27. April 2024

Passepartout: Letzte Zufluchtsstation «Hearing»

Im Kanton Bern organisiert der LehrerInnenverband Bildung Bern ein Hearing über die Zukunft von Clin d’Oeil. Dies war wohl eine Reaktion auf den Beschluss des bernischen Grossen Rats vom November vergangenen Jahres, eine gelenkte Lehrmittelfreiheit für die Lehrkräfte einzuführen. Im Kanton Baselland verdichten sich die Anzeichen, dass Clin d’Oeil in der Belanglosigkeit versinken wird.

Es braucht vermutlich einen Chuck Norris
Michael Ritter, Gymnasiallehrer und Grossrat der GLP im Kanton Bern: lancierte die Motion.

In der Novembersession letzten Jahres beschloss der bernische Grosse Rat, eine gelenkte Lehrmittelfreiheit für seine Lehrkräfte einzuführen. Er folge damit einer Motion von GLP-Grossrat Michael Ritter (https://condorcet.ch/2020/12/auf-dem-weg-zur-lehrmittelfreiheit/). Der bernische LehrerInnenverband, der die Französischehrmittelreihe «Passepartout» und dessen Mehrsprachendidaktik immer verteidigt hatte, stiess sofort mit einer Medienmitteilung nach (https://condorcet.ch/2020/12/frage-an-die-wissenschaft-gelten-die-kriterien-von-bildung-bern-auch-fuer-passepartout/). Darin monierte der Verband: «Bildung Bern spricht sich gegen eine völlige Lehrmittelfreiheit aus. (…) Die Lehrmittel müssen eine hohe Qualität und Praxistauglichkeit aufweisen und von Fachstellen geprüft werden.»

Qualitätsprüfung mehrfach erfolgt

Nun wurde ja die Qualität dieser Lehrmittel mehrfach geprüft. Susanne Zbinden wies 2017 in einer empirischen Studie der Uni Freiburg über das Verstehen von französischen Texten nach, dass die Passepartout-Lernenden gegenüber den Bonne-Chance-Lernenden massiv im Rückstand waren. 2019 zeigten die EDK-Tests (ÜGK) miserable Ergebnisse für die Französischkenntnisse der Passepartout-Kantone (Ausnahme Fribourg). Ebenfalls 2019 wurde die lange angekündigte Evaluation der Passepartout-Lehrmittel durch das Freiburger Institut für Mehrsprachigkeit präsentiert: Sie stellte dem Lehrmittel «Mille feuilles» (Unterstufe) ebenfalls ein miserables Zeugnis aus. Die Studie sollte geheim gehalten werden («Die geheime Studie» titelte die Berner Zeitung). Daraufhin verzichteten die Verantwortlichen auf eine Evaluation von Clin d ‘oeil (Sekundarstufe 1).

Auch Evaluationen und Tests wurden von Bildung Bern grundsätzlich befürwortet. Wenn deren Ergebnisse allerdings nicht so ausfallen wie erhofft, versucht man es erneut mit einem Hearing. Dieses findet nun am Mittwoch, 27. Januar, per Zoom statt. Teilnehmende erhalten 100 Fr. Hearings erfreuen sich im Kanton Bern generell grosser Beliebtheit. Unvergessen sind die Hearings des ehemaligen Bildungsdirektors Bernhard Pulver in Sachen «Lehrplan» oder «Passepartout». Wir drücken den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Daumen. Vielleicht fällt ja die Kritik an Clin d’Oeil weniger vernichtend aus.

Gespannt auf die Resultate im Kanton Baselland

Es zeichnet sich ab, dass dort, wo die Lehrmittelfreiheit bereits eingeführt wurde, die Passepartout-Lehrmittel regelrecht abstürzen. Laut Rückmeldungen aus mehreren Baselbieter-Sekundarschulen seien die Bestellungen von Clin d’oeil stark rückläufig. Mittels parlamentarischem Vorstoss wurde die Regierung gebeten, die Verkaufszahlen der Passepartout-Lehrmittel zu eruieren. Die in Kürze zu erwartende Veröffentlichung der Verkaufsstatistik dürfte für Clin d’oeil wenig schmeichelhaft ausfallen. Der Condorcet-Blog wird darüber berichten.

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Kompetenzen sind nicht inhaltsneutral

Franz Eberle hat den Beginn gemacht. Er analysierte den gegenwärtigen Streit um die Kompetenzorientierung, mahnte zum verbalen Abbau und forderte eine Ende der “unseligen ideologisierten Debatte”. Condorcet-Autor Volker Ladenthin widersprach ihm und hielt ihm das Bild von “Generalisten, die zwar „überfachliche“ Kompetenzen vorweisen können, aber von der Sache nichts verstehen”, entggegen. Wir bringen eine Dublik des kritisierten Franz Eberle und freuen uns auf einen respektvollen und gehaltvollen Diskurs.

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