21. Dezember 2024

Linke Bildungspolitik: Eine starke öffentliche Schule für alle

Anlässlich einiger kantonaler Wahlen bat die Redaktion des Condorcet-Blogs einige BildungspolitikerInnen, ihre Sicht über eine moderne Bildungspolitik zu formulieren. Mit Miriam Locher beginnen wir diese Serie. Miriam Locher ist eine profilierte Bildungspolitikerin der SP, die – nach Aussage unseres Redaktionsmitglieds Philipp Loretz – einer neuen Generation angehört.

Die zentrale Forderung für die SP ist eine starke öffentliche Schule für alle. Nur so kann in einer Gesellschaft mit ungleichen Chancen sozialer Ausgleich ermöglicht werden. Alle Menschen sollen unabhängig von ihrer sozialen und wirtschaftlichen Herkunft Zugang zu Bildung und Ausbildung finden können. Nebst Ausbildung, Berufschancen und der Deckung des wirtschaftlichen Bedarfs geht es im Bildungswesen aber noch um wesentlich mehr.

Bildung vermittelt die Fähigkeit, sich für seine Interessen einsetzen zu können.

Bildung vermittelt die Fähigkeit, sich für seine Interessen einsetzen zu können. Bildung erlaubt, die Welt zu verstehen. Dabei ist es wichtig, dass die Schule Freude macht. Anstrengung soll nötig sein, aber sie darf auf keinen Fall Angst oder Leiden verursachen. Auch Gleichmacherei schadet der Bildung. Um dieses Ziel zu erreichen und die Schulen zu stärken, braucht es massiv mehr Ressourcen.

Auch Gleichmacherei schadet der Bildung.

Investitionen braucht es bei der frühen Förderung.

Investitionen braucht es einerseits am Anfang einer Schullaufbahn, bei der frühen Förderung, speziell der frühen Sprachförderung. Aber auch der Aufbau einer flächendeckenden pädagogischen Tagestruktur auf Primar- und Sekundarstufe ist dringend notwendig, um die Chancengerechtigkeit zu stärken.

Änderungen braucht es aus linker Sicht bei der Stundentafel, den Klassengrössen, beim Lektionendeputat, der Infrastruktur und den Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen. Denn den Herausforderungen der heutigen Gesellschaft kann nur mit Anpassungen in diesen Bereichen begegnet werden. Das Deputat muss erhöht und Projektarbeit, Medien und Informatik von Deutsch und Mathematik gelöst werden. Die Klassengrössen müssen nach unten korrigiert (Richtzahl 18), das Niveau A gestärkt und Durchlässigkeit gefördert werden. Wert legen wir dabei auch auf einen adäquaten Umgang mit der fortschreitenden Digitalisierung. Die Schülerinnen und Schüler müssen optimal auf die digitalen Herausforderungen vorbereitet werden. Wir fordern genügend Investitionen in die IT auf der Primarstufe und auf den Sekundarstufen I und II und genügend Mittel, um die Lehrpersonen entsprechend weiterzubilden.

Integration um jeden Preis, Checks und ein flächendeckendes Monitoring erachten wir als nicht zielführend.

Nicht nur in Bezug auf die Digitalisierung steigen die Anforderungen an die Lehrkräfte. Umso wichtiger ist es, dass jegliche Lohn- und Rentenkürzungen und unnötige Mehrbelastungen verhindert werden. Integration um jeden Preis, Checks und ein flächendeckendes Monitoring erachten wir als nicht zielführend. Solche Vergleiche zwischen den Schulen bilden die unterschiedlichen Voraussetzungen der Bildungseinrichtungen in keiner Weise ab, sondern sie kosten viel Geld, binden zeitliche Ressourcen und bringen keinen nennenswerten Mehrwert.

Keine flächendeckende Checks

Diese finanziellen Mittel sollen vielmehr in die Infrastruktur der Schulbauten und das Rückgängigmachen von Kürzungen im Bereich des Musik- und Schwimmunterrichts und der Freifächer eingesetzt werden. Auch Klassenlager und ausserschulische Aktivitäten sind Teil des Unterrichts und sollen genügend Ressourcen zur Verfügung haben.

Jedes Kind hat ein Anrecht auf eine gute Bildung; dazu muss die öffentliche Schule die Beste sein. Und das kann nur mit Zurückhaltung bei neuen Reformen, ausreichenden Ressourcen, einer guten Infrastruktur und motivierten Lehrkräften erreicht werden.

Miriam Locher, 38-jährig, Pädagogin (Kindergarten) in Aesch BL,  Fraktionspräsidentin der SP BL, Vizepräsidentin der Bildungs-, Kultur-, und Sportkommission.  

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3 Kommentare

  1. Die Frage lautet: Was ist eigentlich «links» am Programm, das Miriam Locher entwirft? Längst will die Mainstream-Pädagogik unserer Tage die Chancengleichheit verwirklichen, die Digitalisierung vorantreiben, alle Schüler(innen) bestmöglich integrieren und keinesfalls an der Bildung sparen. Von der EDK, dem LCH, den Fachhochschulen, der IT-Branche bis zu den Journalisten aller Medien wollen alle die Schule in diese Richtung steuern und begrüssen jedesmal mit freudigem «Halleluja», wenn wieder irgendwo eine Dorfschule in Unterpfiffikon ein Projekt in dieser Richtung startet. Genauso plakativ und undifferenziert wie die genannten Autoritäten äussert sich Locher in ihrem angeblich «linken» Bildungsprogramm. Die pauschale Forderung nach mehr Mitteln ist ein gutes Beispiel für diesen Mangel an gedanklicher Tiefe. Die entscheidende Frage ist doch wohl, wofür der Staat die Mittel ausgeben soll. In den letzten Jahren hat er nämlich sehr viel Geld in die Digitalisierung, das gescheiterte Fremdsprachenprojekt Passepartout, die Erstellung von Lehrplänen mit Kompetenzorgien und in unergiebige Fortbildungskurse verschwendet, die genau den Zielen von Locher dienen sollten, jedoch in Wahrheit keinem einzigen Kind auch nur den geringsten Fördernutzen gebracht hätten. Das Einzige, was Lochers «linken» Forderungskatalog vom Mainstream unterscheidet, ist der Abschnitt, in dem sie – übrigens zurecht – die ständigen Leistungsmessungen als unnötiges Hindernis geisselt. Nur vergisst sie, dass die «linken» Politiker unseres Landes diese Standardisierungswelle von Anfang an mitgetragen und willfährig unterstützt haben. Leider bestätigt sich wieder einmal, politisches Schul-Geschwurbel – ob links oder rechts – erliegt gerne der Tendenz, oberflächlich und populistisch zu sein.

  2. Natürlich ist da auch viel Parteijargon. Aber ich finde es sind doch einige Aussagen der SP-Bildungspolitikerin, die Hoffnung machen. Als überzeugter Linker, bin ich froh, dass in der SP wieder der Sinn für das Machbare und vor allem für die Interessen des Kindes eingekehrt ist. Im Lead steht, dass Frau Locher zu einer neuen Generation der SP gehört. Hoffen wir, dass sie sich gegen die Interessen der Bildungsverwaltung und den Überbau durchsetzen kann. Dann ist die SP für mich auch wieder wählbar. Denn historisch hat auch unsere Schule dieser Partei sehr viel zu verdanken.

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