Bei dem Debakel um das Nahost-Institut der Universität Bern wird leider ausser Acht gelassen, dass die grösste Fehlleistung die Unileitung selbst betrifft.
Erstens ist es schon aus rein finanziellen Gründen absurd, die Leitung eines so kleinen Instituts durch eine Doppelprofessur zu besetzen. Zweitens hat es die Unileitung unterlassen, bei der Doppelprofessur zwei Personen mit verschiedenen Forschungsschwerpunkten zu wählen. Drittens hatten beide Professuren eine fragwürdige wissenschaftliche Qualifikation beziehungsweise eine klar propalästinensische Denkweise, die sie sowohl in der Lehre als auch im Institutsbetrieb implementierten.
Viertens wurde offensichtlich verkannt, dass keine der beiden Institutsleiterinnen Führungserfahrung hatte. Fünftens hat die Unileitung die peinliche Vetternwirtschaft im Institut viel zu spät bemerkt. Sechstens hat die Unileitung nicht von sich aus, sondern erst auf Druck der journalistischen Recherchen auf den Missstand reagiert und das Institut aufgelöst. Und siebtens ist die Reaktion der Unileitung viel zu zögerlich.
Degradierung reicht nicht
Dass die Professorin Serena Tolino nur degradiert, aber weiterhin tätig und besoldet bleibt, ist inakzeptabel. Sinnvoll wäre die sofortige Wiederausschreibung der Professur und für die seriöse Weiterbetreuung der Studierenden eine wissenschaftlich integre interimistische Institutsleitung, idealerweise durch den hoch qualifizierten Vorgänger Prof. Reinhard Schulze (sofern dieser überhaupt noch mitmachen würde).
Die offenbar ebenfalls propalästinensische Professorin Nijmi Edres kommt wohl für eine künftige «neutrale» Führung der Studierenden nicht infrage. Angesichts der wissenschaftlichen Angeschlagenheit der beiden Frauen wäre spätestens nach deren formeller Amtsdauer eine Nichtwiederwahl zwingend.
Eine ganz üble Rolle bei diesem Debakel spielten auch die Personen, die das oder die Gutachten über die beiden Professorinnen verfassten und damit die Unileitung in die Irre führten
Eine ganz üble Rolle bei diesem Debakel spielten auch die Personen, die das oder die Gutachten über die beiden Professorinnen verfassten und damit die Unileitung in die Irre führten. Die Professorenwahlen liegen heute ausschliesslich in der Kompetenz und Verantwortung der Unileitung. Das Amt für Hochschulen der Bildungs- und Kulturdirektion als Aufsichtsbehörde der Universität hatte mit der Neubesetzung der Leitung des Nahost-Instituts nichts zu tun.
Als ich noch Vorsteher des Amts für Hochschulen war, wurden die Professoren auf Antrag der Erziehungsdirektion vom Regierungsrat gewählt. Alle Professurbewerbungen und Gutachten, aber auch alle Konflikte landeten zuerst bei mir.
Angst vor dem Dekan
Immer wieder kamen Delegationen von Studierenden, die sich über den chaotischen Studienbetrieb, über ungerechte Prüfungsnoten oder die häufige Abwesenheit der sogenannten Dimido-Professoren beklagten, die nur am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag erreichbar waren. Vor Beschwerden beim Dekan oder den Professoren hatten sie Angst, weil sie fürchteten, bei den Prüfungen bestraft zu werden. Deshalb suchten sie Hilfe bei der Erziehungsdirektion, weil es hier keine Examensnoten gab.
Fast immer gelang es, durch genaue Befragungen, Vermittlung oder Abmahnung die Konflikte zu regeln. Ein Nahost-Institut-Debakel wäre damals vermutlich nie entstanden, weil der Antrag für eine Doppelprofessur mit zwei fragwürdigen Kandidaturen in einem so kleinen Institut nicht akzeptiert bzw. dem Erziehungsdirektor zur Ablehnung empfohlen worden wäre.
Weshalb sich die Unileitung auf dieses Abenteuer ohne seriöses Assessment der Bewerbungen einliess, ist rätselhaft.
Prof. Jürg Steiger war von 1989 bis 1994 Vorsteher des Amts für Hochschulen der Erziehungsdirektion des Kantons Bern. Er hat in dieser Zeit 50 Berufungsverhandlungen mit den auf Antrag der Erziehungsdirektion vom Regierungsrat zu wählenden Professuren geführt.
AFF