Braucht es überhaupt einen Chef?
Der Begriff «Chef» hat heutzutage eine eher schlechte Konnotation erlangt. Auch «Vorgesetzter» macht es nicht besser. Das dazu passende Verb «führen» hat es auch in sich, vor allem in der substantivierten Form… Etliche privatwirtschaftliche Unternehmen verpassen sich (zumindest auf dem Papier) flache Hierarchieformen. Man ist in manchen Betrieben grundsätzlich per du und jedes Firmenmitglied darf sich wichtig fühlen. Dagegen ist solange nichts einzuwenden, wie die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche klar definiert sind und Übergriffigkeiten vermieden werden.

Zum Beispiel die Firma TESLA von Elon Musk. So erfahre ich via Google: «Tesla verfolgt das Ziel einer flachen Hierarchie, um die Kommunikation zu beschleunigen und Innovation zu fördern. CEO Elon Musk treibt dies voran, indem er bürokratische Hürden abbaut und die direkte abteilungsübergreifende Zusammenarbeit fördert. Die Struktur ist funktional ausgerichtet, mit speziellen Führungskräften für Schlüsselbereiche, um eine zentrale Kontrolle durch Musk zu ermöglichen und eine schnelle Umsetzung von Strategien zu gewährleisten.»
Allerdings kommt in diesem Google-Text sowohl das Wort «Führungskräfte» als auch der Begriff «zentrale Kontrolle» vor. Ganz oben ohne geht es also auch nicht…
Schule funktioniert doch auch so, oder?
In der Bildungspolitik entwickelte sich Ende der 90-er Jahre ein Paradigmenwechsel. Vom Diktieren hin zum Delegieren, vom Input hin zum Output. Schulen sollten gemäss dem damaligen Zürcher Bildungsdirektor Ernst Buschor wirtschaftsähnlicher geführt werden mit teilautonom geleiteten Schulen, neuem Lehrplan und moderner Kommunikation, sowie selbstorganisiertem Lernen (SOL) und alters-durchmischtem Lernen (ADL). Hinzu kam der Aufbau der integrativen Schule, die geplante Aufhebung der Unterrichtsniveaus auf der Sekundarstufe 1 und der Ruf nach Abschaffung der Noten. Im Unterschied zur Organisation des Kollegiums unter der straffen Autorität einer beinahe allmächtigen Schulleitung sollte im Klassenzimmer ein Klima der Alleingebundenheit herrschen ohne ersichtliche Führung. Begleiten hiess die Devise. Der sogenannte «Frontalunterricht», den man etwas wertschätzender auch als «Stoffvermittlung im Klassen-Lehrpersonen-Dialog» bezeichnen könnte, wurde auf die schwarze Liste gesetzt. Igitt? Nie mehr: «Alle schlafen, einer spricht – ja das nennt man Unterricht»…
Geführt werden sollte vielmehr und lediglich nur noch durch das Bereitstellen methodisch-didaktisch durchdachter Unterrichtsunterlagen, also Text- und Arbeitsblätter, die es dann im schulischen Grossraumbüro abzuarbeiten galt.
Das Ergebnis all dieser überstürzten Reformen wird heute deutlich sichtbar: Defizite in der Erstsprache, Mängel im mathematischen Können, weitgehendste Absenz von Resilienz und Durchhaltevermögen.
Hat es funktioniert?Defi
Kurze Antwort: Nein! Auswirkungen dieser Entwicklung mit pädagogischem Einheitsbrei (früher Gruppen- bzw. Projektarbeit genannt) waren:
- Ohrschutz im Unterricht wegen eines Lärmpegels, der Konzentration nicht mehr zuliess.
- Abgehängte Schülerinnen und Schüler, die die Selbstdisziplin für SOL nicht aufbrachten.
- Ein Kommen und Gehen und entsprechende Ablenkung dank ständiger separater Beschulung Einzelner.
- Viel mehr erwachsene Beauftragte im Schulzimmer und damit einhergehende Beziehungs-Beliebigkeit.
Das Ergebnis all dieser überstürzten Reformen wird heute deutlich sichtbar: Defizite in der Erstsprache, Mängel im mathematischen Können, weitgehendste Absenz von Resilienz und Durchhaltevermögen. Das hat natürlich nicht nur mit dieser System-Umstellung zu tun – Stichwort «Smartphone», doch das Delegieren der Lernverantwortung an die Lernenden war und ist fatal und eine glatte Überforderung der meisten Schüler.

Warum?
Reformen, vor allem, wenn sie übereilt angesetzt werden, sind eigentlich immer Angst- und Ideologie- geprägt. Die Reformen im Schweizer Schulwesen waren die Reaktion auf den aufrüttelnden PISA-Schock im Jahr 2000. Die Schülerinnen und Schüler, namentlich in Deutschland, aber auch in der Schweiz schnitten nicht erwartungsgemäss ab bei dieser ersten PISA-Prüfung. Also war alles Bisherige falsch, Neues musste ran – so der fehlerhafte Kurzschluss. Man hat panikartig das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, indem Bewährtes mit einer schon fast unglaublichen Arroganz verunglimpft und durch ungeprüfte neue Lernkonzepte ersetzt wurde.
Back to the future?
Was tun?
Die Gegenreform unter dem Motto «zurück zur Vernunft» kann nur noch von unten kommen. Basisdemokratisch. Gute Lehrerinnen und Lehrer haben schon vor dem erwähnten ideologischen Umbau so unterrichtet, dass Zuhören und Tun gleichwertig zum Zug kam. Begleiten und führen (im Sinne von instruieren und gemeinsam erarbeiten) sollen sich in einem guten Unterricht ergänzen. No more Blaming!
Etwas an der Wandtafel mit Kreide oder Stiften einführen, ein Experiment vorzeigen, Schülerinnen und Schüler anleiten, Kontrollieren und Bewerten ist das eine. Langsamer lernenden Schülerinnen und Schülern an einem Nachhilfetisch im Schulzimmer in aller Ruhe etwas nochmals erklären, während die Schnellere selbständig arbeiten, wäre das andere.
Die Starke Schule beider Basel vermeldete zusammen mit dem LVB unlängst, dass sich seit August 2024 an etlichen Schulen bei den Lehrerinnen und Lehrern ein Klima der Angst eingenistet hat, da basellandschaftliche Schulleitungen inzwischen per Dekret über derart viel Macht verfügen, dass «missliebige» Lehrpersonen bedenkenlos abgemahnt bzw. verwarnt werden können.
Beides hat Platz. Doch das geht nur, wenn Lehrpersonen wieder ihre pädagogische Freiheit und Verantwortung erlangen. Kompetentes Unterrichten hat aber nur dann eine Chance, wenn keine einseitigen Konzepte der PHs und keine engen Vorgaben von Schulleitungen dem pädagogischen Engagement der Lehrpersonen im Wege stehen.
An den Schulen herrscht vermehrt ein Klima der Ängstlichkeit
Die Starke Schule beider Basel vermeldete zusammen mit dem LVB unlängst, dass sich seit August 2024 an etlichen Schulen bei den Lehrerinnen und Lehrern ein Klima der Angst eingenistet hat, da basellandschaftliche Schulleitungen inzwischen per Dekret über derart viel Macht verfügen, dass «missliebige» Lehrpersonen bedenkenlos abgemahnt bzw. verwarnt werden können. Ein Eintrag in die Personalakte ist gesetzlich vorgegeben, allerdings ohne rechtlichen Anspruch auf Prüfung, aber oft kombiniert mit einer Kündigungsandrohung für den Fall der Nichteinhaltung der meist schwammig formulierten Vorgaben. Eine Instanz mit echter Revisionskompetenz, die solchem Treiben Einhalt gebieten könnte, existiert nicht mehr. Die Macht der Schulräte ist gebrochen und eine zahnlose Ombudsstelle wird es auch nicht richten. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Führung einer Schule im Diktatmodus kommen, dies ganz im Gegenteil zu dem, was für den Umgang im Klassenzimmer gefordert wird.
Diese bedenkliche Entwicklung beschränkt sich leider nicht nur auf das Baselbiet.
Fazit
Es ist Zeit, aufzustehen!

