«Charter schools» sind Teil des öffentlichen Schulsystems in den USA. Sie werden über Steuereinnahmen finanziert, aber von privaten Organisationen oder oft auch gewinnorientierten Firmen betrieben. Die ersten derartigen Schulen entstanden Anfang der neunziger Jahre. «Charter» bezieht sich dabei auf den Vertrag, den die Betreiber mit dem jeweiligen Schulamt abschliessen. Laut Angaben eines Interessenverbands der «charter schools» waren 2014 knapp 7 Prozent der öffentlichen Schulen in den USA «charter schools». Es gibt sie in 42 der 50 Gliedstaaten.
(Quelle NZZ. Nov. 2015)
Ein Wesenszug dieses Typs Schule besteht darin, dass sie ihren Erfolg oder Misserfolg für messbar und vergleichbar halten. Was zählt, sind die Ergebnisse von Prüfungen sowie die Quoten von Schulabschlüssen. Dieser quantitative Ansatz ist nicht nur den «charter schools» eigen: Die Schulreform von Präsident G. W. Bush («No Child Left Behind») brachte solche Methoden für alle Schulen mit sich. Auch Präsident Bill Clinton förderte das Aufkommen der «charter schools». Präsident Obama hatte jedoch eingestanden, dass das Prüfen und Testen in amerikanischen Schulen zu weit gehe.
Charter-Schulen sollen eine Alternative zu den anderen öffentlichen Schulen bilden und erzeugen dadurch auch einen Wettbewerb. Viele ambitionierten Eltern, die kein Geld für eine Privatschule haben, melden ihre Kinder bei den Charter-Schulen an. Sie sind vor allem bei den Lehrkräften sehr unbeliebt.
Nachdem der Wirbelsturm Katrina 2003 grosse Teile von New Orleans überschwemmte und die Mehrheit der Schulen zerstörte, beschlossen die Behörden einen radikalen Neuanfang. Sie überführten fast alle öffentlichen Schulen New Orleans in das Charter-Modell. Seitdem steigen die Leistungen der Schüler sowie deren Abschlussraten konstant an, was den ehemaligen Bildungsminister Arne Duncan zu der Aussage veranlasste, dass der Hurrikan Katrine für das Bildungswesen New Orleans das Beste gewesen sei, was dieser Stadt habe widerfahren können. Später musste er sich allerdings für diese Äusserung entschuldigen.
Die Charter Schools wurden in der Ära Thatcher auch in Grossbritannien eingeführt. Dort heissen sie “Academies”. Warum sind die Schulen in Louisiana erfolgreich? 1. Ausgiebiges Teaching to the Test, da sie bei schlechten Resultaten die finanziellen Mittel verlieren und schliessen müssen. 2. Verzicht auf “unnütze” Fächer, die nicht geprüft werden, dafür mehr Lektionen in Mathematik und Englisch. 3. Krasse Fälle von systematischem Prüfungsbetrug. Das alles kann man nachlesen in Diane Ravitchs Buch: The Death and Life of the Great American School System, New York 2016. In den englischen Academies brachte der Guardian aus, dass vor den Prüfungen eine beträchtliche Zahl (bis 14%) der schwachen Schülerinnen und Schüler aus den Registern auf wundersame Art “verschwinden”, so dass sie die Prüfungsstatistik nicht belasten können.