Die Frage der Chancengerechtigkeit und die Schule als Black Box
Bildungsgerechtigkeit ist mehr als Chancengleichheit
Die Chancengerechtigkeit ist ein Lieblingsthema des medialen Schulbashings, findet der emeritierte Professor Walter Herzog. Er kritisiert, dass die unkritische Hinnahme des bildungssoziologischen Verständnisses von Bildungsgerechtigkeit ein politisches Klima schafft, das nach Zahlen, Daten und Indikatoren ruft, um das Bildungssystem besser zu steuern. Dabei befassen diese sich kaum mit pädagogischen Fragen, sondern überstülpen dem Bildungssystem ihre Analyseinstrumente, was zu einer Aussenbetrachtung der Schule führt, die weder deren Organisationsform noch die im Unterricht ablaufenden Prozesse in Rechnung stellt. Die Schule wird als Block Box behandelt, was den Wert bildungssoziologischer und bildungsökonomischer Analysen massiv einschränkt. In seiner unnachahmlichen Art seziert Professor Walter Herzog gängige Parolen der heutigen Bildungsdebatte.
Film im Unterricht
Ein Plädoyer für den Einsatz von Ken Loachs Filmen im Schulunterricht
Bisher hatte Dominic Iten seine Klassen jeweils abstimmen lassen, welchen Film sie sich vor den Sommerferien gemeinsam anschauen wollten. Das führte zu ärgerlichen Resultaten: Jumanji, Aquaman, Creed 3 und Ähnliches. Doch dieses Jahr hatte er genug von schlechten Filmen und wollte sich einen weiteren qualvollen Nachmittag ersparen. Also Schluss mit demokratischem Verfahren. Er entschied selbst und zeigte seiner Klasse (gemischter Jahrgang, gemischte Niveaus) “Sorry we missed you” von Ken Loach. Er setzte auf Inhalt statt Unterhaltung und rechnete mit wenig Begeisterung. Doch er wurde überrascht: Die Schülerinnen und Schüler waren vom Film ergriffen und es entfaltete sich im Anschluss eine vielseitige Diskussion über Arbeitswelten und Familiendynamik.
Zdeněk Matějček – Kinder ohne Liebe
Die Kinderkrippen von heute sind kaum mit denen des 20. Jahrhunderts zu vergleichen. Der Betreuungsanteil ist wesentlich höher, die Einrichtungen freundlicher. Viele Verbesserungen gehen auf einen Pionier der psychologischen Forschung zurück. Der Psychiater Zdeněk Matějček sorgte mit seinen Untersuchungen in der Tschechoslowakei unter kommunistischer Herrschaft zuerst für Entsetzen, längerfristig aber für markante Verbesserungen in diesem sensiblen Bereich. Unser Haushistoriker Peter Aebersold berichtet darüber.
Schulen in Zeiten von Corona: Das Leben ist wichtiger als der Lehrplan
Stefan Hopmann, Professor für historische und vergleichende Schul- und Bildungsforschung an der Universität Wien, plädiert für eine Fernschulung mit Mass und mit dem Blick auf die sozialen Verhältnisse der Betroffenen.