21. Dezember 2024
Zu Basels gescheiterter Schulpolitik

Die Gründe liegen vermutlich tiefer

Condorcet-Autorin findet, dass die Analyse des BAZ-Chefredakteurs Marcel Rohr zur Basler Schulmisere ( https://condorcet.ch/2024/03/die-wahren-gruende-der-schulmisere-in-basel/ ) zu kurz greift.

Ohne zu beanspruchen, die «wahren Gründe der Schulmisere in Basel» zu kennen, bin ich der Meinung, dass die Ursachen für die Bildungskrise viel tiefer liegen, als dies Herr Rohr vermutet. Die Schulen werden seit Jahrzehnten tiefgreifenden Reformen unterzogen, welche zwar keine Verbesserungen erzielt haben – im Gegenteil –, aber zur Folge hatten, dass das Vertrauen in die Institution sowie ihr Ansehen in einem hohen Ausmass gesunken sind. Die Kritik von Lehrerinnen und Lehrern ist in dieser Zeit im Sog der Innovationsrhetorik entweder verstummt oder dieser selbst erlegen. Angesichts der Tatsache, dass die Leistungen sinken, obwohl immer mehr Ressourcen bereitgestellt werden, bricht nun – insbesondere in den Medien – eine diskursive Hektik aus, die in erster Linie von einer grandiosen Oberflächlichkeit gekennzeichnet ist.

Christine Staehelin, Primarlehrerin, Mitglied des Bildungsrates und Nationalratskandidatin der GLP-Basel: Leistungen sinken trotz mehr Ressourcen.

Was die Schulreformen widerspiegeln, ist die Ansicht, dass bestimmte Interventionen im Modus des Herstellens neue Tatsachen schaffen könnten. Alle Reformen – vom Lehrplan 21 über die Digitalisierung, das Frühfranzösisch, der frühe Schuleintritt usw. ­­–hatten zur Folge, dass das Gegenteil ihrer Absicht eingetreten ist.

Warum ist das so? Vermutlich wurde bei den Reformen vergessen, dass das pädagogische Tun in seinem Kern eine personale Angelegenheit ist. Dass es die Lehrerinnen und Lehrer sind, welche die Kinder und Jugendlichen für die Sache begeistern, sie zum Denken und Fragen animieren, sie zu Interessierten und Beteiligten machen und sie gleichzeitig lehren, der Gemeinschaft Sorge zu tragen. Keine dieser Reformen gewährt dieser menschlichen Praxis genügend Raum und Zeit. Gegängelt durch einen überbordenden Lehrplan, unzählige notwendige Absprachen unter allen Beteiligten, eine Flut von Formularen, ständigen Änderungen, ständigem Kommen und Gehen im Unterricht, fragwürdigen Beurteilungsformen von sogenannten Kompetenzen jeglicher Art usw. versuchen die Lehrerinnen und Lehrer, ihrem eigentlichen Berufsauftrag dennoch gerecht zu werden im Wissen darum, dass es dabei eigentlich um etwas ganz Anderes geht als das, was diese Vorgaben verlangen und vortäuschen. Es braucht nun keine weiteren Reformen und Massnahmen, um die Schule zu verbessern, sondern die Abkehr von der Idee, dass diese etwas dazu beitragen könnten. Sie sind gescheitert und führen in erster Linie zur aktuellen hektischen und oberflächlichen öffentlichen Debatte, welche der Institution, dem Berufsstand und insbesondere den Schülerinnen und Schülern unwürdig ist.

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Ein Kommentar

  1. So ist es (auch).
    Wenn jemand den Auftrag erhalten hätte, unter dem Ettikett “Wir wollen nur das Beste” den ganzen Schulbetrieb zu schleiffen – besser als Eymann/Cramer hätte man das nicht machen können.
    Und jetzt? Tee trinken in der Wüste? Nein, im Gegenteil: Neue Reformen stehen bereits an… Wahnsinn!

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