21. Dezember 2024
Wolfgang Kühnels Sonntagseinspruch

Das Oberlehrer-Portal

In seinem Sonntagseinspruch beschäftigt sich der Stuttgarter Professor Wolfgang Kühnel mit der «Oberlehrer-Attitüde» des («meistgelesen» – Selbstdefinition) Bildungsportals «news4teachers».

Eigentlich wäre zum Beginn des Karnevals am 11.11. etwas Humorvolles oder Satirisches angebracht. Leider wollte mir das nicht gelingen. Mit ein Grund dafür ist dieser Link hier:

https://www.news4teachers.de/2024/11/gewalt-an-der-schule-in-den-pausen-demuetigen-sich-schueler-auf-den-toiletten-alles-wird-gefilmt-eine-lehrerin-berichtet/

Prof. Wolfgang Kühnel, Stuttgart: Belehrend angeschnauzt.

Besonders hartgesottene Leute werden da vielleicht passende oder unpassende Witze machen (“geliefert wie bestellt”) oder aber achselzuckend einem generellen Kulturpessimismus Ausdruck geben (“es ist schon manche Kultur an ihren inneren Widersprüchen zugrunde gegangen”).

Damit möchte ich die Sache aber nicht abtun, wenngleich schon längst Bücher von Lehrerinnen auf dem Markt sind, die ähnliche Dinge auf Hunderten von Seiten schildern. Autorennamen sind z.B. Ingrid Freimuth, Ingrid König, Doris Unzeitig, Katha Strofe (Pseudonym) und die Polizistin Petra Reichling.

Alle schildern auch, wie Schulleitungen auf solche Gewalttaten von Schülern reagieren, nämlich am liebsten gar nicht. Es möge jeder den Link auf sich wirken lassen. Er bedarf als solcher kaum einer Erläuterung.

Das “meistgelesene Lehrerportal” Deutschlands.

Ich möchte das vielmehr verbinden mit einer Diskussion jenes “meistgelesenen Bildungsmagazins” new4teachers.de (so nennt man sich selbst), das ich seit einiger Zeit nebenbei verfolge.

Einerseits ist es verdienstvoll, wenn solche problematischen Dinge wie im obigen Link auch mal angesprochen werden, aber nach meiner Erfahrung hat die Redaktion bislang auf Leserkommentare in dieser Richtung immer ermahnend und abwiegelnd reagiert (oder sie gleich gelöscht). Das sieht man auch an den über 300 Kommentaren, die unten an dem Artikel im Link dranhängen. Wenn die Redaktion sich äußert, dann nicht zum eigentlichen Thema, sondern stets in oberlehrerhafter Manier — assistiert von einem Pseudonym “RainerZufall”, der offenbar hauptamtlich Beiträge anderer kritisiert — zu “politisch nicht korrekten” Leserbeiträgen, wobei seltsamerweise viel vom “Rassismus” der deutschen Gesellschaft und einer Vernachlässigung der armen Migranten generell die Rede ist, von zu wenig Geld für die Bildung usw. So als würden sich die armen Kinder nur gegen eine rassistische Behandlung auflehnen und hätten quasi das moralische Recht auf ihrer Seite, wenn sie andere verprügeln.

Von der Redaktion belehrend angeschnauzt

Wörtlich heißt es in dem Link:

“Vor allem unter männlichen Jugendlichen sieht Ebel ein Problem: ‘Da geht es eher darum, wer am schnellsten zuschlägt oder zutritt.

Und dafür wird man dann von den anderen sogar noch gefeiert.’ ”

“Gewalt werde als Lösungsmittel verstanden, was sie auf die kulturellen Prägungen der Schüler zurückführt.”

Beschimpfungen wie “du alte Hurentochter” seien an der Tagesordnung, und 80-90 % der Schüler haben einen Migrationshintergrund, da ist es kaum anzunehmen, dass Einheimische den Ton angeben.

Die Redaktion will davon aber nichts wissen und korrigiert einen Leser von oben herab, der darauf Bezug nimmt:

” Verhaltensweisen bestimmter Kulturkreise…’ Diese Kulturkreise sind auch unter Deutschstämmigen anzutreffen (und keine Frage der geografischen Herkunft, wie Sie suggerieren).”

Jeder mag selbst damit experimentieren und Kommentare schreiben. Eine Registrierung ist nicht nötig. Das eröffnet eine Möglichkeit zu erfahren, wie der Erziehungsjournalismus wirklich funktioniert.

Es folgt ein Hinweis auf Sünden der AfD, unzählige Artikel handeln davon.

Wenn aber jemand (eigentlich “politisch korrekt”) nicht die Herkunft, sondern mit “Ich halte nicht die ausländische Herkunft für das Problem, sondern, dass die Kinder auch in ihren Heimatländern aus der untersten Unterschicht stammen” die soziale Schicht für die Gewalttätigkeit verantwortlich macht, wird er von der Redaktion belehrend angeschnauzt wie folgt:

“Das nennt man Klassismus: „Klassismus“ ist die Diskriminierung und Unterdrückung von Menschen aufgrund ihres vermuteten oder wirklichen sozialen Status. Klassismus demütigt und er behindert die gesellschaftliche Partizipation von bestimmten Gruppen.”

Aber wenn das schlechte Benehmen der Schüler nun weder auf die ausländische noch auf die soziale Herkunft zurückgeführt werden darf, worauf sonst? Diese Diskussion soll verhindert werden, und jede Kritik daran ist irgendein verpönter “-ismus”.

Jeder mag selbst damit experimentieren und Kommentare schreiben. Eine Registrierung ist nicht nötig. Das eröffnet eine Möglichkeit zu erfahren, wie der Erziehungsjournalismus wirklich funktioniert.

Bleibt noch nachzutragen, dass die Redaktion trotz ihrer zur Schau getragenen “antirassistischen” Bemühungen in Wahrheit ein Lobbyistenverein für die Digitalisierung der Schulen ist.

Bleibt noch nachzutragen, dass die Redaktion trotz ihrer zur Schau getragenen “antirassistischen” Bemühungen in Wahrheit ein Lobbyistenverein für die Digitalisierung der Schulen ist. Um das zu ahnen, genügt es, auf die “Pressemeldungen” zu klicken, die nichts als Reklame dafür sind. Da gibt es eine “EdTech-Industrie”, und Lobbyisten wie Herr Müller-Eiselt vom “Forum Bildung Digitalisierung” kommen im redaktionellen Teil öfter mal zu Wort, auch andere Lobbyisten von Bertelsmann, Telekom, Vodafone & Co. Jeder Hinweis auf Lobbyismus in Leserkommentaren wird aber gelöscht, man möchte sich als “Zivilgesellschaft” tarnen und lobt sich selber in höchsten Tönen als Bildungsjournalisten mit “seriösen” Standards.

Aber hier

https://www.news4teachers.de/2024/10/hohe-einstiegshuerden-fuer-newcomer-warum-bildung-der-wahrscheinlich-haerteste-markt-in-deutschland-ist-eine-analyse/

lässt man mal die Katze aus dem Sack (fettgedruckt am Anfang):

“Das (beschlossene) Startchancen-Programm und der (ausstehende) Digitalpakt 2.0 lassen die Hoffnungen auf gute Geschäfte sprießen.”

Nein, Lobbyisten gibt es angeblich nicht, die Digitalisierung der Schulen soll doch nur der Bildungsgerechtigkeit dienen, und die Leute in der EdTech-Industrie sind reine “Idealisten” in dieser Richtung:

https://www.news4teachers.de/2024/11/aus-tiefster-ueberzeugung-fuer-eine-neue-form-von-bildung-die-edtech-szene-ist-von-idealismus-angetrieben-ein-problem/

Dies allerdings scheint mir von unfreiwilliger karnevalistischer Satire geprägt zu sein, da steht u.a.:

“Zugleich sind 86 Prozent der Ansicht, dass gute Bildung ohne eine umfassende Digitalisierung in der heutigen Zeit kaum möglich ist.

Ein EdTech-Unternehmen zu gründen, gilt also als hip.” Die idealistischen EdTech-Digitalisierer sind also hip, und die Karnevalisten sind jeck. Passt zusammen. In diesem Sinne wünscht einen schönen Sonntag

Wolfgang Kühnel

Zusatz für Fortgeschrittene in Sachen Digitalisierung (ich zähle zu den Anfängern). Zu Bertelsmann gehört das Unternehmen Arvato:

https://www.sicp.de/unternehmen/unsere-mitgliedsunternehmen/arvatose

https://www.arvato-systems.de/

Es bietet insbesondere etwas zu “Human-Centered Digitality” an:

https://www.sicp.de/alle-kompetenzbereiche

Was das genau ist, kann man hier in einem eigenen “zukunftsorientierten” Studiengang der Fachhochschule Nordwestschweiz erfahren:

https://www.fhnw.ch/de/studium/psychologie/master-hcdi

Das bietet sich doch auch für die digitale Schulbildung an: Im Mittelpunkt steht der Mensch, so beteuert man, er wird dann von Digitalität gewissermaßen eingewickelt — auch mit Methoden der Psychologie. Was wird am Ende stehen?

 

 

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