18. November 2024

Classroom Management

In seiner zweiten Folge der Beitragsreihe über die Rolle der Klassenlehrkraft nimmt uns Alain Pichard mit auf eine dreijährige Reise. Er schildert die anfallenden Aufgaben auf der Sekundarstufe 1.

Alain Pichard, Lehrer Sekundarstufe 1, GLP-Grossrat im Kt. Bern und Mitglied der kantonalen Bildungskommission: Die Elternzusammenarbeit nimmt zu.

In den nun folgenden Zeilen möchte ich Ihnen – liebe Leserinnen und Leser – die verschiedenen Aufgaben einer Klassenlehrkraft schildern, die ihre 7. Klasse übernimmt und sie drei Jahre später entlässt. Es handelt sich dabei um eine Durchschnittsklasse in einer Agglomerationsgemeinde mit 20 Schülerinnen und Schüler.

  1. Klasse

Die Vorbereitungen beginnen bereits im alten Schuljahr. Es gibt Übertrittsgespräche mit den abgebenden 6.-Klasslehrerinnen. Dort werden über die Schülerinnen und Schüler wichtige Informationen ausgetauscht. Über ein Drittel der Schülerinnen und Schüler gibt es Dossiers (Förderbedarf, Betreuungsstand, Leistungsvermögen, Nachteilsausgleich, beanspruchte Institutionen). Diese Sitzung findet in der Regel an einem Nachmittag statt und dauert ca. zwei Stunden.

Die Dossiers müssen archiviert werden. Die zukünftige Klasse kommt an einem Morgen im alten Jahr zu einem Schnuppermorgen in die Schule. Für das Programm ist die zukünftige Klassenlehrkraft verantwortlich.

In den Ferien wird neben den fachlichen Vorbereitungen das Klassenzimmer neu eingerichtet, das Absenzenbuch mit Daten beschriftet, ein erster Schulausflug für die drei Kennenlerntage und der Elternabend vorbereitet.  Ausserdem fallen jede Menge administrative Arbeiten an. Die Dossiers müssen gelesen und entsprechende Infos an das Klassenteam geliefert werden. Stundenpläne und Klassenlisten müssen mit Raster vorbereitet werden. Der erste Morgen ist Klassenlehrermorgen. Nach der Anfangszeremonie übernimmt die Klassenlehrkraft ihre neue Klasse. Der Beginn ist sehr wichtig. Ich beginne den Tag jeweils mit einer einstündigen Teamarbeit (mit Farben und Formen). Vorbereitung am Sonntag zuvor ca. 1 Stunde.

Die Zeugnisse und Zahnkarten müssen eingesammelt und archiviert werden. Es beginnt die Materialausgabe.

In den Sommerferien wird das Klassenzimmer vorbereitet.

Wichtig ist die Kennenlernwoche in der zweiten Woche des ersten Quartals. Hier gilt es, eine dreitägige Schulverlegung zu planen. Die Klassenlehrkraft muss schauen, dass sie aus dem Klassenteam eine Begleitperson findet. Sie muss Nahrungsmittel einkaufen, Menuepläne erstellen, den Transport organisieren, Elternbriefe schreiben und ein Programm für die zwei Tage entwerfen. Natürlich muss sie ein Budget erstellen und das Geld einsammeln. Die Klassenkasse ist nach einer aufwändigen Abrechnung auf Null und wird mit Gemeindebeiträgen (Exkursionsgeld) neu gespiesen. Die Führung des Klassenkontos obliegt der Klassenlehrkraft. Ausserdem muss eine Materialkiste mit Spielen, Papierblöcken und Filzstiften gefüllt werden.

Bis Ende Woche müssen Adressen, Handynummern und Mailadressen kontrolliert bzw. erhoben werden, eine immer komplizierter werdende Aufgabe. Ein Klassenchat wird eingerichtet. Die Schüler müssen wissen, welches Angebot der Schule sie wann und wo belegen wollen.

Adressen, Telefonnummern Email… nichts geht mehr ohne Computer.

Der erste Teil des ersten Elternabends wird von der Schulleitung bestritten, der zweite Teil obliegt der Klassenlehrkraft. Das Klassenzimmer muss für diesen Anlass umgestellt werden. In der Regel nehmen 30 Personen an dem Anlass teil. Am Elternabend müssen die beiden Elternvertreter bestimmt werden.

Die Klassenlehrkraft plant und organisiert die Sitzordnung in der Klasse, diskutiert die Regeln und Umgangsformen und lässt in einem Wahlprozedere die Klassensprecher durch die Klasse bestimmen. Sobald die Schülerinnen und Schüler ihren Account haben (sehr oft Aufgabe des Informatikbeauftragten), ist die Klasse startklar. Die Kennenlernwoche wird mit einem Teamevent der neuen 7. Klassen abgeschlossen. Auch hier sind die Klassenlehrkräfte zuständig.

Nach diesen aufwändigen Vorarbeiten kann der Unterricht beginnen.

Weitere Aufgabenbereiche bis zu den Elterngesprächen im Winter sind Gruppeneinteilungen für den Sporttag, die Hauswahl für das Skilager im März und die Koordination des Informationsaustauschs im Klassen- und Jahrgangsteam.

Die immer aufwändigeren Anmeldungen bei unseren Kooperationspartnern – wie der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder der Erziehungsberatung – auch eine Folge des Integrationsartikels – nehmen zu.

Disziplinarverstösse verursachen viel Aufwand.

Eine sehr wichtige und zeitintensive Tätigkeit der Klassenlehrperson ist ihre Präsenz bei disziplinarischen und psychischen Problemen. Sämtliche Disziplinlosigkeiten, die von den Fachlehrkräften nicht geregelt werden können, landen bei der Klassenlehrperson. Verstösse gegen Schulhausregeln (z. B. in den Pausen) werden ihr gemeldet. Daraus ergeben sich Briefwechsel mit Eltern, Standortgespräche und ab und zu grössere Sitzungen mit Schulleitung und Behörden. Die immer aufwändigeren Anmeldungen bei unseren Kooperationspartnern – wie der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder der Erziehungsberatung – auch eine Folge des Integrationsartikels – nehmen zu. Sämtliche Umteilungsentscheide müssen mit Klassenteam, Schulleitung und Institutionen genauestens dokumentiert werden. Zentrale Stelle hier: die Klassenlehrperson. Es folgen Netzgespräche, die in schwierigen Klassen einen enormen zeitlichen Aufwand verlangen. Eltern müssen aber auch bei disziplinarischen Konflikten aufgeboten werden. Die Gespräche müssen protokolliert und archiviert werden. Wenn es in gewissen Fächern zu chaotischen Verhältnissen kommt, ist es nicht selten die Klassenlehrperson, die den Unterricht hospitiert, damit er möglich bleibt.

Immer häufiger werden in den privaten Chats der Schülerinnen und Schüler unzulässige Hetzjagden auf Aussenseiter oder sexistische Bemerkungen herumgeschickt, welche dann das Klassenklima stark belasten.

Sämtliche Adressänderungen und wechselnde Telefonnummern und Mailadressen, die nicht immer gemeldet werden, müssen jeweils aktualisiert und an die Schulleitung und das Klassenteam weitergeleitet werden.

Die Klassenlehrkraft muss bei allen Betreuungsangeboten die Übersicht behalten, die da sind: Nachteilsausgleich, logopädische  Betreuung, reduzierte Lernziele, KBF-Status usw. Hier ist es dringend notwendig, ein gutes Computerprogramm zu beherrschen und Ordnung zu halten.

Sämtliche Adressänderungen und wechselnde Telefonnummern und Mailadressen, die nicht immer gemeldet werden, müssen jeweils aktualisiert und an die Schulleitung und dedasm Klassenteam weitergeleitet werden.

Die Elternarbeit nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Und dort, wo das Elternhaus kein Partner mehr sein kann, folgt die Kooperation mit den Institutionen, wie den Sozialbehörden oder der Berner Gesundheit.

Die Elternarbeit nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Und dort, wo das Elternhaus kein Partner mehr sein kann, folgt die Kooperation mit den Institutionen, wie den Sozialbehörden oder der Berner Gesundheit.

Sämtliche von der Schulleitung und den Lehrerkonferenzen beschlossenen schulischen Anlässe landen bei den Klassenlehrpersonen, die zwar diese Events nicht organisiert, aber dafür sorgt, dass die Schülerinnen und Schüler wissen, was sie zu tun haben, in welchen Gruppen sie sind und wann sie wo sein müssen.

Standortgespräch: im Schnitt eine Stunde

Die 20 Elterngespräche sind obligatorisch, man nennt sie Standortgespräche. Sie müssen gut vorbereitet sein und anschliessend protokolliert und archiviert werden. Es geht um Leistung, Arbeitsverhalten und Sozialverhalten, es geht um Einteilungen in Niveaufächern, um Probleme in der Klasse, Lernschwierigkeiten, Mobbingvorwürfe. Für Gespräche mit fremdsprachigen Eltern müssen Dolmetscher organisiert werden, was die zeitliche Planung erschwert. Und es geht auch um eine erste Nachfrage bezüglich Laufbahnplanung, z. B., ob ein Kind beabsichtigt, das Gymnasium zu besuchen. Im Schnitt rechnet man eine Stunde für ein Gespräch.

Im Kanton Bern wurden die Semesterzeugnisse abgeschafft. Trotzdem müssen die Leistungen der Schülerinnen und Schüler immer abrufbar sein. Vorbereitet werden diese Zwischenstände durch Mittelsemesterkonferenzen. Dort tauschen sich die Klassenteams über die Schülerinnen und Schüler aus. Einladung, Leitung der Gespräche und Festhalten der Beschlüsse obliegt der Klassenlehrkraft.

Neu eintretende Schülerinnen und Schüler erfordern ein Standortgespräch und Eingliederungshilfen.

An Weihnachten ist oft «Wichteln» angesagt. Die Schülerinnen und Schüler wollen spezielle Events wie gemeinsames Frühstück, Filmnächte oder Ausflüge. Bei Theater- und Museumsbesuchen ist neben der Fachkraft oft die Klassenlehrperson dabei. Nachtaktivitäten sind zurzeit in.

Skilager: ein diverses Mammutprogramm

Das Skilager bringt der Klassenlehrperson einen enormen organisatorischen Aufwand. Elterninfos, Reisebusbestellungen, Lebensmittelbestellungen, Zimmerzuteilung, die Rekrutierung von Skilehrern und Begleitpersonen, der Einzug der Elternbeträge gemäss eines Budgets, die Verwaltung des Klassenkontos, wohin Eltern- und Gemeindebeträge überwiesen werden, die Organisation der Abende, die Notfallzettel, die Platzierung der abgemeldeten Schülerinnen und Schüler. Es gilt, die Haushaltsgruppen zusammenzustellen. Die Durchführung mündet natürlich in dem berühmten 24-Stunden-Betrieb. Die Klassenlehrkraft hat die Abgabe der Handys in der Nacht durchzuführen und auch massgeblich für die Nachtruhe zu sorgen. Unfälle sind stets Klassenlehrerangelegenheit, ebenso wie die Lösung disziplinarischer Vorfälle.  Am Schluss ist die Klassenlehrkraft für eine geordnete Abrechnung, die Verwahrung der Belege und die Zusendung an Eltern und Finanzkontrolle zuständig.

Beurteilungsberichte: Intensive Vorarbeiten

Gegen Ende des Quartals müssen die Zeugnisse erstellt werden. Die zeitliche Belastung der Klassenlehrkräfte in diesem Bereich ist je nach Schule unterschiedlich, aber durchgehend intensiv. Es folgt eine weitere Notenkonferenz. Die Klassenlehrkraft sammelt vor allem im Bereich des Arbeitsverhaltens die «Kreuzchen»-Beurteilungen der Fachlehrkräfte, sie nimmt an allen Notenkonferenzen teil und trägt schliesslich sämtliche Infos sorgsam in das Portfolio ein. Dazu gehören immer mehr auch die Hinweise auf eine spezielle Förderung, auf eine Teilnahme am Angebot der Schule sowie die Sammlung der Zusatzberichte oder Hinweise auf Nachteilsausgleiche. Nicht zu unterschätzen ist auch die Dokumentation der Absenzen. Das ist eine permanente Jahresaufgabe, in welcher das Klassenbuch eine wichtige Rolle spielt. Hier müssen die Entschuldigungen kontrolliert und die freien Halbtage festgehalten werden.

Alle Zeugnisse werden durch die Klassenlehrkraft unterschrieben und am letzten Schultag ausgeteilt. Sämtliche Reklamationen landen bei den Klassenlehrkräften. Sie koordinieren deren Behandlung, fügen nicht selten die Korrekturen eigenhändig ein.

Es folgen die Schulschlussfeste, in welcher der Klassenlehrperson eine aufwändige Koordination zukommt, und die Organisation und Durchführung von Schulreisen, Letztere ergeben wieder einen nicht unerheblichen Vorbereitungsaufwand. Dazu kommt die Semesterabrechnung des Klassenkontos zuhanden der Finanzkontrolle.

Das erste Schuljahr ist zu Ende.

  1. Schuljahr

Über den Aufwand im 8. Schuljahr müssen Sie nicht so viel lesen. Alles, was Sie in der 7. Klasse an Klassenlehrer-Arbeit aufgezählt erhielten, wiederholt sich in den beiden kommenden Schuljahren. Das Grundgerüst der administrativen Arbeiten bleibt, einiges kann aber übernommen werden. Es gilt wieder ein Skilager, zwei Schulreisen und einige Events zu organisieren. Der Belastungsaufwand liegt in etwa im Rahmen des vorherigen Schuljahres. Wenn es der Klassenlehrkraft gelingt, eine gut funktionierende Einheit zu schmieden, können viele Aufgaben delegiert werden.

Die im Lehrplan vorgesehene Verschiebung des Berufswahlunterrichts in das Fach WAH (Wirtschaft, Arbeit, Haushalt) erweist sich als wenig sinnvoll.

Hingegen muss die Klassenlehrkraft sich nun intensiv der Laufbahnplanung widmen, will heissen, die Berufswahl steht an. Die im Lehrplan vorgesehene Verschiebung des Berufswahlunterrichts in das Fach WAH (Wirtschaft, Arbeit, Haushalt) erweist sich als wenig sinnvoll. Natürlich können einzelne Bereiche der Berufswahl in andere Fächer verlagert werden (z. B: Lebenslauf und Bewerbung in den

Berufswahl ist Klassenlehrperson-Aufgabe.

Deutschunterricht). Die Entwicklung des Selbstkonzepts ist aber Sache der Klassenlehrperson. Es gilt, in der zweiten Woche eine sogenannte Berufswahlwoche zu organisieren. Themen wie «Wer bin ich?» «Stärken und Schwächen», «Nachdenken über die Zukunft» liegt in den Händen der Klassenlehrperson. Die Organisation der Berufswahlwoche ist ebenfalls ihre Aufgabe zusammen mit dem Klassenteam und den anderen Klassenlehrkräften. Es kommt ein neuer Player hinzu: das Berufsinformationszentrum. Hier müssen die Klassenlehrerinnen und -lehrer den Besuch im BIZ mit der Klasse organisieren (Busfahrt, Material und Aufträge), den gemeinsamen Elternabend mit dem zugeteilten Berufsberater vorbereiten, den Besuch der Swiss Skills, also der Berufswahlmesse in Bern, vorbereiten und durchführen. Danach gibt es noch diverse Anlässe, die die Klassenlehrkraft nicht vergessen darf, weil es frühzeitiger Anmeldungen bedarf, wie zum Beispiel die Berner Gesundheitstage, die Uhrenindustrieführung und vieles mehr. Ausserdem veranlasst und kontrolliert sie, dass die Schülerinnen und Schüler ihr persönliches Dossier, eine Art Portfolio führen.

Natürlich erkennen die Klassenlehrkräfte zuerst, welche Jugendlichen besonderen Bedarf an Unterstützung haben.

Es folgt die Organisation einer begleiteten Schnupperwoche. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich ein Praktikum organisieren. Die Klassenlehrperson hilft dabei, ist sehr oft am Mittwochmittag im Computerraum und unterstützt ihre Schülerinnen und Schüler bei der Suche nach einem Praktikum. Ist das Praktikum gefunden, müssen die Schülerinnen und Schüler einen Vertrag unterschreiben lassen, ein Dossier vorbereiten, in welchem sie Rückmeldungen des Praktikumsverantwortlichen eintragen lassen und ihr eigenes Tagebuch führen. Einsammeln und Kontrolle obliegt der Klassenlehrkraft. Während des Praktikums besucht sie zusammen mit den Fachlehrkräften die Schülerinnen und Schüler in den jeweiligen Betrieben. Sie spricht mit den Lehrlingsverantwortlichen und den Schülerinnen und Schülern und hält die wesentlichen Erkenntnisse auf einem speziellen Gesprächsprotokoll fest. Natürlich erkennen die Klassenlehrkräfte zuerst, welche Jugendlichen einen besonderen Bedarf an Unterstützung haben. Sie melden diese beim Berufswahlberater und holen dessen Einschätzung ein. Das fliesst in ein Dossier, das dann wiederum an den Standortgesprächen Gegenstand der Diskussion sein wird.

Viele Bewerbungen werden der Klassenlehrperson zur Kontrolle vorgelegt. Sie sieht sie durch, korrigiert, wo nötig, und schickt sie zurück. Sie plant Bewerbungsgespräche und lädt ehemalige Schülerinnen und Schüler in die Schule ein, die den zukünftigen Lehrlingen von ihren Erfahrungen berichten.

Bei den Standortgesprächen im November/Dezember geht es nun konkret auch um die Laufbahnplanung. Die Gymnasialanwärterinnen müssen einen Vorschlag erhalten. Das Ausfüllen der Empfehlungen und die Kommunikation mit den Eltern ist Sache der Klassenlehrperson. Die Anmeldeformulare umfassen inzwischen 4 Seiten.

Am Schulschlussfest organisieren die 8. Klassen die Festwirtschaft. Das ist eine enorm intensive zeitliche Belastung, die viel Organisationsgeschick und die Fähigkeit zu delegieren erfordern.

 

  1. Schuljahr

Wieder gilt die Vorbemerkung: Die Grundaufgaben, die in der 7. Klasse beschrieben worden sind, bleiben erhalten. In der 9. Klasse kommen noch einige Dinge hinzu. Das 9. Schuljahr beginnt mit einem Sozialeinsatz. Die Schülerinnen und Schüler reisen in ein Berggebiet und helfen dort den Bauern, die Weiden zu säubern. Die Klassenlehrkraft organisiert Begleitpersonen, bereitet den Einsatz mit den örtlichen Bauern vor, erstellt einen Menueplan und arbeitet mit den Schülerinnen und Schüler mit. Sie sorgt mit der Begleitperson für die Verpflegung und eine solide Abrechnung.

Sozialeinsatz: eine von drei Schulverlegungen

Überhaupt ist das 9. Schuljahr mit drei Verlegungen (Sozialeinsatz, Skilager und Abschlussreise) für die Klassenlehrkraft anstrengend. In allen drei Lagern müssen Vor- und Nachbearbeitungen geleistet werden, deren Umfang durch all die Auflagen (Essensgewohnheiten, Sicherheitsvorkehrungen) aufwändiger wird.

Die Unterstützung der Jugendlichen bei der Lehrstellensuche nimmt die volle Konzentration der Klassenlehrkraft in Anspruch. Schülerinnen und Schüler müssen angetrieben, ermutigt und getröstet werden. Es folgen Gespräche mit Lehrmeistern betr. Referenzauskünften, die Telefonate besorgter Eltern am Abend häufen sich. Schülerinnen und Schüler, die keine Lehrstelle gefunden haben, müssen für ein Zwischenjahr angemeldet werden. Die Anmeldungen sind eine immer grösser werdende Prozedur. Für die 10. Schuljahre müssen Schülerin und Klassenlehrer digital je 4 Seiten ausfüllen.

Die abnehmende Motivation der Schüler nach unterschriebenen Lehrverträgen ist eine grosse Herausforderung für die Klassenlehrkräfte. Hier gilt es, im Klassenteam mit interessanten Projekten und eigenständigen Schülerarbeiten das Interesse und den Lernwillen aufrecht zu erhalten.

Die Theateraufführung ist ein Höhepunkt.

Wir organisieren jeweils ein sogenanntes PUSA-Projekt (Projektunterricht – Selbständige Schülerarbeit) mit einer Ausstellung. Die Klassenlehrkräfte spielen hier eine zentrale Rolle. Dies gilt namentlich auch für den Schulabschluss, der bei uns jeweils in eine grosse Theaterproduktion mündet. Dem Klassenlehrer obliegt hier die Federführung, die Eingaben für die kantonalen Kulturgutscheine, die Anstellung eines Theaterpädagogen und die Erstellung des Übungsplans etc.

Die letzten Zeugnisse werden verteilt, in einer Schlussfeier werden die Schülerinnen verabschiedet, es fliessen Tränen, auch beim Klassenlehrer.

Die Abschlussreise ist dann einerseits der Höhepunkt der dreijährigen Klassenbegleitung, andererseits aber auch wegen der Gefahr des übermässigen Alkoholkonsums eine Belastung.

Die letzten Zeugnisse werden verteilt, in einer Schlussfeier werden die Schülerinnen verabschiedet, es fliessen Tränen, auch beim Klassenlehrer.

Es gilt noch der Hinweis, dass die zeitliche Zusatzbelastung für die Klassenlehrperson je nach Schulort schwankt. In den sogenannten städtischen Brennpunktschulen (in einer arbeitet der Schreiber dieses Beitrags zurzeit) ist sie höher, in gutsituierten oder ländlichen Gebieten kann sie geringer sein. Ebenso gibt es Schulen, die weniger Schulverlegungen und Skilager durchführen. Die Zusammenarbeit in den jeweiligen Jahrgangteams können entlasten, ergeben aber auch eine zeitliche Mehrbelastung.

Jede Leserin, jeder Leser wird erkennen, dass die Belastung einer Klassenlehrperson Ausmasse angenommen hat, die mit der Abgeltung einer Lektion bei weitem nicht kompensiert wird. Andererseits halte ich die Arbeit des Klassenlehrers für eine befriedigende, erfüllende, vor allem aber für eine eminent wichtige Tätigkeit. In der PH und den Weiterbildungsinstitutionen werden dazu Module mit dem Übertitel «Classroom-Management» angeboten.

Im nächsten Artikel erkläre ich, wie die Arbeit der Klassenlehrperson attraktiver gemacht werden könnte.

 

 

 

 

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8 Kommentare

  1. Bei dieser Auflistung der administrativen und organisatorischen Tätigkeiten von Klassenlehrpersonen der Sekundarschule sollte nicht vergessen werden, dass daneben auch noch Fachunterricht sorgfältig vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet (Korrekturen) werden muss, was trotz Lehrmitteln und Medien kein Selbstläufer ist.

  2. Vielen Dank für diese imposante Zusammenstellung. Wenn man bedenkt, dass diese Klassenlehrperson noch den ganzen Fachunterricht vorbereiten, durchführen und nachbereiten müssen, kann man verstehen, dass diese einst so wichtige Funktion im Schulwesen immer mehr gemieden wird. Ich gespannt auf die Vorschläge von Herrn Pichard

  3. Im Kanton Basel-Landschaft gibt es auf der Primarstufe keine Klassenlehrperson-Spezialfunktion. Die von Alain Pichard aufgezeigten administrativen, organisatorischen und pädagogischen Tätigkeiten der Klassenlehrpersonen auf Stufe Primar werden im Baselbiet also nicht entschädigt. Im Frühling 2019 stufte eine Mehrheit der Tagsatzung der Baselbieter Gemeinden die Mehrbelastung der Klassenlehrpersonen sogar als «vernachlässigbar klein» ein. Eine Geringschätzung, die ihresgleichen sucht.

  4. Ich habe diese Klassenlehrerfunktion gut 30 Jahre lang im Vollpensum innegehabt, ohne zu murren und mit täglicher Freude am Unterrichten in zum Teil bis zu 7 Fächern gleichzeitig auf der Sekundarstufe 1 im Niveau E und P, später auch A und sogar Kleinklasse.
    Die wirklichen Belastungen machten aber nicht die Schülerinnen und Schüler aus – ihretwegen bin ich ja Lehrer geworden. Was zunehmend erdrückte, waren die immer sinnloser werdenden Vorgaben seitens der Bildungspolitik und -verwaltung, subaltern durchgesetzt von zum Teil inkompetenten Schulleitungen. Auch Mitglieder des Schulrates machten sich von Zeit zu Zeit unangenehm bemerkbar. Will heissen:
    Nicht der Unterricht und seine Begleiterscheinungen drück(t)en im Schuh, wohl aber der exponentiell zunehmende Wahnsinn im System Staatsschule, verursacht durch den hirnlosen Wasserkopf, der über den Köpfen der Lehrpersonen schwebt.

    1. Bravo – treffend formuliert! Genauso erlebe ich es. Der Unterricht an sich ist etwas vom Schönsten. Aber der Wasserkopf wird immer grösser. Und da klagt man, der Bildungssektor werde immer teurer…

  5. Ich kann Daniel nur zustimmen: die Kernaufgaben des Klassenlehrers fand ich nie belastend. Statt dessen der Wahnsinn der Bürokratie und sinnloser Anforderungen, Evaluationen von Menschen die entweder nie gelehrt haben oder nicht mehr lehren wollen und sich in die Verwaltung verabschiedet haben.

    Aber. Am Ende des Artikels wird wie so oft von der Lehrerschaft mehr Geld gefordert. Das finde ich phantasielos. Die Bezahlung ist gut. Viel eher sollte bei steigender Belastung gleiche Bezahlung für weniger Stunden gefordert werden.

    1. Sie schreiben: Am Ende des Artikels wird wie so oft von der Lehrerschaft mehr Geld gefordert. Das stimmt nicht. Der Artikel enthält keine Forderungen. Er stellt nur fest.

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