Wer wissen will, wie gut Deutschland auf die Zukunft vorbereitet ist, sollte in die Klassenzimmer schauen. Auf den ersten Blick scheint alles in bester Ordnung: Die öffentlichen Haushalte haben ihre Bildungsausgaben in den vergangenen zehn Jahren kräftig erhöht – von 121 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 191 Milliarden Euro 2024. Ein Anstieg um satte 58 Prozent.
Doch diese Zahlen verschleiern die Wirklichkeit. Tatsächlich ist es schlecht um den Bildungsstandort bestellt. Ein kurzer Rundgang durch viele deutsche Schulen genügt, um auf bröckelnden Putz, kaputte Heizungen und marode Turnhallen zu stossen.

Von diesen äusseren Mängeln abgesehen, reichen die Probleme noch tiefer: Weil Lehrer fehlen, werden Stundenpläne gekürzt, Förderunterricht fällt vielerorts aus – und immer öfter übernehmen Quereinsteiger den Unterricht.
110’000 fehlende Lehrkräfte
Wie gross die Lücke inzwischen ist, wird das Statistische Bundesamt an diesem Mittwoch mit neuen Zahlen verdeutlichen. Klar ist aber schon lange: Tausende Stellen bleiben seit Jahren unbesetzt, Tendenz steigend. Bis 2030 könnten es nach Schätzungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft über 110’000 fehlende Lehrkräfte sein.
Ein zweiter Blick auf die Ausgaben zeigt zudem, dass es um die Finanzierung gar nicht so rosig steht, wie die absoluten Zahlen suggerieren. Gemessen am Bruttoinlandprodukt ist der Anteil für Bildung in den vergangenen zehn Jahren nahezu stabil geblieben – 2014 lag er bei rund 4,17 Prozent, 2024 bei 4,4 Prozent. Und stabile Anteile bedeuten faktisch eine Kürzung, wenn man Inflation, steigende Löhne und höhere Betriebskosten berücksichtigt.
Rund ein Drittel der heutigen Lehrkräfte wird in den nächsten zehn Jahren pensioniert. Gleichzeitig versagt die Nachwuchsgewinnung. Das Studium gilt als lang, die Anfangsbezahlung als unattraktiv, die Arbeitsbelastung als erdrückend.
Im internationalen Vergleich ist das ernüchternd: Mit seinen Bildungsausgaben verfehlt Deutschland sogar den OECD-Durchschnitt von 4,9 Prozent, gemessen an der Wirtschaftsleistung. Für ein Land ohne nennenswerte Rohstoffe, das auf die Ideen und Fähigkeiten seiner Bürger angewiesen ist, ist das zu wenig.
Weniger Lehrer, mehr Schüler
Hinzu kommt: Die Zahl der Schüler ist gewachsen – von 10,6 Millionen im Jahr 2014 auf 11,4 Millionen 2024. Die Zuwanderung, insbesondere während der Asylkrise, brachte zusätzlich Hunderttausende Kinder ins System, viele von ihnen mit besonderem Förderbedarf. Die zusätzlichen Lehrkräfte, die es dafür gebraucht hätte, wurden schlicht nicht ausgebildet.
Und dann wären da noch strukturelle Probleme: Rund ein Drittel der heutigen Lehrkräfte wird in den nächsten zehn Jahren pensioniert. Gleichzeitig versagt die Nachwuchsgewinnung. Das Studium gilt als lang, die Anfangsbezahlung als unattraktiv, die Arbeitsbelastung als erdrückend. Milliarden aus Förderprogrammen wie dem «Digitalpakt Schule» versickern in der Bürokratie, statt Unterrichtsqualität und Arbeitsbedingungen spürbar zu verbessern.
Bleibt das so, zementiert Deutschland den Lehrermangel – und schwächt die eigene Basis für die kommenden Jahrzehnte.

