Die Rüge aus dem Thurgauer Erziehungsdepartement lässt aufhorchen. Bisher konnten sich die Schulleiter auf die Rückendeckung der lokalen und kantonalen Behörden verlassen. Doch hier muss ein Umdenken stattfinden. Die Schweizer Volksschule lebt von der aktiven und kritischen Begleitung durch die Lehrpersonen. Diese darf weder von beflissenen Schulleitungen noch von der Schulbehörde eingeschränkt oder abgewürgt werden.
Es geht nicht darum, schlechte Lehrpersonen zu schützen. Es gehört zu den Führungsaufgaben der Schulleitung, schwachen oder ungeeigneten Lehrpersonen Alternativen aufzuzeigen. In der Zusammenarbeit zwischen den an der Schule Beteiligten muss aber mehr Fairness geübt werden. Insbesondere sollen sich die involvierten Personen an folgende vier Grundsätze halten:
- Die Methodenfreiheit muss garantiert sein. Auch mit dem Lehrplan 21 ist grundsätzlich die Methodenfreiheit gewährleistet. Diese sorgt dafür, dass die örtlichen Verhältnisse (Schülerstruktur, Klassengrössen, Zusammensetzung des Lehrkörpers) in bester Weise berücksichtigt werden können. Das Prinzip der Methodenfreiheit gilt es deshalb hochzuhalten.
- Reformen müssen mit dem Lehrerteam zusammen angepackt und nicht top-down verordnet werden. Willkürliche Massnahmen, insbesondere mit Kündigungsandrohung, haben in einem pädagogisch geprägten Umfeld nichts zu suchen und wirken sich nachteilig auf die Schulqualität aus.
- Widerspruch kann heilsam sein. An vielen Schulen wird es den Lehrpersonen untersagt, Anordnungen der Schulleitung oder der Schulbehörden zu kritisieren. So dürfen sich die Unterrichtenden nicht äussern zu pädagogisch relevanten Fragen. Das Resultat davon ist ein Klima der Angst und der Heuchelei. Entsprechende, auch von den kantonalen Ämtern gebilligte Maulkörbe, gehören abgeschafft und sind der demokratisch legitimierten Schweizer Volksschule unwürdig.
- Die Schulbehörden sind neutral. Oft können die Schulleitungen auf die blinde und fast bedingungslose Unterstützung der politischen Behörde, die sie gewählt hat, zählen. Die Schulbehörden sind zu verpflichten, bei Konflikten die Grundsätze der Neutralität und Unabhängigkeit zu beachten – zum Wohl der Schule.
Guten Tag Herr Kalberer
Ich habe Ihren Artikel “Mehr Fairness an den Schulen” mit Interesse gelesen.
Nach 42 Schuljahren an der Schule Grosswangen, zehn Jahre als Primarlehrer, 32 Jahre als Sekundarlehrer, hat mir der Schulpflegepräsident, völlig unerwartet, in Anwesenheit der Schulleiterin mitgeteilt, man würde mich voraussichtlich für das kommende Schuljahr nicht mehr wählen. Damals war ich 62 Jahre alt. Ich fragte nach dem Grund dieser Ankündigung. Es sei noch kein Entscheid gefallen, und darum hätte ich auch kein Recht auf eine Begründung.
Ich habe dann auf Ende des ersten Semesters gekündigt und habe an anderen Schulen bis zum 65. Altersjahr in Teilpensen weiter unterrichtet.
Diese Kündigungsandrohung ist mir doch mächtig eingefahren. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Schulleiterin und mir hat sich während der letzten zwei Jahre stetig verschlechtert.
In den Mitarbeitergesprächen habe ich ihre Sach- und Sozialkompetenz in Frage gestellt.
Das kam nicht gut an und endete im offenen Streit.
Vielleicht habe ich mich nicht genügend in die neue Schulsituation “Schule mit Profil” einordnen können. Ich war doch immerhin 30 Jahre ein selbständiger Lehrer, der seine Klassen führte und für die Schülerinnen und Schüler verantwortlich war.
Freundliche Grüsse
Josef Felber