In einem engagierten Leserbrief in der NZZ (28.10.19) verteidigt Christine Le Pape-Racine das Konzept der Mehrsprachigkeit und damit auch die Passepartout-Lehrmittel. Für den schlechten Ruf der Lehrmittel seien mitnichten die dürftigen Ergebnisse der Evaluationen verantwortlich, sondern das permanente Schlechtreden seiner Kritiker. In ihrer Stellungnahme geht Frau Le Pape auch auf den Condorcet-Blog ein.
Bild: api
Christine Le Pape-Racine Bild: HP Paperace
Als jahrzehntelange Abonnentin der NZZ habe ich mich gewundert über den Artikel betreffend das Lehrmittel «Mille feuilles». Er erinnerte mich an die Zeiten, als Französisch unter lauten und kritischen Stimmen in die Primarschule vorverschoben wurde, an ähnliche Aufschreie, als Französisch und Englisch in der Primarschule gelernt werden sollten, an die Kritik am Englischlehrmittel «Voices» im Kanton Zürich, an diejenige zum Lehrplan 21 oder auch an die Stimmen gegen Standarddeutsch im Kindergarten. Die Kritiker, die im Artikel zu Wort kommen, arbeiten in einem Schwarz-Weiss-Schema mit einer aggressiven,martialischen, übertriebenen Semantik, mit Begriffen wie «Kampf» und «Gegner», «pauken»,«verheerend», «gescheitert», «miserabel», «Desaster», «Debakel», «Bildungszertrümmerung»,«Verheizen von Schülerinnen und Schülern» und mit gewagten Prophezeiungen.
Ausser einer Vertreterin des Basler Erziehungsdepartements wurde offenbar keine beteiligte Fachperson, keine Lehrwerkautorin, keine von «Mille feuilles» begeisterte Lehrperson
Bild: api
Es sind immer dieselben Personen
Was auffällt: Es sind seit Jahrzehnten immer dieselben wenigen Personen, die gut mit politischen Milieus vernetzt sind (gemäss ihrer Website «Mitte-links»-Kreise), die sich in der Deutschschweiz gegen die Weiterentwicklung des Sprachenunterrichts wenden. Wenn das Lehrmittel inzwischen einen solch schlechten Ruf hat, wie sie behaupten, dann ist es zu einem grossen Teil ihr «Verdienst», denn die «regelrechte Protestwelle» durch die Kantone treten vor allem sie los. Enttäuscht hat mich die Tatsache, dass die NZZ-Journalisten im Artikel vor allem eine Seite zu Wort kommen lassen und deren Aussagen übernehmen. Ausser einer Vertreterin des Basler Erziehungsdepartements wurde offenbar keine beteiligte Fachperson, keine Lehrwerkautorin, keine von «Mille feuilles» begeisterte Lehrperson, niemand, der eine oder zwei andere Perspektiven vorgelegt hätte, befragt. Jede pädagogische Neuerung birgt ihre Schwierigkeiten, braucht Zeit und muss auch immer wieder in einem differenzierten Dialog revidiert werden. Auf einem Blog, den die Kritiker bewirtschaften, liest man den Satz von Nietzsche: «Jedes Sehen ist perspektivisches Sehen.» Dem kann ich nur beipflichten.
Niederländische Schulen gelten als digitale Vorreiter. Doch selbst dort zeigt eine Studie: Der Unterricht im Netz bringt kaum Lernfortschritte – besonders bei Kindern mit schwierigem sozialen Umfeld. Wir bringen hier einen Beitrag, der jüngst in der Zeitschrift “Der Spiegel” erschienen ist.
Die Condorcet-Autoren Alain Pichard, Urs Kalberer und Felix Schmutz haben eine Zeitleiste des monumentalen bildungspolitischen Irrtums erstellt. Mit den Baustellen Frühfremsprachenunterricht und Mehrsprachendidaktik wurden Hunderte von Millionen Franken in den Sand gesetzt. Zugeben will es niemand!