29. Dezember 2025
Münchner Brennpunktschulen

Rektorin von Brennpunktschule: Eltern leben als “funktionale Analphabeten in Deutschland”

Schüler, die einem das Leben schwer machen? Die Rektorin einer Münchner Brennpunktschule ist überzeugt: Die Eltern sind das Hauptproblem. Wir bringen einen Beitrag von Focus Online, basierend auf einem Bericht der Münchner Abendzeitung (AZ).

 

Eigentlich ist Rektorin Heike Stark zufrieden mit ihren Schützlingen. Sie steht 245 Schülerinnen und Schülern an der Guldeinschule im Münchner Westend im Zentrum der Stadt vor.

In den letzten Jahren hat sich die Schule, die unweit der traditionsreichen Brauerei Augustiner liegt, allerdings zum Brennpunkt entwickelt. Schuld sind aus ihrer Sicht nicht die Kinder, von denen rund zwei Drittel einen Migrationshintergrund haben – sondern ihre Eltern.

Rektorin kritisiert Eltern von Schülern an Münchner Schule

Gegenüber der Münchner Abendzeitung (AZ) spricht Stark über ihre Erfahrung mit den Schülerinnen und Schülern sowie ihren Eltern. Denn trotz Brennpunktstatus hat die Schule den Ruf, ihre Kinder mit Engagement in eine Gemeinschaft einzubinden.

Rektorin Heike Stark

Zu schaffen mache ihr die Situation mit den Eltern, denn der Umgang mit ihnen fordere vom Schulpersonal viel Engagement: Zahlreiche Kinder kommen laut Stark aus eher bildungsfernen Elternhäusern, die wiederum selbst ursprünglich aus afrikanischen Ländern oder Afghanistan sowie Serbien und Albanien kämen – und sich mit dem Schulsystem in Deutschland schwertun würden. Das resignierende Urteil von Stark: Diese Eltern leben als “funktionale Analphabeten in Deutschland”.

So können viele dieser Eltern ihre Kinder bei schulischen Angelegenheiten unterstützen. Von Schulbriefen, immerhin durch jede gängige Software übersetzbar, zeigen sich viele Eltern “überfordert”. Und für Gespräche mit dem Lehrpersonal können Eltern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, entsprechende Dolmetscher über die Stadt beziehen.

Umgang mit Eltern: “Es gibt viel Frust”

Die Dolmetscher seien sowohl für die Eltern als auch die Lehrerinnen und Lehrer ein aufwändiges, aber wichtiges Tool: Kann man den Eltern deutlich machen, wie das Schulsystem funktioniert und was sowohl von ihnen als auch den Kindern erwartet wird, gestalte sich die Kommunikation ganz anders. Nur: Genau das erweist sich eben als schwierig. “Es gibt einfach viel Frust”, sagt Stark gegenüber der “AZ”.

Der Frust rühre auch daher, dass es für die 245 Schülerinnen und Schüler schlicht zu wenig Personal gebe: 28 Lehrkräfte, 14 Lernbegleitungen und ehrenamtliche Helfer sowie vier Aushilfskräfte – und eine Sozialarbeiterin in Teilzeit. Doch damit der Betrieb läuft und die Kinder gerne in den Unterricht kommen, sei sehr viel Mehrarbeit vonseiten des Schulpersonals notwendig: “Viele Lehrer leisten ehrenamtliche Arbeit”, berichtet Schulleiterin Stark. Die Lehrerinnen und Lehrer würden schließlich nicht das Schulfrühstück ihrer Kinder aufs Spiel setzen wollen. Das Ergebnis: Überstunden.

Der Schule fehlten zudem Fachkräfte wie Logopäden, um die “Sprachverwirrung der Kinder” zu verbessern. Auch Assistenten, die den Lehrkräften einfache Aufgaben abnehmen und so entlasten können, seien bitter nötig, “um mehr Zeit für Gespräche mit Eltern und Therapeuten zu haben”. Ohne zusätzliches Personal könne man nicht allen Kindern helfen, kritisiert die Rektorin.

 

Quelle Bilder: Münchner Abendzeitung/privat

image_pdfAls PDF herunterladen

Verwandte Artikel

Was wurde eigentlich aus Ernst Buschor oder der Ökonomisierungsversuch des schweizerischen Bildungswesens

Wie kam es, dass der amerikanische NPM-Kapitalismus die Hand an unsere Volksschule legen konnte? Wie konnten die demokratischen Institutionen mit «Soft Governance» ausgehebelt werden und warum gab es wenig Widerstand, obwohl das «New Public Management» als Werkzeug der Globalisierung mit dem Ziel, aus dem gemeinwohlorientierten «Service Public» gewinnorientierte Unternehmen zu machen, bekannt war? Der ehemalige Erziehungsdirektor des Kantons Zürich ist eng mit dieser Entwicklung verbunden. Seine Wirkung war trotz seines letztendlichen Scheiterns immens. Unser “Haushistoriker” Peter Aebersold blickt in die jüngste Vergangenheit und zeichnet ein kritisches Bild des Wirkens von Ernst Buschor.

2 Kommentare

  1. Liebe Frau Stark

    Im Zusammenhang mit der Aussage “Der Schule fehlten zudem (…) Assistenten, die den Lehrkräften einfache Aufgaben abnehmen und so entlasten können, seien bitter nötig,…”

    Gerne verweise ich auf das erfolgreiche win3-Konzept an einigen Schulen in der Schweiz. Mehr unter

    https://www.bern.ch/themen/bildung/schule/foerderangebote/win3-drei-generationen-im-schulzimmer
    https://be.prosenectute.ch/de/helfen-sie-mit/mithelfen-im-klassenzimmer

  2. “Die Dolmetscher seien sowohl für die Eltern als auch die Lehrerinnen und Lehrer ein aufwändiges, aber wichtiges Tool: Kann man den Eltern deutlich machen, wie das Schulsystem funktioniert und was sowohl von ihnen als auch den Kindern erwartet wird, gestalte sich die Kommunikation ganz anders.”

    Da frage ich mich: Warum wird Zuwanderern mit Kindern, die auf Dauer hier leben wollen, nicht schon bei der Ankunft (ggfs. auch im Rahmen eines Asylverfahrens) klar gesagt, wie “das Schulsystem funktioniert”? Wieso wird Zuwanderern, die hier im Lande Kinder bekommen, nicht bald nach deren Geburt klargemacht, wie “das Schulsystem funktioniert”? Ich befürchte schon, dass trotz einer gigantischen Bürokratie dafür niemand zuständig ist. Oberflächlich betrachtet könnte das Integrationsministerium zuständig sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert