An der Mathematik-Olympiade können sich mathematikbegeisterte Jugendliche aus der ganzen Schweiz austauschen und messen. Der Wettbewerb besteht aus mehreren Runden sowie zahlreichen Vorbereitungstreffen und einem einwöchigen Lager für die Finalisten. Die Aufgaben sind jeweils in vier Kategorien aufgeteilt: Algebra, Kombinatorik, Geometrie und Zahlentheorie. Vieles davon wird im regulären Gymnasialunterricht nicht mit derselben Aufmerksamkeit behandelt.
Dieses Jahr setzten sich die besten 28 Nachwuchs-Mathematikerinnen und -Mathematiker der Schweiz coronabedingt zu Hause vor ihre Computer und grübelten online um die Wette. Das Finale der Olympiade, bei dem sich Yanta Wang gegen alle anderen durchsetzte, fand vom 14. bis 21. Februar statt.
In China hätte ich an einer solchen Olympiade keine Chance.
«Im Matheunterricht trainiere ich meistens für die Olympiade und folge nicht unbedingt der Lektion», sagt Wang. In den Prüfungen schreibe sie in der Regel Sechsen. Die Schülerin artikuliert zurückhaltend, überlegt ruhig, bevor sie antwortet, und wirkt besonnen. Es sind Eigenschaften, die man vermutlich nicht direkt einer 18-Jährigen zuschreiben würde. Doch obwohl sie den meisten Gleichaltrigen in der Schweiz einen Schritt voraus sein mag, sieht es in ihrem Heimatland China anders aus. «Dort hätte ich keine Chance an einer Mathe-Olympiade», sagt sie. Es gebe in China viel mehr Menschen, ausserdem habe Mathematik dort einen anderen Stellenwert. Wang lebt erst seit ihrem 13. Lebensjahr in der Schweiz.
Mit 13 in die Schweiz gekommen
Die junge Frau besucht das Gymnasium Oberwil im dritten Jahr. Bald wird sie sich auf die Maturaprüfungen vorbereiten. Ihren Schwerpunkt Mathe/Physik hat sie aus purem Interesse gewählt. Denn auch in der Freizeit beschäftigt sie sich mit Naturwissenschaften. Sie schlägt ihrem Vater nach, der bei der Novartis arbeitet. Was sie später einmal beruflich machen möchte, weiss sie noch nicht. Ihre Wunschstudiengänge sind aber Mathematik und Informatik.
Einen Beruf kann Wang allerdings jetzt schon ausschliessen: Sie kann sich nicht vorstellen, Lehrerin zu werden; Dinge zu erklären, liege ihr nämlich nicht. «Wenn meine Klasse mich etwas fragt, dann antworte ich zwar, danach ist sie aber immer noch sehr verwirrt», sagt sie. Für Wang ist es ein Rätsel, weshalb viele Menschen Mathe so sehr verabscheuen. Was kann man gegen diese Abneigung tun? Wang antwortet mit grosser Selbstverständlichkeit: «Man muss versuchen, das Interesse dafür zu finden. Wenn das nicht geht: Grundlagen nochmals anschauen!» Na dann.
Der Artikel stammt von Julia Schwamborn und ist zuerst in der Basler Zeitung erschienen.