Ein Mord erschüttert derzeit Deutschland. Ein 17-jähriger Schüler soll seine Klassenlehrerin getötet haben. Zum Glück kommt es nur äusserst selten vor, dass Konflikte an Schulen derart eskalieren. «An Schweizer Schulen herrschen keine amerikanischen Verhältnisse», erklärt Dagmar Rösler, die Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH).
Allerdings sehen sich Lehrerinnen und Lehrer auch in der Schweiz täglich mit Gewalt konfrontiert. In den meisten Fällen bleibt es jedoch bei Bedrohungen, Beschimpfungen und Einschüchterungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie, die der Lehrerdachverband am Montag vorgestellt hat.
An der Umfrage beteiligten sich über 5400 Lehrerinnen und Lehrer aus der Deutschschweiz. Zwei von drei der teilnehmenden Lehrpersonen haben in den vergangenen fünf Jahren persönlich Gewalt erlebt. Hochgerechnet auf 100 000 Lehrpersonen im deutschsprachigen Landesteil sind damit 65 000 Personen betroffen. Für rund 43 000 Lehrpersonen führten die negativen Erfahrungen zu einer emotionalen Belastung während einer längeren Zeit. «Jeder dieser Fälle von Aggressivität ist ein Fall zu viel», erklärte Rösler vor Medienvertretern.
«Er sagte ‹Fick dich› zu mir»
Am häufigsten sind Lehrpersonen psychischer Gewalt in Form von Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen oder Einschüchterungen ausgeliefert. Physische Gewalt, also dass Lehrerinnen und Lehrer gebissen, geschlagen oder mit Gegenständen beworfen werden, kommt in unteren Klassen häufiger vor. Kleinere Kinder seien schwieriger im Zaum zu halten, sagt die Studienleiterin Martina Brägger. Auf den Sekundarstufen seien solche Vorfälle sehr selten.
Psychische Gewalt geht meistens von den Eltern aus. In 38 Prozent der Fälle sind die Erziehungsberechtigten für die Übergriffe verantwortlich. Wie die Studienleiterin Martina Brägger ausführt, werden Lehrerinnen und Lehrer häufig beschimpft, wenn es um Noten oder den bevorstehenden Übertritt auf die nächsthöhere Schulstufe geht. So beklagte sich ein Lehrer darüber, dass ihm der Vater einer Schülerin den Ausgang aus dem Klassenzimmer versperrt habe, nachdem er von dem Mann als «Diktator, Teufel und Satan» beschimpft worden sei.
Aber auch Schülerinnen und Schüler üben Druck aus. In 34 Prozent der erfassten Fälle sind es die Schülerinnen und Schüler der eigenen Klasse, die eine Lehrerin oder einen Lehrer mobben. In der Umfrage berichtete ein Lehrer, dass einer seiner Schüler keine Lust gehabt habe, einen Auftrag zu erfüllen. Als der Lehrer ihn gemassregelt habe, habe der Schüler «Fick dich» gesagt.
Die grosse Mehrheit dieser Fälle mit Eltern und Schülern aus der eigenen Klasse kann gemäss Brägger zeitnah in persönlichen Gesprächen geklärt werden, so dass es nur selten zu einer Eskalation kommt. Die Schulleitung wird in solchen Situationen von den Lehrpersonen mehrheitlich als unterstützend wahrgenommen.
Etwas anders sieht die Situation aus, wenn die Gewalt von den Lehrerkollegen oder von der Schulleitung ausgeht. In diesen Fällen sind die Auswirkungen häufiger gravierend. So lassen sich Lehrer, die auf diese Weise gemobbt werden, häufiger krankschreiben oder wechseln die Schule. Teilweise führen diese unbewältigten Konflikte sogar zum Ausstieg aus dem Beruf.
Ombudsstelle gefordert
Ob die Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer in den letzten Jahren zugenommen hat, kann der Lehrerverband nicht sagen. Es handelt sich um die erste umfassende Umfrage zu dieser Thematik. In fünf Jahren will der LCH die Studie wiederholen. Obwohl der Alltag an den Schulen in den letzten drei Jahren sehr stark durch die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie geprägt worden war, spielte dieses Thema bei der Umfrage nur eine sehr geringe Rolle.
«Die Schulleitungen, Anstellungsbehörden und Teams müssen die nun ans Tageslicht gekommenen Fakten anerkennen und dürfen die Gewalt nicht bagatellisieren.»
Beat Schwendimann, Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des LCH
Der LCH fordert nun präventive Massnahmen und eine bessere Unterstützung betroffener Lehrpersonen. Der Verband verlangt, eine unabhängige Ombudsstelle zu schaffen. Die Kantone Zürich, Zug, Aargau sowie Basel-Stadt und Basel-Landschaft kennen bereits solche Institutionen. Ebenso die Städte Zürich, Bern und Luzern.
Gemäss Beat Schwendimann, dem Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des LCH, trägt jede einzelne Schule eine grosse Verantwortung dafür, dass es bei kritischen Situationen nicht zu einer Eskalation kommt. Es brauche daher Interventions- und Krisenkonzepte an jeder Schule. Die Schulleitungen, Anstellungsbehörden und Teams müssten die nun ans Tageslicht gekommenen Fakten anerkennen und dürften die Gewalt nicht bagatellisieren.
Eine vom Kanton Zürich in Auftrag gegebene Bedarfsanalyse hat ähnlich alarmierende Resultate gezeigt, was Gewalt an Schulen betrifft. Die im Mai 2022 vorgestellte Befragung zeigt, dass Gewaltvorfälle in der Volksschule insgesamt häufiger vorkommen als auf der Sekundarstufe II. Formen von psychischer Gewalt und Mobbing kommen jedoch auf allen Schulstufen vor. Volksschulen müssen dabei häufiger mit physischer Gewalt und Vandalismus fertigwerden. Lehrpersonen auf der Sekundarstufe II beobachten häufig auch, dass sich Schülerinnen und Schüler selbst verletzen.
Die Zürcher Bildungsdirektion hat erste Schlüsse aus dieser Bedarfsanalyse gezogen und ergreift zusätzliche Massnahmen, um die Schulen in Sachen Gewaltprävention und -intervention noch besser zu unterstützen. Seit dem Sommer 2022 wird an einzelnen Gymnasien versuchsweise die Sozialarbeit eingeführt. Künftig soll dieses Angebot an den Mittelschulen flächendeckend zur Verfügung stehen.
Etwas direkt formuliert: Die Staatsschule ist am Ende. Das hat mit der woken Entwicklung zu tun, die politisch korrektes Vorgehen vorschreibt und gleichzeitig diejenigen schützt, die alles andere als politisch vorgehen gegen jene, die von Amtes wegen politisch korrekt vorzugehen haben. Der Schutzreflex ergibt sich aus dem Drang, Negatives verschweigen zu wollen, um den Ruf der Institution zu schützen. Leider ist dieser Ruf nun definitiv auf dem Weg in den Keller.
Macht nur weiter so…