18. April 2024

Der Tausendsassa: Thomas Lindauer

Richard Münch, emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Bamberg, hat den Begriff geprägt, Condorcet-Autor Alain Pichard zeigt, was es damit auf sich hat: Es geht um den bildungsindustriellen Komplex bzw. um seine Allianz mit Wissenschaft, Verwaltung und Politik. Hier tummeln sich allerlei bunte Vögel, Wichtigtuer, oft auch gescheite Köpfe, vor allem aber clevere Vermarkter. Am Beispiel von Thomas Lindauer, Deutschdidaktiker und Projektleiter, erklärt uns Alain Pichard, wie man heute mit Bildung Geld verdienen kann. Seine Morphem-Terminologie wurde auch vom lvb in Frage gestellt (siehe “Checks im Realitätscheck – Problemanalyse des LVB nach 5 Jahren Erfahrung” vom 10.7.2021).

Alain Pichard, Lehrer Sekundarstufe 1: Auftragssicherheit gewährleistet, Mission erfüllt
Thomas Lindauer: sprachdidaktischer Leiter des Sprachlehrmittels «Die Sprachstarken 2–9» und Leiter verschiedener Forschungs- und Entwicklungsprojekte

Im Profil der Fachhochschule Nordwestschweiz liest man über Thomas Lindauer ein eindrückliches Tätigkeitsprofil. «Er hat die schweizerischen Bildungsstandards für Schulsprache sowie den Deutschschweizer Lehrplan 21 mitentwickelt. Er ist sprachdidaktischer Leiter des Sprachlehrmittels «Die Sprachstarken 2–9» und Leiter verschiedener Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Arbeitsschwerpunkte: Kompetenzmodellierung und -messung, Curriculum- und Aufgabenentwicklung, Schreibforschung und -förderung, Rechtschreib- und Grammatik-Didaktik. Er ist in verschiedenen nationalen und internationalen Projekten zur Schul- und Unterrichtsentwicklung tätig. Zudem ist er Mitglied der internationalen Forschungsgruppe dieS (didaktisch integrierte empirische Schreibforschung) und Vertreter der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren im Rat für deutsche Rechtschreibung. Er ist Mitbegründer des «forums deutschdidaktik» – der Schweizer Vereinigung für Deutschdidaktik – und war als Ausrichter des Symposions Deutschdidaktik in Basel (2014) Mitglied des Vorstands des SDD.»

Daraus kann man für alle schulmüden Lehrkräfte, die sich im Bildungskomplex ein Auskommen suchen, eine Anleitung zimmern:

  1. Schritt: Man lasse sich in eine Arbeitsgruppe eines Reformprojekts – hier Lehrplan 21 – wählen.
  2. Schritt: Man entwickle zu den Kompetenzformulierungen ein Lehrmittel – hier «Die Sprachstarken»
  3. Schritt: Man erfinde für traditionelle Begriffe neue Wortschöpfungen – hier «Morphem», statt Vor- und Nachsilbe oder Präfix und Suffix.
  4. Man lasse sich in die Entwicklung der flächendeckenden Standardtests einspannen und sorge dafür, dass diese Begriffe in die diversen Aufgabensammlungen und Tests Eingang finden – hier: Mindsteps https://irf.fhnw.ch/handle/11654/31655.
  5. Dann sorge man dafür, dass diese Tools gepusht werden, z. B. indem man als Dozent für Deutschdidaktik kommende Lehrkräfte ausbilde oder Symposien für Deutschdidaktik ausrichte.
  6. Am Schluss ist die Auftragssicherheit gewährleistet, sowohl bei den Lehrmitteln als auch bei der Testentwicklung.

Wir gratulieren!

Alain Pichard

 

Verwandte Artikel

Die Welt ist (k)eine Scheibe, Pixel sind kein Pigment oder: Über die Rückbesinnung auf die sinnliche Welt (aisthesis) zur Rückgewinnung der Handlungsfähigkeit in der Realwelt

„Medien strukturieren unsere Wirklichkeitserfahrung.“[1] Von der Schrift über Gutenbergs Buchdruck bis zu Web&App verändern (anfangs immer) „neue“ Medien kommunikative und soziale Strukturen. Aktuell sind für viele Menschen mobile Endgeräte, Web und Apps das „Fenster zur Welt“ – allerdings um den Preis des permanenten Rückkanals für personalisierte Daten[2]. Aus einer technischen Infrastruktur zur Datenübertragung, Kommunikation und Kriegsführung (!) wird ein Kontroll- und Steuerungsinstrument für die Zivilgesellschaft.[3] Weder der „unbeschränkte Digitalkapitalismus nach amerikanischem Vorbild“ noch die „orwellianische Staatsüberwachung“ wie in China[4] sind eine Option für Europa, schon gar nicht für Bildungseinrichtungen. Doch der dominante, vor allem manipulative Einfluss medialer, meist audiovisueller Kommunikation per Web ist als Teil heutiger Lebenswirklichkeit ein notwendiges Thema im Unterricht. Dabei sind Gestaltungsfächer ideal dafür geeignet, übergreifende Bildungsziele wie (Medien-)Mündigkeit, Reflexionsvermögen und Selbstverantwortung zu vermitteln, weil durch die Analyse medialer Artefakte und eigene Gestaltungspraxis der Wechsel von einer passiven Konsumhaltung in den aktiven, diskursiven und emanzipierenden Gestaltungsmodus gelingt.

Die Demokraten am Scheideweg!

Seit langem bringt der Condorcet-Blog wieder einmal einen Artikel des mit uns verbundenen Diane Ravitch-Blogs. Peter Greene, der auch schon für uns geschrieben hat, sieht die Demokratische Partei am Scheideweg. «No Child Left Behind» ist gescheitert; «Race to the Top» war ein Fehlschlag; «Common Core» ein Desaster, «Every Student Succeeds» ebenfalls ein Flop. Peter Greene erinnert daran, dass auch die Demokraten einen grossen Anteil an dieser Entwicklung haben, und warnt davor, alles auf Trump zu schieben. Er verlangt von den Demokraten einen radikalen Neuanfang.

2 Kommentare

  1. Ein Schreibtischtäter mehr, der dazu beiträgt, dass sich der Wert sinnvoller Ver- und Anwendung der vermittelten Schulbildung gegen Null bewegt.
    “Die Sprachstarken” sind an unserer Schule Sondermüll.

  2. Dass der Begriff Morphem überhaupt in einem Lehrplan für die Volksschule auftaucht, ist ein Irrwitz, denn er ist nur für Linguisten wichtig. Auch Benützer von Wörterbüchern kommen ohne ihn aus. Morphem bedeutet: “Kleinste Bedeutung tragende Spracheinheit”. Es gibt lexikalische Morpheme, z.B. [spiel] (bezeichnet die Wortbedeutung), und grammatische Morpheme, z.B. [st] (bezeichnet die 2. Person Singular). In “du spielst” besteht “spielst” aus den zwei Morphemen: [spiel] [st]. Auch Präfixe und Suffixe sind natürlich Morpheme, allerdings könnte in Alain Pichards Text eine ungenaue Vorstellung des linguistisch klar definierten Begriffes entstehen.

Schreibe einen Kommentar zu Daniel Vuilliomenet Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert