunden an den Grundschulen geben – es soll also an anderer Stelle gekürzt werden. Wo genau, ist noch offen. Aus Sicht von Stolz sollten die Lehrpläne wieder auf das Wesentliche konzentriert werden: “Wir müssen den Mut haben, Prioritäten zu setzen und auch Neues zu wagen.”

Anna Stolz, Kultusministerin in Bayern: Deutsch und Mathematik gehören zu den wichtigsten Kompetenzen.

BLLV lobt flexiblen Rahmen – hat aber noch Fragen

Lob für die Pläne kommt vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV): “Jawoll! Genau so muss modernes Management von Schule aussehen”, schrieb Präsidentin Simone Fleischmann. Das Kultusministerium gebe damit einen Rahmen vor, in dem die Schulleitungen vor Ort flexibel agieren könnten.

Auf Nachfrage von BR24 bestätigte ein Ministeriumssprecher, dass das Kultusministerium den Schulen Spielraum lässt, wie sie den Stundenplan umbauen. Allerdings werde es eine Liste an Fächern geben, “die nicht angetastet werden dürfen”. Welche das sind, werde im Augenblick erarbeitet. Diese Herangehensweise erkenne an, “dass die Profis die Kolleginnen und Kollegen sind, die dann mit den entsprechenden Voraussetzungen in diesem gegebenen Rahmen handeln können”, lobte Fleischmann.

Es gebe aber durchaus noch Fragen zu klären. So brauche es zwar dringend einen Fokus auf die Kernkompetenzen, aber eben auch auf ganzheitliche Bildung, die so viel mehr sei als nur Deutsch und Mathematik. Außerdem fragt Fleischmann: “Wo sollen denn nun all die Grundschullehrkräfte herkommen, die all diese Aufgaben übernehmen?” Schließlich gebe es noch immer einen Lehrkräftemangel, der zu Unterrichtsausfällen an den Grundschulen führt und die Lehrerinnen und Lehrer enorm strapaziert.

Einführung zum kommenden Schuljahr

Der neue Stundenplan soll bereits zum kommenden Schuljahr 2024/2025 umgesetzt werden. In den nächsten Wochen soll sich laut Kultusministerium das bayerische Kabinett damit befassen und die Schulordnung entsprechend anpassen. Da Ministerpräsident Söder jüngst ähnliche Schritte gefordert hatte, kann davon ausgegangen werden, dass die CSU den Vorschlägen der Freien-Wähler-Ministerin Stolz nicht im Wege steht.Zum Zankapfel könnte werden, welche Unterrichtsfächer vom Kultusministerium als flexibel eingestuft werden. Dass zum Beispiel der Religionsunterricht angetastet würde, dürfte mit Ministerpräsident Söder nicht zu machen sein.

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3 Kommentare

  1. Dass ausgerechnet auf einem Portal, in dem Schulbildung diskutiert wird, das Wort “Appell” zu “Appel” vertippt ist, finde ich nicht so gut:

    Pisa-Chef rechnet knallhart mit Lehrern ab – und hat dann einen wichtigen Appel

    Bitte ausbessern, dann meinen Kommentar streichen. Danke.

    PS: Es gibt auch Seiten hier, auf denen der Name “Looser” (wenn ich mich recht erinnere) zu “Loooser” vertippt ist.

    1. Lieber Herr Greiter, es ist uns peinlich. Danke für den Hinweis. Immerhin könnte man als Entschuldigung anfügen, dass das Wort Appell so im Beitrag der Zeitung stand, also “Appel”. Copy/paste ist natürlich keine Ausrede, dieser Fauxpas geht auf unsere Rechnung.

    2. Kleiner Hinweis: Der “Verlierer” ist auf Englisch der “loser” mit stimmhaftem s von to lose = verlieren. “Loose” heisst “locker” mit stimmlosem s. Beide Wörter werden mit langem u gesprochen.

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