Mit der Erfahrung von einigen Dutzend Sommer- und Winterlagern auf verschiedenen Schulstufen kann ich sagen: Diese Entwicklung geht in eine total falsche Richtung. Klassenlager «haben einen hohen pädagogischen und sozialen Stellenwert: Sie fördern den Zusammenhalt der Klasse, vertiefen die Beziehung zwischen Kind und Lehrperson und erleichtern die Integration von fremdsprachigen Kindern.» Dieser Charakterisierung auf der Homepage des Basler Erziehungsdepartements ist wenig beizufügen. Von der Absicht, dem Not leidenden Tourismusgewerbe unter die Arme zu greifen, ist dort erfreulicherweise nichts zu lesen. Im Vordergrund steht vielmehr die Erziehung zur Gemeinschaft, zu Hilfsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein.
Die Organisation und Durchführung eines Lagers bedeuten eine Riesenbelastung. Der Zeitaufwand ist enorm und der Druck der Verantwortung lastet schwer auf den Schultern der Lehrerschaft. Auch sind der Anteil der Bürokratie und der Sicherheitswahn stetig angewachsen, anderseits ist die Unterstützung, auch die finanzielle, durch die öffentliche Hand spürbar gesunken.
Der Kanton Baselland zum Beispiel hat die Beiträge an Schullager auf der Sekundarstufe von ehemals vier Millionen auf 2,5 Millionen Franken gekürzt. Der Stadtkanton gefährdet mit der Streichung der läppischen 60 000-Franken-Subvention an die Basler Stiftung für Ferienkolonien den Weiterbestand des traditionsreichen Lagerhauses in Prêles. Schon zuvor hatte Basel-Stadt unverständlicherweise eine Reihe seiner eigenen Lagerhäuser abgestossen. Dazu kommen noch, im Rahmen des Sparpakets, die Kürzung der Beiträge an die Sportlager und die unsinnige Aufhebung des Materialverleihs auf dem Sportamt.
Schon vor Jahrzehnten waren in den Klassenlagern Schülerinnen und Schüler anzutreffen (ohne Migrationshintergrund), die noch nie einen Putzlumpen oder einen Kochlöffel in den Händen gehalten hatten. Stand auf dem Menüplan Pizza Prosciutto, steuerte die Einkaufstruppe im Supermarkt entschlossen die Tiefkühltruhe an. An der selbst gemachten Spaghettisauce wurde herumgemäkelt, weil die Fertigbrühe aus der Büchse bei Mama angeblich besser schmecken würde.
Der Trend zu All-included-Klassenlagern, in denen auf die Mitarbeit der Schüler (treffender wohl Kundschaft genannt) verzichtet wird, zusammen mit der schleichenden Auflösung des praktischen Kochunterrichts an den Volksschulen lässt jedenfalls nichts Gutes ahnen. Statt Sozialverhalten wird mit dem angebotenen Service de- luxe Konsumverhalten eingeübt. Eine verhängnisvolle Fehlentwicklung.
Die Schulbehörden können sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich weit über den Physik- oder Matheunterricht hinaus. Klassenlager mit VIP-Verwöhnungsangeboten sollten schlicht und einfach nicht bewilligt werden. Für pädagogischen Unfug sind Steuergelder nicht gedacht.