30. Dezember 2024
Schulbücher

Antisemitismus aus dem Lehrbuch

Der Condorcet-Blog ist ein Bildungsblog und äussert sich nicht zu politischen Alltagsfragen, die keinen Bezug zur Bildung haben. Die Trennlinie ist allerdings nicht immer einfach. Gerade der Terroranschlag vom 7. Oktober in Israel und die darauf folgenden Massnahmen der israelischen Armee laden zum Kommentieren und zu Positionsbezügen ein. Wie bei der Klimafrage oder den Coronamassnahmen äussern wir uns aber nur, wenn die Bildungsinstitutionen direkt involviert sind. Unterrichtsinhalte, oft durch Schulbücher vorgegeben, müssen uns interessieren. Detaillierte Untersuchungen palästinensischer Schulbücher im Auftrag der EU sowie durch ein israelisches Institut zeigen, wie palästinensische Kinder zum Hass auf Juden und Israel erzogen werden. Terror wird vielfach als legitimer “Widerstand” verherrlicht, Juden werden dehumanisiert, Israelis als brutale Aggressoren und als Feinde des Islams dämonisiert. Die Palästinensische Autonomiebehörde weigert sich jedoch, das Unterrichtsmaterial entscheidend zu verändern. Nennenswerte Konsequenzen zieht die EU trotzdem nicht. Das sind die Erkenntnisse unseres Gastautors Alex Feuerherdt. Wir möchten aber ausrücklich darauf hinweisen, dass wir bezüglich des politischen Konflikts keinen Positionsbezug vornehmen.

Im Mai 2020 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der es die Palästinensische Autonomiebehörde deutlich kritisierte. Man sei besorgt darüber, “dass problematisches Material in palästinensischen Schulbüchern immer noch nicht entfernt wurde”», und über “das fortdauernde Versagen, wirksam gegen Hassreden und Gewalt in Schulbüchern vorzugehen”, heisst es in der Entschliessung. Gehälter von Lehrern und Beamten im Bildungssektor, die aus Mitteln der Europäischen Union finanziert werden, sollten “für die Ausarbeitung von und für den Unterricht nach Lehrplänen verwendet werden, die die UNESCO-Standards für Frieden, Toleranz, Koexistenz und Gewaltlosigkeit widerspiegeln”, so die Legislative der Europäischen Union.

Gastautor Alex Feuerherdt

Dass die palästinensischen Lehrpläne und -materialien diesen Standards nicht genügen, ist kein Geheimnis, aber nur selten ein Thema. Das israelische Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-se) wertet seit über 20 Jahren palästinensische Schulbücher aus, vor allem im Hinblick darauf, wie die Themen Juden, Israel und Frieden darin behandelt und aufbereitet werden. Ihr erster Bericht erschien im November 2001, und schon damals war der Befund erschreckend: Es gebe in den Unterrichtsmaterialien keinen Staat Israel, sondern nur ein arabisches Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer. Jerusalem gehöre den Büchern zufolge alleine den Palästinensern, es existierten keine heiligen jüdischen Stätten, Toleranz werde nur zwischen Muslimen und Christen praktiziert, nicht aber gegenüber Juden. Der “heilige Krieg” werde glorifiziert, Israelis gebe es nur als inhumane, gierige “zionistische Besatzer”.

Kontinuierliches Monitoring mit zahlreichen Beispielen

IMPACT-se hat seitdem ein kontinuierliches Monitoring palästinensischer Curricula betrieben und fast jedes Jahr einen neuen Bericht veröffentlicht, stets mit zahlreichen Beispielen aus den Schulbüchern. Eine Verbesserung der Problematik war dabei nicht ernsthaft festzustellen. Im März 2017 veröffentlichte zudem die Organisation Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB) eine eigene Studie in deutscher Sprache, die von Parlamentariern aller demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag unterstützt wurde. Auch sie kam zu bestürzenden Ergebnissen: “Die Texte nehmen inhaltlich durchweg negativen Bezug auf Israelis und Juden, die vielfach dämonisiert werden”, ist dort beispielsweise zu lesen. Der Staat Israel sei auf keiner Landkarte verzeichnet, die historische und gegenwärtige jüdische Präsenz in Israel werde negiert respektive delegitimiert, Juden würden als Feinde markiert.

So werde beispielsweise in einem Erziehungs-Lehrbuch für die siebte Jahrgangsstufe die jüdische Einwanderung nach Palästina als “kolonisierende Gier” beschrieben, deren Ziel es sei, dass Juden nach der Vertreibung und Vernichtung der ursprünglichen Bewohner deren Platz einnehmen. In einem Schulbuch für Neuntklässler zur arabischen Geschichte der Moderne und Gegenwart werde die Verschwörungslegende vertreten, “der Zionismus” habe seinen Sitz von London nach New York verlegt, weil in den USA viele Medien und Wirtschaftsbereiche in den Händen der zionistischen Bewegung seien. In keinem Lehrbuch werde an ein einvernehmliches Miteinander appelliert; Israel erscheine stets als Besatzungsregime oder gar als zionistische Terrororganisation. Einlassungen zum bewaffneten “Widerstand” gegen den jüdischen Staat seien zahlreich und stellten einen Aufruf zur Gewalt dar, so die Analyse des MFFB.

EU-Schulbuchstudie mit Pannen und Verzögerungen

Im Jahr 2019 gab die seinerzeitige EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini eine eigene Untersuchung in Auftrag: Es sollte gründlich geprüft und analysiert werden, was in palästinensischen Schulen gelehrt wird. Den Zuschlag für die Studie bekam das deutsche Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung (GEI) mit Sitz in Braunschweig. Im August 2020 wurde ein als “Zwischenbericht” deklariertes Dokument öffentlich, in dem ausweislich eines Beitrags in der Berliner Zeitung Tagesspiegel positive Entwicklungen festgehalten wurden. So werde in den Schulbüchern nun an diversen Stellen für Frieden geworben oder Toleranz gegenüber Israelis gezeigt. Die Autoren der Untersuchung hätten das als Zeichen für eine «sorgfältige Überlegung und Differenzierung» gegenüber Israelis gewertet.

Dabei war ihnen jedoch eine schwere Panne unterlaufen, wie der Tagesspiegel schrieb: “Alle fraglichen Beispiele, die für ‘Frieden werben oder Toleranz gegenüber Israelis zeigen’, stammen nicht etwa aus Lehrbüchern der palästinensischen Autonomiebehörde – sondern aus Bänden, mit denen arabische Schüler in Ostjerusalem unterrichtet werden. Diese Bücher werden aber vom Staat Israel bezahlt und gestellt.” Das GEI selbst gab daraufhin zunächst an, das als Zwischenbericht ausgewiesene Dokument sei in Wirklichkeit gar kein Zwischenbericht und eine Veröffentlichung nie geplant gewesen. Die Leiterin der Studie, Riem Spielhaus, erklärte zwei Monate später zu diesem merkwürdigen Widerspruch, das Dokument sei nur “für die interne Kommunikation” verwendet worden und der Fehler dem Team auch selbst aufgefallen. Das gehöre “zum Arbeitsprozess in der Wissenschaft”.

“Ich werde mein Blut opfern, um damit das Land der Grossmütigen zu tränken […] und die restlichen Fremden zu vernichten.”

Während die finale und autorisierte Fassung auf sich warten liess, warf man beim Tagesspiegel schon einmal selbst einen Blick in die untersuchten palästinensischen Schulbücher – und förderte wiederum höchst Befremdliches zutage. Etwa ein Gedicht, das palästinensischen Drittklässler aufsagen sollen und in dem der wichtigste Satz laute: “Ich werde mein Blut opfern, um damit das Land der Grossmütigen zu tränken […] und die restlichen Fremden zu vernichten.” Im fünften Schuljahr lernten Kinder, dass Juden mehrfach versucht hätten, den Propheten Mohammed zu töten, und dass sie “hinterhältige Feinde des Islams” seien. Neuntklässlern erzähle man im Sozialkundeunterricht unter anderem, Israel verseuche die palästinensischen Gebiete mit radioaktiven Chemikalien, damit die Bewohner an Krebs erkranken. Es ist dies eine modernisierte Version der alten antisemitischen Legende vom Juden, der die Brunnen vergiftet.

Untersuchung mit Widersprüchen

Im Juni 2021 veröffentlichte das Georg-Eckert-Institut seine Studie schliesslich. Die Autoren erklären darin, die Schulbücher folgten UNESCO-Standards, obwohl sich Gewaltverherrlichung und Antisemitismus in ihnen fänden. Diesen offenkundigen Widerspruch versucht das GEI aufzulösen, indem es ausführt, die Schulbücher legten “ein besonderes Augenmerk auf politische Bildung und Menschenrechtsbildung”; zudem betonten sie “das Ziel des gleichberechtigten Zugangs zu Einrichtungen und Dienstleistungen und der Teilnahme am öffentlichen Leben” und den Wert von “Verständigung und Dialog”. Alle diese Ziele und Werte würden jedoch “nicht explizit auf israelische Akteur*innen” angewendet. Ein glatter Euphemismus, denn gemessen an den antisemitischen Inhalten müsste die Botschaft der Bücher vielmehr so zusammengefasst werden: Juden haben keine Rechte, sie sind das Böse schlechthin.

Von Opfern zu Tätern: Palästinensische Schulbücher lehren Kinder von klein auf den Hass auf die Juden.

Die Forscher untersuchten 190 Lehrbücher in Fächern wie Arabisch, Geschichte, Sozialkunde und Naturwissenschaften, die zwischen 2017 und 2020 vom palästinensischen Bildungsministerium herausgegeben wurden. Was sie herausfanden und dokumentiert haben, steht vielfach in einem deutlichen Widerspruch zum eigenen Urteil, die Schulmaterialien entsprächen den UNESCO-Richtlinien. Diese Richtlinien sehen vor, dass das Lehr- und Lernmaterial verschiedene soziale, kulturelle und religiöse Gruppen ausgewogen und respektvoll darstellt, sich auf Werte fokussiert, die eine friedliche Koexistenz unterstützen, und Fähigkeiten zur Konfliktprävention sowie zur Friedensbildung fördert.

Das GEI erwähnt, wie Israelis dehumanisiert werden, und führt aus, ein ganzes Kapitel eines Schulbuches vermittle die Botschaft, “dass die Juden als Kollektiv gefährlich und betrügerisch sind”. Erläuterungen zu Friedensverhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis, die es in früheren Ausgaben mancher Lehrbücher noch gegeben habe, seien inzwischen gestrichen worden. Bei der Lektüre der Studie bekommt man dennoch den Eindruck, dass das Institut, um seine Conclusio aufrecht erhalten zu können, diesen Einschätzungen ein eher geringes Gewicht beimisst und bisweilen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung in den Materialien herunterspielt oder Fortschritte konstatiert, die bei Lichte betrachtet keine sind.

Eine Mörderin und Terroristin als Vorbild für palästinensische Mädchen?

So wird beispielsweise im Arabisch-Unterricht der Klassenstufe fünf die Terroristin Dalal Mughrabi glorifiziert. Sie war 1978 für das “Küstenstrassen-Massaker” in der Nähe von Tel Aviv verantwortlich, bei dem im Zuge einer terroristischen Entführung und Geiselnahme 38 israelische Zivilisten getötet wurden, darunter 13 Kinder. In einem Arabisch-Schulbuch wird Mughrabi als “Märtyrerin” verehrt und als Vorbild für palästinensische Mädchen gepriesen. Sie habe “Heldentum” bewiesen und sei in den Herzen und Köpfen des palästinensischen Volkes “unsterblich”. Durch ihre “heroische Tat” habe Mughrabi “das Land Palästinas mit ihrem reinen Blut gewässert”. Die Schüler werden im Buch gefragt: “Wie viele Helden waren in der Gruppe von Mughrabi? Wie alt war Mughrabi, als sie als Märtyrerin starb?”

Als positive Entwicklung betrachtet es das Georg-Eckert-Institut in seiner Untersuchung gleichwohl, dass in der neuesten Auflage des Lehrbuchs das zu Eloge gehörende Foto der Terroristin ausgetauscht wurde. Nun ist Dalal Mughrabi nicht mehr in Uniform zu sehen, sondern in ziviler Kleidung. Dadurch werde, so die Autoren der Studie, “die Militanz in der Darstellung abgeschwächt”. Der Text ist allerdings unverändert geblieben, sodass es sich hier lediglich um eine kosmetische Korrektur handelt; Mughrabi erfährt nach wie vor eine Heldinnenverehrung. Manches haben die Forscher des GEI auch übersehen oder ignoriert, so etwa eine Stelle in einem Geschichtsbuch für Schüler der elften Klasse, in dem das Attentat während der Olympischen Spiele in München 1972 als Angriff auf “zionistische Interessen im Ausland” verherrlicht wird.

Palästinensische Kinder: Halten sich ihre Schulbücher zum Palästina-Konflikt an die UNESCO-Vorgaben?

Man weiss um diese Auslassung, weil IMPACT-se in seiner jüngsten Analyse palästinensischer Schulbücher der Jahrgangsstufen 1 bis 12 für das Schuljahr 2020/21 auf diese Darstellung des terroristischen Angriffs auf die israelischen Sportler eingeht (Seite 20). Dem Tagesspiegel sagte Marcus Sheff, der Leiter des israelischen Instituts, die deutschen Forscher des GEI hätten in einigen der untersuchten Bücher Aufhetzung und Antisemitismus ignoriert. Sie seien um eine “Balance” bemüht und hätten daher nach Entschuldigungen für hasserfülltes Material gesucht. Besonders merkwürdig sei es, dass das GEI in der Untersuchung etliche offensichtliche Verstösse gegen die UNESCO-Richtlinien aufzähle, aber dennoch zum Fazit gelange, die Bücher hielten sich an genau diese Vorgaben.

Terror wird glorifiziert, Israelis werden dehumanisiert

Sie tun es nicht, und es ist schmerzhaft, sich mit den Auszügen aus dem palästinensischen Lehrmaterial zu beschäftigen, die IMPACT-se und das GEI ausführlich dokumentiert haben. In Mathematik beispielsweise sollen Viertklässler die Grundrechenarten üben, indem sie Selbstmordattentäter addieren. In einem Sozialkundebuch für Schüler der siebten Jahrgangsstufe wird behauptet, Jerusalem sei eine rein islamische Stadt ohne jegliche jüdische Geschichte; “die Zionisten” hätten die Stadt okkupiert und “judaisiert”. In einem Lehrbuch für den Islamunterricht in der neunten Klasse wird ausführlich die Schlacht des Propheten Mohammed in Khaybar gegen einen jüdischen Stamm beschrieben. Fünftklässler sollen im selben Fach “die Rolle der palästinensischen Frauen im Jihad” sowie “ihre Opferbereitschaft und Standhaftigkeit angesichts der jüdisch-zionistischen Besatzung” diskutieren.

In Mathematik beispielsweise sollen Viertklässler die Grundrechenarten üben, indem sie Selbstmordattentäter addieren.

Von Palästinensern verübte Gewalt bis hin zum Terror firmiert in den Schulbüchern in allen Fächern grundsätzlich als legitimer “Widerstand”, während Handlungen Israels prinzipiell als unrechtmässig, kriminell und kriegerisch dargestellt werden. Israelis erscheinen als gewalttätiges Kollektiv von Siedlern und Soldaten, nur selten kommen sie als Individuen vor. Auf Landkarten existiert der jüdische Staat nicht, es gibt nur ein Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer. Auf diese Weise werden palästinensische Schüler indoktriniert, mit dem Unterrichtsmaterial der Autonomiebehörde, das auch in den rund 350 Schulen verwendet wird, die das äusserst umstrittene und vielfach kritisierte Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Gazastreifen und im Westjordanland betreibt.

Ende September 2021 beschloss der Haushaltsausschuss der Europäischen Union deshalb, Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde und die UNRWA in Höhe von rund 20 Millionen Euro vorerst zurückzuhalten. Einen entsprechenden Antrag hatten unter anderem die deutschen Europaparlamentarier Niclas Herbst (CDU) und Moritz Körner (FDP) initiiert. “Viele palästinische Schulbücher verstossen weiterhin gegen die UNESCO-Standards für Frieden, Toleranz und Gewaltlosigkeit in der Bildung”, erklärte Herbst. “Sie verbreiten Hass gegen Israel und Antisemitismus.” Sollten die Lehrbücher nicht überarbeitet werden, könnten die zurückgehaltenen Mittel stattdessen an Organisationen fliessen, die sich nachweislich an die UNESCO-Standards hielten, so Herbst weiter. Es dürfe kein Hass gegen Israel gelehrt werden, sagte er. “Die palästinischen Kinder haben ein Recht auf eine Erziehung und Schulbildung ohne Hass.”

Keine Konsequenzen aus der Schulbuchstudie?

Drei Wochen später kippte das Europäische Parlament diesen Beschluss jedoch mit 345 zu 291 Stimmen. Stattdessen nahm es eine Entschliessung an, in der sogar eine Aufstockung der Mittel für die UNRWA befürwortet wird, schliesslich sei diese ein “einzigartiger Erbringer lebenswichtiger Dienstleistungen für Millionen von Palästina-Flüchtlingen”. In der Resolution wird die “Bedeutung der Bildung von Kindern für Toleranz, Frieden und gegenseitigen Respekt” hervorgehoben und die EU-Kommission aufgefordert, “weiterhin mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und der UNRWA zusammenzuarbeiten, um eine qualitativ hochwertige Bildung für palästinensische Kinder zu fördern und die vollständige Einhaltung der UNESCO-Standards zu gewährleisten”.

“Die palästinischen Kinder haben ein Recht auf eine Erziehung und Schulbildung ohne Hass.”

Europaparlamentarier Niclas Herbst (CDU)

 

In der Abstimmung wiesen Sozialdemokraten, Grüne und Linke mit grosser Mehrheit den Beschluss des Haushaltsausschusses zurück. Auch die liberale Renew-Europe-Fraktion, deren Mitglied Moritz Körner ist, votierte überwiegend mit Nein. Beobachter berichteten, es habe zuvor starken Druck auf die Abgeordneten gegeben, auch vonseiten der UNRWA. Das heisst also: Das Europäische Parlament, das noch im Mai des vergangenen Jahres deutliche Kritik an der Autonomiebehörde und deren Lehrmaterialien geäussert hatte, lehnte es nicht einmal ein halbes Jahr später ab, Konsequenzen aus einer EU-Studie zu ziehen, die deutlich gemacht hatte, wie berechtigt diese Kritik war und ist.

Palästinensisches Kind in Gaza: Radikalisieren judenfeindliche Äusserungen in den Schulbüchern eine ganze Generation?

Und so wird sich ein weiteres Mal nichts Wesentliches an den palästinensischen Schulbüchern ändern, nachdem bereits im Frühjahr 2017 ein Reformversuch gescheitert war. Damals hatte die UNRWA einem Bericht der deutschen Tageszeitung Die Welt zufolge geplant, das Unterrichtsmaterial zu überarbeiten: “Radikale Äusserungen sollen entfernt, die Gleichberechtigung der Geschlechter betont werden.” Die Hetze gegen Israel sollte zumindest abgemildert werden, und in einem Arabisch-Lehrbuch für Viertklässler beispielsweise sollte der Satz “Jerusalem ist die Hauptstadt des palästinensischen Staates” durch “Jerusalem ist den drei abrahamitischen Religionen heilig” ersetzt werden. Doch das palästinensische Bildungsministerium stemmte sich vehement gegen dieses Vorhaben, und Eltern demonstrierten gegen “den Versuch, unsere nationale Identität auszulöschen”.

Schockierendes von UNRWA und Autonomiebehörde

Das Bildungsministerium drohte sogar, jeden zu bestrafen, der versuche, den Lehrplan zu “verändern oder zu sabotieren, weil dies als Aggression gegen Palästina und die nationale Identität gewertet wird”. Auch in den Reihen der UNRWA selbst regte sich Protest. Die stellvertretende Direktorin der Gewerkschaft der UNRWA-Mitarbeiter etwa erklärte die Teilnahme von Lehrern an einem Workshop zu den vorgesehenen Veränderungen für verboten: “Wir werden dieses Komplott gegen unser Volk nicht zulassen!” Die Reform schade “unseren Prinzipien” und verfälsche “unsere Geschichte, Geografie und Überzeugungen”. Ein anderer UNRWA-Mitarbeiter der Organisation sagte, das Problem mit den geplanten Überarbeitungen sei, dass sie “eine Kultur der Normalisierung und friedlichen Koexistenz als Lösung für das Problem darstellen und den palästinensischen Schüler vom (bewaffneten) Widerstand distanzieren”.

Das Europäische Parlament, das noch im Mai des vergangenen Jahres deutliche Kritik an der Autonomiebehörde und deren Lehrmaterialien geäussert hatte, lehnte es nicht einmal ein halbes Jahr später ab, Konsequenzen aus einer EU-Studie zu ziehen, die deutlich gemacht hatte, wie berechtigt diese Kritik war und ist.

Solche Äusserungen schockieren, vor allem, wenn sie von einem Mitarbeiter einer UN-Einrichtung kommen. Wenn eine friedliche Koexistenz und eine Normalisierung der Beziehungen abgelehnt werden und stattdessen der bewaffnete “Widerstand” bis hin zum Terror verherrlicht wird, dann werden Kinder zu Hass und Gewalt erzogen. Die Hamas veranstaltet jeden Sommer sogar militärische Trainingslager, an denen Tausende von minderjährigen Palästinensern teilnehmen. Dort wird ihnen, wie der palästinensische Journalist Khaled Abu Toameh berichtet hat, “beigebracht, dass Selbstmordbomber der Hamas und Terroristen, die für den Tod Hunderter Israelis in den vergangenen Jahrzehnten verantwortlich sind, Vorbilder seien, denen es nachzueifern gelte”. Ausserdem wird ihnen gezeigt, wie man einen israelischen Militärstützpunkt angreift und israelische Soldaten tötet oder gefangen nimmt.

Es ist schwer verständlich, dass sich die Europäische Union nicht dazu entschliessen konnte, der von ihr selbst beauftragten Studie auch Konsequenzen folgen zu lassen. Offenbar hat man sich durch das zweifelhafte Resümee des Georg-Eckert-Instituts, die untersuchten Schulbücher entsprächen dem UNESCO-Standard, beschwichtigen lassen, obwohl sich aus der Untersuchung dringender Handlungsbedarf ergibt. Das GEI selbst schreibt, es sei zentral, dass aus den Unterrichtsmaterialien “alle antisemitischen Narrative und Gewaltverherrlichung entfernt werden”. Diesbezüglich solle die EU den Dialog mit der Palästinensischen Autonomiebehörde fortsetzen. Doch das ergibt nur dann einen Sinn, wenn klar ist, dass ein Festhalten an den betreffenden Inhalten Folgen hat – auch finanzielle.

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