18. April 2024

Kritik am Condorcet-Blog!

Die Aufschaltung des Artikels von Olaf Köller, der ja zuvor in der FAZ erschienen war (siehe https://condorcet.ch/2020/03/sorgenkind-mathematik/) hat wieder einmal für böse Kommentare gesorgt. Die Redaktion des Condorcet-Blogs ist nicht der Meinung des Autors. Der Text wurde uns aber von einem deutschen Leser zugeschickt, und wir hielten es für wichtig, diese Sicht der Dinge, auch wenn wir sie nicht teilen, zu publizieren. Das sieht man nicht überall so.

Olaf Köller, Psychologe, Direktor des Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel.

Olaf Köller kritisiert in seinem Artikel die Ursachenforschung im Brandbrief unserer Mitstreiterin Astrid Baumann und ihrer über 300 Kolleginnen und Kollegen als naiv. (Den Brandbrief können Sie hier finden: https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/mathematik-zweiter-brandbrief-gegen-bildungsstandards.html)

Er ortet die Probleme in der Unterrichtsqualität und nicht in den Standards und der Kompetenzorientierung und er setzt sich für noch mehr empirische Forschung ein. Es ist dies die Rhetorik der Empiriker und Kompetenztheoretiker.

Bandelt: Köller sieht die Mathematik höchstens durch die didaktische Brille.

Keine mathematische Ausbildung

Unser Mitstreiter Professor Bandelt kritisierte uns denn auch, dass es der Intention des Blogs widerspreche, direkt eine Stellungnahme eines “Offiziellen” aus Deutschland abzudrucken. Olaf Köller sei ein deutscher Psychologe, also kein Mathematiker. Von der Mathematik, die er bestenfalls durch eine didaktische Brille sieht, verstehe er schon alleine aufgrund seiner Ausbildung zu wenig:

2001 Habilitation in Psychologie, Universität Potsdam, 1997 Promotion in Psychologie, Christian-Albrechts-Univerität zu Kiel, 1991 Diplom in Psychologie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 1984 – 1991 Studium der Fächer Psychologie, Anthropologie und Philosophie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Professor Köller  habe noch nicht einmal Mathematik bis zum Diplom oder Vordiplom studiert, wie dies andere Psychologen durchaus gemacht haben. Und Köller wirkte 2004 – 2009 als Gründungsdirektor des IQB. Bandelt: «In Deutschland schreiben also Psychologen vor, was unter Mathematik zu verstehen ist. Und was dabei herausgekommen ist, sehen wir ja allenthalben.»

Astrid Baumann, Initiantin des Brandbriefes. Warnt schon seit Jahren vor der Mathematikschwäche in Deutschland.
Hans-Peter Klein: In einem Punkt hat er recht.

Bandelt fügte seinem Schreiben noch eine sarkastische Warnung hinzu: «Ich fürchte, Sie sind in der Schweiz auf dem besten Weg, einen kompetenzorientierten “Lehrplan 27” für die Sekundastufe I (Schuljahre 5 bis 10) verpaßt zu bekommen. Und da ist das Zünden von Nebelkerzen keine gute Strategie dagegen.»

In einem Punkt hat Köller recht

Auch der Frankfurter Professor Hans-Peter Klein hält den Diskurs mit Leuten wie Köller für sinnlos. Man komme da nicht weiter. Immerhin habe Herr Köller in einem Punkt recht: «Wenn die Politik nun mal die Abiturientenquote innerhalb der letzten 20 Jahre verdoppelt hat, muss logischerweise gerade das fachliche Niveau entsprechend gesunken sein. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der IQ sich in der Bevölkerung entsprechend nach oben bewegt hat, ganz im Gegenteil. Und das der Unterricht doppelt so erfolgreich in seinen fachlichen Ergebnissen ist wie vor 20 Jahren, widerlegen rund 100% der Lehreraussagen, die das sicherlich besser beurteilen können als jede Empirik. Was man aber kritisch einwenden muss ist, dass die kompetenzorientierten Standards das Vehikel dazu waren, die fachlichen Ansprüche entsprechend abzusenken bei gleichzeitiger Außendarstellung der Erhöhung des Outputs als vermeintliches Qualitätsmerkmal.»

Wir führen das weiter und sind gespannt auf die Reaktionen aus der Schweiz!

Alain Pichard für die Redaktion

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Ein Kommentar

  1. Der Gedanke, dass auf diesem Blog nur noch eine “korrekte Einheitsmeinung” veröffentlicht werden darf, verursacht bei mir schmerzhafte politische und pädagogische Bauchschmerzen.
    Wer andere Meinungen nicht erträgt, soll doch künftig einfach Selbstgespräche führen. Am besten vor dem Spiegel.

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