Katja Christ brachte seinerzeit den ehemaligen Bildungsdirektor Christoph Eymann mit ihren kritischen Fragen im Basler Grossen Rat zur Weissglut. Sie forderte dessen Nachfolger Conradin Cramer auf, endlich mit der Lehrmittelfreiheit im Stadtkanton vorwärts zu machen und sie nahm die miserablen Resultate der Basler Schülerinnen und Schüler als das, was sie sind: besorgniserregend. Die Entwicklung sollte ihr Recht geben und ihr bildungspolitisches Engagement brachte sie unter anderem auch in den Nationalrat. Nun hat sich Katja Christ, die auch schon im Condorcet-Blog geschrieben hat, mit der KV-Reform auseinandergesetzt. Eine weitere Bildungsreform, – top-down – ohne Einbezug der Basis und mit wissenschaftlich derart dünner Begründung, kann sie keineswegs akzeptieren.
Der Wortlaut der Interpellation von Katja Christ und Samira Marti
Die KV-Reform 22 gilt als Pilotprojekt der Bildungsreform 2030, deren Ziel es ist, die internationale Führung im BFI-Bereich zu behalten. Bei der letzten KV-Reform 2003 sind gemäss Kaufmännischem Verband in den 3 Folgejahren allein im Grossraum Zürich rund 1000 von 9000 Lehrstellen verschwunden, weil viele Lehrbetriebe mit der Reform schlechte Erfahrungen gemacht hatten und infolge keine Lehrstellen mehr ausschrieben. Diese damalige NKG-Reform hat mit der Einführung des «Outputorientierten Portfolio-Ansatzes» (Outcome based education OBE), der damals im Ursprungsland USA sehr umstritten war, bereits die Weichen für die jetzige radikalere KV-Reform 2022 gestellt. Mit der vorgesehenen Einführung der Kompetenzorientierung sollen nun Grundlagenfächer, Leistungszüge und Fremdsprachen abgeschafft werden, das Wissen soll der “Kompetenz” weichen. Mit nur einer Fremdsprache und ohne Kenntnisse im Finanz- und Rechnungswesen fehlen den Lernenden die Voraussetzungen für die Berufsmaturität und damit auch entsprechende Anschlusslösungen (z.B. Fachmatur). Dagegen regt sich massiver Widerstand!
Sind dabei alle Organisationen der Arbeitswelt vertreten? Wie werden die Lehrbetriebe in die Reformen mit einbezogen?
1. Der Prozess zur Bildungsreform 2030 stützt sich auf Organe, die spezifisch für diesen geschaffen wurden. Von diesen ist nur die Eidgenössische Berufsbildungskommission (EBBK) im Berufsbildungsgesetz vorgesehen (Art. 69 & 70 BBG). Welche Organe mit welcher Zusammensetzung existieren aktuell, welche Aufgabe haben sie und wie sind sie gesetzlich verankert? Sind dabei alle Organisationen der Arbeitswelt vertreten? Wie werden die Lehrbetriebe in die Reformen mit einbezogen?
2. Auf welche wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse wird von der Wissensvermittlung auf die Kompetenzorientierung umgestellt? Wurden dabei die entsprechenden Erkenntnisse im Rahmen des Lehrplans 21 der Volksschule einbezogen? Welche Vorteile bringt die Umstellung konkret? Wie sichert man das notwendige Wissen?
3. Welche Pflichtfächer werden neu zur Option? Welche Vorteile ergeben sich aus der Beschränkung von 3 Profilen auf lediglich 2?
4. Sieht der BR die KV-Reform 22 auch als Pilotprojekt im Rahmen der Bildungsreform 2030? Sollen im Nachgang sämtliche Berufsbildungen die gleiche Reformen erhalten? Ist eine Evaluation der KV-Reform vorgesehen, aus deren Erkenntnissen allfällige Folgereformen profitieren könnten? Falls ja, ist die Evaluation durch eine unabhängige externe Organisation vorgesehen?
Wir sind gespannt auf die Antwort!
Eine weitere kritische Interpellation wurde von Nationalrätin Samira Marti (SP) eingereicht.