Der Condorcet-Blog ist ein Bildungsblog und äussert sich nicht zu politischen Alltagsfragen, die keinen Bezug zur Bildung haben. Die Trennlinie ist allerdings nicht immer einfach. Gerade der Terroranschlag vom 7. Oktober in Israel und die darauf folgenden Massnahmen der israelischen Armee laden zum Kommentieren und zu Positionsbezügen ein. Wie bei der Klimafrage oder den Coronamassnahmen äussern wir uns aber nur, wenn die Bildungsinstitutionen direkt involviert sind. Unterrichtsinhalte, oft durch Schulbücher vorgegeben, müssen uns interessieren. Detaillierte Untersuchungen palästinensischer Schulbücher im Auftrag der EU sowie durch ein israelisches Institut zeigen, wie palästinensische Kinder zum Hass auf Juden und Israel erzogen werden. Terror wird vielfach als legitimer “Widerstand” verherrlicht, Juden werden dehumanisiert, Israelis als brutale Aggressoren und als Feinde des Islams dämonisiert. Die Palästinensische Autonomiebehörde weigert sich jedoch, das Unterrichtsmaterial entscheidend zu verändern. Nennenswerte Konsequenzen zieht die EU trotzdem nicht. Das sind die Erkenntnisse unseres Gastautors Alex Feuerherdt. Wir möchten aber ausrücklich darauf hinweisen, dass wir bezüglich des politischen Konflikts keinen Positionsbezug vornehmen.
Massnahmen wie der Nachteilsausgleich oder die Lernzielanpassung sind Instrumente einer Art “Schonpädagogik”. Man versucht zu ver-hindern, dass sich negative Selbstkonzepte entwickeln, die Lernende entmutigen und sozial ausgrenzen. Die löbliche Absicht führt leider dazu, dass die Wahrheit über das eigene Leistungspotenzial verschleiert wird. Früher oder später werden “geschonte Lernende” brutal mit der Realität ihrer Defizite konfrontiert, sei es durch die Beobachtung des Könnens von Klassenkameraden, durch despektierliche Kommentare im Klassenzimmer oder durch die Anforderungen der Berufsausbildung, des Berufslebens, des gesellschaftlichen Lebens. Deshalb die Frage: Wäre es nicht besser, statt “Schonung” ein realistisches Selbstbild aufzubauen, das hilft, Schwächen zu akzeptieren, jedoch ermutigt, die eigenen Möglichkeiten wenigstens voll auszuschöpfen? Etwas, was auf dem Gebiet des Sports oder der Kunst selbstverständlich ist: Nicht jeder Tennisspieler ist ein Federer, aber er kann sich trotzdem innerhalb seiner Möglichkeiten verbessern.
Mut zur Konzentration auf wesentliche Kompetenzziele
Es rächt sich nun, dass im neuen Lehrplan in allen Fächern breite Grundanforderungen festgelegt sind. Das Schweizer Frühsprachenkonzept ist das beste Beispiel, dass mit zu viel Breite die notwendige Tiefe verloren geht. Unsere Sechstklässler sollen sich gleich in drei Sprachen ausdrücken können. Der Schulalltag zeigt jedoch, dass bei einem grossen Teil der Schüler die Kenntnisse in der zweiten Fremdsprache und leider auch im wichtigen Deutsch sehr bescheiden sind. Man kann von den Lehrpersonen nicht erwarten, dass sie das vorgegebene Mammutprogramm der vielen Bildungswünsche in den heterogenen Klassen mit allen Kindern einfach durchziehen können. Wenn 45 OO0 Schüler von Lernzielen befreit werden müssen und bei den schweizweiten Abschlusstests ein Fünftel aller Sekundarschüler völlig ungenügend im Fach Deutsch abschneidet, steht unser Haus des Lernens ziemlich schief. Wir können es uns nicht länger leisten, dass einer so grossen Zahl von Jugendlichen die Zukunft verbaut wird. Eine inhaltliche Kurskorrektur mit mehr Mut zu vertretbaren Lücken und einer Konzentration auf wesentliche Kompetenzziele ist darum überfällig.