Der letzte Schrei

Piesacken

Satire ist Humor, der die Geduld verloren hat. Dies sagte nicht nur Tucholsky, dieser Ansicht ist auch der Progymnasiallehrer und frühere LVB-Präsident Roger von Wartburg. Zum Lachen! Aber nicht nur.

Nach der Publikation der Ergebnisse des Pisa-Tests von 2022, die für Schweizer Schülerinnen und Schüler einen Abwärtstrend ausweisen, hat die EDK umgehend reagiert und das Projekt «Hopp Schwiiz» ins Leben gerufen, mit dem Ziel, bei der nächsten Durchführung der Pisa-Erhebungen besser dazustehen. Dem LVB wurden Unterlagen der wissenschaftlichen Projektleitung «Tecnocratica» zugespielt, die an dieser Stelle exklusiv auszugsweise veröffentlicht werden:

Roger von Wartburg, Lehrer am Progymnasium, ehemaliger Präsident des lvb: Nicht nur digital und inklusiv, sondern auch kooperativ und kosmopolitisch!

Fremdsprachen

Vorab möchte die wissenschaftliche Projektleitung festhalten, dass die EDK bereits im Jahr 2000, nach Bekanntwerden der Resultate des allerersten Pisa-Tests, höchst vorausschauende Massnahmen in die Wege geleitet hat, um dem Ungenügen des schweizerischen Bildungssystems beizukommen. Und dies sogar in Bereichen, die Pisa gar nicht testet, wie etwa den Fremdsprachen. So ein Vorgehen beweist die visionäre Tatkraft der Schweizer Bildungspolitik. Explizit zu nennen ist das EDK-Sprachenkonzept, welches zum Modell «3/5» (Passepartout) führte, demgemäss die erste Fremdsprache im dritten und die zweite Fremdsprache im fünften Primarschuljahr einzusetzen hat.

Die wissenschaftliche Projektleitung schlägt vor, das bestehende Modell auf ein «1/3/5» auszuweiten. Konkret soll neu ab dem ersten Primarschuljahr Rätoromanisch gelernt werden. Wie eine Studie der Pädagogischen Höchstschule Nordsüdostwestschweiz (PH NSOWCH) mit Verweis auf die Hirnforschung zeigt, sind Erstklässler*innen besonders dafür geeignet, vom Aussterben bedrohte Sprachen zu lernen.

Die PH NSOWCH hat bereits damit begonnen, Avatare zu entwickeln, mit deren Hilfe die Erstklässler*innen dereinst im Cyberspace Rätoromanisch erlernen werden. Die Kinder werden wählen können zwischen Fadri, Bigna, Curdin, Ladina und Ursin, wobei sämtliche Avatare genderfluid ausgestaltet sind. Für das Pilotprojekt «Rumantsch First!» haben sich schon 284 Schulen aus der Deutschschweiz angemeldet – ein überwältigendes Bekenntnis zur mehrsprachigen Schweiz!

Digitalität

Das zuvor umrissene Projekt des Rätoromanisch-Lernens im Cyberspace ist Ausdruck eines umfassenden Verständnisses von Schule als Lernort, der sich in die Kultur der Digitalität des 21. Jahrhunderts einfügt. Die wissenschaftliche Projektleitung plädiert vorbehaltlos für das Beschreiten dieses Wegs, damit sich schulisches Lernen auch für die Generation Alpha und spätere Generationen noch sinnvoll anfühlen kann. Die Gegenwart ist digital, die Zukunft ist digitaler. Wer Kinder und Jugendliche verantwortungsbewusst fitmachen will für diese Zukunft, der bekennt sich zur schulischen Digitalität!

Ungeahnte Möglichkeiten!

Aktuell laufen in verschiedenen Kantonen Bestrebungen, den Unterricht stärker zu digitalisieren. Nach Einschätzung der wissenschaftlichen Projektleitung gehen diese Bemühungen jedoch zu wenig weit – so werden etwa der Kindergarten und die Unterstufe in digitaler Hinsicht an vielen Orten noch viel zu stiefmütterlich behandelt – und es fehlt an einem koordinierten Vorgehen. Zu diesem Zweck fordert die wissenschaftliche Begleitgruppe die Schaffung einer nationalen Taskforce «Digitalität jetzt!». Erste Sondierungsgespräche mit den international anerkannten Koryphäen Mick Rosoft, Will Applegates, Marc Ator und Bert Elsmann haben bereits stattgefunden. Ebenfalls mit an Bord sind das Institut für marktorientierte Bildungsökonomie der HSG sowie Economiesuisse.

Nicht unterschlagen werden darf in diesem Kontext die ökologische Komponente: Mit der flächendeckenden Implementierung digitaler Unterrichts- und Lehrkonzepte kann aus der Vision der «papierlosen Schule» schon bald Realität werden!

Die wissenschaftliche Projektleitung favorisiert ohnehin ein grundsätzliches Abrücken vom Konzept der «Schule vor Ort». Stattdessen soll die Schule der Zukunft gänzlich online stattfinden. Die wegfallenden Kosten für teure Schulbauten können in die digitale Infrastruktur investiert werden. Und als zusätzlicher Benefit würde die Anzahl Verkehrsunfälle mit Kindern drastisch gesenkt. Die wissenschaftliche Projektleitung hat hierzu eine Machbarkeitsstudie bei der Schmähdagogischen Hochschule Mittelland in Auftrag gegeben.

Inklusion international

Die wissenschaftliche Projektleitung anerkennt wohlwollend, dass in der Schweiz die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten, Lernstörungen oder anderen Ausprägungen besonderen Bildungsbedarfs in Regelklassen im letzten Jahrzehnt vorangetrieben wurde. Als weiterführendes Kapitel dieser beispiellosen Erfolgsgeschichte empfiehlt die wissenschaftliche Projektleitung eine Kontextualisierung des Inklusionsgedankens mit den Resultaten der Pisa-Tests.

Damit sie sich verständigen können, stellt die EDK entsprechende KI-Tools zur Verfügung. Für das Pilotprojekt «Inklusion international» haben sich innert weniger Wochen 837 Deutschschweizer Schulen angemeldet. Die schulische Zukunft ist nicht nur digital und inklusiv, sondern auch kooperativ und kosmopolitisch!

OECD-Schlusslichter der Pisa-Erhebungen 2022 sind Mexiko, Costa Rica und Kolumbien. Die wissenschaftliche Projektleitung schlägt vor, dass jede Schweizer Schulklasse jeweils ein Kind aus den drei genannten Ländern online am Unterricht der Schweizer Klasse teilnehmen lässt. Ein beschleunigtes Abrücken vom schulischen Unterricht vor Ort, wie es weiter oben ausgeführt wurde, würde dieses revolutionäre Konzept begünstigen.

Die Schweizer Lehrpersonen werden den Unterricht künftig mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus Mexiko, Costa Rica und Kolumbien gemeinsam vor- und nachbereiten. Damit sie sich verständigen können, stellt die EDK entsprechende KI-Tools zur Verfügung. Für das Pilotprojekt «Inklusion international» haben sich innert weniger Wochen 837 Deutschschweizer Schulen angemeldet. Die schulische Zukunft ist nicht nur digital und inklusiv, sondern auch kooperativ und kosmopolitisch!

Ausbildung

Seit Beginn dieses Jahrhunderts haben in der Schweiz – endlich! – die sehr wissenschaftlichen Pädagogischen Hochschulen die gänzlich unwissenschaftlichen Lehrerseminare abgelöst. Dennoch ortet die wissenschaftliche Projektleitung auch hier zusätzlichen Optimierungsbedarf, denn noch immer – wenn auch in stetig weiter sinkender Anzahl – gibt es unter den Dozent*innen Exponent*innen mit einem ausgeprägt berufspraktischen Hintergrund, die den Studierenden unwissenschaftlich rezepthafte Unterrichtskonzepte nahelegen. Dies stellt einen Affront gegenüber der ausdrücklich wissenschaftlichen Ausrichtung dieser Institutionen dar!

Die wissenschaftliche Projektleitung rät aus Qualitäts- und Professionalisierungsgründen dringend dazu, solche Dozent*innen schnellstmöglich aus ihren Funktionen zu entfernen. Eine zukunftsgerichtete Erziehungswissenschaft hält sich nicht mit überholten Konzeptionen auf, sondern baut allein auf moderne Forschungsmethoden und -ergebnisse. Wer nicht mit der Zeit gehen mag, der hat zeitnah zu gehen! Damit sich Dozent*innen gänzlich vorurteils- und prägungsfrei ihrer wichtigen wissenschaftlichen Aufgabe widmen können, empfiehlt die Projektleitung überdies eine bevorzugte Anstellung von Wissenschaftler*innen, die mit dem dualen schweizerischen Bildungswesen wenig bis gar nicht vertraut sind.

Wie die neuesten Pisa-Ergebnisse zeigen, vermag der unter Federführung der Dadagogischen Hochschulen wissenschaftlich hervorragend ausgearbeitete Lehrplan 21 den aktuellsten Entwicklungen nicht mehr vollumfänglich zu genügen. Die wissenschaftliche Projektleitung schlägt daher die Schaffung eines Lehrplans 22 vor.

Lehrplan 22

Wie die neuesten Pisa-Ergebnisse zeigen, vermag der unter Federführung der Dadagogischen Hochschulen wissenschaftlich hervorragend ausgearbeitete Lehrplan 21 den aktuellsten Entwicklungen nicht mehr vollumfänglich zu genügen. Die wissenschaftliche Projektleitung schlägt daher die Schaffung eines Lehrplans 22 vor. Eine Mitwirkung der Berufspraxis ist nicht erforderlich, vielmehr gilt es, der Expertise der Wissenschaftler*innen bei der Erarbeitung des Lehrplans zur vollständigen Entfaltung zu verhelfen.

Da sich zum Leidwesen der wissenschaftlichen Projektleitung in absehbarer Zeit das Konzept einer Maturität für alle Jugendlichen in der Schweiz politisch kaum realisieren lässt, ist es aus Gründen der Chancengerechtigkeit unabdingbar, sämtliche Lehrgegenstände der Tertiärstufe in die Lehrpläne der Volksschule zu integrieren – je früher, desto besser! Dementsprechend werden sich im Lehrplan 22 zusätzlich Kompetenzbereiche wie Quantennanophysik, Artificial General Intelligence und Pharmakoepidemiologie finden lassen.

Eine Vorstudie der Gagadogischen Tiefschule Hintermond kommt zum Schluss, dass der Lehrplan 22 zur Erreichung der genannten Ziele einen ungefähren Umfang von 47’300 Seiten, 36’800 Kompetenzen und 455’820 Kompetenzstufen erfordert. Die wissenschaftliche Projektleitung beantragt der EDK, eine entsprechende Projektstruktur aufbauen zu dürfen.

Für die wissenschaftliche Projektleitung:

  • Prof. Dr. Dr. Turmina von Elfenbein, Titularprofessorin am trinationalen Zentrum für Bildungshomöopathie
  • Prof. Dr. Dr. Dr. Jérôme-Alain Voudou, Zukunftsforscher am Institut für vergleichende Schulethnologie

 

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3 Kommentare

  1. Dieser “fiesionäre” Artikel nimmt die Entwicklung der Folks-Schule vorweg, nämlich deren gänzliche Abschaffung.
    Eltern haben reihenweise genug von der woken staatlichen Indoktrination und setzen zunehmend auf Homeschooling. Dafür werden sogar Bussen in Kauf genommen.

  2. Ils Rets sun fich cuntaints cha lur lingua sto gnir instruida in tout las scuolas da la Svizra. Ils hoteliers dal chantun Grischun as allegran da retschaiver tout ils magisters e las magistras da la Bassa chi han da frequentar scolaziuns per pudair dar lecziuns da rumantsch. I faran raps sco crappa. Be dalet !

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