„Die Individualität ist ein Ausdruck dieser grossen Vielfalt unter den Kindern. Die Vielfalt nimmt im Verlauf der Kindheit immer mehr zu. Wenn eine Lehrerin eine Klasse mit 20 7-jährigen Kindern vor sich hat, dann unterscheiden sich die Kinder in ihrem Entwicklungsalter um mindestens 3 Jahre. Es gibt Kinder, die mit 7 Jahren ein Entwicklungsalter von 8 bis 9 Jahren haben und bereits lesen können. Andere mit einem Entwicklungsaltervon 5 bis 6 Jahren sind noch weit davon entfernt. Bis zur Oberstufe nehmen die Unterschiede
zwischen den Kindern noch einmal deutlich zu. Mit 13 Jahren variiert das Entwicklungsalter um mindestens 6 Jahre zwischen den am weitesten entwickelten Kindern und jenen, die sich am langsamsten entwickeln. Hinzu kommt, dass die Jungen als Gruppe im Mittel um
eineinhalb Jahre in ihrer Entwicklung hinter den Mädchen zurückliegen. Der Umgang mit dieser sogenannten interindividuellen Variabilität ist für Eltern und Lehrkräfte sehr anspruchsvoll.“ (aus: Remo H. Largo und Martin Beglinger: Schülerjahre – Wie Kinder besser lernen. München 2009)
Gelobt, aber konsequent ignoriert
Nun wird der eben verstorbene Kinderarzt und Buchautor Remo Largo von allen Seiten gelobt.
Aber das konkrete Zitat aus seinem Buch „Schülerjahre“ macht deutlich, dass die Bildungsbürokratie,
Teile der Bildungsforschung und die Mehrheit der Bildungspolitiker*innen die Ergebnisse der drei Longitudinalstudien von Largo bis heute konsequent ignoriert haben, denn im Lehrplan 21 hat man aus der Bandbreite von 3 Jahren doch tatsächlich eine Bandbreite von 3 Monaten gemacht! Largos Erkenntnisse sind fundamental und bahnbrechend, doch leider werden sie in unserem Land bei der Ausgestaltung unserer Schulen in keiner Weise weder beachtet noch umgesetzt.