25. April 2024

Hauptsächlich Österreicher, Deutsche und Portugiesen buddeln im Tunnel

Die Schüler Kalani Glanzmann, Massimo Jampen und Sascha Zangger liefern ein feine Reportage über einen spektakulären Nachtberuf, den Tunnelbauer.

Wir drei besichtigten in der Nacht vom Montag einen sehr interessanten Beruf, den des Tunnelbauers. Was man anfangs sofort erwähnen sollte:  Unser ausserordentlich netter Führer, Herr Ranzijn, der Bauleiter des Tunnels, arbeitet normalerweise nicht in der Nacht. Er nahm sich extra für uns Zeit. Hierfür möchten wir uns noch einmal herzlichst bedanken.

Frau Roth fuhr uns mittwochs gegen 22.00 Uhr mit dem Auto direkt vor den A5-Pavillon (A5 – Autobahn zwischen Solothurn und Biel). Im ersten Stock brannte Licht, dort wartete Herr Ranzijn bereits auf uns. Wir klopften an die Tür und ein junger, fröhlicher Herr öffnete. Er begrüsste uns herzlich und bot uns ein Glas Wasser an. Weil wir ein wenig aufgeregt waren, beschlossen wir erst einmal, unseren Durst zu löschen. Jetzt wollten wir es aber schon wissen! Wo sind wir hier?

Dazu meinte er, dass es in der Tat kaum noch Schweizer gebe, die meisten seien Östreicher, Deutsche und Portugiesen.

Die Modelle waren eindrücklich.

Anhand von Modellen konnte er uns erklären, wie das riesige Projekt läuft. Also wechselten wir in den obersten Stock. In diesem Raum waren die verschiedenen Modelle, Zeichnungen und Pläne ausgestellt. Herr Ranzijn erzählte uns eine Unmenge äusserst interessanter Dinge über diese riesige Baustelle. Es handelte sich um die sogenannte Ostumfahrung der Stadt Biel. Es war wirklich faszinierend, diese grossen Modelle vor sich zu haben. Ein Objekt  zeigte die gigantische Bohrmaschine. Der Bereich des Tunnels war im Modell sicher zwei Meter lang und bis in jedes Detail genau nachgebaut. Ein anderes stellte die Seite von Bözingen (Quartier in Biel) dar, dort, wo sich die andere Seite des Tunnels befand. Wir sahen also, wie es nach dem mehrjährigen Bau einmal aussehen sollte, mit all den Auf- und Abfahrten und dem Tunnel. Nachdem wir alles genau unter die Lupe genommen hatten, zeigte uns Herr Ranzijn noch einen kurzen Film. Der Film beschrieb allgemein das Projekt, und behandelte nicht speziell die Nachtarbeit. Kurz darauf kamen wir dann wirklich mit der Nachtarbeit in Berührung. Er gab uns Stiefel, eine Regenjacke und einen Helm. Dies war wirklich lustig, wir fühlten uns wie richtige Bauarbeiter. Als wir umgezogen waren, ging es mit dem Auto auf die Baustelle. Aber irgendwie war da kein Arbeiter im Einsatz. Nach kurzem Suchen kamen einer nach dem anderen dann plötzlich aus der Maschine heraus. Was auffällig war, wir konnten keine Schweizer ausmachen. Also fragten wir unseren Führer danach. Dazu meinte er, dass es in der Tat kaum noch Schweizer gebe, die meisten seien Östreicher, Deutsche und Portugiesen. Nun standen wir vor dieser riesigen Maschine, endlich, es war unglaublich! Dann dieser ohrenbetäubende Krach, als die Maschine sich in Bewegung setzte und sich in die Felswand frass. Wir sahen das in grossem Abstand und dachten uns, wie es wohl für die Arbeiter sei, die sich näher an der Bohrung befinden.

Er arbeitet immer Blockweise, sieben Tage nachts und dann sieben Tage tagsüber. Anschliessend darf er für eine Woche zurück zu seiner Familie nach Deutschland reisen.

Mit den Arbeitern in den Tunnel fahren

Anschliessend betraten wir den Tunnel. Dieser war ein unglaubliches Monster. Mit 12,5 Meter Durchmesser ging es in den Berg hinein. Drinnen, im Schutz vor dem Regen, besprachen wir noch kurz einige Fragen. Danach suchten wir einen Arbeiter auf, der sie uns beantworten sollte. Da kamen wir an einer kleinen Eisenbahn vorbei, welche die Arbeiter an die Bohrmaschine im Berg transportierte. Wieso nicht ein kleines Erinnerungsfoto? Wir stiegen auf und Herr Ranzijn knipste ein, zwei Mal.

So, nun wollten wir uns aber wirklich dem eigentlichen Thema “Nachtarbeit” widmen. Der Kranfüher Hermann Josef Fischer nahm sich kurz für uns Zeit. Seine Arbeit war sehr intensiv, deswegen fielen seine Antworten knapp aus. Doch wir konnten ein paar interessante Dinge notieren. Herr Fischer arbeitet seit vier Jahren auf dem Bau als Kranführer. Er arbeitet immer blockweise, sieben Tage nachts und dann sieben Tage tagsüber. Anschliessend darf er für eine Woche zurück zu seiner Familie nach Deutschland reisen. Er meint, dass dies keine Auswirkungen auf seine Familie und seinen Freundeskreis habe, denn wenn er nicht da sei, gebe es ja auch keine Probleme. Als wir ihn fragten, ob er weniger Freunde als andere hätte, gab er lauthals lachend zurück: „Nein, sicher nicht!“ In der Nacht zu arbeiten, sei viel schwieriger als am Tag, schon allein deswegen, weil man nicht immer alles sehe und man immer aufpassen müsse, wohin man trete.

Deswegen müsse man in der Nacht auch konzentrierter als am Tag arbeiten. Vor allem im Sommer arbeite er gerne in der Nacht, dann sei es sehr angenehm. Doch im Winter, wenn es kalt sei, es regne und schneie, sei das schon nicht so einfach. Auf die Frage, was der Unterschied sei, in der Nacht zu arbeiten, gab er trocken zurück: „Die Dunkelheit!“

Mit der Arbeit hält er sich wach. Energy Drinks und solches gibt es bei ihm nicht. Die Nachtschicht beginnt er um acht Uhr abends und beendet sie um vier Uhr morgens.

Wenn er in der Nacht arbeitet, bekommt er etwa ein oder zwei Franken mehr pro Stunde. Glücklicherweise hat er an Weihnachten frei. Er meinte, dass er den Beruf noch 9 Jahre machen wolle, dann sei er pensioniert. Auf der Baustelle esse er wenig, ab und zu ein Sandwich oder dergleichen. Eigentlich schlafe er gut. Doch in der ersten Nacht nach der Umstellung habe er Mühe. Mit der Arbeit halte er sich wach. Energy Drinks und solches gebe es bei ihm nicht. Die Nachtschicht beginne er um acht Uhr abends und beende sie um vier Uhr morgens. Einmal in ein Restaurant oder ins Kino zu gehen, komme bei ihm nicht in Frage. Wenn er hier sei, dann zum Arbeiten. Nur zum Arbeiten … kein Freizeitvergnügen. Er verdiene hier gut, seine Familie habe in Ostdeutschland ein kleines Haus erworben. Er freue sich immer, wenn er zurückkehren dürfe. Keine gesundheitliche Schäden? Nein, antwortete er, es gehe ihm gut. Man müsse einfach sehr diszipliniert sein, vor allem beim Schlafen.

Wie schon erwähnt, ist seine Haupttätigkeit Kranführer. Und diese Arbeit gefällt ihm sehr. Dann musste er wieder zur Arbeit und wir verabschiedeten uns.

Der Tunneleingang: 12,5 m Durchmesser

Jetzt war wieder Herr Ranzijn am Zuge und er fragte, ob wir noch Lust hätten, den Bohrkopf anzuschauen. Natürlich hatten wir Lust und so fuhren wir mit Herrn Ranzijn nach Brüggmoos, wo der Bohrkopf bereit für den Transport in der Nacht vom Donnerstag lag. Dann soll er mit einem Schwertransportlastwagen und einer Polizeieskorte zurück nach Bözingen gefahren werden, um dort noch den anderen Tunnel zu bohren. Es war für uns unglaublich, welch riesige Maschinen hier im Einsatz waren. Der Bohrkopf war gewaltig. Das hätten wir uns nie im Leben vorstellen können. Die Stimmung im Tunnel war ruhig und wir hatten nicht das Gefühl, dass die Arbeiter irgendwie missmutig waren. Im Gegenteil, sie schienen stolz auf ihre Arbeit zu sein. Es gab trotz aller Maschinen immer noch Leute, die mit der Hand und der Schaufel arbeiten mussten. Langsam schlich sich bei uns auch die Kälte in die Kleider, denn wir standen ja nur herum. Es wehte ein kühler Wind. Herr Ranzijn, der inzwischen mit vielen Leuten gesprochen hatte, kam wieder zu uns zurück. Es war bereits 1.00 Uhr morgens. In der Schule warteten eine Suppe und  heisse Würstchen auf uns. Herr Ranzijn packte uns ins Auto und fuhr uns direkt vors Schulhaus. Er ist ein aufgestellter fröhlicher Mann, der uns die Sache hervorragend erklärt hat.

Nachtreprotage von Kalani Glanzmann, Massimo Jampen, Sascha Zangger

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