8. Dezember 2025
Der wöchentliche Primsatz

Wir müssen handeln

Es gibt Sätze, die eigentlich nur zum Maulstopfen taugen. Sogenannte Primsätze, unteilbar. Im Unterschied zu den Primzahlen wären sie schon zu zersetzen. Allerdings lohnt sich der Aufwand selten. Ein nicht geringer Teil der «Primsätze» nämlich sind und bleiben Floskeln. Und diese fallen besonders häufig in den Bildungsdebatten. Unsere neue Rubrik stellt Ihnen regelmässig solche Sätze vor. Den Anfang macht Lucius Hartmann, Präsident der Schweizer Gymnasiallehrerinnen und -lehrer.

Präsident der Schweizer Gymnasiallehrerinnen und -lehrer.

Es ist unbestritten, dass es einen neuen Lehrplan braucht. Das, was heute gilt, stammt aus dem Jahr 1994.

Sonntagszeitung, 18.2.24

 

 

 

Wir ziehen den Hut! So viel Rationalität und Plausibilität verpackt in einer Jahreszahl überzeugt jeden. Es ist auch einfacher zu verstehen, als die rund 400 Seiten an Begründungen, die die erste Version des Rahmenlehrplans der Schweizer Gymnasien beinhaltete. Immerhin konnte man das neue Beglückungsprogramm der EDK auf 130 Seiten herunterhandeln.

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„Medien strukturieren unsere Wirklichkeitserfahrung.“[1] Von der Schrift über Gutenbergs Buchdruck bis zu Web&App verändern (anfangs immer) „neue“ Medien kommunikative und soziale Strukturen. Aktuell sind für viele Menschen mobile Endgeräte, Web und Apps das „Fenster zur Welt“ – allerdings um den Preis des permanenten Rückkanals für personalisierte Daten[2]. Aus einer technischen Infrastruktur zur Datenübertragung, Kommunikation und Kriegsführung (!) wird ein Kontroll- und Steuerungsinstrument für die Zivilgesellschaft.[3] Weder der „unbeschränkte Digitalkapitalismus nach amerikanischem Vorbild“ noch die „orwellianische Staatsüberwachung“ wie in China[4] sind eine Option für Europa, schon gar nicht für Bildungseinrichtungen. Doch der dominante, vor allem manipulative Einfluss medialer, meist audiovisueller Kommunikation per Web ist als Teil heutiger Lebenswirklichkeit ein notwendiges Thema im Unterricht. Dabei sind Gestaltungsfächer ideal dafür geeignet, übergreifende Bildungsziele wie (Medien-)Mündigkeit, Reflexionsvermögen und Selbstverantwortung zu vermitteln, weil durch die Analyse medialer Artefakte und eigene Gestaltungspraxis der Wechsel von einer passiven Konsumhaltung in den aktiven, diskursiven und emanzipierenden Gestaltungsmodus gelingt.

Ein Kommentar

  1. Unsere Vorfahren haben es nicht gecheckt. Das waren alles «Tubels». So zumindest scheint der heutige Grundsatz zu sein. Nur das Neue scheint richtig zu sein. Im Bezug auf den Lehrplan 21 haben wir das bereits umfassend erlebt – schade, dass es auf Gymistufe auch so gesehen wird. Wir bräuchten mehr antiquarisches oder «brockhäusersches» Denken im Bildungswesen. Die grossen Bildungsdefizite unserer Kinder hätten uns doch längst die Augen öffnen sollen.

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