Das MBA (Mittelschul- und Berufsbildungsamt) wäre ja eigentlich die Kontrollinstanz der Direktorinnen und Direktoren in den Gymnasien und Berufsschulen des Kantons Bern. Der inzwischen durch eine Sonderprüfung belegte Fehlgriff bei der Besetzung der Kaderstelle im BBZ-Biel hätte kaum für so grosse Schlagzeilen gesorgt, wenn nicht dieselbe Aufsichtsbehörde, die für diese Wahl verantwortlich war, beim Management des Desasters dermassen versagt hätte. Wie konnte so etwas passieren?
Im Laufe der Schulreformen, die seit etwas mehr als 20 Jahren das öffentliche Schulwesen durchrütteln, hat eine Allianz von Politik, Verwaltung und Wissenschaft sich der Schaltzentralen in der Bildungspolitik bemächtigt. Deren Hebel wird heute von einem gut alimentierten und ständig wachsenden Heer an Beamten gebildet, welche kontrollieren, projektieren, organisieren, entwickeln und evaluieren, den Herausforderungen des Unterrichts
aber fernbleiben. Dem Organigramm des MBA entnimmt man, dass es neben der Amtsleitung und zwei Obergremien noch sechs Abteilungen gibt, die jeweils von Ressortleitern geführt werden. Jedes Ressort hat noch zwischen sechs bis zehn Unterabteilungen. Darunter befindet sich auch der Schulinspektor, welcher im besagten Konflikt die erste Ansprechperson war und die in der Kritik stehende Direktorin mit Inbrunst bis zuletzt verteidigte. Eines
der Obergremien nennt sich ironischerweise «Rechtsdienst, Qualitätsentwicklung, Compliance, Support & Services», Realsatire pur. Seit zwei Jahrzehnten streben Ämter wie ein MBA eine Managementstruktur für die Schulen an. Man erhoffte sich davon kürzere Entwicklungszeiten, mehr Führung, einen besseren Output und möglichst störungsfreie Prozesse. Erkauft wurden diese Effizienzgewinne mit dem Ausschluss der Lehrerschaft aus den Entscheidungsprozessen und einer Hierarchisierung der Schulorganisation. Die mit erheblichen Kompetenzen ausgestatteten Schul- und Abteilungsleitungen sollten für eine reibungslose Umsetzung der von oben diktierten Schulreformen und eine professionelle Schulführung sorgen.
Das MBA war schon längere Zeit nicht einverstanden mit dem eher kooperativen und behäbig empfundenen Stil der alten Schulleitung. Denn die höchst gravierenden Mängel im BBZ existierten schon vor dem Amtsantritt der Direktorin, und das MBA wusste davon, handelte aber nicht. Neuere Dokumente zeigen, dass die Verantwortlichen im MBA und die BBZ-Direktion mehrfach über die haarsträubenden Fehlleistungen einzelner Angestellter aufmerksam gemacht wurde. Man zögerte, schaute weg und unterliess es, auch bei grotesken Missständen einzugreifen. Dagegen wartete man auf die Nachfolge und erhoffte sich mit dieser «Unteroffizierin» eine Art «Reinemachen». Der kolossale Irrtum ist mittlerweile durch eine Sonderprüfung amtlich bestätigt. Die Dame interpretierte ihren Auftrag etwas gar zu forsch und hinterliess ein Chaos.
Erkauft wurden diese Effizienzgewinne mit dem Ausschluss der Lehrerschaft aus den Entscheidungsprozessen und einer Hierarchisierung der Schulorganisation.
Doch zurück zum eigentlichen Problem, das nicht bei der überforderten Direktorin, sondern offensichtlich bei der Aufsichtsbehörde liegt. Der Treppenwitz der ganzen Geschichte besteht nämlich darin, dass sich in all den Jahren die Schulen inklusive Schulleitungen tatsächlich modernisierten, während Ämter wie das MBA noch im alten Beamtenmodus walten und lediglich zahlenmässig wuchsen. Oder anders ausgedrückt: In einem echten Konflikt ist dieses Amt nicht zu gebrauchen bzw. die Prediger von Professionalität handeln in solchen Fällen selbst bemerkenswert unprofessionell.
Ein Beispiel: Mitten in der Auseinandersetzung zwischen Direktion und Lehrpersonal verordnete das MBA eine Mediation, die in einem schönen Hotel ein ganzes Wochenende dauerte. Laut Wikipedia ist Mediation ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes. Im Fall des BBZ war es der hilflose Versuch, sich vor unbequemen Entscheidungen zu drücken, weil man das bestehende Führungsproblem nicht verstehen wollte. Ein Teilnehmer meinte: «Ich habe noch nie einen solchen unprofessionellen Mumpitz über mich ergehen lassen müssen». Und der Sonderbericht vermerkte: Das MBA definierte zwar Zielsetzungen, kontrollierte sie aber nie. Prinzip: Abhaken und als erledigt vermerken. Der Tagesansatz des Mediationsleiters betrug 3’000 Fr. Das Wochenende kostete insgesamt 9’430 Franken. Das ist natürlich ein Peanutsbetrag, wenn man bedenkt, was die Abgangsentschädigung der entlassenen Direktiorin und das Honorar des eingeflogene Ersatzdirektors kosteten. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich vor Jahren in einem privaten Streit ebenfalls eine Mediation in Anspruch nahm. Die zwei Stunden kosteten mich über 500.- Ich liess es dabei bewenden. Mir ging schlicht das Geld aus. Vielleicht hätte ich Mediator oder Sachbearbeiter beim MBA werden oder einfach Staatsgelder anfordern sollen.
Top Artikel, lieber Alain Pichard.
Die Thematik greift übrigens schweizweit und der Possen sind da viele. Leider bleibt einem das Lachen über all die Treppenwitze im Hals stecken.
Merke: Je höher die Stuhlbeine, umso dünner die Luft. Der Sauerstoffmangel dort oben schlägt sich offenbar auf die kognitive Leistung der auf dem Stuhl Sitzenden nieder. Da hilft auch Aufplustern nichts. Und wehe, ein Stuhlbein wird angesägt oder von im Pendenzenkeller lebenden Ratten angefressen…