21. November 2024

1 Jahr Condorcet – Gute Leute muss man haben!

Alain Pichard, einer der massgeblichen Initiatoren des Condorcet-Blogs, zieht nach einem Jahr Bildungsblog-Arbeit Bilanz und stellt fest: Es macht Spass! Yasemin Dinekli führt das Gespräch mit dem schweizweit bekannten Lehrer aus Biel.

Yasemin Dinekli, Gymnasiallehrerin in Zürich, anfangs Lektorin, nun Redaktionsmitglied, führte das Interview.

Condorcet:

1 Jahr Condorcet. Was geht dir dabei spontan durch den Kopf?

Pichard:

Gemischte, ja widersprüchliche Gefühle bestimmen derzeit meine Gemütslage. Einerseits Stolz auf das Erreichte, andererseits aber auch Sorgen, was die weitere Zukunft betrifft.

Condorcet:

Warum Sorgen und nicht nur Stolz? Die hochgesteckten Ziele wurden doch erreicht. Statt 5000 Leserinnen und Leser haben 15’000 schon ein bis mehrere Male in den Blog geschaut, die Kasse ist gefüllt, 200 bis 400 Leute lesen den Blog täglich, der Zuspruch ist gross, die Medien nehmen ihn zunehmend zur Kenntnis.

 

Pichard

Alain Pichard. Lehrer Sekundarstufe 1, Orpund (BE): Die Verantwortung wächst.

Ja, ja, das stimmt ja schon. Aber mit dem unerwarteten Erfolg kommt auch eine grössere Verantwortung. Ich spüre täglich einen gewissen Druck, schaue viel zu viel auf die Klicks und komme kaum mehr dazu, all die Mails und Anfragen zu beantworten. Es sind immer noch relativ wenige Leute, die diesen Blog wirklich tragen. Gerade während der Coronazeit, also während des aufwändigen Fernunterrichts, konnten wir den Blog kaum noch ordentlich betreiben. Die angebotenen Artikel haben sich gestaut, die Autorinnen und Autoren keine Eingangsbestätigung mehr erhalten und auch die Redaktion kam mit dem Lesen der eingehenden Artikel nicht mehr mit.

Condorcet

Du siehst also das Problem nicht im Mangel an Artikeln und Autoren, sondern in deren redaktioneller Bearbeitung und Aufschaltung?

Pichard

So ist es.

Condorcet

Der einjährige Geburtstag ist eine Gelegenheit, einen Blick zurück in die Entstehungsgeschichte des Blogs und auf die Arbeitsweise zu werfen. Dabei möchte ich betonen: Ohne deine Initiative und deine Hartnäckigkeit wäre der Blog nicht zustande gekommen. Und auch in der Redaktionsarbeit ist es so. Die Hauptlast liegt derzeit bei dir: die Kontakte zu den Autoren, die Vorauswahl geeigneter Artikel, die Kommunikation mit der Redaktion, Bildauswahl und Textgestaltung, die Beantwortung positiver oder kritischer Zuschriften. Nicht zuletzt ist deine Arbeit als Autor etlicher Beiträge zu erwähnen und die herrliche Idee, deine Schüler immer wieder Artikel schreiben zu lassen. Ohne dein enormes Engagement wäre der Blog nicht, was er ist. Wann genau ist die Idee dazu entstanden?

Pichard

Im August 2017 trafen sich Urs Kalberer, der Betreiber des Bildungsblogs «Schule-Schweiz», Allan Guggenbühl, Lutz Wittenberg und drei weitere Personen in Zürich. Unsere Idee war es ursprünglich, einen alternativen Lehrerverein zu gründen. Damit wären aber auch unsere Kräfte an zahlreiche administrative Aufgaben gebunden gewesen, die Verbandsarbeit so mit sich bringt. Unser Hauptziel war es vor allem, die reformkritischen Kräfte zu bündeln und eine echte Debattenkultur wiederzubeleben. Einen Blog zu gründen, fanden wir, gäbe uns mehr Freiheiten und würde schweizweit ein Forum für die Diskussion bieten.

Condorcet

Nach all den Abstimmungsniederlagen war das eigentlich keine naheliegende Option …

Pichard

Vielleicht nicht auf den ersten Blick, doch es gab eine stattliche Anzahl kluger Köpfe in verschiedenen Vereinigungen: Neben den Komitees, welche die Initiativen lanciert hatten, gab es das FACH (eine Vereinigung der Gymnasiallehrer), das linke Denknetz, die Gesellschaft  für Bildung und Wissen (GBW), unseren Einspruch-Verein, den sehr kritischen Lehrerverein des Kantons Baselland und zahlreiche unabhängige Denker, die sporadisch für unsere Ideen eintraten. All diese Leute wollten wir «bündeln», zusammenbringen.

Condorcet

Angesichts der immensen Anzahl von Webseiten, die es bereits gibt, ist die Gründung eines Blogs nicht unbedingt eine originelle Idee. Was hat dich persönlich davon überzeugt, dass der Blog der richtige Weg ist, diese Ziele zu erreichen?

Pichard

Man könte sagen, auf einen Blog hat nun niemand wirklich gewartet. Aber er hat grosse Pluspunkte. Er lässt sich mit relativ wenig Geld verwirklichen, erlaubt einen direkten Draht zu unseren «Usern» und kann neben den genannten Zielen auch die Funktion eines «Lagerfeuers» ausüben. Man trifft sich, berät sich miteinander, streitet um die Sache und generiert neue Ideen.

Condorcet

Wie entfacht man ein solches «Lagerfeuer»?

Treffen am Bielersee, Januar 2018.

Pichard

Bei unserem Treffen am 5. Januar in Biel wurde es konkret. Dort trafen sich neben uns beiden Urs Kalberer, Beat Kissling und Georg Geiger. Schon ein halbes Jahr später luden wir zu einer Gründungsversammung in Olten ein.

Concorcet

Die fand am 16. Mai 2018 statt. Es kamen über 50 Personen.

 

Pichard

Oltener Tagung, Mai 2018: Es kamen sehr viele Leute.

Fast alles, was Rang und Namen hatte, wie man so schön sagt. Professor Dr. Herzog aus Bern und Roger von Wartburg, der Präsident des Lehrervereins des Kantons Baselland, hielten die Gastreferate.

Condorcet

Es war auffällig, dass sich in Olten pointiert linke und stark konservative Persönlichkeiten begegneten.

Aber mit der Zeit sollte genau das unser Markenzeichen und eine besondere Stärke des Blogs werden. Er wird von linken, liberalen und konservativen Kräften gemeinsam betrieben.

Pichard

Es war nicht immer leicht, eine solche Truppe zusammenzuhalten. Aber mit der Zeit sollte genau das unser Markenzeichen und eine besondere Stärke des Blogs werden. Er wird von linken, liberalen und konservativen Kräften gemeinsam betrieben.

Condorcet

Wie gelingt das, wenn man sieht, wie unversöhnlich sich diese Kräfte sonst gegenüberstehen?

Pichard

Das hat viel mit unseren Vorbildern zu tun, dem Ehepaar der Aufklärung Sophie und Jean-Marie de Condorcet. Der Blog soll dem Diskurs dienen. Wir haben keine linientreuen Ideologen, sondern kluge Köpfe und gute Autorinnen gesucht und gefunden. Wichtig ist, dass wir hart diskutieren, aber auch einstecken können und auf persönliche Diffamierungen und Unterstellungen verzichten.

Condorcet

Und das funktioniert?

Philipp Loretz, Lehrer Sekundarstufe 1, Vorstandsmitglied des lvb: Brachte das “perspektivische Sehem” in das Selbstverständnis des Blogs.

Pichard

Sagen wir mal so: Es knirschte ab und zu im Gebälk, aber gerade der Diskursgedanke und die Überzeugung, dass jedes Sehen auch ein perspektivisches Sehen ist, hat mit der Zeit den Geist dieses Blogs geprägt und verhilft ihm zu seiner besonderen Ausstrahlung.

Condorcet

Nietzsches Begriff vom «perspektivischen Sehen», den Redaktionsmitglied Philipp Loretz eingebracht hat, ist anfangs nicht auf ungeteilte Zustimmung gestossen. Es kam der Vorwurf, darin läge ein Bekenntnis zum Konstruktivismus.

Pichard

In der Tat. Es löste eine der typischen Diskussionen aus, wie sie auf unserem Blog immer wieder stattfinden. Gegensätzliche Auffassungen, unterschiedliche Interpretationen und gegenseitiges Zuhören. Das ist viel anregender als die Echokammern in den verschiedenen Internetblasen.

Condorcet

Was war für dich die schwierigste Diskussion auf dem Blog?

Die Klimadebatte im Condorcet-Blog löste heftige Emotionen aus.

Die Klimadebatte war am heftigsten.

Pichard

Ganz klar die Klimadebatte. Der Artikel von Professor Dr. Bandelt, in dem er den Klimadiskurs als unwissenschaftlich erachtet, hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Es gab etliche Kommentare und Repliken, welche die Stimmung hochgehen liessen. Der Spalt ging mitten durch die Redaktion.

Condorcet

Wie geht man damit um, damit so ein Streit der Positionen nicht zu einem Bruch führt?

Pichard

Neben dem komplexen Thema der Bildung gibt es eben auch noch andere gesellschaftliche Themen, die die Menschen im hohen Masse bewegen. Die Klimadebatte ist so ein Thema, das sehr emotionalisiert diskutiert wird. Das haben wir zu spüren bekommen. Unser Blog war noch zu fragil, um einen solchen Streit in geordnete Bahnen zu lenken, will heissen, so zu führen, dass die Lager besonnen miteinander diskutieren konnten. Ich musste Kommentare zurückweisen, die Aufschaltung und Ablehnug erklären und immer wieder vermitteln. Schliesslich haben wir den Diskurs dann eingestellt. Man muss aber auch festhalten, dass die Nutzerzahlen damals stark in die Höhe geschossen sind.

Condorcet

Auf der Oltener Tagung wurde auch die Finanzierung des Blogs geplant. Ein Spendenaufruf bildete den Auftakt. Kannst du uns etwas zum derzeitigen Stand sagen?

Pichard

Die Erstellung der Homepage wurde mit 15’000 Fr. veranschlagt. Versand, Tagungen, Mieten für Sitzungsräume, Honorare für die Gastreferenten usw. haben wir grosszügig noch einmal mit 5’000 Fr. veranschlagt. Kurz, wir hatten uns das Ziel gesetzt, in 4 Monaten 20’000 Fr. zu sammeln.

Condorcet

Nun, es wurden sogar 23’000 Fr. Aber es gibt keine Löhne oder Entschädigungen.

Pichard

Administrator, Graphiker und Fotografen werden bezahlt. Sonst können wir noch keine Löhne bezahlen.

Kim Thurnherr erstellte unsere Homepage. Er erweist sich als ein Glücksfall.

Condorcet

Ein Glücksfall war insbesondere die Firma KDT-Solutions GmbH des jungen Kim Thurnherr.

Pichard

Kim Thurnherr wurde uns von Philipp Loretz empfohlen und setzte sich schliesslich gegen andere Offerten durch. Er erstellte uns den Blog für einen Bruchteil des veranschlagten Betrags. Das gab uns einen gewissen Spielraum. Er ist phänomenal: immer da, wenn man ihn braucht, und ein absoluter Profi auf seinem Gebiet.

Condorcet

Der Name des Blogs gibt immer noch zu reden. Zunächst war er ja nur als Arbeitstitel gedacht. Viele können sich unter Condorcet immer noch nicht viel vorstellen. Vor kurzem meinte eine Leserin gar, damit seien die Flügel des Condors gemeint. Du hast dich von Anfang an dafür eingesetzt, dass er unser Markenzeichen werden könnte.

Jean-Marie de Condorcet 1742 – 1794

Pichard

Ich selber war im Sommer 2017 bei Prof. Dr. Schneuwly in Genf zu Gast, einem französischsprachigen Kritiker der Kompetenzorientierung und auch des Deutschschweizer Lehrplans 21. Anlässlich unseres Treffens erzählte er mir von Jean-Marie Condorcet, der in der Westschweiz, vor allem aber in Frankreich eine vergleichbare Bedeutung hat wie Pestalozzi bei uns. Er gab mir eine Lektüre mit, und damit war der Funken übergesprungen. Ich kannte Condorcet und seine Gattin Sophie überhaupt nicht. Er ist in der Deutschschweiz erstaunlicherweise völlig unbekannt, obwohl er eine immense Bedeutung bei der Entstehung unseres Schulsystems in der Helvetischen Republik hatte. Eine Aussage von ihm hat sich tief in mir verankert: Schule dürfe keine Meinungen zu erzeugen suchen. Er unterschied deutlich die Begriffe “éducation”, die er der Familie zuordnete und “instruction”, wo er die Schule in Verantwortung sah.

Condorcet

Du hast uns sein Gedankengut nähergebracht, indem du eine Reihe von imaginären Gesprächen mit dem Mathematiker und Philosophen Condorcet verfasst und im September vergangenen Jahres auf dem Blog aufgeschaltet hast. Den Leserinnen und Lesern, die mit dem Namen bis heute noch nichts anzufangen weiss, kann ich diese Gespräche sehr empfehlen. Wie kam es nun dazu, dass sich der Name bei den Bloggründern durchgesetzt hat?

Prof. Dr. Bernard Schneuwly, Genf. Sein Referat über Condorcet überzeugte.

Pichard

Es gab zunächst keine überzeugende Alternative. Es fand sich einfach kein passenderer Name. Mein Freund und Mitstreiter Georg Geiger und Regula Stämpfli setzten sich schliesslich dafür ein, dass Condorcet den Namen unseres Blogs erhält. Der Auftritt von Bernard Schneuwly an unserer Gründungsversammlung hat schliesslich die Mehrheit überzeugt. Er hielt ein faszinierendes Referat zu Jean-Marie de Condorcets Denken und Wirken. Und der Name des Blogs verpflichtet uns genau diesem Gedankengut. Die Namenswahl birgt auch das Anliegen, diesen Philosophen und dessen Frau Sophie in der Deutschschweiz bekannt zu machen.

Condorcet

Es fällt auf, dass der Blog sehr vernetzt ist. Die Komitees der “Starken Schule” sind eingebunden wie auch ausländische Thinktanks.

Diane Ravitch, USA: Der Condorcet-Blog ist im ständigen Kontakt.

Pichard

Die Vernetzung ist sehr wichtig. Ein grosser Schachzug war die Zusammenarbeit mit Diane Ravitch aus den USA. Er hat uns viel Renomee eingebracht. Und ausserdem haben wir durch die Zusammenarbeit mit der GBW einen eklatanten Zuwachs an sehr guten Autoren aus Deutschland erhalten.

Condorcet

Was steht in den kommenden Wochen und Monaten an? Du sagst, die Situation sei immer noch fragil.

Pichard

Der Blog ist keineswegs gesichert. Wir setzen uns immer Business-Ziele. Bis jetzt haben wir sie erreicht. Wir sollten 20’000 Fr. pro Jahr einnehmen und uns stärker professionalisieren. Das heisst, wir sollten 400 Leute finden, die eine Patenschaft von 50 Fr. übernehmen. Diese ermöglichen, dass jede und jeder den Blog gratis lesen kann. Eine Sekretärin haben wir bereits angestellt. Wir müssen die Chefredaktionsarbeit und die Herstellung des Blogs entschädigen. Wir müssen mehr Frauen und mehr Eltern als Autoren gewinnen. Wir müssen eigene Filme produzieren, mehr Interviews machen, mehr Recherche betreiben. Wichtig ist aber immer die Bindung zu unseren LeserInnen. Wir bilden eine Gemeinschaft, die diskutiert, die sich etwas traut und sich auch selber etwas zumutet. Es ist der Widerspruch, der die eigene Position stärkt, nicht die ewige Bestätigung eigener Meinungen. Und natürlich hoffe ich, dass diese einmalige Allianz von linken, liberalen und konservativen Mitstreitern hält. Sie ist in dieser polarisierten Zeit eminent wichtig. Um sie beneiden uns vor allem unsere deutschen Mitstreiter.

Der Blog ist keineswegs gesichert.

Condorcet

Worin siehst du die inhaltlichen Ziele?

Professor Roland Reichenbach: Kritik heisst nicht einfach “Nein” sagen.

Pichard

Wir publizieren hier Texte, die es schwer haben, in den öffentlich-rechtlichen Medien und den Tageszeitungen veröffentlicht zu werden. Der Bildungsbegriff im Sinne von Condorcet und Humboldt bleibt unser Kernanliegen, und wir sind mehrheitlich sehr kritisch gegenüber den laufenden Reformen eingestellt. Unsere Autorinnen und Autoren schätzen die Werte der Aufklärung. Sie versuchen, populären Mythen auf den Grund zu gehen, und sind skeptisch gegenüber Ideologien. Sie misstrauen gewohnheitsmäßigen Prämissen und stellen grundsätzlich die Frage: „Stimmt das überhaupt?” Oder wie es Roland Reichenbach einmal formuliert hat: «Kritik heisst nicht einfach NEIN sagen, Kritik heisst zu prüfen, ob die Gründe für die Behauptungen triftig sind, ob sie stimmen.»

Condorcet

Gewinnt man damit Leserinnen und Leser?

Leser und Leserinnen gewinnt man mit Mut, Verstand, Formulierungsfreude und Originalität.

Pichard

Leser und Leserinnen gewinnt man mit Mut, Verstand, Formulierungsfreude und Originalität. Wir halten unsere Leser für klug und muten ihnen daher auch andere Meinungen zu. Wir suchen den Widerspruch, weil wir auch unsere eigenen Positionen immer wieder hinterfragen wollen.

Condorcet

Kritiker des Blogs halten ihn generell eher für einseitig.

Pichard

Das mag stimmen. Das liegt aber daran, dass wir noch zu wenig Leute haben, die sich wagen, ihre Argumente mit den unsrigen zu messen. Diffamieren und Verschweigen geht nicht mehr. Allerdings muss ich betonen, dass es viele Leute auf der sogenannten «Gegenseite» gibt, die sehr ehrenwerte Ziele verfolgen und auch gute Argumente haben. Ihnen wollen wir Platz bieten.

Condorcet

Wie beurteilst du die Zusammenarbeit in der Redaktion?

Pichard

Unter den sieben Leuten sind glücklicherweise auch zwei Frauen. Ich finde, wir sind eine coole Truppe, ausserordentlich tolerant und eben auch herrlich streitlustig.

Ralph Fehlmann: ein strenger Stilist und Kritiker.

Condorcet

Als Mitglied dieser Redaktion kann ich das bestätigen. Genau das gefällt mir. Doch manche Meinungsverschiedenheiten machen die Entscheidung, einen Text zu veröffentlichen, auch schwer.

Pichard

Wenn man Stilisten wie Felix Hoffmann und den pensionierten Germanisten Ralph Fehlmann in seinen Reihen hat, ist der Konflikt vorprogrammiert. Ralph ist ein unerbittlicher und genauer Textkritiker.

Condorcet

Und die eigene Haltung spielt bei der Zulassung eines Artikels ja auch eine Rolle?

Pichard

Natürlich, aber in der Diskussion lässt sich das meist klären. Häufig entscheiden wir uns bewusst für die Veröffentlichung von Artikeln, deren Meinung wir mehrheitlich nicht teilen, in der Hoffnung, dass eine polarisierende Position auch Repliken hervorbringt.

Condorcet

Apropos Mehrheitsentscheide: Wie häufig kommt es zu knappen Entscheiden?

Pichard

Es gibt mehr, als man denkt. Bei der Klimadebatte stand es oft 3 zu 4!

Condorcet

Wie viele Artikel wurden abgelehnt?

Pichard

Ich denke, es werden so 30 Artikel gewesen sein, die wir nicht publiziert haben, also ca 10%. Dazu muss man sagen, dass viele Artikel überarbeitet oder gekürzt, also von uns redigiert werden, bevor wir sie aufschalten.

Condorcet

Hast du keine Motivationsprobleme angesichts der vielen investierten Stunden pro Woche?

Pichard

Mir macht die Arbeit immer noch Spass. Und es ist ein grosses Privileg, die Texte so guter Autorinnen und Autoren zu lesen, mit ihnen zu kommunizieren, sie zu treffen, mit ihnen zu diskutieren. Ich persönlich profitiere ungemein davon. Es ist halt so: Gute Leute muss man um sich haben!

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