Der Autoritätsverlust (der Lehrkräfte, Anm. Redaktion) hat für die Studierenden zur Folge, dass die Lehrperson als alleiniger Adressat der eigenen Leistungen nicht mehr in der Lage ist, den Ehrgeiz in hinlänglicher Weise anzustacheln. An ihre Stelle muss eine andere Instanz treten, die sie zu Höchstleistungen motiviert. Der unfassbare, unkörperliche, unendliche gleichsam sakrale Raum des Internets kann diese Stelle übernehmen. Wer sich heute diesem Raum universeller Aufmerksamkeit überantwortet, hat ein ähnliches Gefühl, wie jemand, der in früheren Zeiten den Gottesdienst oder die Beichte besuchte. In beiden Fällen sieht man sich sozusagen dem Absoluten gegenüber. Der Priester bzw. die Lehrperson fungieren dabei als Sachwalter und Stellvertreter des Absoluten. (…) Wer ein Gebet zum Himmel sendet oder einen Instagram-Post veröffentlicht, tut dasselbe: Er interagiert mit dem Absoluten, unwiederbringlich und radikal offen. Und wird erst dadurch zu der Person, die er ist.
Beat Knaus, phil lic. I, unterrichtet Deutsch und Theater an der neuen Kantonsschule Aarau. Das Zitat stammt aus einem längeren Beitrag, der in der Fachpublikation für zeitgemässen Deutschunterricht, «Neuland Digitalisierung» erschienen ist.