Bildung und Erziehung, instruction et éducation! Wo soll die Schule stehen?

Alain Pichard setzte sich für den Namen Condorcet ein

Es ist kein Geheimnis, dass das Ansinnen, den Bildungsblog nach dem französischen Aufklärer und Mathematiker Jean-Marie Caritat Marquis de Condorcet und dessen Frau Sophie de Condorcet zu widmen, auf etwelche Skepsis stiess. Alain Pichard eröffnete den Startevent in der Welle 7 in Bern vor 50 interessierten UnterstützerInnen denn auch mit den Worten: «Zuerst war es nur ein Arbeitstitel, dann erkannte ich, wie aktuell dieses Powerpaar im Grunde genommen ist, und schliesslich setzte ich mich für diesen Namen ein, weil er auch Programm sein soll!»

Der emeritierte Genfer Pädagogikprofessor Bernard Schneuwly war es, der Alain Pichard vor vier Jahren bei einem Besuch in Genf auf Condorcet aufmerksam machte.  Und genau dieser Mann eröffnete am 18. Mai 2019 unseren Bildungsanlass mit einem Referat über die Bedeutung Condorcets. Dem gebürtigem Freiburger, der blendend Deutsch spricht, oblag die nicht so einfache Aufgabe, einem zwar interessierten, aber diesbezüglich eher uninformierten Auditorium die Wirkung und die Botschaft dieses Mannes nahezubringen.

Professor Bernard Schneuwly (Genf) bei seinem Eröffnungsreferat am 18. Mai in Bern

Das Referat, welches Sie in der Folge dieser Berichterstattung bald in einer Zusammenfassung lesen können, entwickelte sich zu einem Feuerwerk der Thesen Condorcets und beseitigte weitgehend die Zweifel, die allenfalls noch im Raume standen. Gerade im Zeitalter der Steuerungsobsessionen, der Beurteilungs- und Vermessungsmanie einer immer anmassenderen Allianz von Verwaltung, Politik und Wissenschaft, der Kompetenzorientierung und der Ökonomisierung,  hält uns Condorcet die Idee des Menschen entgegen, dem Wissen und Einsicht vermittelt, nie aber Ideologien und Umerziehung aufoktroyiert werden dürfen.

Unserem bekannten Mitstreiter, dem Zürcher Psychiater und Professor Allan Guggenbühl, war es dann überlassen, die vielen Mythen der aktuellen Bildungsrhetorik zu zerpflücken. Auch seine Aussagen werden in unserem Blog noch zusammengefasst wiedergegeben werden.

Allan Guggenbühl: Die Schule ist an und für sich ein genialer Ort

Allan Guggenbühl begann mit einer Ode an die Schule, als wichtigen Ort des Zusammenseins, des Halbchaos, des Lernens neben dem Unterricht. Er mahnte zu Gelassenheit und gleichzeitig zu Widerstand gegenüber den von den PH’s verkündeten Heilsstrategien modernen Unterrichtens.

Am Ende der beiden Referate gab es  eine Diskussion um die Frage des Gegensatzes zwischen Bildung und Erziehung. Einige empfanden die Aussagen von Allan Guggenbühl als «intellektuellenfeindlich», während andere die These Condorcets, wie sie von Herrn Schneuwly wiedergegeben wurde, nämlich seine strikte Unterscheidung von «éducation» und «instruction», in  ihrer Apodiktik in Frage stellten.

 

 

Die Referate lösten einen intensiven Diskurs aus.

Auch während des Apéros wurde heftig weiter debattiert. Im 2. Teil des Anlasses übernahmen dann die beiden Basellandschäftler das Zepter. Der Sekundarlehrer Philipp Loretz, künftiges Mitglied der Redaktion des Condorcet-Blogs, erklärte den Prozess des Zustandekommens des Blogs. Und mit Blick auf den 63-jährigen Alain Pichard, und den 26-jährigen Kim Thurnherr sprach der 49-jährige Loretz humorvoll von einem Generationenprojekt und «altersdurchmischten» Lernprozess, bei der er immer in der Mitte stand.

Kim Thurnherr schliesslich führte die interessierten ZuhörerInnen durch den Blog. Er stellte dabei klar, dass er nicht die Handhabung erklären werde, denn «ein Blog, den man erklären muss, ist kein guter Blog».  Aber es gab einige Fragen zu den Entscheidungen, welche das Trio gefällt hatte. Die Politologin und Publizistin Regula Stämpfli wies vehement darauf hin, wie wichtig nun die Positionierung des Blogs im Bereich der «social media» sei.

 

 

Um 17.00 Uhr wurde der Anlass beendet. Kim Thurnherr musste noch einige Korrekturen mit den Autorinnen besprechen, der Fotograph und Lehrer Fabian Bütikofer seine letzten Portraits vollenden und der Basler Gymnasiallehrer Georg Geiger  dankte den Initiatoren, allen voran dem ständigen «Antreiber» Alain Pichard, für deren Arbeit. Das hatte natürlich auch eine pfiffige Komponente. Denn den ersten heftigen Disput auf dem Blog lieferten sich just diese beiden

Altlinken… Nachzulesen im Condorcet-Blog zum Thema «Klimastreik» der Jugendlichen!

Die Redaktion

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