Die integrative Schule lebt. Sie lebt durch das tägliche riesige Engagement unserer Lehr- und Fachpersonen und unserer Schulleitungen. Sie lebt auch dadurch, dass sie sich ständig neuen Herausforderungen anpasst. Diese Aufgabe ist äusserst anspruchsvoll. Die Volksschule hat den Auftrag, die Bedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu erfüllen. Unsere Klassen sind meist sehr heterogen zusammengesetzt. Die Kinder und Jugendlichen bringen ganz unterschiedliche Erfahrungen mit in die Schule, sind nicht alle gleich weit in ihrer Entwicklung, haben unterschiedliche familiäre Hintergründe und nicht dieselben Lernvoraussetzungen.
Die Schule muss den gesellschaftlichen Wandel mitgehen
Das war schon früher so und ist es heute deutlich ausgeprägter. Die Volksschule kann nicht für jedes einzelne Kind zu jedem Zeitpunkt die perfekte Lösung anbieten. Sie bietet aber für alle Schülerinnen und Schüler ausgezeichnete förder- und leistungsorientierte Angebote, seien diese separativ oder integrativ. Die Volksschule muss den gesellschaftlichen Wandel mitgehen. Sie braucht immer wieder Lösungen für neue Herausforderungen wie etwa die deutliche Zunahme von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten oder mit Autismus. Sie braucht Lösungen für die Kinder und Jugendlichen, sie braucht aber auch genügend Ressourcen für die Lehrerinnen und Lehrer, damit sie ihren höchst anspruchsvollen Job jeden Tag aufs Neue meistern können.
Es gibt keinen Zwang zur Integration
Die Volksschule in Basel ist eine integrative Schule, soweit dies im jeweiligen Fall sinnvoll und möglich ist. Es gibt aber keinen Zwang zur Integration. Unseren Schülerinnen und Schülern stehen sowohl integrative als auch separative Angebote zur Verfügung. Denn es gibt in der Tat Situationen, in denen ein Kind in einem separativen Angebot besser lernen kann und sich wohler fühlt als in einer Regelklasse.
Kleinklassen sind keine zeitgemässe Lösung
Es gibt auch Situationen, in denen ein Kind mit einer massiven Verhaltensauffälligkeit den Unterricht in einer Regelklasse stört oder gar verunmöglicht. Auch in diesem Fall ist ein separatives Angebot sinnvoll. Kleinklassen, wie es sie früher gab, sind dafür aber keine zeitgemässe Lösung. Gegen Ende ihres Bestehens konnten die Kleinklassen schon damals nicht mehr angemessen auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen reagieren. Denn die Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler in den Kleinklassen hatte sich deutlich verändert. Zusehends intensivere Förderung in noch kleineren Klassen wurde nötig und wurde von den Lehrpersonen auch eingefordert. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt.
Verbesserte personelle Ausstattung
Fakt ist aber: Basel-Stadt führt nach wie vor speziell kleine Klassen mit einer gegenüber den früheren Kleinklassen sehr stark verbesserten personellen Ausstattung. Es sind die Klassen der sogenannten Spezialangebote. Die Spezialangebote sind als separatives Angebot an verschiedenen Schulstandorten und für alle Schulstufen in der Volksschule ein wichtiger Teil der integrativen Schule. Sie entsprechen den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft. Wir entwickeln die Spezialangebote laufend weiter. Dasselbe tun wir mit den vielen integrativen Förderangeboten. Ein Zurück in frühere, oft auch leicht glorifizierte Zeiten wäre ein massiver Rückschritt. Das wollen wir nicht.
Die Gesellschaft entwickelt sich rasch und stetig. Dasselbe gilt für unsere Schülerinnen und Schüler. Die Schule hat die spannende, aber anspruchsvolle Aufgabe, mit all diesen Entwicklungen Schritt zu halten. Lassen Sie uns unsere integrativen und separativen Lösungen weiterentwickeln. Lassen Sie uns mit einer etablierten und zeitgemässen Vorgehensweise die bestmögliche Förderung für unsere Kinder und Jugendlichen finden und umsetzen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer setzen sich mit grossem Engagement und Wissen mit immer komplexer werdenden Beeinträchtigungen und Ansprüchen auseinander. Sie geben dabei täglich ihr Bestes. Dafür gebührt ihnen grosser Respekt. Unsere Anerkennung hilft ihnen mehr als der rückwärtsgerichtete Blick in vergangene Zeiten. Es braucht eine zeitgemässe Förderung. Kleinklassen werden den gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen nicht gerecht.
Die schulische Integration der Benachteiligten bietet grosse Probleme. Roland Stark und Riccardo Bonfranchi haben die gravierenden Nachteile jüngst aufgelistet und eine bessere Betreuung in Kleinklassen gefordert. Darauf reagieren nun ED-Verantwortliche mit süffisantem Wohlfühlgesülze: Integration ist zwar anspruchsvoll, aber alles ist gut, grossartige Arbeit wird geleistet. Vor allem ist Integration «zeitgemäss». «Zeitgemäss» ist es, wenn immer mehr engagierte Lehrpersonen vor Überforderung ins Burnout abgleiten, Kinder in Besenkämmerchen sonderbeschult werden, stundenweise Heilpädagoginnen eingeflogen werden, wenn sie nicht gerade wegen «Weiterbildungen» unabkömmlich sind, Klassen im Tumult mit Kopfhörern arbeiten müssen, Bezugspersonen ständig wechseln, ADHS-Geplagte randalieren und andere am Lernen hindern. Was will man? Es ist halt «zeitgemäss»! Wann endlich greift der Souverän ein und beendet diese Misere?