Bereits am 6. Dezember wandte sich die Berner Bildungsdirektorin Christine Häsler mit einem Schreiben an die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des “Offenen Briefes”. Darin bekundete sie, dass sie das Problem ernst nehme, und versprach, dass auch noch von den kantonalen Bildungsdirektionen der Passepartout-Kantone eine Reaktion erfolgen werde. Dazu ist es nicht gekommen, weshalb Frau Häsler sich erneut bei uns meldete. Die Redaktion des Condorcet-Blogs möchte auch diese Reaktion ihren Unterstützerinnen und Unterstützern zur Kenntnis bringen. Sie zeigt, dass im Kanton Bern eine Direktorin am Werk ist, die konsequent auf den Dialog setzt. Vielleicht ist es ja ein Zufall, dass in beiden Kantonen, die auf die Kritik der Eltern und Lehrkräfte reagiert haben, Frauen am Ruder sind, während das Schweigekartell der anderen Kantone von Männern geleitet wird.
Nach dem IQB-Schock kommt jetzt der nächste Alarmruf: 1100 Lehrer melden, dass viele Kinder heute nicht einmal mehr einen Stift halten, Schuhe binden oder allein zur Toilette gehen können. Von Sprache, Motorik oder Konzentration ganz zu schweigen.
In manchen Grundschulen – wie in Duisburg-Marxloh – verstehen Erstklässler nicht einmal die Wörter Huhn oder Ei, in keiner Sprache. Viele Kinder haben keine Sprachbasis mehr, keine Regeln, keine Frustrationstoleranz. „Diese Kinder tragen keine Schuld“, sagen Lehrer – aber das System ist überfordert, die Politik überfordert, die Gesellschaft überfordert.
Während Unternehmen verzweifelt Fachkräfte suchen, während Deutschland ohne Rohstoffe, ohne billige Energie, ohne digitale Infrastruktur dasteht, brechen ausgerechnet unsere Köpfe, unsere einzige Ressource, weg. Die Wirtschaft stagniert, Firmen wandern ab – und die Schulen liefern immer weniger Zukunft ab.
Deutschland streitet über seine Rente, über Milliardenlöcher und Beitragssätze – aber übersieht das größte Potenzial: gut ausgebildete junge Menschen. Wer heute Bildung vernachlässigt, gefährdet morgen die Rente. Ohne starke Schüler gibt es keine starken Beitragszahler.
Bildung ist kein Nice-to-have – sie ist Überlebensfrage.
Wenn ein Land, das nichts hat außer Wissen, seine Kinder nicht mehr befähigt, überhaupt zu lernen, dann schafft es sich nicht nur wirtschaftlich ab.