Conradin Cramer: Frau Fopp, können Sie mir erklären, wie ein Interview bei Ihnen abläuft? Ich habe die wildesten Gerüchte gehört.
Andrea Fopp: Wie ein ganz normales Interview. Wir reden, ich nehme das Gespräch auf, dann höre ich es nochmals, transkribiere und redigiere es, beispielsweise, wenn etwas unverständlich ist oder wir uns wiederholen. Dabei versuche ich, so nah wie möglich am gesprochenen Wort zu bleiben, dann sind Sie und ich mehr herausgefordert, das ist interessanter. Wenn es fertig ist, schicke ich es Ihnen, Sie lesen das ganze Interview gegen und melden zurück, ob Sie etwas geändert haben möchten. Wenn Sie jetzt zum Beispiel beim Lesen merken, Sie haben gesagt, etwas kostet 50 Millionen Franken, dabei sind es 64, dann bin ich froh, wenn Sie das ändern, denn ich möchte keine Fehler im Text. Wenn Sie dagegen ganze Abschnitte streichen möchten, weil Sie finden, dass Sie kommunikativ nicht so gut waren, dann müssen wir verhandeln. Das ist das ganz normale Vorgehen bei Politinterviews. Jedes Interview, das ich je für Bajour gemacht habe, wurde von der interviewten Person gegengelesen und abgesegnet. Wenn Sie möchten, können Sie das Interview auch aufnehmen, dann können Sie beim Gegenlesen mit dem Originalgespräch vergleichen.
Nein, nein, ein Grundvertrauen muss sein.
Fangen wir an. Sie haben so viele Baustellen in Ihrem Departement, dass ich gar nicht weiss, wo anfangen. Welches ist das dringendste Problem, das Sie lösen müssen?
Wir haben immer grosse Herausforderungen im Erziehungsdepartement, denn es ist das grösste Departement des Kantons. Was mich momentan am meisten umtreibt, ist aber tatsächlich die integrative Schule.
Können Sie allen Nichteltern kurz erklären, was integrative Schule ist?
Selbstverständlich. Integrative Schule bedeutet, dass man möglichst alle Schülerinnen und Schüler in einer Regelklasse unterrichtet. Auch die, die vielleicht eine körperliche Behinderung haben. Auch die, die eine kognitive Beeinträchtigung haben. Wenn das nicht möglich ist, gibt es auch bei uns in der integrativen Schule separative Angebote. Zurzeit sind etwa drei Prozent der Schüler*innen in separativen Angeboten.
Und warum sind Sie damit so herausgefordert?
Das System kommt an Grenzen. Weil wir immer mehr Schülerinnen und Schüler haben, die besonderen Förderbedarf haben, weil sie beispielsweise Diagnosen haben oder Verhaltensauffälligkeiten zeigen.
Verhaltensauffällig bedeutet, dass die Kinder nicht zwingend eine psychische oder körperliche Krankheit, aber beispielsweise Mühe mit Disziplin haben und den Unterricht stören.
Den Anstieg an Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten stellt man in der ganzen Schweiz fest. Das führt dazu, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht mehr so unterrichten können, wie sie möchten oder sollten und dass Klassenstrukturen nicht mehr funktionieren. Daher müssen wir jetzt handeln und haben ein Massnahmenpaket ausgearbeitet.
«Die Aufgabe der Regierung ist es, auf eine komplexe Frage eine differenzierte Antwort zu geben und die ist nun halt mal nicht schwarzweiss.»
Was sind die wichtigsten Punkte in diesem Massnahmenpaket?
Das eine sind sogenannte Lerninseln. Eine Möglichkeit, verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht stören, unkompliziert, temporär aus dem Klassenverband rauszunehmen und ihnen eine spezielle Betreuung zu gewähren. Diese Lerninsel wäre ein Ort im Schulhaus. Es geht also nicht um eine Separation, bei der man sagt, du gehst jetzt für immer in eine Sonderklasse.
Genau das ist es aber doch, was die Mehrheit der Lehrpersonen möchte. Sie haben ja eine Initiative der Freiwilligen Schulsynode, der Lehrer*innengewerkschaft, auf dem Tisch. Sie fordert die Wiedereinführung von permanenten, separaten Förderklassen. Nicht nur für Kinder mit Diagnosen, sondern auch für Kinder, die, salopp gesagt, blöd tun.
Moment, ich habe erst eine Massnahme vorgestellt. Genau weil die Lehrer*innen Förderklassen fordern, haben wir noch eine weitere Massnahme vorgeschlagen: Fördergruppen und Förderklassen.
Erzählen Sie.
Dort geht es vor allem um Schülerinnen und Schüler, die Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen, oft aus kognitiven Gründen. Dafür wollen wir am Standort Fördermöglichkeiten haben. Entweder Fördergruppen oder Förderklassen.
Was ist der Unterschied?
Förderklassen sind eigene Klassen. Fördergruppen wären Gefässe, wo die Schülerinnen und Schüler nur in einzelnen Fächern in dieser Gruppe wären, beispielsweise in Mathematik. Sport oder andere Fächer haben sie dann aber wieder in der Regelklasse.
Und die Politik entscheidet, was besser ist, oder die Pädagogik?
Bevor das Ganze in den Grossen Rat kommt, können sich nun die Lehrpersonen äussern, was sie besser finden. Und nachher entscheidet der Regierungsrat, mit welchem Vorschlag er in den Grossen Rat geht. Unser Ziel im Erziehungsdepartement ist: So viel Separation wie nötig, aber auch so viel Integration wie möglich. Wenn es sich vermeiden lässt, wollen wir Schülerinnen und Schüler nicht in einem Sonderzug separieren.
Die Initiative der Lehrer*innengewerkschaft möchte aber einen solchen Sonderzug. Nehmen Sie bitte Stellung: Wenn die Lehrpersonen in der Konsultation nun sagen, temporäre Separierung wie Lerninseln und Fördergruppen sind uns zu wenig, wir möchten lieber Förderklassen, nicht nur für Kinder mit Beeinträchtigungen, sondern auch für solche, die verhaltensauffällig sind: Schreiben Sie diese dann in den Regierungsvorschlag?
Ich glaube nicht, dass wir zurückkehren können zum System von vor 20 Jahren. Ich bevorzuge Fördergruppen, aber klar, ich gab auch die Variante der Förderklassen in die Konsultation, um eine Rückmeldung zu beiden Varianten zu bekommen
Ich frage nochmals. Die Initiative hat eine einzige, klare Forderung: Förderklassen. Sie aber stellen einen Strauss von Massnahmen vor. Weichen Sie so der harten Diskussion aus? Es ist auch hier in diesem Interview wahnsinnig schwierig, Sie auf ein Ja oder Nein zu den Förderklassen zu behaften.
Ja, es ist auch kompliziert. Die Aufgabe der Regierung ist es, auf eine komplexe Frage eine differenzierte Antwort zu geben und die ist nun halt mal nicht schwarzweiss. Wenn wir Förderklassen wieder einführen, wird nicht einfach alles wieder gut. Stattdessen braucht es verschiedene Massnahmen für verschiedene Bedürfnisse. Ich glaube übrigens, dass Lehrerinnen und Lehrer, die sich jetzt mit diesen Vorschlägen auseinandersetzen, es so sehen.
Wirklich? Von Seiten des Initiativkomitees für Förderklassen gab es in den letzten Wochen Kritik, die in etwa lautete: Warum macht Herr Regierungsrat Cramer jetzt nicht einfach wieder Förderklassen, wie mehrfach gefordert, wieso probiert er jetzt wieder etwas anderes?
Ich glaube, das hat ein Mitglied des Komitees gegenüber Bajour gesagt. Das Komitee besteht aus mehreren Personen, und ich könnte mir vorstellen, dass auch da die Meinungen auseinander gehen. Um die integrative Schule zu stärken, braucht es einen Strauss von Massnahmen, man kann die Diskussion nicht isolieren auf die Frage, Förderklassen oder nicht. Es gibt übrigens noch eine vierte und fünfte Massnahme, über die wir noch gar nicht diskutiert haben.
Nämlich?
Dass wir die verschiedenen Fördermöglichkeiten, die wir haben, mehr in die Hand der Schule geben, dass die Wege kürzer werden und es nicht so lang geht, bis ein Kind unterstützt wird. Und dass die Kindergärten mehr Mittel zur Förderung bekommen.
«Wir wissen aus der Vergangenheit, was so eine Separierung bedeuten kann. Denn der Weg zurück ist schwierig, den gibt es auch nicht allzu oft.»
Seit die integrative Schule eingeführt wurde, gab es mindestens acht politische Vorstösse, welche in irgendeiner Form die Wiedereinführung von Einführungs- oder Kleinklassen fordern. Einer geht zurück bis ins 2013. Und jetzt haben wir das Jahr 2023 und Sie zögern immer noch. Warum?
Weil es auf ein komplexes Problem nicht eine einfache Lösung gibt. Wir brauchen differenzierte Antworten, die ins bestehende System passen. Ich möchte nicht den Schülerinnen und Schülern eine neue, radikale Schulreform zumuten, wir haben gesehen, was das auslösen kann. Ich finde klar, wir müssen das bestehende System stärken.
Haben Sie das Gefühl, die integrative Schule funktioniert?
Auf jeden Fall. Aber damit sie wieder besser funktioniert, müssen wir jetzt handeln. Auch die Mehrheit der Lehrpersonen in unserem Kanton steht hinter dem Prinzip der integrativen Schule. Sie will nicht zurück zu einem System mit einem grossen Anteil an Separation und Klassengesellschaft.
Sind Sie sicher? Die integrative Schule ist nicht nur in Basel-Stadt in der Kritik, sondern auch im Aargau, in Bern oder Zürich. Die NZZ liess eine Umfrage machen. Resultat: Die Mehrheit der Zürcher Bevölkerung will vom Prinzip der integrativen Schule hin zu Kleinklassen.
Die Forschung sagt sehr eindeutig, dass Schülerinnen und Schüler von einer integrativen Schule profitieren können.
Vor allem Schüler*innen, die Mühe mit der Schule haben.
Es sind vor allem Schülerinnen und Schüler, die in einem früheren System separiert und aufs Abstellgleis gestellt worden sind, die von einem integrativen System profitieren. Man weiss aus der Forschung, dass ein Klassenverband nicht leidet, wenn einzelne Schülerinnen und Schüler in einer Klasse ein bisschen anders ticken.
Aber bei zu vielen kippt es.
Es gibt einen Schwelleneffekt, ja, und es ist an gewissen Orten in Basel-Stadt auch schon gekippt. Das darf nicht sein. Es muss ein normaler Unterricht in einer Regelklasse möglich sein. Und das wollen wir mit unseren Massnahmen. Aber man muss da sehr aufpassen, dass man nicht überreagiert. Wir wissen aus der Vergangenheit, was so eine Separierung bedeuten kann. Denn der Weg zurück ist schwierig, den gibt es auch nicht allzu oft.
Gibt es Studien dazu?
Ja, es gibt zu allem Studien.
Okay, reden wir darüber. Wie war es denn früher mit der Separation. Meinen Freund*innen, die in Einführungsklassen gingen, geht es heute gut. Aber das ist natürlich keine relevante Datenlage.
Wir reden hier nicht über die Eingangsstufe, wo wir übrigens auch in Basel-Stadt Einführungsklassen haben. Die Idee, dass man Kinder, die mit der Primarschule anfangen, unterschiedlich fördert, weil sie unterschiedlich weit sind, ist völlig anerkannt. Wenn wir aber von Separation reden, dann geht es darum, beispielsweise einen Sekschüler, der den Unterricht stört, dauerhaft in einem Sondersetting unterzubringen. Für ihn ist es dann enorm schwierig, in die Regelklasse zurückzukommen.
Und was macht das mit dem Jugendlichen? Warum ist das schlimm?
Die Forschung zeigt, dass sich ein Schüler im Umfeld der Regelklasse besser entwickelt, als wenn man ihm sagt: Du bist ein Sonderfall und deshalb bist du in einem Sondersetting. Bei schweren Behinderungen braucht es das. Aber bei Verhaltensauffälligkeiten ist es nicht so schwarzweiss. Und da haben wir schon die Verpflichtung als Gesellschaft, zu diesen Kindern besonders gut zu sein und sie nach Möglichkeit in der Regelschule zu behalten.
Wenn Sondersettings für Kinder so schädlich sind, wie Sie sagen, dann würden doch die Pädagog*innen, die jeden Tag mit Kindern arbeiten, solche nicht fordern? Auch diese wollen das Beste für die Schüler*innen, wie die Eltern und Sie als Politiker auch.
Ich bin froh, dass Sie das sagen. Alle wollen das Beste für die Schülerinnen und Schüler. Die Lehrpersonen sagen mit Recht, im Moment haben wir eine Überforderung mit der Integration. Daher die Massnahmen.
Die Mehrheit der Lehrpersonen sagt nicht, es braucht Massnahmen. Sie sagt konkret: Es braucht Förderklassen. Aber wir drehen uns im Kreis, Herr Cramer. Wie viele Förderklassen schaffen Sie allenfalls? Eine pro Schulhaus? Nach Bedarf?
Grundsätzlich sollte man Massnahmen nach Bedarf einführen. Es darf nicht eine beschränkte Anzahl Plätze geben und dann füllt man die auf. Für die Kostenkalkulationen gehen wir derzeit von etwa 500 Schüler*innen in etwa 45 Förderklassen aus.
«Ich wehre mich immer dagegen, dass man Basler Schulen schlecht redet.»
.Glauben Sie, die Leistung der Basler Schüler*innen wird besser mit Ihren Massnahmen? Die Basler Primar- und Sekschulen haben in den letzten kantonalen Vergleichen ja sehr schlecht abgeschnitten.
Ich wehre mich immer dagegen, dass man Basler Schulen schlecht redet. Es kommt immer darauf an, was die Vergleichsbasis ist. Wenn man uns mit einem Kanton wie Appenzell vergleicht, ist es sehr schwierig.
Mit wem und was sollte man denn die Basler Schüler*innen vergleichen?
Der einzige zulässige Vergleich wären andere Städte, weil wir ein Stadtkanton sind. Und diese Vergleichsbasis gibt es leider nicht, ich würde mir das wünschen.
Warum sind die Leistungen im städtischen Umfeld schlechter?
Weil der Anteil der Kinder mit nicht Deutsch als Muttersprache deutlich höher ist in Basel-Stadt. Und auch der Anteil an Kindern, die aus einer problematischen Familienkonstellation kommen und beispielsweise mit einer Suchtsituation bei den Eltern oder prekären finanziellen Verhältnissen konfrontiert sind.
Ist das nicht einfach eine Ausrede? Wenn es keine belastbaren Daten gibt, kann Basel-Stadt sich um die Verantwortung foutieren und sagen, der Migrationshintergrund ist schuld.
Das ist tatsächlich die Gefahr. Darum finde ich andere Kennzahlen wichtiger. Nämlich solche, die absolut sind. Eine davon ist die Abschlussuquote Sek II, diese definiert der Bund. Und das ist der Anteil der 25-Jährigen, die eine Berufslehre oder Matur abgeschlossen haben. Diese ist in Basel-Stadt deutlich tiefer als im Rest der Schweiz.
Bei 85 Prozent, das heisst, 15 Prozent der Schüler*innen bleiben ohne Lehre oder Matura.
Ja. In der Schweiz beträgt die Abschlussquote 90 Prozent, das Ziel des Bundes wären 95 Prozent. Dort müssen wir ansetzen: Wie schaffen wir es, dass diese Jugendlichen eine Lehrstelle bekommen?
Und wie schaffen Sie es?
Leider haben wir keinen Zauberstab. Wir schaffen das, indem wir uns noch stärker darauf konzentrieren, ihnen eine Anschlusslösung zu vermitteln. Auch haben wir sogar im Gymnasium die Situation, dass fünf Prozent der Schüler*innen die Schule nicht abschliesst. Das sind Leute, die sich bewusst gegen eine Berufslehre entscheiden, es dann dort aber nicht schaffen und die Schulen verlassen und dann verschwinden, jobben, sich irgendwie durchschlagen. Wenn diese nicht den Umweg über das Gymi oder die FMS, sondern direkt eine Berufslehre gemacht hätten, könnten sie möglicherweise erfolgreich abschliessen.
Das hat auch mit der hohen Gymiquote zu tun, oder?
Das hat nichts mit der Gymiquote zu tun.
Sondern?
Die Leute, die ins Gymnasium gehen, sollen dann auch die Matur abschliessen können.
Aber Sie sagen doch immer, dass wir im städtischen Umfeld nicht nur viele bildungsferne Kinder haben, sondern auch solche aus dem akademischen Milieu, deren Eltern sie vielleicht ins Gymnasium pushen, obwohl sie die Fähigkeiten vielleicht nicht hätten.
Das ist richtig.
Ist es als Liberaler eigentlich eine undankbare Aufgabe, Bildungsdirektor zu sein? Sie bekommen ständig Kritik von der Handelskammer, vom Gewerbeverband und von der FDP, zum Teil auch von der Mitte. Also sehr viel Kritik von Ihresgleichen.
Nein. Was gibt es Spannenderes, als ein Bildungssystem mitzugestalten? Dass es Kritik von allen Seiten gibt, zeigt, wie komplex diese Sache ist. Es gibt Probleme, die wir angehen müssen. Aber im grossen Ganzen ist das schweizerische Bildungssystem mit der Berufsbildung eine liberale Erfolgsgeschichte. Basel ist Teil davon.
Sie sprechen immer von einzelnen Massnahmen. Haben Sie auch eine Vision?
Natürlich. Nicht nur ich, wir alle, die in der Schule arbeiten, haben eine Vision: Jeden Tag die beste Ausbildung für jedes Kind in unserem Kanton zu bieten. Das langt als Vision.
Das langt?
Oh ja.
Das wäre, wie wenn meine Chefinnen sagen würden, unsere Vision ist es, den besten Journalismus zu machen.
Hoffentlich ist das die Vision von Bajour.
Das ist zu unkonkret. Man muss doch eine Linie haben und sich überlegen, was bedeutet eine gute Bildung für jedes Kind überhaupt?
Ja, selbstverständlich. Hinter der Vision kommt das Konkrete. Aber wir müssen uns klar sein: Die grossen Utopien von grossen Bildungsreformen, die wir auch in unserem Kanton erlebt haben, als man Orientierungsschule und Weiterbildungsschule geschaffen hat, haben dazu geführt, dass man das recht schnell wieder rückgängig gemacht hat. Und was das bedeutet, so eine Systemumstellung, was das an Ressourcen und Energie von Lehrpersonen verschlingt, was es für die Schülerinnen und Schüler bedeutet, die in ihrer laufenden Schulkarriere einen Systemwechsel haben. Das verursacht Schaden.
Dieses Interview ist am 20. Juni auf der Online-Plattform bajour veröffentlicht worden: https://bajour.ch/a/cliyqfkmc8967482siye7hk6lmd/die-integrative-schule-funktioniert
Die ganz einfache Antwort ist: NEIN.
Wieder der Rückgriff auf Studien, die in der dänischen Meta-Analyse von T. Daalgard et. al. 2022 als “biased (einseitig unwissenschaftlich) bezeichnet werden. Die wenigen ernstzunehmenden Studien kommen zum Schluss, dass separative Angebote nicht schlechter oder stigmatisierender sind als integrative. RR Cramer will auch nicht wahrhaben, dass “Lerninseln” oder Teilseparierung in bestimmten Fächern den grossen Nachteil haben, dass ins soziale Gefüge der Stammklassen dauernd Unruhe gebracht wird, wenn die betroffenen Kinder und Jugendlichen je nach Fach separiert und wieder integriert werden. Genau dieses Hin-und-Her hat vor 23 Jahren an der Weiterbildungsschule Basel die Notmassnahme erfordert, die Klassen wieder nach Leistungszügen zu bündeln. Die soziale Dynamik, die es in jeder Gruppe gibt und die durch Unruhe ständig für Reibungsverluste sorgt, wird von den Top-Down-Gestaltern laufend unterschätzt. Die Energie und Konzentration, die für das Lernen gebraucht würden, werden von unproduktiven Erregungszuständen gänzlich absorbiert. Die Behauptung, “die integrative Schule funktioniert”, ist zudem schon fast zynisch angesichts der tiefen Leistungen der Basler Schulen im nationalen Vergleich. Der Regierungsvorschlag ist letztlich ein palliatives Nullkonzept zur Gesichtswahrung der Integrierer. Zu hoffen ist, dass das Volk nach über zehn Jahren Horror ein Machtwort spricht.
«Nicht nur ich, wir alle, die in der Schule arbeiten, haben eine Vision: Jeden Tag die beste Ausbildung für jedes Kind in unserem Kanton zu bieten.» (Conradin Cramer)
«Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.» (Helmut Schmidt)