13. Januar 2025
DENKMOMENT

Haltung – oder: Merkmale einer überzeugenden Führung

Führungspersönlichkeiten erkennt man an ihrer Haltung. An der äusseren und insbesondere an der inneren. Sie widerspiegelt die Einstellung, die grundsätzliche Denkweise und Überzeugung einer Person zu bestimmten Themen, Werten oder Prinzipien. Das gilt insbesondere auch für Lehrpersonen. Condorcet-Autor Niklaus Gerber erklärt ein lange vernachlässigtes Phänomen.

Je nach Kontext existieren verschiedene Formen, welche mit «Haltung» in Verbindung[1] stehen:

  • Die Körperhaltung. – Die physische Position und Ausrichtung des Körpers, insbesondere beim Stehen, Präsentieren, Sitzen oder Gehen. Dazu gehört insbesondere auch der Augenkontakt mit dem Gegenüber.
  • Die Einstellung oder Überzeugung. – Die innere Haltung einer Person zu bestimmten Themen, Werten oder Prinzipien.
  • Die Geisteshaltung. – Die Art und Weise, wie eine Person denkt, reflektiert und mit Herausforderungen umgeht.
  • Der Standpunkt oder die Position – Die offizielle oder persönliche Position einer Person oder Organisation zu einem bestimmten Thema oder Problem.
Niklaus Gerber, war bis zu seiner Pensionierung im August 2021 Abteilungsleiter und Mitglied der gibb-Schulleitung und hat sich mit NORDWÄRTS – Kompass für kompetente Führung selbständig gemacht.
www.nord-waerts.com

«Haltung» kann demnach eine emotionale, moralische, ethische, politische oder soziale Bedeutung haben. Sie zeigt sich im Verhalten, in der Sprache, in den Handlungen und Interaktionen mit anderen Menschen. Haltung haben und diese bewahren, soll nicht mit Sturheit verwechselt werden. Vielmehr strahlt Haltung Verlässlichkeit und Sicherheit aus. Damit wird sie zu einem Erfolgsfaktor guter Führung.

Wie zeigt sich Haltung?

Führungspersonen, denen eine klare Haltung[2] abgeht, werden nicht geschätzt. Ihnen fehlen die Gabe und die Kompetenz, im metaphorischen Sinn als Kompass zu wirken und sichere Orientierung zu vermitteln.

Von Führungspersönlichkeiten wird erwartet, dass sie eine eigene Meinung besitzen, zu dieser stehen und sachbezogen vertreten. Dazu gehört auch das Grenzen setzen[3]. Dieses Haltungsbewusstsein erkennt man daran, dass sie insbesondere in anspruchsvollen und schwierigen Situationen Ruhe bewahren, den Überblick behalten und beispielweise Probleme nicht aussitzen, sondern zu lösen versuchen. Diese Eigenschaft überträgt sich auf die Menschen in ihrem Umfeld und Wirkungskreis.

Fazit

Jede Organisation tut gut daran, Leitungspersönlichkeiten mit einem erkennbaren Haltungsprofil anzustellen. Davon profitieren alle. Dieser Anspruch gilt auch für Schulen, wo gute Klassenführung ein zwingender Gelingensfaktor für den pädagogischen Umgang mit den Schülerinnen und Schülern darstellt und letztlich zu einer lernförderlichen Schulkultur führt.

 

[1] Siehe auch “Führungsperson versus Führungspersönlichkeit», in Schulführung im Alltag, Gerber, N., 2023

[2] Dieses Persönlichkeitsmerkmal wird in der Managementlehre oft als «Fels in der Brandung» oder als «Mensch mit Rückgrat» bezeichnet.

[3] Im Umgang mit Kindern und Jugendlichen besteht der aus der Bindungslehre stammende Anspruch: Erziehung heisst «Zuwendung, Haltung und
Humor», Spiegel Wissen Edition, 1/2017.

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6 Kommentare

  1. Es ist wohl ein bisschen idealistisch und abstrakt, wie Führungsqualität hier beschrieben wird, indem Dinge ausgespart werden, die weniger schön “humanistisch” tönen: Fachliche Kompetenz, psychologische Einfühlung, die Fähigkeit zuzuhören, zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden zu können, Durchsetzungsfähigkeit und Ähnliches. Leider sieht die Realität der Führungsetagen oft anders aus: Da gilt gerne das “Peter-Prinzip” (Laurence J. Peter & Raymond Hull, The Peter Principle, 1969): Wer seine Arbeit gut macht und/oder ehrgeizig ist, wird befördert. Solange, bis er die Stufe erreicht, wo er die neuen Aufgaben nicht mehr gut erfüllen kann. Auf dieser Stufe der Unfährigkeit bleibt er sitzen, denn die Inkompetenz bleibt nicht unentdeckt und weitere Beförderungen bleiben aus. Allenfalls kommt es zu Seitwärtsverschiebungen: Der oder die Betreffende erhält irgendeine Stabsstelle. Beispiel aus der jüngeren Basler Schulverwaltung: Statt Volksschulleiter zu bleiben darf der Betreffende bei Lohnerhalt die Tagesstrukturen neu organisieren.

    1. Lieber Felix
      Danke für deinen Kommentar. Ich habe den Fokus des Beitrags bewusst auf das Thema “Haltung” gelegt. Meiner Überzeugung nach ist diese eines der wichtigsten Merkmale einer Führungsperson. Selbstverständlich gehören die von dir erwähnten Kompetenzen ebenso zu einer Führungspersönlichkeit. Und ja, das Peter-Prinzip müsste mehr beachtet werden. Dies auch gerade in Bildungsinstitutionen, wo Lehrpersonen zu Vorgesetzten berufen werden. Eine gute Lehrperson ist durch den Rollenwechsel nicht einfach eine gute Führungspersönlichkeit.

      1. Leider kann man sich eine Haltung auch einbilden und so nach aussen vertreten. Das fliegt irgendwann zwar auf und hat dann vielleicht auch Konsequenzen. Vielleicht aber auch nicht. Ich spreche aus selbst erlebter Erfahrung mit solchen “Hochstaplern”…

        1. Lieber Daniel
          Danke für deinen Kommentar. Meines Erachtens und meiner langjährigen Erfahrung nach kann man sich eine Haltung nicht einbilden. Man hat sie oder nicht. Sie ist ein authentisches Persönlichkeitsmerkmal. Bei Hochstaplern fehlt die Haltung. Sie kommen – meist nur über eine kurze Dauer – mit Glück und Zufall zu Erfolgen. Und sie leben ständig mit der Angst, entlarvt zu werden. 

      2. Lieber Niklaus
        Was mir eigentlich wichtig ist: Haltung ist ein sehr schwammiger, schwer fassbarer Begriff. Für mich ist er zu nah an Gesinnung. Und die Gesinnung eines Vorgesetzten ist mir ziemlich egal, solange er die andern von mir erwähnten Führungseigenschaften besitzt. Dazu gehört vielleicht gerade, dass Vorgesetzte ihre Haltung (=Gesinnung, Religion, Ideologie) soweit beherrschen, bzw. hintanstellen können, dass sie ihre Führung nicht einseitig, parteiisch, intolerant macht. Die souveränsten Leitungspersonen, die ich erlebt habe, haben keine Haltung zur Schau getragen, sondern ihre Aufgaben kompetent erledigt. Ihre Haltung war mir eigentlich wurscht, sie war auch unwichtig.

        1. Lieber Felix

          Mit deinem Kommentar stellst du den Beitrag in eine Ecke, wo er nicht hingehört. Du definierst “Haltung” u.a. mit Religion, Ideologie, Einseitigkeit, Parteilichkeit, Intoleranz. Du scheinst das so erlebt zu haben. Ich lehne diese Definitionen ab.

          “Haltung”  bezieht sich auf die allgemeine Einstellung oder Position einer Person zu bestimmten Themen, Werten oder Prinzipien. So wie ich es zu einer authentisch-agierenden Führungspersönlichkeit dargestellt habe.

          Obwohl die Begriffe”Haltung” und “Gesinnung” ähnliche Bedeutungen haben , unterscheiden sie sich. “Gesinnung” bezieht sich eher auf die tiefere, oft emotional geprägte Überzeugung oder den moralischen Kompass einer Person. Beispiele sind Pazifismus und ethische Überzeugungen wie Glauben.

          Und: Eine Leitungspersönlichkeit trägt eine “Haltung” nicht zur Schau. Entweder hat man(n)/frau eine solche oder nicht.

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