LCH - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Tue, 02 Apr 2024 08:39:43 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png LCH - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Der LCH gibt die Briefmarken ohne Zusatz heraus! https://condorcet.ch/2024/04/der-lch-gibt-die-briefmarken-ohne-zusatz-heraus/ https://condorcet.ch/2024/04/der-lch-gibt-die-briefmarken-ohne-zusatz-heraus/#comments Tue, 02 Apr 2024 08:39:43 +0000 https://condorcet.ch/?p=16369

Der gestern aufgeschaltene Beitrag über das 150-jährige Jubiläums Briefmarkenset des LCH war ein klassischer Aprilscherz. Die Tatsache, dass fast alle Kommentatoren darauf hereingefallen sind, lässt allerdings tief blicken.

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Dieser Zusatz ist ein Fake!

Die Reaktionen waren teilweise heftig und fast bekamen wir von der Redaktion weiche Knie wegen unseres 1. April-Scherzes. Der LCH wird das Briefmarken-Set selbstverständlich ohne den Zusatz «Ohne Selektion und ohne Noten» herausgeben. Immerhin müssen wir feststellen, dass  den Leitungsgremien des Dachverbandes für Lehrerinnen und Lehrer Schweiz der von uns herbeigedichtete Zusatz ohne Weiteres zugetraut wird.

Und natürlich wollen wir es hier nicht unterlassen, dem LCH für seine Briefmarkenoffensive zu gratulieren. Möge dieses 150-Jahre-Jubiläum auch Anlass dafür sein, zu überlegen, wie man die Volksschule vom Kopf wieder auf die Füsse stellen kann.

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150 Jahre Volksschule – Reformzusatz https://condorcet.ch/2024/04/150-jahre-volksschule-reformzusatz/ https://condorcet.ch/2024/04/150-jahre-volksschule-reformzusatz/#comments Mon, 01 Apr 2024 08:53:37 +0000 https://condorcet.ch/?p=16356

Ab Mai ist bei der Post eine Briefmarke erhältlich, die an den 150. Geburtstag der Schulpflicht erinnert. Entstanden ist sie auf Initiative des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH. Die Intrinsic Kleinaktionäre und die Spitze des Verbandes Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz VSLCH freuen sich über das zusätzliche Briefmarkenset «Reform plus».

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Kürzlich meinte die Verbandspräsidentin des LCH, Dagmar Rösler, dass «Schulnoten nicht mehr zeitgemäss» seien. Dies hat sich nun auch in der Gestaltung des Briefmarkensets «150 Jahre Volksschule» niedergeschlagen, die der LCH in Zusammenarbeit mit der Post ab Mai 2024 herausgibt. Man kann das Set auch mit dem Zusatz «Schluss mit Noten und Selektion» erwerben.

Aktion des LCH: Wir gestalten auch die Zukunft!

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“Die gegenwärtige Reformdiskussion geht an den realen Problemen der Volksschule vorbei” https://condorcet.ch/2024/03/die-gegenwaertige-reformdiskussion-geht-an-den-realen-problemen-der-volksschule-vorbei/ https://condorcet.ch/2024/03/die-gegenwaertige-reformdiskussion-geht-an-den-realen-problemen-der-volksschule-vorbei/#respond Sat, 23 Mar 2024 13:54:17 +0000 https://condorcet.ch/?p=16254

Während einer halben Stunde tauschten sich Lukas Leuzinger, Redakteur des Schweizer Monats und Alain Pichard, Condorcet-Autor und Sekundarlehrer und Grossrat über die derzeitigen Schuldebatten aus. Dabei ging es um Antisemitismus, Lehrkräftemangel und die medial inszenierte Reformdebatte.

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Traf der Loretz (auf) den Wampfler • Nachwehen eines Editorials https://condorcet.ch/2023/12/traf-der-loretz-auf-den-wampfler-nachwehen-eines-editorials/ https://condorcet.ch/2023/12/traf-der-loretz-auf-den-wampfler-nachwehen-eines-editorials/#comments Thu, 28 Dec 2023 16:07:43 +0000 https://condorcet.ch/?p=15551

Vor einigen Wochen gingen in diesem Blog die Wogen hoch, als sich der Präsident des lvb, Philipp Loretz, und der Fachdidaktiker Philippe Wampfler einen Diskurs über den Sinn der Digitalisierung unseres Unterrichts lieferten. Roger von Wartburg fasst ihn zusammen und ordnet ihn ein.

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Das Editorial des «lvb inform» aus der Feder von LVB-Präsident Philipp Loretz trug den Namen «Schulische Digitalisierung bedarf der Reflexion» [1] und rief dazu auf, die stetig anwachsende digitale Vereinnahmung von Schülerinnen und Schülern – mittlerweile bis auf die Unterstufe hinab – kritisch zu hinterfragen und einem pädagogischen Konzept unterzuordnen. In der Folge löste besagtes Editorial kontroverse Debatten im Internet aus. Dieser Artikel liefert hierzu einen kurzen Überblick und bietet Interessierten die Möglichkeit, via QR-Codes die aufschlussreichen Kommentare nachzulesen.

Roger Von Wartburg, Sekundarlehrer, ehemaliger Präsident des lvb: Das lvb-Inform hat Wirkung.

Facebook und Wampfler

Ihren Anfang nahm die Kontroverse in der Facebook-Gruppe «Lehrerinnen und Lehrer Schweiz», die von der früheren LCH-Vizepräsidentin Marion Heidelberger administriert wird und über 6000 Mitglieder zählt. Dort repostete die Administratorin einen Post von Gymnasiallehrer und Fachdidaktiker Philippe Wampfler, in dem dieser verkündete, Schulen müssten einen Unterricht anbieten, der in eine Kultur der Digitalität passe.

Philippe Wampfler ist seit einigen Jahren medial sehr präsent und wird von verschiedenen Zeitungen und anderen Medien gerne als Experte für Bildungsfragen hinzugezogen, nicht zuletzt im Themenkomplex Digitalität. Aber auch zu anderen Fragen äussert sich Wampfler pointiert; so hat er etwa im Jahr 2021 zusammen mit Björn Nölte das Buch «Eine Schule ohne Noten» publiziert, dessen Titel Programm ist.

Loretz wirft ein

Philipp Loretz nahm Philippe Wampflers Äusserung zum Anlass, um einige Kernelemente seines Editorials ins virtuelle Rund zu werfen. Er verwies u.a. auf Befunde, wonach der permanente Einsatz digitaler Werkzeuge zu starker Ablenkung, einer Schwächung der Konzentrationsfähigkeit, einer Behinderung des Arbeitsgedächtnisses und damit zu einer markanten Verschlechterung der Lernleistung führe. Aus diesem Grund votiere er für klare IT-Nutzungsregeln, die sich an der geistigen und körperlichen Unversehrtheit der Schülerinnen und Schülern orientierten. Den Einsatz von iPads bereits in der Basis- und Unterstufe sieht er sehr kritisch.

Philippe Wampfler reagierte umgehend und warf Loretz eine «eigenwillige Auswertung der Studien» vor. Eine Reflexion müsse «mehr sein als eine Ablehnung». Loretz seinerseits antwortete ebenfalls und das Ganze ging munter hin und her – und weckte das Interesse des Bildungs-Blogs www.condorcet.ch, zu dessen Autorenteam Philipp Loretz zählt. Condorcet übernahm die Debatte aus der Facebook-Gruppe auf die eigene Website, was weitere Kommentare hervorrief. [2]

Condorcet und Hoffmann

Das langjährige LVB-Mitglied Felix Hoffmann, seines Zeichens ebenfalls Teil des Condorcet-Autorenteams, sah sich veranlasst, eine Replik auf den Austausch zwischen Wampfler und Loretz [3] zu verfassen, die auf www.condorcet.ch veröffentlicht wurde. Hoffmann ging darin mit Wampfler ins Gericht und warf ihm vor, seine Unterstellungen an Philipp Loretz’ Adresse nicht zu begründen, sondern mit Allgemeinplätzen um sich zu werfen.

«Schreiben, was ist», lautete das Motto von SPIEGEL-Gründer Rudolf Augstein. Diesem Credo fühlt sich auch der LVB seit jeher verpflichtet.

Diese Replik wiederum zog diverse neue Kommentare nach sich – nicht zuletzt von Philippe Wampfler selbst, aber auch von anderer Seite. Frei nach Mani Matter: Da mischte der (virtuelle) Saal sich ein. Wer sich ein Bild davon machen will, ist dazu herzlich eingeladen; die QR-Codes führen Sie an die entsprechenden Stellen.

Dem Diskurs verpflichtet

Das Gelbe Heft lebt!

Eines jedoch wurde einmal mehr eindrücklich unter Beweis gestellt: Artikel aus dem «lvb inform» zeitigen immer wieder Wirkung. Manchmal werden sie in Zeitungen aufgenommen, von Landratsmitgliedern in den politischen Debatten zitiert oder – wie im vorliegenden Fall – im Internet heiss diskutiert.

Wir werden alles dafür tun, dass das auch in Zukunft so bleibt. Indem wir ganz bewusst auch heisse Eisen aufgreifen und die redensartlichen Elefanten im Raum, welche an vielen Orten gerne dauerhaft ausgespart werden, thematisieren. «Schreiben, was ist», lautete das Motto von SPIEGEL-Gründer Rudolf Augstein. Diesem Credo fühlt sich auch der LVB seit jeher verpflichtet.

 

[1] Schulische Digitalisierung bedarf der Reflexion, lvb inform 2023/24-01
https://lvb.ch/2022/wp-content/uploads/2023/10/02_Editorial-Schulische-Digitalisierung-bedarf-der-Reflexion_lvb-inform_23-24-01-1.pdf

[2] Digitalisierung: Wie weit soll sie gehen?
https://condorcet.ch/2023/10/digitalisierung-wie-weit-soll-sie-gehen/

[3] Eine Replik auf den Austausch zwischen Wampfler und Loretz, https://condorcet.ch/2023/10/eine-replik-auf-den-austausch-zwischen-wampfler-und-loretz/

 

 

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Die Stellungnahme des LCH zu KV-Reform – Immer ein bisschen dafür und ein bisschen dagegen https://condorcet.ch/2021/06/die-stellungnahme-des-lch-zu-kv-reform-immer-ein-bisschen-dafuer-und-ein-bisschen-dagegen/ https://condorcet.ch/2021/06/die-stellungnahme-des-lch-zu-kv-reform-immer-ein-bisschen-dafuer-und-ein-bisschen-dagegen/#respond Sun, 06 Jun 2021 18:22:04 +0000 https://condorcet.ch/?p=8732

Die Stellungnahme des LCH zur KV-Reform (https://www.lch.ch/aktuell/detail/kv-reform-2022-ja-aber) erinnert unseren Condorcet-Autor Alain Pichard an das Lied seines Jugendidols Franz-Josef Degenhardt. Die Metapher "Notar Bolamus" passt verblüffend gut zum LCH.

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Franz-Josef Degenhardt, Liedermacher, Kommunist: Wollen wir da wohnen?

Ob Lehrplan 21, Frühfranzösisch, Integrationsartikel oder aktuell die KV-Reform, die Stellungnahmen des LCH zu bildungspolitischen Reformvorschlägen gleichen sich wie ein Ei dem anderen und erinnern mich immer wie mehr an das Lied des deutschen Liedermachers Franz-Josef Degenhardt (1931 – 2011) «Notar Bolamus».

 

 

 

Ausschnitt:

Ja, der alte Notar Bolamus, der hat das richt’ge Rezept

Wie man so alt wie er wird und immer noch weiterlebt

Und er erzählt es am Stammtisch auch jedem, der’s hören will:

“Das ist es”, sagt er, “alles ganz einfach, mit Maß und mit Ziel

Und niemals, Verehrtester, irgendwas übertreiben

Dann wird jedes Organ und alles in Ordnung bleiben!

Dann wird jedes Organ und alles in Ordnung bleiben!”

Ja, der alte Notar Bolamus hat so gelebt, wie er sagt

Hat ein bisschen geraucht und getrunken,

Ein bisschen von allem genascht, ein bisschen an allem genagt

Ein bisschen geschafft,

Ein bisschen gezeugt, ein bisschen Vermögen gemacht

Und manchmal ist er am Morgen sogar ein bisschen erschrocken erwacht!

Ja, der alte Notar Bolamus hat nie etwas übertrieben

Und darum ist er auch bis heut’ so gesund geblieben!

Und darum ist er auch bis heut’ so gesund geblieben!

Ja, der alte Notar Bolamus, der hat sich gut durch die Zeit gebracht

Weil, er war immer ein bisschen dafür,

Und immer ein bisschen dagegen, und er gab immer acht!

“Nur Auschwitz”, sagt er, “das war ein bisschen zu viel!”

Und er zitiert seinen Wahlspruch: ‘Alles mit Maß und mit Ziel!’

Ja, sein Urteil war immer sehr abgewogen

Und darum ist er auch bis heute um nichts betrogen!

Und darum ist er auch bis heute um nichts betrogen!

Das Lied endet mit den Zeilen:

Und jetzt nehm’wer mal an,

Er kommt einmal dann doch zu dem, den er Herrgott nennt

Eine Mischung aus Christkind und Goethe und Landgerichtspräsident

Und dieser, der tät’ ihn schließlich auch noch belohnen

Mal ehrlich, Kumpanen, wer von uns möchte da wohnen?

Mal ehrlich, Kumpanen, wer von uns möchte da wohnen?

Metaphern sollten für sich sprechen. Dennoch ein kleiner Gedankenstupf: Wer den aktuellen Organisationsgrad der schweizerischen Lehrerinnen und Lehrer im LCH (Dachverband) betrachtet und ihn mit den 70er Jahren vergleicht, wird die Metapher verstehen.

 

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„Ja, aber“ ist keine brauchbare Haltung. https://condorcet.ch/2021/06/ja-aber-ist-keine-brauchbare-haltung/ https://condorcet.ch/2021/06/ja-aber-ist-keine-brauchbare-haltung/#comments Sun, 06 Jun 2021 13:19:56 +0000 https://condorcet.ch/?p=8724

Condorcet-Autor Hanspeter Amstutz hat die LCH-Stellungnahme (https://www.lch.ch/aktuell/detail/kv-reform-2022-ja-aber) gelesen und nervt sich nicht zum ersten Mal über die blutarme und wenig substantielle Analyse.

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Hanspeter Amstutz:
Donnerwetter wäre angezeigt gewesen.

„Ja, aber“ ist keine brauchbare Haltung in der Politik. Man signalisiert eigentlich Zustimmung und hofft gleichzeitig, noch ganz wesentliche Dinge eines Reformprojekts korrigieren zu können. Die neuste Medienmitteilung des LCH zur bedeutsamen KV-Reform glänzt einmal mehr durch nichtsagende Floskeln und eine unklare Botschaft.

Wer die Mitteilung gelesen hat, bleibt ratlos zurück. Dabei wäre ein eigentliches Donnerwetter des LCH zur Art und Weise, wie die Reformer mit der KV-Lehrerschaft umgegangen sind, absolut angebracht gewesen. Dass im Stil überwunden geglaubter Kabinettspolitik die Hauptakteure aus der Praxis bei der Konzeption des Reformvorhabens nicht dabei waren, ist ein starkes Stück. Allein schon diese Tatsache müsste bei einer Lehrerorganisation, welche die Interessen ihrer Mitglieder vertritt, zu einer geharnischten Reaktion führen.

Ohne gross mit der Wimper zu zucken stimmt der LCH auch der Schaffung eines Einheitsprofils zu.

Doch was lesen wir in der Pressemitteilung? Da ist primär von fehlender Zeit für die Umsetzung des Reformprojekts die Rede und ganz schüchtern werden ein paar kritische Punkte angesprochen. Statt klipp und klar zu sagen, dass die geplante Abwahlmöglichkeit bei den Fremdsprachen, der Verzicht auf einen systematischen Deutschunterricht und das Streichen des Fachs Wirtschaft und Recht die KV-Lehre stark abwertet, werden nur leise Bedenken geäussert. Ohne gross mit der Wimper zu zucken stimmt der LCH auch der Schaffung eines Einheitsprofils zu. Natürlich weiss man bei der Lehrerorganisation, dass mehr Heterogenität in der Ausbildung  zu einem Abbau der Unterrichtsqualität führt und fordert deshalb als Allheilmittel mehr Ressourcen.

Der eigentliche Skandal dabei ist, dass der LCH es akzeptiert, dass die Lehrpersonen erst in der Phase der Verputzarbeiten am neuen Reformgebäude zugelassen werden.

Dagmar Rösler, LCH-Präsidentin: Wenig Vertrauen in die eigene Durchschlagskraft.

Einmal mehr sollen die Lehrpersonen die Kastanien aus dem Feuer holen. Die Hoffnung, dass man bis am Ende alles noch zurechtbiegen kann, liegt in einer gross angelegten Weiterbildung der Lehrpersonen. Da sollen keine Mittel gescheut werden, um das ganze wirre Ausbildungskonzept allen schmackhaft zu machen. Der eigentliche Skandal dabei ist, dass der LCH es akzeptiert, dass die Lehrpersonen erst in der Phase der Verputzarbeiten am neuen Reformgebäude zugelassen werden. Wie viele engagierte Berufsschulpersonen sich da völlig vor den Kopf gestossen fühlen, scheint die Lehrergewerkschaft wenig zu kümmern. Der untertänige Hinweis am Schluss der Medienmitteilung über einen früheren Miteinbezug der Lehrpersonen ins Reformprojekt zeigt, wie wenig Schlagkraft sich unsere oberste Lehrerorganisation zutraut.

Die einzig brauchbare Antwort auf diese misslungene KV-Reform ist eine scharfe Zurückweisung des ganzen Projekts. Wir brauchen kein weiteres Flickwerk mehr. Die Erfahrungen in der Volksschule mit den ewigen Reform-Baustellen sprechen da eine deutliche Sprache. Der neue Lehrplan hält nicht, was er verspricht. Das zu mehr Heterogenität führende Integrationsmodell ist eine Dauerbelastung in den Klassen und die Zahl der Schulabgänger ohne ausreichende Deutschkenntnisse steigt.

Die institutionalisierte Kabinettspolitik unter weitgehendem Ausschluss der Schulpraktiker bei der konzeptionellen Bildungsentwicklung hat nicht zum ersten Mal versagt. Bei der KV-Reform hat diese Art des Umgangs mit der Lehrerschaft aber einen traurigen Höhepunkt erreicht. Die Wut beim Personal in den Berufsschulen ist gross.

Wir erwarten, dass der LCH diese Stimmung aufnimmt und endlich eine kämpferische Position einnimmt, welche der Bedeutung der Sache gerecht wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Schulreisen, die (leider!) nicht in die Tiefe führen https://condorcet.ch/2020/04/schulreisen-die-leider-nicht-in-die-tiefe-fuehren/ https://condorcet.ch/2020/04/schulreisen-die-leider-nicht-in-die-tiefe-fuehren/#comments Wed, 29 Apr 2020 04:16:06 +0000 https://condorcet.ch/?p=4775

Nur dank des Hinweises einer Kollegin hat sich Condorcet-Autor Georg Geiger das Schwerpunktthema „Bergbau“ in der März-Nummer des LCH-Organs „Bildung Schweiz“ genauer angeschaut. Dabei ist er auf erstaunliche historische Verdunkelungen gestossen.

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LCH-Hochglanzbroschüre: Es waren nicht alle Aspekte vermittelt.

Das Titelblatt der März-Ausgabe von „Bildung Schweiz“ zeigt drei Schüler, die mit roten Helmen in einem Bergwerkstollen Gesteinsproben betrachten. Dazu der Titel „Schulreisen, die in die Tiefe führen“. Im Editorial wird erläutert, weshalb sich die Redaktion diesem Schwerpunktthema widmet: „Zahlreiche der stillgelegten Bergwerke bieten nämlich die Möglichkeit, sie zu erkunden und dabei einiges über ihre Geschichte zu erfahren.“ Es werden nach einem Überblick über die Geschichte der Bergwerke in der Schweiz Reportagen aus den Eisenbergwerken Herznach und Gonzen sowie Berichte über das Salzbergwerk in Bex und die Goldmine in Gondo angekündigt.

 

Salzminen in Bex: Beliebtes Ausflugsziel.

Im geschichtlichen Überblick erfährt man, dass in der Schweiz bereits vor 3500 Jahren Erze und andere mineralische Rohstoffe im Bergbau gewonnen wurden und dass Eisenerz eines der am häufigsten abgebauten Erze in der Schweiz war. Im Mittelalter entwickelte sich die Eisenverarbeitung zu einem blühenden Wirtschaftszweig. Doch der enorme Holzbedarf und die Entwaldung führten in der Folge zu einem Rückgang des Abbaus von Eisenerz und der Verhüttungsanlagen. Die älteste schriftliche Erwähnung des Bergbaus im oberen Fricktal stammt aus dem Jahre 1207, doch bis zum Ende des 18.Jahrhunderts verlor der Eisenabbau enorm an Bedeutung. „Erst die Weltkriege zeigten, wie wichtig einheimische Rohstoffe waren. Um nicht völlig vom Ausland abhängig zu sein, erweckte man in dieser Zeit einige der früheren Bergwerke wieder zum Leben, so auch die alten Abbaugebiete im oberen Fricktal. 1920 wurde ein Versuchsstollen in Herznach angelegt und 1937 nahm das Bergwerk seinen Betrieb auf.“ Die Eisenerzgewinnung dauerte dann bis 1967. Weiter schreibt die Autorin Doris Fischer dazu in ihrem Text auf Seite 11: „Im Jahre 1941 förderten 139 Beschäftigte im Dreischichtbetrieb 211 783 Tonnen Erz, was die grösste Abbaumenge in der Geschichte der Mine war. Insgesamt lieferte das Bergwerk Herznach in den 30 Betriebsjahren etwa 1.7 Millionen Tonnen Erz, rund die Hälfte davon während des Zweiten Weltkrieges. Der grösste Teil des Eisenerzes konnte jedoch nicht in der Schweiz verhüttet werden, weshalb unser Land auf den Import von Eisen angewiesen war. Ein Abkommen mit Deutschland, gemäss dem die Schweiz den Rohstoff Eisenerz ins Ruhrgebiet schaffte und im Gegenzug vom grossen Nachbarn Rohstahl und andere Güter wie Braunkohle bezog, sicherte den Bedarf.“

Wer war der “grosse Nachbar”

Und da unterbreche ich als interessierter Geschichtslehrer die vielfarbige Reportage und ich werde stutzig. „Der grosse Nachbar“, damit ist doch das Naziregime von Hitler gemeint, mit dem die Schweiz offensichtlich auch im Handel mit Rohstoffen enge Verbindungen einging. Oder nicht? Doch dieser Aspekt wird so harmlos vermittelt, dass er kaum auffällt.

„Blütezeit“ des Bergwerkes Herznach während des Zweiten Weltkrieges

Auch in der anschliessenden Reportage über den Klassenausflug zum Eisenbergwerk Herznach erfährt man dazu kaum etwas Substantielles. Also gehe ich auf die Homepage www.bergwerkherznach.ch und stelle fest, dass auch dort nichts Genaueres über den Aspekt der wirtschaftlichen Kollaboration mit Hitler-Deutschland zu erfahren ist. Auch dort wird betont, dass die Schweiz nach dem Ersten Weltkrieg die Suche nach einheimischen Rohstoffen verstärkte, „um die Abhängigkeit vom Ausland zu mildern.“ Und so kam es dann zu dieser „Blütezeit“ des Bergwerkes Herznach während des Zweiten Weltkrieges. Ähnlich ist der Tonfall im Originalkommentar der aufgeschalteten Wochenschau vom 30.April 1943: „1937 wird das Bergwerk in Herznach eröffnet. Seine Blütezeit erlebte es während des Zweiten Weltkrieges. Im Jahre 1941 arbeiten rund 140 Männer in den Stollen, verstärkt durch 40 internierte Polen. Die Schweiz will sich selber mit Eisenerz versorgen.“ Die bewegten Bilder der Bergarbeiter, die in den Stollen fahren, werden mit rhetorischem Pathos unterlegt, wenn es heisst: „Ihre mühselige Arbeit ist ein wichtiger Beitrag zum Gedeihen unseres Landes.“

So also liegen die Dinge: Aus der wirtschaftlichen Kollaboration mit Nazi-Deutschland wird ein wichtiger Beitrag zum „Gedeihen unseres Landes“!

Die Schweizer Kollaboration mit dem Naziregime wird nicht thematisiert.

So also liegen die Dinge: Aus der wirtschaftlichen Kollaboration mit Nazi-Deutschland wird ein wichtiger Beitrag zum „Gedeihen unseres Landes“! In Ermangelung eigener Hochöfen begann eine intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem oberen Fricktal und dem Ruhrgebiet, die aber weder auf der Homepage noch im Artikel von Doris Fischer thematisiert wird.

 

Wer sich über die Aspekte der aussenwirtschaftlichen Verflechtungen der Schweiz im Zweiten Weltkrieg“ informieren will, dem empfehle ich als Einstieg, einen Blick in den Bergier-Bericht zu werfen, jenem „Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg“, veröffentlicht im Pendo-Verlag im Jahre 2002. Dort kann man im 4. Kapitel zum Verlauf der schweizerischen Wirtschaftsverhandlungen etwa erfahren, dass die Schweiz ihre wirtschaftlichen Beziehungen wie im Ersten Weltkrieg mit allen Ländern aufrechtzuerhalten versuchte. „Die Realität sah dann aber anders aus: Es kam zu einer massiven Verlagerung der Exporte nach Frankreich und Grossbritannien (etwas geringer bei den USA) zugunsten der Achsenmächte. Zwischen Juli 1940 und Juli 1944 waren Deutschland (und bis Mitte 1943 Italien) die mit Abstand wichtigsten Abnehmer schweizerischer Waren.“ Unter den Bedingungen des Weltkrieges wurde die Aussenwirtschaft zur Aussenwirtschaftspolitik und die Aussenpolitik zur Aussenwirtschaftspolitik.“

Der Bericht der Bergier-Kommission belegte die enge Kooperation der Schweiz mit den Achsenmächten.

Die Schweizer Behörden führten während des Krieges Verhandlungen, „die primär auf die Sicherstellung der Landesversorgung abzielten und gerade dadurch auch deutsche Forderungen erfüllen und den helvetischen Unternehmen entgegenkommen konnten.“ Doch der Bericht schwächt diese Aussage gleich  wieder etwas ab: „Die Tatsache, dass sich die schweizerischen Firmen bemühten, mit den neuen Herren Europas ins Geschäft zu kommen, darf nicht mit nationalsozialistischer Gesinnung gleichgesetzt werden. Ein Teil der schweizerischen Wirtschaftselite wies ideologische Affinitäten zum Ordnungsdenken sowie zum Antikommunismus des nationalsozialistischen Deutschland auf. Jedoch drücken sich in der Intensität des wirtschaftlichen Austausches nicht derartige Sympathien aus.“

Schaler Nachgeschmack

Was bleibt nach der Lektüre dieser Hochglanzbroschüre des LCH? Ein schaler Nachgeschmack, der von einer erstaunlichen Verharmlosung zeugt, die dazu führt, dass diese empfohlene Schulreise leider nur in die physischen, nicht aber in die historischen Tiefen der Schweizer Bergwerksgeschichte führt.

 

Georg Geiger

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Vom verführerischen Zaubertrunk des Vielen https://condorcet.ch/2020/01/vom-verfuehrerischen-zaubertrunk-des-vielen/ https://condorcet.ch/2020/01/vom-verfuehrerischen-zaubertrunk-des-vielen/#respond Fri, 17 Jan 2020 22:14:17 +0000 https://condorcet.ch/?p=3641 Wer die Politik des Schweizer Lehrerverbandes LCH verfolgt, könnte sich leicht verlieren. Sie ruft nach Einzelteilen, justiert im Partikularen und verlangt mehr Geld. Wo bleibt der pädagogische Blick aufs Ganze, fragt Condorcet-Autor Carl Bossard.

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Carl Bossard

„Weisheit entsteht, wenn wir das Ganze sehen.“ Mit dieser Mäuse-Moral schliesst das kleine Bilderbuch „7 blinde Mäuse“.[1] Wer die Bildungspolitik des Schweizer Lehrerverbandes LCH betrachtet, wird unwillkürlich an die Geschichte vom Elefanten und den blinden Mäusen erinnert. Sie ertasten nacheinander die verschiedenen Teile des mächtigen Dickhäuters. Das berührte Ding sei eine Säule; es sei eine Schlange, ein Speer, ein Seil, melden die blinden Tiere. Sie verheddern sich in Einzelaspekte. Erst die siebte Maus, die weise, erkennt das Ganze und verkündet: „Es ist ein Elefant!“

Die Reformära war durch das Prinzip der Addition geprägt,

 

Taugt das Allzuviele zum Ideal?

Die Teile und das Ganze! Der Blick in eine Schulklasse, die Konsultation eines Stundenplanes oder Jahresberichts, die Lektüre des Lehrplans 21: Das alles zeigt, aus wie vielen Teilen der kleine Kosmos einer Schule besteht. Doch wie gehören sie zusammen? Und wie viele Segmente sind zu viel? Wie viele Partikel sind Gift fürs Ganze? Diese Fragen stellte sich kaum jemand. Der Fokus galt einzig der Addition; so hiess das Zauberwort der vergangenen hektischen Reformära.

Konkret: zwei frühe Fremdsprachen, Lehrplan 21 mit zusätzlichen Fächern und Kompetenzen, Integration lernschwacher Schüler in die Regelklasse, zusätzliche sozialpädagogische Aufgaben. Dazu kommen die Digitalisierung und der Umgang mit Laptop und Tablet. Das alles bringt die Schulen vielerorts in Atemnot und an ihre Belastungsgrenzen. Das Boot ist schwer beladen.

Kein Gegenhalten des Lehrerverbandes

Der Schweizer Lehrerverband wirkte im Mainstream munter mit – immer im Gleichschritt mit der offiziellen Bildungs- und Reformpolitik der EDK, der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren – systemkonform. Wortreich drückte er sich um eine Position. Kaum ein Wort des Widerstandes, kaum ein bildungspolitisches Bedenken oder pädagogisches Gegenhalten, kaum eine Resistenz gegenüber einer Bildungspolitik, die sich von den pädagogischen Notwendigkeiten emanzipiert.

Der Schweizer Lehrerverband wirkte im Mainstream munter mit – immer im Gleichschritt mit der offiziellen Bildungs- und Reformpolitik der EDK, der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren – systemkonform.

Nur eines hörte man vom Lehrerverbandpräsidenten Beat W. Zemp mantramässig: „gute Gelingensbedinungen!“, sprich mehr Geld.

Im Gegenteil! Der Lehrer-Dachverband „profilierte“ sich in den letzten Jahren mit vielen Ansagen und Postulaten: Albanisch statt Frühfranzösisch, Hausaufgaben streichen, Fächer abschaffen in den oberen Klassen und stattdessen interdisziplinäre Projekte, alles eventartig organisiert und von den Schülern selbstverantwortet durchgeführt. Auf jede methodische „Innovation“ sprang der LCH auf, hechelte konzeptlos neuen pädagogischen Chimären hinterher, eilte von einer Hochzeit zur andern; so nahm man es als Aussenstehender wahr. Dass diese Fülle viele Kinder überfordere und die Zeit des Übens minimiere: Fehlanzeige! Nur eines hörte man vom Lehrerverbandpräsidenten Beat W. Zemp mantramässig: „gute Gelingensbedinungen!“, sprich mehr Geld.

Additive Fülle neuer Dringlichkeiten

Von der neuen LCH-Führung mit Dagmar Rösler hat man sich eine Konzentration auf das Wesentliche erhofft, ein pädagogisches Hinsteuern zum Individuum und Subjekt, die Fokussierung auf einen lernwirksamen Unterricht. Es wäre das Hineinzoomen in die Grundfrage, welche Kriterien schulische Bildung erfüllen soll. Es wäre der Blick aufs Ganze.

Doch kommt da nicht weiterhin vieles auf die Schulen zu? Einzelpostulat reiht sich an Einzelpostulat; formuliert hat die neue LCH-Präsidentin eine Fülle angeblicher Dringlichkeiten: Reduktion der Klassengrösse, Abschaffen der Noten in der Primarschule, Masterabschluss für Primarlehrerinnen und -lehrer statt Bachelor.

Offene Baustellen schliessen – mit Taten, nicht mit Worten

Statt einzelnen neuen Reformen nachzulaufen, wäre es für den LCH wohl lösungsorientierter, vorerst die eine oder andere Baustelle zu schliessen: Es ist ein deprimierendes Faktum, dass fast ein Viertel der Schweizer Jugendlichen nach der obligatorischen Schulzeit kaum lesen kann. „Diesen Jugendlichen fällt es schwer, eine berufliche Grundbildung abzuschliessen und sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, schreibt Prof. Urs Moser, Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich. Sprachförderung müsste oberste Priorität haben. Der Deutschunterricht ist zu intensivieren.

Der LCH hüllt sich in begriffliche Nebelschwaden.

Der LCH hüllt sich in begriffliche Nebelschwaden. Wenn jemand die entscheidende Frage stellen müsste, dann wäre es doch der Lehrerverband: Wie können wir das Ziel, verstehendes Lesen von Grund auf zu fördern und alle Kinder zu einem guten Leseverständnis zu bringen, mit den heutigen sehr heterogenen Klassen erreichen? Gelingt das überhaupt? Was ist zu tun? Niemand wagt die Frage.

Passepartout, die ewige Baustelle

Was fehlt: Eine Vista vom Wohin

Eine Baustelle bleibt auch das Frühfranzösisch. Die sechs Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Solothurn, Bern, Freiburg und Wallis unterrichten ab der dritten Klasse Französisch. Doch nur knapp 11 Prozent der Schülerinnen und Schüler erfüllen nach vier Jahren beim interaktiven Sprechen das Lernziel. Und dies im wohl wichtigsten Bereich einer Fremdsprache! Auch in den anderen Bereichen kommt ein beachtlicher Teil der Kinder kommt nicht einmal auf ein „elementares Niveau“. Der LCH schweigt auch hier und macht einen grossen Bogen um das heisse Eisen der beiden frühen Fremdsprachen.

Man hat die Schulen einem radikalen Reformprozess unterzogen. Doch schulisch macht Wandel nur Sinn, wenn eine Vista vom Wohin mitspielt. Innovationsrhetorik und Reformvorhaben allein reichen nicht; eine realistische Fortschrittsidee, eine Bildungsidee müsste den Wandel leiten. Der LCH wäre gefordert. Es ist der Blick aufs Ganze. Denn der Sinn kommt aus dem Ganzen; das Handeln erfolgt in den Teilen.

Das Hineinzoomen ins Detail versperrt den Blick aufs Ganze

Schulbildung entsteht nicht einfach aus einzelnen Teilen – So wie es in der Welt der Sprache nicht mit der Addition von Vokabeln getan ist, so wie in Musik und Malerei die Werke nicht aus dem blossen Zusammenfügen von Tönen und Farben entstehen. Das Ganze im aristotelischen Sinne ist eben mehr als die Summe seiner Teile. Darum ist Bildung nicht einfach die Addition einer Vielzahl einzelner Inhalte: Viele Bäume ergeben noch keinen Wald, viele Steine noch kein Haus.

Darüber wäre in der Fülle heutiger Einzelteile nachzudenken. Denn „Wissen in Teilen macht [zwar] eine schöne Geschichte, aber Weisheit entsteht, wenn wir das Ganze sehen.“ So heisst es bei den sieben blinden Mäusen.

 

[1] Ed Young (2007), 7 blinde Mäuse. Aus dem Amerikanischen von Katrin Schulz. Weinheim – Basel: Beltz & Gelberg.

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2. Teil: Kompetenzen, Standards: Alles klar? https://condorcet.ch/2019/06/2-teil-kompetenzen-standards-alles-klar/ https://condorcet.ch/2019/06/2-teil-kompetenzen-standards-alles-klar/#comments Thu, 20 Jun 2019 06:49:04 +0000 https://lvb.kdt-hosting.ch/?p=1427

Wir veröffentlichen heute den 2. Teil der Abhandlung von Felix Schmutz. Der Condorcet-Autor belegt darin den angestrebten Umbau unseres Unterrichts. In seiner umfassenden, verständlichen und klar gegliederten Analyse darf dieses Dokument als "document pédagogique" bezeichnet werden, ganz in der Tradition unseres Vorbilds Jean-Marie de Condorcet!

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Die wenigen öffentlich zugänglichen Beispiele zeigen, dass in kompetenzorientierten Lehrgängen oder Testblättern Aufgaben in Form von multiple choice und Zuordnungen dominieren. Detaillierte Anleitungen enthalten oft schon die halbe Lösung der Aufgabe. Die Auswahlantworten müssen genügend klar und unterscheidbar sein, damit eindeutige Lösungen identifiziert werden können. Die Aufgaben sind somit nach einer eigenen Logik gestaltet, ähnlich dem Fernsehquiz Wer wird Millionär? Wer diese Logik durchschaut, kann die richtige Lösung auch allein dank allgemeiner Intelligenz oder dank allgemeinem Vorwissen oder auch dank fachfremden Kompetenzen erraten, wenn er von der Sache nur wenig versteht. Es ist eine Illusion, von der Lösung dieser Aufgaben auf Sachkompetenz schliessen zu wollen.

Die Prüfungsstelle in Luxemburg kritisierte die amateurhaften Aufgabenstellungen

Bei der schweizweiten Überprüfung der Grundkompetenzen von 2016 kritisiert denn auch die Prüfungsstelle in Luxemburg, welche die Anlage, Durchführung und Auswertung des Mathematiktests kritisch analysiert und mit internationalen Standards verglichen hat, die amateurhaften Aufgabenstellungen[1]:

Item development can be substantially improved and is currently the weakest link in the ÜGK/COFO operation.

Sie weist darauf hin, dass die ganze Erhebung von der Qualität der Aufgabenstellungen abhängt. Obwohl die statistische Auswertung untadelig ist, seien die Resultate mit dem Mangel ungeeigneter Aufgaben behaftet und somit in ihrer Aussagekraft zu relativieren.

Das wirkliche Leben funktioniert nicht wie ein Millionärsspiel mit Auswahlantworten.

Das wirkliche Leben funktioniert nicht wie ein Millionärsspiel mit Auswahlantworten. Da muss ein Text in seinem wörtlichen und übertragenen Sinn verstanden werden, er muss an Vorwissen angeknüpft werden können, beim Formulieren muss man automatisch richtig schreiben und nicht nur Wörter oder Buchstaben in Lücken einsetzen können, beim Formulieren in der Fremdsprache müssen Wörter spontan zur Verfügung stehen, sie können nicht nur einfach aus Listen abgekupfert und zugeordnet werden. Echte Sachkompetenz kann nur in offenen Aufgaben getestet werden.

different columns with checkboxes, voting with ball pen by tick

 

In seinem Positionspapier nimmt der LCH-Dachverband Stellung zu standardisierten Tests. Die folgende daraus zitierte Feststellung trifft ebenso gut auch auf entsprechende digitale Kompetenztrainings zu:

Trotz grossen methodischen Fortschritten zeigen Tests aber immer nur Ausschnitte von Potentialen… Weil Tests immer nur das messen, was gemessen werden kann, wird das Postulat einer umfassenden Menschenbildung durch eine breite Grundausbildung massiv eingeschränkt. [2]

Ob sich der LCH noch an seine eigene Positionierung erinnert?

Die Aufgabenpools von mindsteps enthalten inzwischen 25’000 Aufgaben der oben gezeigten Art. Arbeiten Kinder und Jugendliche vorwiegend solche Softwareprogramme ab, entwickeln sie sicher ein gewisses Geschick im Umgang mit den einschlägigen Übungsformaten, so dass sie in ähnlich gestalteten Tests durchaus gut abschneiden können. Damit handelt es sich bei mindsteps aber um nichts anderes als um reines Teaching to the Test. Also genau das, wovor Kritiker seit Langem warnen. Die Testindustrie, die geschäftstüchtig auch Übungsprogramme anbietet, generiert so zwangsläufig erfolgreiche Resultate und legitimiert damit ihre Existenz. Ein sich selbst bestätigendes System der Täuschung entsteht.

Es entsteht ein sich selbst bestätigendes System der Täuschung

Wollte man Lernen mit digitalen Tools anstreben, müssten die Programme von der Sache her konzipiert werden und in Schritten vom Einfachen zum Schwierigen hinführen. Im Gegensatz zu einem Tool wie mindsteps ginge es nicht um Gehirnoptimierung, sondern um sachlogischen Aufbau des Wissens und Könnens. Statt mindsteps müsste es learning steps heissen. Solche Programme gibt es schon lange unter dem Namen «programmierter Unterricht» in mehr oder minder guter Qualität. 

  1. Kompetenzgewinn gleich Lernen?

Ist es aber überhaupt möglich, sachlogisches Step-by-Step-Lernen zu ersetzen durch Kompetenzlernen nach dem Muster des Tools mindsteps?

Es dürfte einleuchten, dass digitale Selbstläufer-Tools wie mindsteps zwar Menschen so weit konditionieren, dass sie Testaufgaben wie die oben besprochenen lösen können, dass sie dadurch aber nicht die anspruchsvollen Fachkompetenzen erlangen können, die im Lehrplan 21 aufgelistet sind. Um fachliches Wissen und Können zu erwerben, bleibt die schrittweise Aufnahme des Stoffes, die personal begleitete Vermittlung und die Lösung von umfassenderen und offeneren Aufgaben unabdingbar. Kompetenz entsteht nicht durch das modulartige Zusammensetzen von Puzzlesteinen des Könnens, sondern umgekehrt, durch ein integrales Verständnis, das auf Einzelphänomene heruntergebrochen werden kann.

Allerdings wird man dem nur zustimmen, wenn man sich an die eigentliche Bedeutung von Kompetenz erinnert. Obwohl häufig zitiert, meint Franz E. Weinerts Definition von Kompetenz nicht das, was im Lehrplan 21 als Ansammlung von Einzelfähigkeiten aufgeführt ist. Weinert versteht unter Kompetenz ein Potenzial zur Problemlösung. Das Potenzial kann nicht in kleine Einzelteile zerlegt werden, es ist ein kognitives Ganzes, das bei einzelnen Aufgaben angezapft wird. Ein solches Potenzial entsteht zwar wohl durch kumulative Lernerfahrungen oder durch einzelne Lernschritte, es ist aber erst als Kompetenz souverän abrufbar mit einer zeitlichen Verzögerung, die für die kognitive Verarbeitung und Speicherung benötigt wird.

 

Wie kam es zu diesem Missverständnis des Begriffes Kompetenz? Einfache Antwort: Durch eine Verwechslung! Die OECD erteilte der Lernpsychologie den Auftrag, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem sich die Leistungen von Schulen international vergleichen lassen sollten. Die Psychologie wählte ein Verfahren in Analogie zur Messung der Intelligenz. Intelligenz ist die angeborene und im Austausch mit der Umwelt entwickelte kognitive Problemlösefähigkeit, mit deren Vermessung Psychologen seit hundert Jahren operieren. Als Kompetenz bezeichneten sie deshalb nun diejenige Problemlösefähigkeit, die durch schulischen Unterricht entwickelt wird. [3]

Das Messverfahren wurde analog zur Intelligenzmessung in ähnlicher Weise, aber mit Aufgaben aus den Schulfächern Erstsprache, Mathematik und Naturwissenschaften entwickelt und geeicht. Damit sollten objektive Grössen ermittelt werden, mit denen die Leistungen der Schulabgänger erfasst und verglichen werden konnten. Solche zur Leistungsmessung definierten Aufgabenformate, die als Kompetenzen umschrieben wurden, bildeten die Grundlage für die PISA-Erhebungen. Wie bei Intelligenztests wurden aus den Testresultaten Rückschlüsse auf die Kompetenz, auf das in der Schule erworbene Potenzial gezogen.

Nebenbei: Vergleiche zwischen Intelligenz- und Kompetenzmessungen ergaben eine hohe Korrelation. Wer intelligent ist, hat es leichter, im Schulunterricht gute Kompetenzen zu erwerben. Wie Anton Hügli darlegte, baute die Psychologie mit ihren Kompetenzmessungen die Deutungshoheit über menschliche Leistungsfähigkeit aus, die sie schon mit Intelligenztests erlangt hatte.[4]

Aus den zur Leistungserhebung definierten Kompetenzen und den an Aufgaben geeichten Messgrössen wurden plötzlich Lernziele. Das ganze schulische Lernen sollte auf psychologisch definierte Messgrössen ausgerichtet werden, obwohl dies niemals so gedacht war.

Im Zusammenhang mit der PISA-Hysterie sahen sich nun Politik und Pädagogik schuldbewusst genötigt, Vorkehrungen gegen unterdurchschnittliche Resultate zu treffen. Aus den zur Leistungserhebung definierten Kompetenzen und den an Aufgaben geeichten Messgrössen wurden plötzlich Lernziele. Das ganze schulische Lernen sollte auf psychologisch definierte Messgrössen ausgerichtet werden, obwohl dies niemals so gedacht war. Die ursprüngliche Absicht war gewesen, in stichprobenartigen Ausschnitten die Kompetenzen zu eruieren, die sich nach abgeschlossener Volksschule als Kondensat bei Jugendlichen feststellen liessen, und zwar ohne direkte Bezugnahme auf einzelne Elemente des Lehrplans. Niemals aber wollte man Kompetenzen zum Ausgangspunkt des Lernens postulieren. Vielmehr hätte das Lernen mit geeigneten didaktisch-methodischen Massnahmen verbessert werden müssen, damit daraus nachhaltigere Kompetenzen resultierten.

Die schon oben erwähnte luxemburgische Prüfinstanz, die mit dem «Auditing» der Grundkompetenzenerhebung beauftragt war, warnt denn auch explizit vor kommerziellen Kompetenztrainings, die psychologisch-wissenschaftlichen Standards wegen ihrer Laienhaftigkeit nicht genügen.[5]

Zur Erinnerung: Lernen bedeutet, einer Sache begegnen und sich mit ihr auseinandersetzen, Verständnis und Erkenntnis gewinnen, das Verstandene anwenden und üben, das Neue mit früheren Erkenntnissen verbinden. Folge und Resultat dieser Arbeit sind Wissen und Kompetenzen. Mit Kompetenzen beginnen heisst jedoch, das Pferd vom Schwanz her aufzäumen. Man glaubt, den Lernprozess abkürzen zu können, indem man das manchmal mühsame Ringen um Verständnis, das allmähliche Sich-Aneignen und das anstrengende Üben überspringt und direkt auf Anwendung und Kompetenz lossteuert. Das menschliche Gehirn ist jedoch nicht für das ökonomisierte Lernen via Kompetenzinputs geschaffen.

Dessen ungeachtet wurden für den Lehrplan 21 mit bemerkenswertem Bienenfleiss Tausende von Kompetenzformulierungen erfunden. Man schuf künstlich Abstufungen, die – streng genommen – einfach Lernschritte darstellen. Ihre Aufwertung zu Potenzialen wirkt unsinnig, da ein Potenzial eine übergeordnete Grösse ist, vergleichbar mit elektrischem Strom, mit dem viele kleine und grosse Geräte betrieben werden können. Es gibt keinen Telefonstrom, Weckerstrom, Waschmaschinenstrom, Heizungssteuerungsstrom, etc. Was hier sofort als Unsinn erkennbar ist, wird im Lehrplan 21 in absurder Weise auf die Spitze getrieben. Ausserdem müssen zur Lösung einer Aufgabe meist mehrere verschiedene fachliche und überfachliche Kompetenzen abgerufen werden. Diese quasi wie unter Laborbedingungen zu isolieren, bleibt Illusion.

 

  1. Fazit und Ausblick

Obige Überlegungen sollten aufzeigen,

– dass outputorientiertes Kompetenzlernen eine Abkehr von dem in den Verfassungen definierten Bildungsauftrag darstellt: Anstatt den Fokus zunächst auf die Entwicklung der persönlichen Anlagen der Kinder und Jugendlichen zu lenken, werden diese von Anfang an auf praktisch verwertbare Anwendungen konditioniert,

– dass ein auf Kompetenzen ausgerichtetes Lernen die schrittweise Aneignung, Vertiefung und Anwendung eines Stoffes unter Anleitung einer Lehrperson aufgibt und durch ein digital gesteuertes auf Gehirnoptimierung getrimmtes Abarbeiten von Einzelelementen ersetzt, was mit nachhaltigem Lernen nicht vereinbar ist,

– dass die Messungen der Kompetenzen unscharf bleiben, weil die Testanlage oft keine genügend klar abgegrenzten Bedingungen schafft, so dass tatsächliche Aussagen über «fachliche Kompetenz» letztlich ungewiss bleiben,

– dass die Faszination des Testens, Messens, statistischen Auswertens und Normierens auch in den Augen einer unabhängigen Prüfinstanz auf Kosten fundierter Fachkenntnis geht und die Tester als fachliche Banausen erscheinen lässt,

– dass der Begriff Kompetenz in Analogie zur Intelligenz kognitive Potenziale umschreibt, die von der Psychologie definiert wurden, um das Können der Schulabgänger zu messen, dass er aber nicht dafür geschaffen wurde, Unterrichtsziele zu beschreiben oder als Lehrplanmatrix zu dienen,

– dass Output-Orientierung bedeutet, dass das, was erst als Resultat des Lernprozesses greifbar werden kann, zum Ausgangspunkt des Lernens gemacht werden soll, um den Lernvorgang abzukürzen bzw. ökonomisch effizienter zu gestalten.

Es bleibt abzuwarten, wie Schule und Politik mit den Folgen des kompetenzorientierten Unterrichts umgehen werden, wenn sich herausstellen sollte, dass das Projekt nicht das bringt, was man davon erwartet hat. Inzwischen wird jedoch eine Generation von Kindern und Jugendlichen als Versuchskaninchen einem umfassenden Experiment mit sehr unsicherem Ausgang ausgesetzt. Hysterische Betriebsamkeit mit Tests und Korrekturmassnahmen belasten das Schulwesen, anstatt es zu verbessern.

 

Allschwil, Mai 2019

[1] ÜGK/COFO Mathematics 2016 Audit Report, Dr Antoine Fischbach & Dr Sonja Ugen, Luxembourg, 23 February 2018, Seite 23

[2] https://www.lch.ch/fileadmin/files/documents/Positionspapiere/170821_PositionspapierStandardisierteLeistungsmessungenTests.pdf

[3] Karl Schweizer, Leistung und Leistungsdiagnostik, 3. Kapitel: Kompetenz und Kompetenzdiagnostik (E. Klieme), S. 127ff.

(4) Anton Hügli, Was ist Kompetenz? Begriffsgeschichtliche Perspektiven eines pädagogischen Schlagworts, lvb.inform 2016/2017-03

[5] Over the last decade, a number of commercial assessment players conquered the parts of the Swiss education landscape that were not yet claimed by official stakeholders. It is the auditors’ understanding that these players—or at least some of them—flooded the market with tempting products of questionable scientific validity.

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