Die Systemtheorie [1] lehrt uns, dass jedes System stets nach dem Gleichgewicht strebt. Veränderungen führen immer zu Ausschlägen und bringen das System aus seiner Mitte. Gleichzeitig treten – der Physik folgend – Gegenkräfte auf, die nach Ausgleich streben und das Ganze ins Lot bringen wollen. Obwohl solche Stabilisierungsprozesse unterschiedlich lang dauern, sind sie grundsätzlich nicht aufzuhalten; trotz aller Beharrungsbestrebungen.
Die Ursachen der Instabilität
Die Volksschule ist mit ihren vielen Reformen an eine Grenze gelangt und in ein Ungleichgewicht geraten. Die zahlreichen, angeblichen Verbesserungs- und Optimierungsansätze führten dazu, dass pädagogische und didaktische Nebenschauplätze in den Vordergrund rückten und den Blick aufs grosse Ganze verstellt haben. Mit dem Lehrplan 21 – mittlerweile sind rund 10 Jahre seit der Inkraftsetzung vergangen – sind einige der Reformen gekoppelt:

- Neue Autorität [2]. – Das Thema ist zu einem Nebenschauplatz geworden. Der positive Ansatz lautet “Respekt statt Gewalt”. Zu den zentralen Konzepten gehören Präsenz und gewaltloser Widerstand. In den Aspekten geht es um Werte, Beziehungen, Unterstützung, Transparenz, wachsame Sorge und Deeskalation. Die Frage darf gestellt werden, ob diese pädagogischen Schwerpunkte bisher nicht in das Leitbild jeder pädagogischen Institution gehörten.
- Notenabschaffung [3]. – Auch diese Bestrebungen haben sich zu einem fragwürdigen Schauplatz entwickelt. Welche wissenschafts-pädagogischen Konzepte sich dahinter verbergen, darf ebenso hinterfragt werden. Tatsache ist, dass die Schule und ihre Lehrpersonen ein weiteres Mal zusätzlich belastet werden. Statt sich auf die offensichtlichen Schwachstellen zu konzentrieren, wird ein Thema bearbeitet, dessen pädagogischer Mehrwert bezweifelt werden darf.
- Hausaufgabenwegfall. – Trotz der Anreicherung [4] mit ein paar Wochenlektionen reicht es bei vielen Schülerinnen und Schülern nicht aus, ein Stoffgebiet ausreichend zu begreifen und mit dem Vorwissen zu verknüpfen. Das Lernen bleibt oft oberflächlich und ohne “Tiefenbohrungen”. Die wichtige Hausaufgabenphase mit den Lernqualitäten Vertiefung und Festigung bleibt auf der Strecke und hat Folgen: Unwissen und Unsicherheit rund um ein Thema erzeugt Stress mit all seinen Ausprägungen.
- Integrative Schulmodelle. – Die Modelldiskussion “Integration versus Separation” ist schweizweit in vollem Gange. Die Befürworter und Gegner prallen mit unterschiedlichen Argumenten aufeinander. Tatsache ist, dass die Spannweite der Schülerinnen und Schülern innerhalb einer Klasse derart gross geworden ist, dass diese von den Lehrpersonen praktisch nicht mehr bewältigbar wird. Die individuelle Förderung einzelner Schülerinnen und Schüler ist gefährdet. Behoben kann diese Problematik – notabene für beide Modelle – nur mit ausreichenden Ressourcen, um die heute gestritten wird.
- Späterer Vormittagsunterricht. – Die neuste Reform zeigt sich ist einem späterer Unterrichtsbeginn [5] am Morgen. Statt um 07.30 Uhr startet der Unterricht eine halbe Stunde später. Die Begründung stütze sich auf Schulversuche ab. Diese hätten gezeigt, dass viele Jugendliche unter Schlafmangel leiden. Die genaue Ursache wurde nicht erwähnt. Auf einen möglichen oder gar offensichtlichen Zusammenhang zur Smartphone-Problematik und dem oft stundenlangen, nächtlichen Surfen in den sozialen Medien wird nicht eingegangen.
Die Wirkungen der Pendelausschläge
Die Reformen sind für Schulleitungen, Lehrpersonen sowie für Schülerinnen und Schüler ressourcenzehrend. Der Kernauftrag “Unterrichten” – für den die Pädagoginnen und Pädagogen primär ausgebildet sind – rückt zunehmend aus dem Zentrum. Das erzeugt Frust und Demotivation. Sie brennen vorzeitig aus oder hängen den Lehrberuf an den Nagel. Lehrerin oder Lehrer zu sein, ist nicht mehr attraktiv. Dabei müssten wir die Besten haben, denen wir unsere Kinder anvertrauen.
Es fragt sich, wie oft auf die breit kritisierten Reformen hingewiesen werden muss, damit etwas geht und das Pendel zurückschwingen lässt. Im Vergleich zu anderen Systemen hat die öffentliche Schule im Kontrast zu den Privatschulen keine Freiheiten, selbst zu entscheiden. Sie kann nicht wie die Maus vor der Schlange flüchten. Politik und Bildungsbehörden diktieren, was zu tun ist. Die Schule muss Neuerungen über sich ergehen lassen und wird genötigt, Reformen mitzutragen, die letztlich einen fragwürdigen Mehrwert an Unterrichts- und Bildungsqualität ergeben.
Der Auftrag der Volksschule
Die Primar- und Sekundarschule als erste Bildungsstufe hat einen klaren Auftrag. Schülerinnen und Schüler müssen über eine Palette von Fähigkeiten verfügen, um den Anschluss auf die nächste und weiterführende Bildungsstufe – sei es eine Berufslehre oder ein Gymnasium – problemlos zu schaffen. Folgende Kompetenzen werden erwartet:
Die erforderlichen Grundfertigkeiten (in Kurzform)
- Sprachliche Fähigkeiten. – Gemeint sind Lesen und Verstehen, Schreiben und mündliche Kommunikation; dies alles in verschiedenen Formen.
- Mathematische Fähigkeiten. – Zu diesen gehören die vier Grundrechenarten, ein solides Zahlenverständnis und die Problemlösefähigkeit mit dem Erkennen mathematischer Zusammenhänge.
- Naturwissenschaftliche Kenntnisse. – Ein Grundverständnis für naturwissenschaftliche Konzepte in Biologie, Chemie und Physik sowie experimentelle Fähigkeiten.
- Soziale und emotionale Kompetenzen. – Teamarbeit, Konfliktlösungsstrategien, Selbstbewusstsein und persönliche Verantwortung mit der Fähigkeit, eigenständig zu arbeiten und Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen.
- Selbstorganisation und Lernkompetenzen. – Hierzu zählen das Zeitmanagement, um Aufgaben zu planen und Fristen einzuhalten, sowie Lernstrategien und -techniken, um eigenständig lernen zu können.
- Interkulturelle Kompetenzen. – Wertschätzung der Vielfalt in einem multikulturellen Umfeld.
- Digitale Kompetenzen. – Eingeschlossen sind hier die Informations- und Medienkompetenzen einschliesslich der sozialen Medien sowie – auf dem Hintergrund der aktuellen KI-Thematik – Recherchefähigkeiten und Beurteilungsvermögen.
Die hinderlichen Rahmenbedingungen
Um diese Ziele und Voraussetzungen zu erreichen, braucht es Fokussierungen. Die aktuellen Ablenkungen durch äussere Faktoren und Nebenschauplätze müssen reduziert [6] werden. Zu diesen gehören – neben den voranstehenden und kritisierten Reformen – beispielweise folgende Störungen:
- Unausgereifte Informatikinfrastruktur. – Immer wieder müssen Volkschulen mit fehlerhaften Lernsoftware-Lösungen arbeiten. Häufig zeigt sich ein gleiches Muster: Die ersten Versionen sind praktisch nicht einsetzbar, binden jedoch viele Lehrpersonen-Ressourcen und erzeugen Frust und Ärger. Und wenn der Druck zunimmt, werden auf zögerliche Weise Weiterentwicklungen an die Hand genommen; dies notabene mit öffentlichen Mitteln.
- Smartphone-Problematik [7]. – Das Thema beschäftigt viele Volksschulen. In Kenntnis der Symptome wird behördenseitig zögerlich bis gar nicht vorgegangen. Regelungen zum Umgang mit diesen Geräten einschliesslich der Smartwatches werden den einzelnen Schulen überlassen. Im Privatbereich hingegen hat die Schule keinen Einfluss. Eine der Folgen hingegen – nämlich die am Schultag übernächtigten Kinder und Jugendlichen – tragen die Lehrpersonen.
- Übergriffige Eltern [8]. – In letzter Zeit häufen sich an Volksschulen Übergriffe von Erziehungsberechtigten. Die Schulleitungen sind gefordert, die teilweise massiven Störungen und Grenzüberschreitungen in den Griff zu bekommen. Hierzu braucht es den Schutzschild gegenüber den Lehrpersonen mit einem klaren Konfliktmanagement.
- Wegfall des Faktenwissens [9]. – Begründet durch das Internet und seit Neuem durch die verschiedenen KI-Chatbots gilt Grundlagen- und Fachwissen als verzichtbar. Namhafte Stimmen lassen sich dahingehend vernehmen, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr mit Basiswissen belastet werden dürfen, schliesslich gehe es um Kompetenzen und Emotionen.
Die Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig. In ihrer Grundaussage zeigt sie jedoch die problematischen Themen, mit denen sich Schulleitungen und Lehrpersonen herumschlagen müssen. Die entsprechenden Zeitaufwände und die Energie gehen dem eigentlichen Bildungs- und Unterrichtsauftrag ab.
Fazit
“Weil wir es nicht durchdacht haben, müssen wir es durchleiden.” – In Anlehnung an das Zitat von Seneca darf behauptet werden, dass die meisten der dargelegten “Reformen” mit Blick auf ihre pädagogische Wirkung und ihren Mehrwert nicht fertig überlegt wurden. Insbesondere fehlen breit abgestützte Evaluationen, insbesondere unter Einbezug der Lehrpersonen, die an der Unterrichtsfront tätig sind.
Die Volksschule darf sich nicht weiter instrumentalisieren lassen. Eine gute Schule muss dafür sorgen, dass ihre Abgängerinnen und Abgänger die nachobligatorischen Ausbildungen mit ausreichenden Grundkompetenzen beginnen können. Der vorgängig erwähnte Hinweis auf die Systemtheorie mag im Moment tröstlich sein. Doch die zunehmenden Kräfte für eine Korrektur und Stabilität des Volkschulsystems müssen deutlich stärker werden.
[1] Vester, F., Die Kunst, vernetzt zu denken: Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität, 1999
Systeme können politischer, ökonomischer, ökologischer, technologischer, psychologischer, politischer oder soziologischer Natur sein.
[2] Gerber, N., Neue Autorität – oder: Neuer Wein in alten Schläuchen, 2024, https://condorcet.ch/2024/06/neuer-wein-in-alten-schlaeuchen/
[3] Gerber, N., Schulnoten ade – oder: Welchen Mehrwert hat ein anderes Beurteilungssystem, 2024,
https://condorcet.ch/2024/06/schulnoten-ade-oder-welchen-mehrwert-hat-ein-anderes-beurteilungssystem/
[4] Der sog, harmonisierte Lehrplan 21 ist seit 2014 in Kraft. Von 26 Schweizerkantonen machen 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantone mit,
https://www.lehrplan21.ch/
[5] 20minuten.ch vom 11.04.2025, Keine Frühstunden mehr an Schule.
[6] Dazu gehört auch – nach 10-jähriger Erfahrung – die Entschlackung des Lehrplans 21 von den vielen Kompetenzen; nach dem Motto «weniger ist
mehr.»
[7] Gerber, N., Smartphones in Kinderhänden – oder: Die schädlichen Auswirkungen, 2024,
https://condorcet.ch/2024/09/smartphones-in-kinderhaenden-oder-die-schaedlichen-auswirkungen/
[8] Gerber, N., Übergriffe von Eltern an Volksschulen – oder: Wie kann reagiert werden?, 2025, https://www.nord-waerts.com/denkmomente/
[9] Gerber, N., Faktenwissen und Faktenwissen und Beurteilungskompetenz – oder: Wo liegt ein Bildungsfokus?, 2024,
https://condorcet.ch/2024/06/faktenwissen-und-beurteilungskompetenz-oder-wo-liegt-ein-bildungsfokus/
Voilà.
Inzwischen ist zu befürchten, dass das Pendel nicht nur ausgeschlagen hat, sondern sich schlicht verabschiedet und das in hohem Bogen.
Ich wage zu behaupten, dass sich die weitgehendst selbstverursachten Probleme der Volksschule – nicht durch Lehrpersonen, wohl aber (auch) durch geltungssüchtige Schulleitende und der Politik – selbstverstärkend noch so aufschaukeln, dass das ganze System kollabieren wird.
Es kommt der Moment, wo viel mehr Eltern aufstehen werden und ihre Kinder aus der Staatsschule nehmen, um sie extern in Privatschulen zu transferieren oder mittels Homeschooling zu unterrichten. Genug ist genug!
Eltern an Privatschulen sind eine Pest. Ein Vater pro Schuljahr und eine Schulleitung, die sich konsequent gegen die eigenen Lehrer stellt, reichen aus, um einen Lehrer kurz vor der Rente zur Suche nach einem neuen Job zu bewegen.
Dazu kommt, dass selbst Schüler, die etwas lernen möchten, das nicht mehr können. Es ist alles andere als Pessimismus, wenn man sieht, dass wir aus diesem Loch, das wir uns mit den Smartphones gegraben haben, nie wieder rauskommen werden.
Solche Szenarios sind inzwischen auch an der Staatsschule eingetreten. Im Kanton Baselland wurde der operative Einfluss seitens des Schulrats auf Null zurückgefahren. Alleinentscheidend in Personalbelangen ist neu nur noch die Schulleitung. Und just seit der Einführung dieses neuen Verwaltungssettings auf August 2024 haben Anfragen und Hilferufe seitens Lehrpersonen an die Adresse des LVBs und der Starken Schule beider Basel sprunghaft zugenommen. Vor allem seitens älterer und erfahrener Lehrerinnen und Lehrern. Ein Schelm, der Böses ahnt…
Liebe “Die Balkon” (haben Sie wohl auch einen Namen?)
Ich kann die Situation und die Kultur an einer Privatschule nicht abschliessend beurteilen. Als junger Mathelehrer an einer solchen machte ich nur positive Erfahrungen.
Dass sich eine Schulleitung gegen die eigenen Lehrpersonen stellt, tönt nicht gut, es sollte grundsätzlich umgekehrt sein.
Bei der Smartphone-Problematik bin ich ganz bei Ihnen. Diese werden uns leider noch lange und weiter negativ beschäftigen.
Lieber Daniel
Man darf durchaus pessimistisch sein. Umso mehr die Lehrpersonenverbände hier wenig aktiv sind, um bei dieser “Reformitis” korrigierend einzugreifend. Das ist erstaunlich, da die Verbandsmitglieder ja die Personen an der Unterrichtsfront sind.
In der NZZamSo von gestern, 20.4.2025, steht ein lesenswerter Artikel eines langjährigen Praktikers unter dem Titel “Die Volksschule muss besser werden – Anregungen eines Praktikers” drin. Der Autor war langjähriger Sekundarlehrer und Schulleiter.
Dass sich die Bewegungen von den öffentlichen Schulen zu den Privatschulen fortsetzen werden, ist zu befürchten. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass das Pendel zurückschwingen wird.
Das Pendel wird leider nur dann zurückschwingen, wenn die Basis ( Lehrpersonen und Eltern) endlich aufsteht und dem aktuellen Irrsinn – oder vielleicht besser gesagt, dem Irrweg – ein rasches Ende bereitet! Das einzige, was läuft, ist die Zeit, je länger man wartet, desto mehr Zeit braucht es später, um den Schadenplatz oder besser gesagt Reformtrümmerhaufen aufzuräumen.
Lieber René
Ich habe es früher bereits erwähnt, dass der Irrweg – wie du ihn treffend erwähnst – nur durch einen grossen Widerstand seitens der von den Reformen betroffenen Lehrpersonen und Eltern gestoppt werden resp. korrigiert werden kann.
Widerstand gegen die Reformitis? Da die Meinungen zu den Reformübungen der letzten 25 Jahre stark auseinander gehen, ist es schwierig, eine schlagkräftige Front aufzubauen, die bildungspolitische Wirkung entfalten könnte. Zudem hat Widerstand immer den Anstrich von Gestrigkeit, von Rückkehr zum Alten, was die Akzeptanz bei jüngeren Leuten erschwert. Es war gerade der Impuls, die Schule besser, bedürfnisorientierter zu machen und aktueller auszurichten, die den Reformen Schub verlieh. Dass der Schuss daneben ging, wird noch immer nicht den Konzepten angelastet, sondern den ungenügenden Ressourcen und der mangelnden Professionalität der Unterrichtenden. Vielleicht wäre es zielführender, statt auf Widerstand zu setzen, ein Konzept vorzulegen, das die Volksschule von Grund auf so gestalten will, dass systematisch aufbauender Unterricht im sozialen Rahmen wieder im Zentrum steht und pädagogisch ablenkende Details, die momentan die Öffentlichkeit beherrschen, wie Inklusion, SOL, Kompetenzen, Frühfremdsprachen, Notenabschaffung, Grossraumbeschulung, Individualisierung mit Laptops, etc. zurückgebunden werden.
Als Beispiel könnte eine eidgenössische Bildungsinitiative gelten, wie folgt:
Bildungsinitiative für eine gute Volksschule
Art 61 § 3 Neufassung
§3 Harmonisierung und pädagogische Grundsätze der Volksschule
1. Selbstorganisiertes und altersdurchmischtes Lernen
1.1 Höchstens 20% der Unterrichtszeit pro Jahr und Fach dürfen für selbstorganisiertes Lernen reserviert werden, mindestens 80% des Unterrichts findet in systematisch aufbauenden Kursen statt, die von Lehrpersonen persönlich geleitet werden.
1.2 Die Sozialform im Kursunterricht (Klassenverband, Partner- und Gruppenarbeit, Einzelarbeit) richtet sich nach Ziel und Inhalt des Unterrichtsstoffes und nach der Reife der Unterrichteten.
1.3 In geeigneter Form ist für begrenzte Zeitabschnitte projektartiger Unterricht sowohl fachintern als auch fächerübergreifend zugelassen.
1.4 Altersdurchmischtes Lernen ist nur in Schulgemeinden zugelassen, die keine genügend grossen Gruppen für Jahrgangsklassen bilden können.
1.5 Ausnahmen von den obigen Bestimmungen müssen von den kantonalen Erziehungsbehörden und von der Mehrheit der Erziehungsberechtigten bewilligt werden.
2. Unterrichtsmethode
2.1 Die Lehrmethode und der Einsatz elektronischer Medien richtet sich nach den Unterrichtszielen und den Inhalten sowie nach dem Fassungsvermögen der Schülerinnen und Schüler, sie wird von den Unterrichtenden nach professionellem Ermessen frei gewählt.
2.2 Methodische Freiheit gilt auch für den Umgang mit den Lehrmitteln. Die Lehrmittel können von den einzelnen Schulen im Umfang eines Kostendaches frei auf dem Markt gewählt werden, sofern sie den Zielen des Lehrplans dienen.
2.3 Die Pädagogischen Hochschulen sorgen für die Vermittlung eines breiten Methodenrepertoires der angehenden Lehrpersonen mit einer praxisbezogenen Einführung in die Vorzüge und Nachteile der Methoden. Didaktische Konzepte und Theorien sind auf deren empirische Erfolgsaussichten hin kritisch zu überprüfen. Auf einseitige methodische Festlegungen der Lehrpersonen ist zu verzichten.
3. Der Fremdsprachenunterricht
3.1 Der Unterricht in einer zweiten Landessprache beginnt spätestens im 4. Schuljahr, der Englischunterricht spätestens im 7. Schuljahr. Pro Schuljahr werden vier Lektionen pro Woche an unterschiedlichen Tagen im Wochenpensum reserviert.
3.2 Der Fremdsprachenunterricht wird von Lehrpersonen mit einem Masterstudium und einem mindestens dreimonatigen Aufenthalt im Gebiet der Zielsprache erteilt. Personen, die über gleichwertige Kenntnisse in Linguistik und Literatur sowie einen entsprechenden Sprachaufenthalt verfügen, erhalten ebenfalls Unterrichtsberechtigung.
3.3 Das Gesetz erlässt Übergangsbestimmungen für Zwischenlösungen bei Lehrkräfteknappheit.
3.4 Im Unterricht wird auf eine ausgewogene Berücksichtigung des Hörverstehens, Sprechens, Lesens und Schreibens von altersgemässen Inhalten geachtet. Es erfolgt ein systematischer Aufbau in Wortschatz und Sprachstrukturen. In der Regel erfolgt der Unterricht in der Zielsprache.
3.4 Früher angesetzter Fremdsprachenunterricht wird von muttersprachigen oder bilingualen Lehrpersonen im Immersionsverfahren erteilt, wobei mindestens 50% des gesamten Schulunterrichts in der Fremdsprache abgehalten werden müssen.
4. Lehrplan
4.1 In der Schweiz gilt ab …. ein harmonisierter Volksschullehrplan, der die Inhalte und Hauptziele der einzelnen Schuljahre in knapper Form verbindlich umschreibt. Die unterschiedlichen Leistungsstärken sind bei der Zielsetzung zu berücksichtigen. Der Volksschullehrplan löst die bisherigen Lehrpläne ab. Er wird periodisch auf die Zeitgemässheit der Inhalte und Ziele überprüft.
4.2 Der Lehrplan 21 wird als Handbuch für Lehrpersonen weitergeführt und in fünf- bis zehnjährigen Abständen auf notwendige Anpassungen überprüft.
4.3 Am Ende der Volksschule gibt eine landesweite Vergleichsprüfung in wichtigen Fächern Aufschluss über die erreichten Ziele und Kenntnisse der Jugendlichen. Die Prüfung wird vom Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen geplant und ausgewertet.
4.5 Der Lehrplan gibt die Pflichtfächer und die dafür vorgesehene Lektionenzahl vor, die in einem Schuljahr jeweils unterrichtet werden.
4.6 Zu Sammelfächern zusammengelegte Pflichtfächer sind in den Schuljahren 7 – 9 nicht mehr zugelassen. Die Lehrpersonen garantieren jedoch kooperativ eine sinnvolle thematische Vernetzung verwandter Themen der einzelnen Fächer.
4.7 Projektunterricht kann sowohl fachgebundene wie auch fächerübergreifende Themen behandeln.
5. Leistungsbeurteilung
5.1 Die Leistungen werden ab dem 4. Schuljahr semesterweise mit Noten von 1 – 6 beurteilt auf Grund der mündlichen, schriftlichen und praktisch-gestalterischen Leistungen. Die Noten können durch ergänzende Bemerkungen in geeigneter Form verdeutlicht werden.
5.2 Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten können auf Wunsch der Unterrichteten oder ihrer Eltern einmal jährlich separat beurteilt werden.
6. Integration
6.1 Ziel der Volksschule ist in jedem Fall die bestmögliche Integration in die Ausbildungen nach der obligatorischen Schulzeit, in die Berufswelt und in die Gesamtgesellschaft.
6.2 Nach Möglichkeit besuchen alle Kinder und Jugendlichen Regelklassen, soweit dies ohne Beeinträchtigung ihrer persönlichen Entwicklung oder der Kooperation in der Klasse vertretbar ist.
6.3 Bei starken Behinderungen, grosser Leistungsschwäche und anhaltend störendem und/oder asozialem Verhalten können die Betroffenen entweder zeitlich befristet oder ganzzeitig in geeigneten Kleinklassen oder qualifizierten Institutionen beschult werden. Bund, Kantone und Gemeinden teilen sich in die Kosten, wenn die Regelschule die nötige Hilfe nicht leisten kann.
7. Digitale Medien
7.1 In den Klassen 1 – 4 wird das Hauptgewicht auf Primärerfahrung an konkreten Objekten, anschaulichen Sachverhalten und im direkten sozialen Austausch mit Lehrpersonen und Mitschülerinnen und Mitschülern gelegt. Insbesondere sind Schreiben von Hand, Kopfrechnen und schriftliches Rechnen unabhängig von elektronischen Hilfsmitteln zu üben. Digitale Medien sollen nur behutsam zum Einsatz kommen.
7.2 In den Klassen 5 – 9 werden digitale Medien nach entsprechender Anleitung in sinnvollen Zusammenhängen und in zeitlich begrenztem Rahmen verwendet.
7.3 Die Schulen achten auf den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien.
8. Ausbildung der Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I
8.1 Der Unterricht der Schuljahre 7 – 9 in den natur- und geisteswissenschaftlichen Fächern wird ausschliesslich von Personen erteilt, die über mindestens einen universitären Masterabschluss und zwei Bachelorabschlüsse verfügen.
8.2 Fachwissenschaftlich gleichwertige Abschlüsse der Pädagogischen Hochschulen werden anerkannt.
8.3 Für den Fremdsprachenunterricht gelten die Bestimmungen von Abschnitt 2.
8.4 Ausnahmen bei Lehrkräfteknappheit regelt das Gesetz.
9. Schulversuche
Schulversuche mit Lösungen, die von den vorstehenden Absätzen 1 – 8 abweichen, brauchen die Zustimmung der kantonalen Erziehungsbehörden und der Mehrheit der betroffenen Erziehungsberechtigten.
Lieber Felix
Ich bin überzeugt, das sich Widerstand seitens der Lehrpersonen und Eltern letztlich lohnen würde. Das mag optimistisch klingen.
Dein umfassender Vorschlag mit einer umfassenden Bildungsinitiative müsste wohl von einer Partei aufgegriffen werden. Ich denke hier an die FDP, die uns beim Thema “Schlussprüfung Allgemeinbildung bei den Berufslehren” unterstützt hat und letztlich ein (Teil-)Erfolg erzielt werden konnte.
Es musss einfach wieder so unterrichtet werden, dass dieser Unterricht seinen Namen verdient. Doch das können die Meisten heutzutage nicht mehr. Punkt.
Lieber Daniel, ich pflichte dir bei, dass der Kernauftrag “Unterrichten” wieder ins Zentrum einer Lehrperson rücken muss. Das ist keine Neuheit und doch wird zu wenig gemacht, um diese wichtige Korrektur zu machen. Meines Erachtens braucht es eine konzertierte Aktion verschiedener Player; u.a. wohl der Politik.