Lehrermangel - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Wed, 27 Mar 2024 13:21:01 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Lehrermangel - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 “Ich brauche keinen Deutschunterricht!” https://condorcet.ch/2024/03/ich-brauche-keinen-deutschunterricht/ https://condorcet.ch/2024/03/ich-brauche-keinen-deutschunterricht/#comments Wed, 27 Mar 2024 13:21:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=16298

Was ein Prädikat ist, weiß kaum jemand, der Wortschatz ist so winzig wie die Aufmerksamkeitsspanne – und die meisten Kinder bestreiten offen, dass sie sich für die deutsche Sprache interessieren. Der Autor, Thomas Brey, ist in einer Realschule als Deutschlehrer eingesprungen. Sein Bericht, der in der WELT erschien, schockiert.

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Nach fast vier Jahrzehnten als Auslandskorrespondent der Deutschen Presse-Agentur (dpa) kommt der Anruf des Schuldirektors: Ob ein “Feuerwehreinsatz” als Deutschlehrer möglich sei? Denn ein teils dramatischer Lehrermangel lasse einige Klassen ganz ohne Deutschunterricht. Die eigentlich für wenige Wochen geplante Aushilfe dauert am Ende vier Monate. Eine aussergewöhnliche Gelegenheit, in die Praxis einzutauchen, um die vielen Vorurteile auszuräumen oder zu bestätigen.

Gastautor Thomas Brey

Vorweg: Ja, es gibt sie noch – die interessierten, schlauen, mitarbeitenden und sozial agierenden Schülerinnen und Schüler. Und ja – viele Pädagoginnen und Pädagogen bemühen sich nach Kräften und manchmal auch mit bemerkenswerten Erfolgen und Lernresultaten. Hier ist jedoch die Rede von der Mehrzahl, vom schulischen Mainstream.

“Ich spreche so, wie ich spreche und das reicht mir!”

 

Tatort: Deutschunterricht in Realschulklassen mit Schülerinnen und Schülern zwischen 12 und 14 Jahren. Das deprimierende Urteil: Die Kenntnisse der Muttersprache sind erschreckend niedrig. Und was noch bedenklicher ist: Die meisten Kinder bestreiten offen, dass sie sich für die deutsche Sprache interessieren. Im Gegenteil. “Ich spreche so, wie ich spreche und das reicht mir!” und “Ich brauche keinen Deutschunterricht!”, lauten die “Rechtfertigungen”. Ob Deklinationen, Konjugationen, ob Tempora von Verben, die Bestimmung von Satzgliedern, Pronomen, Adverbien oder der Unterschied von Aktiv und Passiv – böhmische Dörfer für die meisten Schüler. Was Subjekte, Prädikate oder Objekte in deutschen Sätzen sind, weiss kaum jemand und will auch niemand wissen. 

Sprachliche Defizite

Ein schludriger Sprachgebrauch, ein sehr eingeschränkter Wortschatz und gravierende grammatische Fehler sind das Ergebnis schon auf den ersten Blick. Über das generelle Weglassen des “e” bei Verben in der ersten Person Präsens (ich fahr, schrei, hab, spiel) kann man vielleicht noch hinwegsehen. Doch beim Präteritum unregelmäßiger Verben (ich fliegte, schlafte, blaste, laufte) muss dann doch der Rotstift her. Die Schulbücher haben sich auf diese geringe Sprachkompetenz eingestellt und übersetzen in Fussnoten deutsche Vokabeln, die Schülerinnen und Schülern angeblich nicht geläufig sind.

“Absurd” wird mit “abwegig, verrückt” erklärt, “er stritt” mit “er kämpfte” und “unwirtlich” mit “arm, karg”. Selbst das Verb “posieren” (“eine gekünstelte Haltung einnehmen”) ist den Kindern laut Schulbuch unbekannt. Das gilt demnach auch für Begriffe wie Motel, Orchidee, Terrarium, Kuvert, Pforte, Stube, Wache, Beute, Makkaroni, Sweater oder ein Dutzend, die allesamt übersetzt und damit erklärt werden sollen.

Vokabeln wie behände (flink, geschickt), töricht (dumm), hoch aufgeschossen (gross), hervorlugen (schauen), nahm sich Urlaub (nahm sich frei), flau im Magen (schwach) und dramatische Turbulenzen (spannende Entwicklung) kommen laut dieser Annahme im Wortschatz Heranwachsender nicht vor. Diese Reihe könnte um dutzende Beispiele verlängert werden.

Schulbücher mit Aktualisierungsbedarf

Das Themenkapitel “Balladen erschliessen” beginnt mit diesem Text: “Ab dem 16. Jahrhundert bis ins 18./19. Jahrhundert zogen sogenannte ‘Bänkelsänger’ durch die Ortschaften, um auf Marktplätzen und Jahrmärkten schauerliche Geschichten (z.B. von Morden oder unglücklicher Liebe) zu erzählen”. Welches Kind soll mit solchen Texten angesprochen werden?

Das Kapitel “Fabeln” stützt sich wesentlich auf die Stücke des griechischen Dichter Äsop aus dem 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, die dann noch in einer antiquierten deutschen Übersetzung daherkommen, die für viele nicht mehr zu verstehen ist. Die Schulbuchtexte als Anschauungs- und Übungsmaterial – ob aus der Literatur oder aus den Medien – stammen vorwiegend aus den Neunzigerjahren, sind also drei Jahrzehnte als. Die Schulbücher müssten in kürzeren Zeiträumen aktualisiert werden, um wieder einen Bezug zur Lebenswirklichkeit der jungen Menschen zu finden.

Die Corona-Pandemie bot eine gute Gelegenheit, sich mit Krankheiten und Medizin während der verschiedenen Epochen zu beschäftigen.

 

Das gilt offensichtlich auch für den Geschichtsunterricht, in dem Kaiser, Könige und Schlachten nach wie vor dominieren. Statt Schülerinnen und Schüler mit faktografischem Kleinklein abzuschrecken, sollten die Themen an die Aktualität anknüpfen: Die Corona-Pandemie bot eine gute Gelegenheit, sich mit Krankheiten und Medizin während der verschiedenen Epochen zu beschäftigen. Themen wie Hygiene (besonders die Geschichte der Toiletten), Ernährung, Familie oder Wohnverhältnisse und Haustiere kommen ebenfalls für einen “Ritt durch die Geschichte” infrage. Mit dieser “Geschichte zum Anfassen” könnten tiefer gehende Probleme und Analysen einzelner Abschnitte der Historie verknüpft werden.

Kein Wunder, dass auch beim letzten Bildungsvergleich Pisa deutsche Schülerinnen und Schüler besonders im Fach Deutsch schlecht abschneiden. Extrem kritisch sieht es beim Textverständnis aus. In einer anderen Realschule hatte ich mit 10- und 11-Jährigen ein Lied einstudieren wollen. Dazu bat ich mehrere Kinder, die einzelnen Strophen mit jeweils vier Zeilen vorzulesen, dann den Text zur Seite zu legen und mit eigenen Worten zusammenzufassen, was gerade vorgelesen wurde. In vielen Fällen waren die Schülerinnen und Schüler dazu ausserstande. Folgerichtig haben die Bundesländer Bayern und Mecklenburg-Vorpommern fürs kommende Schuljahr für die Klassen drei bis zehn die Aufstockung von Deutsch im Stundenplan beschlossen.

Fragwürdiges Klassenklima

Neben den inhaltlichen Defiziten erschwert das Klassenklima nicht selten den Unterricht überhaupt. Die Kombination von Handy, Süssem und Trinken führt zu ständiger Unruhe, die in ziellosem Aktionismus mündet: Kaum jemand kann länger als ein paar Minuten in üblicher Körperhaltung auf seinem Stuhl sitzen, um dem Unterricht zu folgen. Viele hocken mit angezogenen Beinen auf ihren Plätzen. Dem Nachbarn oder Hintermann werden ohne Grund die Stifte oder das gesamte Etui mit Schreibutensilien weggenommen. Stifte werden zerbrochen und andere damit “abgeworfen”, wie es im Jargon der Jugendlichen heisst. Durch die Klassen geworfene Papierkügelchen gehören zum Unterrichtsalltag.

An manchen Tagen sieht der Boden des Klassenzimmers aus wie ein “Schlachtfeld”: abgerollte Papierhandtücher, leere Flaschen und zerbrochene Stifte… – Nicht ohne Grund gibt es in jeder Klasse einen Fegedienst, weil sich die Putzkräfte sonst weigern, diese “verwüsteten” Klassenräume nach Schulschluss zu säubern.

Das Dauertrinken erinnert ebenfalls stark ans längst vergangene Babyalter. Die top gestylten Trinkflaschen – oft mit süssem Saft – sind für die Sitznachbarn eine ständige Quelle der Begierde.

 

Regelmässig fallen dauerkippelnde Schülerinnen und Schüler unter großem Jubel der Klasse mit ihren Stühlen um. Einzelne krabbeln unmotiviert wie Kleinkinder auf dem Boden unter Tischen und Stühlen herum. Besonders aktive Jungen werfen sich ohne ersichtlichen Grund auf den Boden und behaupten, sie hätten sich den Fuss verstaucht oder gar einen Muskelfaserriss zugezogen. Das sorgt für lautstarke Heiterkeit. Das Dauertrinken erinnert ebenfalls stark ans längst vergangene Babyalter. Die top gestylten Trinkflaschen – oft mit süssem Saft – sind für die Sitznachbarn eine ständige Quelle der Begierde. Wenn es gelingt, die zu “entwenden”, steht nicht nur in dieser Sitzreihe “Aufruhr”, der sich in konzentrischen Kreisen ausweitet.

Handys sind im Dauereinsatz – wenig erfindungsreich getarnt unter dem Tisch, im aufgeklapptem Federmäppchen oder Schulbuch. Ein Dauerthema. “Meine” Schule versucht es jetzt mit einer “Handygarage”: Zu Beginn des Schultages müssen Schülerinnen und Schüler ihre liebsten Spielgeräte dort deponieren. Am Ende nehmen sie ihre Mobiltelefone wieder an sich.

Das Kämmen langer Haare im Unterricht wird ebenso als selbstverständlich angesehen wie das ständige Aufsuchen der Toiletten. Natürlich geht es in den wenigsten Fällen wirklich ums Klo. Der Toilettengang wird als willkommene Unterbrechung des Unterrichts betrachtet – mit entsprechender Unruhe in der gesamten Klasse.

Fehlende Medienkompetenz

Diese ständige Unruhe und das Ablenken vom Unterrichtsstoff führt zu einer Aufmerksamkeitsspanne, die oft nicht länger als zwei, drei Minuten währt. Möglicherweise ist die intensive Nutzung von TikTok mit standardmässigen Videos von 30 bis 60 Sekunden für dieses Konzentrationsdefizit mitverantwortlich.

Nicht unbegründet ist vor diesem Hintergrund das von der EU-Kommission gegen TikTok eröffnete Verfahren. Denn in der Tat steht die Online-Plattform im Verdacht, durch die Analyse des Nutzerverhaltens Blasen zu bilden, die Suchtgefahren hervorrufen und den Jugendschutz unterlaufen könnten. Schliesslich will Brüssel untersuchen lassen, ob die Algorithmen zulassen, dass sich junge Menschen von diesem Kanal “losreissen” können.

In einer kleinen Unterrichtseinheit für eine 10. Hauptschulklasse konnte ich besichtigen, dass es Schülerinnen und Schülern beinahe vollständig an Einsichten in die Funktion der Medien fehlt, mit denen sie sich nonstop beschäftigen.

 

Um den Gefahren der extremen Nutzung von Social Media etwas entgegenzustellen, müssten Schulen dem Training von Medienkompetenzen viel mehr Aufmerksamkeit widmen. Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung dieser Themen wird zwar nicht in Abrede gestellt. Doch es fehlt an Lehrkräften, Unterrichtsmaterialien und an der Finanzierung eines solchen Angebots. In einer kleinen Unterrichtseinheit für eine 10. Hauptschulklasse konnte ich besichtigen, dass es Schülerinnen und Schülern beinahe vollständig an Einsichten in die Funktion der Medien fehlt, mit denen sie sich nonstop beschäftigen.

“Deutsch als Zweitsprache”

Ein zweiter Schwerpunkt meines Feuerwehreinsatzes waren zwei Kurse für Migrantenkinder (“Deutsch als Zweitsprache – DaZ”). Es handelte sich um Flüchtlinge aus der Ukraine, aus Russland, Syrien, Afghanistan und Serbien. Die DaZ-Gruppen waren sehr inhomogen und verlangsamten damit Sprachfortschritte. Es gab Teilnehmer, die vorher vergleichsweise gute Schulen im Heimatland besucht hatten und andere, die über Jahre keine Schule von innen gesehen hatten bzw. solche Schülerinnen und Schüler, die schon in ihrer Heimatsprache prinzipielle Lücken aufwiesen. Hier ist die Alphabetisierung erstes Ziel, bevor überhaupt mit dem Deutschunterricht begonnen werden kann. Vor allem Kinder aus der Ukraine nehmen oft nur widerwillig an diesem Unterrichtsangebot teil. Sie behaupten, ihre Familien kehrten bald in ihre angestammte Heimat zurück. Daher lohne es sich nicht, Deutsch zu lernen.

Der Unterricht wird oft in Eigenregie der Lehrkräfte gestaltet, meist ohne klare Standards, Curricula und Angebote zur Weiterbildung oder gar Qualifizierung von Lehrerinnen und Lehrern. Dem DaZ-Unterricht müsste viel mehr Bedeutung eingeräumt werden. Denn nur eine sprachliche Teilhabe macht gesellschaftliche Integration überhaupt erst möglich.

Mit den hier beschriebenen Zuständen ist das Thema natürlich längst nicht erschöpft. Allerorten wird beklagt, dass Universitäten am Bedarf der Schulen vorbei ausbilden. Musiklehrkräfte fehlten auf weiter Flur, weil die Unis zu hohe Massstäbe ans Beherrschen von Instrumenten anlegten, Englischlehrer seien rar, weil immer weniger Studierende bereit und finanziell in der Lage seien, ein Jahr im englischsprachigen Ausland zu absolvieren.

Wichtige kognitive Fähigkeiten erwerben

Warum arbeiten heute trotz jahrelangen Lehrermangels sage und schreibe 42,3 Prozent der deutschen Lehrkräfte nur in Teilzeit? Und ist an der jüngsten „Lehrerschelte“ des OECD-Bildungsdirektors Andreas Schleicher (auch im Interview mit der Welt) etwas dran? Schließlich: Stimmt es, dass Familien immer weniger Zeit für die Erziehung ihrer Kinder haben und diese Aufgaben an die Schulen abschieben, die damit überfordert sind?

Warum arbeiten heute trotz jahrelangen Lehrermangels sage und schreibe 42,3 Prozent der deutschen Lehrkräfte nur in Teilzeit?

 

Im Prinzip sind sich Eltern, Lehrer und die Wissenschaft einig, dass Schulen die junge Generation befähigen müssen, wichtige kognitive Fähigkeiten zu erwerben. Die werden als zentrale Zukunftsressource für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik angesehen. Doch diese schulischen Grundaufgaben werden offensichtlich immer weniger erbracht. Mit weitreichenden Folgen für die Forschung, den Arbeitsmarkt und nicht zuletzt für die Funktion des demokratischen Systems.

Denn gebildete Bürger sind die unverzichtbare Voraussetzung für parlamentarische Demokratien. Sie müssen fähig sein, politische Angebote zu beurteilen und zu diskutieren, um ihre Stimme für gesellschaftspolitische Konzepte abzugeben. Damit stehen wir alle vor der wohl grössten innenpolitischen Herausforderung. Die meisten Anzeichen sprechen aber dafür, dass die länderspezifisch zersplitterten Bildungspolitiker dieses Themenfeld immer noch nicht als das zentrale Zukunftsanliegen Deutschlands identifiziert haben, das von ihnen schnelle Reaktionen verlangt.

Meine – sicher zunächst selektive – Erfahrung lässt nur diesen Appell zu: An der Finanzierung des Bildungssystems darf nicht gespart werden. Denn diese Gelder müssen als Zukunftsinvestitionen betrachtet werden. Ihr Ausbleiben birgt kaum abschätzbare Gefahren.

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Warum es an Grundschulen bald einen grossen Lehrer-Überschuss geben könnte https://condorcet.ch/2024/01/warum-es-an-grundschulen-bald-einen-grossen-lehrer-ueberschuss-geben-koennte/ https://condorcet.ch/2024/01/warum-es-an-grundschulen-bald-einen-grossen-lehrer-ueberschuss-geben-koennte/#comments Fri, 26 Jan 2024 20:06:35 +0000 https://condorcet.ch/?p=15781

Eine neue Studie kommt zu dem Schluss, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr Grundschullehrer zur Verfügung stehen werden, als von der Politik berechnet. Die Forscher sehen darin eine "seltene Gelegenheit", eine zentrale Weichenstellung vorzunehmen. Sabine Menkens, Journalistin der Welt, kommentiert eine überraschende Studie der Bertelsmann-Stiftung.

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Es kommt derzeit selten vor, dass Bildungsforscher auch einmal etwas Gutes zu berichten haben. Die schlechten Schulleistungen bei gleichzeitig enormem Lehrkräftemangel bieten dafür wenig Gründe – aber: Nach einer neuen Studie der Bildungsforscher Klaus Klemm und Dirk Zorn für die Bertelsmann-Stiftung könnte der Lehrkräftemangel zumindest in der Grundschule schon bald behoben sein.

Sabine Menkens, Gastautorin und WELT-Journalistin

Entwickeln sich die Geburten weiter auf dem Niveau von 2022 sowie 2023 und beginnen weiterhin so viele Abiturienten ein Lehramtsstudium wie derzeit, könnte es schon ab dem kommenden Schuljahr erstmals einen leichten Überschuss an Grundschullehrkräften geben – der zum Ende des Jahrzehnts immer grösser wird.

Nach den Berechnungen von Klemm und Zorn dürften von 2023 bis 2035 insgesamt rund 96’250 fertig ausgebildete Lehrkräfte fürs Grundschullehramt zur Verfügung stehen. Der Bedarf an neuen Einstellungen im selben Zeitraum werde jedoch voraussichtlich nur etwas mehr als 50’000 Personen umfassen. Bis zum Jahr 2035 würden also zusammengenommen 45’800 Grundschullehrer mehr bereitstehen, als erforderlich wären, um den Unterricht abzudecken. Das sind deutlich mehr, als die Kultusministerkonferenz (KMK) in ihrer im vergangenen Monat veröffentlichten Prognose ermittelt hat. Sie geht den Forschern zufolge nur von einem Gesamtüberschuss von 6300 Absolventen aus.

Trendwende in der demografischen Entwicklung

Ihre Berechnungen stützen die Forscher auf eine Trendwende in der demografischen Entwicklung: Während 2021 in Deutschland noch 795’500 Kinder geboren wurden, waren es 2022 nur noch 738’800 und 2023 hochgerechnet nur noch 689’300. Diese Geburtendelle hatten die Kultusminister in ihrer Prognose noch nicht berücksichtigt. “Wir haben uns bei unseren Berechnungen auf die Prognose der Kultusminister gestützt und diese an die sinkenden Geburtenziffern in 2022 und 2023 angepasst und fortgeschrieben. Dadurch kommen wir zu einem deutlich größeren Überschuss an Grundschullehrkräften, als von der KMK errechnet”, sagt Bertelsmann-Bildungsexperte Dirk Zorn.

Die Prognosen der Kultusministerkonferenz zu Schülerzahlen und Lehrkräfteentwicklung hätten sich gegenüber der Vergangenheit zwar deutlich verbessert, so Zorn. Derzeit dauere der Prozess, bis sich veränderte Geburtenzahlen auch in einer angepassten Schülerprognose niederschlügen, aber noch deutlich zu lange. Allerdings könne es natürlich auch in Zukunft Unwägbarkeiten geben, etwa durch verstärkte Zuwanderung, so Zorn. “Wir stützen uns dabei auf die Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes.”

“Es besteht die seltene Gelegenheit, die Schulen mit den grössten Bedarfen personell deutlich besser auszustatten.”

Bildungsforscher Dirk Zorn

 

Laut den Berechnungen wird der Bedarf an Grundschullehrkräften im Jahr 2025 mit mehr als 213’000 seinen Höchststand erreichen und dann bis 2035 auf rund 180’000 abnehmen. Der Bedarf an Neueinstellungen wird demnach vor allem in den Jahren 2029 bis 2032 stark sinken, danach allerdings wieder etwas ansteigen, da mehr Lehrkräfte in den Ruhestand eintreten.

Ausgebildetes Personal wird es dann aber in ausreichender Zahl geben, wie die Prognosen darlegen. Denn offensichtlich waren die Bemühungen erfolgreich, wieder mehr Abiturienten für den Beruf des Grundschullehrers zu begeistern und auch die Studienplätze entsprechend aufzustocken. Wurden 2015 in den ersten beiden Semestern des Hauptstudiums im Primarstufenstudiengang nur 6005 Studenten gezählt, waren es 2021 schon 9255 und 2022 bereits 9947.

“An Gymnasien eher eine Überversorgung”

Zorn sieht den sich anbahnenden Lehrkräfteüberschuss an Grundschulen als Chance. “Ich hoffe, dass politisch die Gelegenheit wahrgenommen wird, gezielt in die pädagogische Qualität zu investieren – vor allem bei Schulen in herausfordernder Lage.” So könnten die zusätzlichen Lehrkräfte etwa das ab dem Schuljahr 2024/2025 geplante Startchancen-Programm verstärken, mit dem 4000 Schulen mit einem besonders hohen Anteil sozial benachteiligter Schüler gefördert werden sollen. “Es besteht die seltene Gelegenheit, die Schulen mit den grössten Bedarfen personell deutlich besser auszustatten.”

Zudem könnten die zusätzlichen Lehrkräfte auch für Förderangebote im Rahmen des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz eingesetzt werden, der ab dem Schuljahr 2026/27 sukzessive in Kraft tritt, oder auch zur Verstärkung in den fünften und sechsten Klassen.

Denn in anderen Schulformen ist der Lehrermangel enorm. “Derzeit betrifft der Lehrkräftemangel an den weiterführenden Schulen vor allen Dingen die nicht-gymnasialen Schulen, während es an den Gymnasien eher eine Überversorgung gibt”, sagt Zorn.

“In Jahren, in denen Lehrkräftemangel besteht, beginnen junge Leute ein Lehramtsstudium, in der Hoffnung, dass dieser Mangel auch nach Abschluss ihres Studiums noch existiert – dabei riskieren sie, Teil eines Überangebots zu werden.”

Zitat aus der Bertelsmann-Studie

 

Die Forscher mahnen deshalb an, die Bedarfsplanung noch sehr viel akkurater zu gestalten als in der Vergangenheit: Durch sehr zeitnahe Beobachtung der Geburtenentwicklung, eine darauf abgestimmte Planung möglichst flexibler Ausbildungskapazitäten und die Bereitschaft, Phasen des personellen Überangebots für pädagogische Verbesserungen zu nutzen, anstatt ausgebildete Lehrkräfte in die Arbeitslosigkeit zu schicken.

Eines der weltweit längsten Lehramtsstudien

Abschreckende Beispiele gibt es dafür aus der Vergangenheit genügend. Auf dem Lehrkräftemarkt ist der “Schweinezyklus” genannte Wechsel zwischen Mangel und Überfluss besonders ausgeprägt – auch wegen der langen Ausbildungszeit, die mit Studium und Referendariat sieben Jahre beträgt. “In Jahren, in denen Lehrkräftemangel besteht, beginnen junge Leute ein Lehramtsstudium, in der Hoffnung, dass dieser Mangel auch nach Abschluss ihres Studiums noch existiert – dabei riskieren sie, Teil eines Überangebots zu werden”, heisst es dazu in der Studie. Umgekehrt wählten in Jahren, in denen ein Überangebot von Lehrkräften bestehe, deutlich weniger Studienberechtigte ein Lehramtsstudium – aus Furcht davor, nach dem Abschluss arbeitslos zu werden.

“Der Zyklus aus Überschuss und Mangel bei Lehrkräften ist in Deutschland auch deshalb so ausgeprägt, weil wir eines der längsten und zudem das am stärksten nach Schulformen differenzierte Lehramtsstudium weltweit haben”, so Bertelsmann-Experte Zorn. “Das erschwert es, akkurat zu steuern und flexibel zu reagieren.”

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Jetzt droht in Berlin die Stundenplan-Kürzung wegen Lehrermangels https://condorcet.ch/2023/10/jetzt-droht-in-berlin-die-stundenplan-kuerzung-wegen-lehrermangels/ https://condorcet.ch/2023/10/jetzt-droht-in-berlin-die-stundenplan-kuerzung-wegen-lehrermangels/#comments Sat, 21 Oct 2023 19:08:29 +0000 https://condorcet.ch/?p=15164

Erstmals erlaubt die Berliner Bildungsverwaltung infolge des eklatanten Lehrermangels auch sogenannte Pflichtstunden für Schüler zu kürzen. Bildungsgewerkschafter sehen es als Eingeständnis an die Realität, die in der Praxis längst eingetreten ist. Wir bringen einen Beitrag der Welt-Korrespondentin Sabine Menkens.

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Die Lage an den Berliner Schulen wird immer prekärer. Eine Rekordzahl von 353’320 Schülern und der akute Lehrkräftemangel könnten jetzt sogar dazu führen, dass im Notfall sogar die von der Verwaltung festgelegte Stundentafel, die die Mindeststundenzahl für alle Fächer festlegt, nicht mehr eingehalten werden muss: In einem vor den Sommerferien verschickten Schreiben der Verwaltung von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) an die Schulaufsicht wird neben vielen anderen Maßnahmen die vorübergehende Kürzung von Pflichtstunden ins Spiel gebracht.

Gastautorin Sabine Menkens

Auf Anfrage von WELT bemühte sich die Senatsverwaltung für Bildung zwar, einen entsprechenden Bericht des Berliner “Tagesspiegel” zu relativieren. In dem Schreiben sei es lediglich darum gegangen, den Schulaufsichten ein “Instrumentarium an die Hand zu geben”, um trotz Lehrkräfteknappheit das Schuljahr gut organisieren zu können, etwa durch Umwandlung von unbesetzten Lehrkräftestellen in Stellen für Logopäden, Erzieher oder Psychologen.

Keine generelle Kürzung der Pflichtstundenzahl

“Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, wurde in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, wie in einzelnen Fällen möglicherweise und gegebenenfalls eine Reduzierung der Stundentafel temporär und verhältnismäßig organisiert werden könnte”, teilte ein Sprecher mit. Von einer generellen Kürzung der Pflichtstundenzahl könne keine Rede sein. Zudem sollen Kernfächer wie Deutsch, Mathe und Englisch davon nicht betroffen sein.

Dennoch hat die Bildungsverwaltung damit erstmals ausgesprochen, was an vielen Berliner Schulen längst bittere Realität ist: dass angesichts von zuletzt rund 1400 fehlenden Lehrkräften nicht mehr überall regulärer Unterricht abgehalten werden kann. Er habe von mehreren Schulen gehört, dass sie ihre Stundentafel nicht mehr abdecken können, sagt Tom Erdmann, Vorsitzender der Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Vor allem an Sekundarschulen in benachteiligten Gebieten sei der Lehrermangel eklatant. “Es ist eine Möglichkeit für die Schulen, sich ein Stück weit ehrlich zu machen.”

“Die Schüler mit Förderbedarf erleben seit Jahren, dass bei ihrem Anspruch zuallererst gekürzt wird.”

Gewerkschafter Tom Erdmann

 

Bislang habe die Bildungsverwaltung stets eisern an den Pflichtstunden festgehalten. Stattdessen sei bei den Förderstunden für Kinder mit Inklusionsbedarf gekürzt worden. “Wir haben immer kritisiert, dass die heilige Kuh Stundentafel in Zeiten des absoluten Lehrkräftemangels völlig unangemessen ist”, sagt Erdmann. Die Kürzungen dürften aber nicht einseitig zulasten der Inklusion gehen. “Die Schüler mit Förderbedarf erleben seit Jahren, dass bei ihrem Anspruch zuallererst gekürzt wird.”

Eine Einschätzung, die auch von der Schulleiter-Vereinigung der Integrierten Sekundarschulen geteilt wird. “Jetzt wurde von der Senatsverwaltung einmal ausgesprochen, was in der Praxis bisweilen notwendig ist”, sagt Vorstand Sven Zimmerschied. “Es gibt manchmal Schuljahre, wo man ein besonderes Fach nicht oder nicht für alle Klassen anbieten kann. Wenn Sie partout keinen Physiklehrer haben, können Sie eben keine Physik anbieten.” Meist handele es sich hier aber um Übergangsphasen, schränkt Zimmerschied ein. Zudem seien nicht alle Schulen in gleichem Maße betroffen.

Auch für den Landeselternausschuss sind Pflichtstundenkürzungen nach den Worten ihres Vorsitzenden Norman Heise “nicht unbedingt ein Tabubruch”. “Wir fordern, dass zu dem Thema ein Runder Tisch mit Schulleitungen, Schülervertretern und Eltern einberufen wird, der sich gemeinsam darauf verständigt, wo gekürzt werden darf – und wo auf keinen Fall”, sagt Heise. „Anderenfalls befürchten wir ein individuelles Vorgehen der Schulen, was zu Ungerechtigkeiten führen kann.“

Gemeinsame Verständigung gegen Ungerechtigkeiten

Er fürchtet, dass es vor allem unterbesetzte Schulen in sozial schwieriger Lage sein werden, denen es nicht mehr gelingt, die Stundentafel abzudecken. “Daher ist es so wichtig, dass es eine gemeinsame Verständigung gibt, damit es nicht zu solchen Ungerechtigkeiten kommt.”

Ein Anliegen, das auch die SPD-Fraktion umtreibt. “So, wie es jetzt vorgesehen ist, dürfen Schulen, die ein Defizit haben, Pflichtstunden kürzen. Das führt dazu, dass die ohnehin benachteiligten Schulen jetzt auch qualitativ ihrer Unterrichtsverpflichtung nicht nachkommen können”, sagt Bildungsexpertin Maja Lasic. “Das Gefälle zwischen den Schulen wird dadurch noch weiter verstärkt.”

“Eine abgespeckte, aber verlässliche Stundentafel ist besser als dauernder Ausfall und fachfremde Vertretung.”

Louis Krüger, Bildungsexperte

 

Besser wäre es aus Lasics Sicht, wenn die Senatsverwaltung die Steuerung in die Hand nehmen und die Stundentafel auf gesamtstädtischer Ebene verschlanken würde. Die so eingesparten Lehrerstunden könnten dann anders verteilt werden. “Es können dann eben nicht alle Lehrkräfte an Gymnasien in gutbürgerlicher Lage kommen. Dadurch verschieben sich Lehrkräfte in benachteiligte Gebiete.”

Systematisch weniger Unterricht für zukünftige Generationen

Ein Weg, den auch Grünen-Bildungsexperte Louis Krüger unterstützt. “Eine abgespeckte, aber verlässliche Stundentafel ist besser als dauernder Ausfall und fachfremde Vertretung”, sagt Krüger. “Auch im Sinne der Bildungsgerechtigkeit ist das richtig, denn eine geregelte Stundenreduzierung ist gerechter als Förderstunden zulasten der Schwächsten zu streichen.” Um die Folgen des Unterrichtsausfalls abzufedern, müsse der Senat alternative Bildungsangebote schaffen. “So kann aus einer ausfallenden Kunst-Stunde ein Besuch in der Jugendkunstschule werden.”

Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, bezeichnete eine mögliche Pflichtstundenkürzung als “Überschreiten einer roten Linie”. Es sei “erschütternd, wohin uns die Bildungspolitik der vergangenen Jahrzehnte geführt hat”. Gekürzte Unterrichtsstunden würden auch zukünftige Schüler nicht zurückbekommen. “Es bedeutet systematisch weniger Unterricht für zukünftige Generationen. Dem können wir nicht zustimmen.”

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“Lehrerinnen und Lehrer wählen mehr Freizeit statt mehr Arbeit” https://condorcet.ch/2023/08/lehrerinnen-und-lehrer-waehlen-mehr-freizeit-statt-mehr-arbeit/ https://condorcet.ch/2023/08/lehrerinnen-und-lehrer-waehlen-mehr-freizeit-statt-mehr-arbeit/#respond Fri, 18 Aug 2023 20:00:04 +0000 https://condorcet.ch/?p=14841

Die grossen Belastungen trieben Lehrkräfte in die Flucht, sagen die Lehrerverbände – Bildungsforscher Stefan Wolter sieht die Gründe für den Lehrermangel aber woanders. Er orientiert sich an den Zahlen seiner Forschung und diese ergäben einen klaren Befund, allen Gefühlen aus der Froschperspektive zum Trotz. Wir bringen einen Artikel der Journalistin Nadja Pastega, der in der SonntagsZeitung erschienen ist.

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Es ist inzwischen ein Ritual: Jedes Jahr warnen die Lehrerverbände vor einer Gefährdung der Bildungsqualität. Diese Woche war es der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer. Schuld am Niedergang der Schulen sei der Lehrermangel. Mit anderen Worten: Schuld sind die Laien, die ohne Lehrerdiplom vor den Klassen stehen, um die Lücken zu füllen – denn genug Lehrpersonen mit Diplom gebe es seit längerem nicht mehr. Stimmt das? Die Antworten von Stefan Wolter, Verfasser des Schweizer Bildungsberichts.

Gastautorin Nadja Pastega, Journalistin der Sonntagszeitung

Die Bildungsqualität sei gefährdet, weil vor den Klassen Lehrpersonen ohne angemessene Qualifizierung stünden – mit dieser Nachricht suchte der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer diese Woche die Öffentlichkeit. Die Zahlen aus einzelnen Kantonen sind in der Tat eindrücklich: 1000 ‘unqualifizierte’ Lehrerinnen und Lehrer sollen im Kanton Bern derzeit angestellt sein, im Kanton Zürich 500. Dabei müsste man allerdings darauf hinweisen, dass gerade im Kanton Bern sehr viele PH-Studierende darunter sind, die nach einem grösseren Teil ihrer Ausbildung nun parallel zum Rest des Studiums in einer Primarschule unterrichten. Hinzu kommen Quereinsteiger mit einem abgeschlossenen Unistudium, zum Beispiel in Biologie, die dann Naturwissenschaften in einer Sekundarschule unterrichten. Interessant ist hier der Vergleich mit der Berufsbildung, wo Lehrpersonen der Berufskunde immer parallel zur Ausbildung schon unterrichten, ohne dass deswegen die Ausbildungsqualität leidet.

Diese Story, dass die Lehrerinnen und Lehrer davonlaufen, ist statistisch widerlegt

Die Behauptung, die Bildungsqualität der Schulen leide wegen Lehrkräften, die das ordnungsgemässe Lehrerdiplom nicht hätten, stimmt so pauschal sicher nicht. Es wird dann zum Problem, wenn Leute vor eine Schulklasse gestellt werden, die die Schulsprache kaum beherrschen oder im Umgang mit Kindern Mühe haben.

Der Mangel an Personal in den Schulzimmern wird auch immer damit begründet, dass viele ausgebildete Lehrkräfte den Beruf rasch wieder verlassen. Fakt ist, wie die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass in keinem anderen Beruf eine so hohe Jobtreue besteht wie bei den Lehrerinnen und Lehrern. Diese Story, dass die Lehrerinnen und Lehrer davonlaufen, ist statistisch widerlegt.

“Wir müssen heute zwei Lehrpersonen ausbilden, um ein 100-Prozent-Pensum im Klassenzimmer abzudecken.”

Stefan Wolter

Woran liegt der Lehrermangel dann? Halt doch an der Teilzeit. Man muss heute in der Schweiz zwei Lehrpersonen ausbilden, um ein 100-Prozent-Pensum im Klassenzimmer abzudecken. Im Kanton Neuenburg arbeitet beispielsweise jede fünfte Lehrkraft maximal 20 Prozent. Da fragt sich nicht nur, woher die Lehrpersonen kommen sollen, sondern auch, wie man so noch eine Schule organisieren soll. Die Kantone Zürich und Genf haben gezeigt, dass Mindestpensen ein taugliches Mittel sind. Lehrpersonen sind deswegen nicht abgesprungen.

Verständlicherweise kommt bei Personalmangel die Forderung nach höheren Löhnen. Nur, wie in anderen Berufen mit hohen Durchschnittslöhnen, ist zu befürchten, dass wenn die Saläre raufgehen, noch mehr Lehrpersonen Teilzeit arbeiten werden. Bei diesen Löhnen tauschen viele Lehrerinnen und Lehrer mehr Geld gegen mehr Freizeit ein. Oder anders gesagt: Sie wählen bei einer Lohnerhöhung lieber mehr Freizeit statt mehr Arbeit.»

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Berner Schulen müssen sich neu aufstellen https://condorcet.ch/2023/07/berner-schulen-muessen-sich-neu-aufstellen/ https://condorcet.ch/2023/07/berner-schulen-muessen-sich-neu-aufstellen/#respond Tue, 04 Jul 2023 12:37:41 +0000 https://condorcet.ch/?p=14432

Wenige Wochen vor dem Schuljahresstart sind im Kanton Bern noch 160 unbefristete Lehrpersonenstellen ausgeschrieben. Das zwingt zum Umdenken. Wir bringen einen Artikel der Tamedia-Journalistin Mirjam Comtesse, der zuerst im BUND erschienen ist.

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Manchmal habe er schlaflose Nächte, sagt Erwin Sommer, Vorsteher des kantonalen Amts für Kindergarten, Volksschule und Beratung. “Der derzeitige Lehrpersonenmangel ist die grösste Herausforderung, die ich in meiner Funktion bisher erlebt habe.” Auf den Schuljahresbeginn im August sind noch immer 160 unbefristete Stellen nicht besetzt.

Mirjam Comtesse, Journalistin bei Tamedia.

Das entspricht zwar ungefähr der Situation im Vorjahr zum selben Zeitpunkt, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Schon damals setzte man alle Hebel in Bewegung und stellte auch Nicht-Diplomierte ein, damit keine Klasse ohne Lehrperson dasteht. Das Potenzial ist heute also weitgehend ausgeschöpft.

Die Unsicherheit belastet nicht nur den Amtsvorsteher, sondern auch Schulleitungen, Lehrerkollegien, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler. So sagt beispielsweise ein Vater aus der Verwaltungsregion Emmental-Oberaargau: “Mein Sohn wird nach den Sommerferien einer neuen Klasse zugeteilt, bei der noch nicht klar ist, wer sie unterrichten soll.” Er ärgert sich über die spärlichen Informationen dazu. Und sein Sohn sei so beunruhigt, dass er nach vielen Jahren plötzlich wieder im Bett der Eltern schlafen wolle.

Der Kanton versucht mit verschiedenen Massnahmen, Schulen zu helfen. So hat er unter anderem 2020 die Fachstelle Stellenbesetzung gegründet. Sie bringt am Unterrichten Interessierte und nach Lehrpersonen suchende Schulleitungen zusammen. Gleichzeitig finden manche Schulen selbst kreative Antworten. St. Stephan, Lauterbrunnen, Pieterlen und Bümpliz/Höhe machen es vor.

Erwin Sommer, Vorsteher des kantonalen Amts für Kindergarten, Vorschule und Beratung, hat schlaflose Nächte wegen des Lehrpersonenmangels. (Foto: Franziska Rothenbühler)

Altersdurchmischte Klassen

39 Kinder und 2 Lehrerinnen sitzen im Raum der Primarschule St. Stephan im Obersimmental. Es ist kurz vor der Pause – und trotzdem überraschend ruhig. Konzentriert hören die Schülerinnen und Schüler zu, was die Lehrerinnen sagen. Erst als es heisst: “Jetzt könnt ihr in die Pause”, stürmen alle mit Gebrüll los.

Seit einem Jahr unterrichten Martina Kammacher und Leonie Aschwanden die vierte, fünfte und sechste Klasse in St. Stephan im Teamteaching. Sie beide klingen begeistert, wenn sie von ihren Erfahrungen erzählen: “Es ist abwechslungsreicher als vorher und doch auch entspannter, weil wir uns die Verantwortung teilen können”, sagt Leonie Aschwanden. “Statt Polizistinnen sind wir nun eher Lerncoachs”, bestätigt Martina Kammacher. Denn anstatt frontal zu unterrichten, begleiten sie die Schülerinnen und Schüler individuell oder in kleinen Gruppen.

“Wir legten die vierte bis sechste Klasse zusammen und setzten zwei Klassenlehrerinnen ein.”

Tobias König, Schulleiter St. Stephan BE

 

Ursprünglich war diese Lösung kein Wunschszenario, sondern sie wurde aus der Not geboren. Als Schulleiter Tobias König vor einem Jahr erkannte, dass es schwierig werden würde, eine ausgebildete Lehrperson für die sechste Klasse zu finden, überlegte er sich eine Alternative: “Wir legten die vierte bis sechste Klasse zusammen und setzten zwei Klassenlehrerinnen ein.”

Mütter und Väter reagieren positiv

Weil das aber nicht reichte, um alle Lektionen abzudecken, schrieb er zusätzlich eine Stelle für eine Quereinsteigerin oder einen Quereinsteiger aus. “Dank des Hinweises, dass die Person nie allein unterrichten würde, war es einfacher, jemanden zu finden.” Gleichzeitig konnte er so den typischen Problemen vorbeugen, die bei Nicht-Diplomierten drohen: Überforderung, Unruhe in der Klasse, Belastung der erfahreneren Kolleginnen und Kollegen, weil sie aushelfen müssen.

Bei den Müttern und Vätern kommt das Konzept gut an. Sie zeigten sich bei einer Elternbefragung diesen Frühling mit der Schule insgesamt sehr zufrieden und gaben ihr 3,9 von 4 möglichen Punkten. Auch die Kinder wirken fröhlich und engagiert. Ein Mädchen sagt beim Besuch in St. Stephan stolz: “Ich bin in der Vierten und kann manchmal den Sechstklässlern Aufgaben erklären.”

Individualisiertes Lernen in gemischten Gruppen wie in St. Stephan ist ein typisches Konzept von sogenannten Mosaik-Schulen. Amtsvorsteher Erwin Sommer nennt Mosaik-Schulen denn auch explizit als Möglichkeit, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Das ist nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Stadt eine Option: Im Schulkreis Breitenrain-Lorraine sowie im Schulhaus Munzinger in Bern wird schon seit längerem in alters- und niveaudurchmischten Klassen unterrichtet.

Ungewöhnliche Personalsuche

Einen ganz anderen, aber nicht weniger innovativen Weg hat die Schule Lauterbrunnental eingeschlagen. In einer Randregion gelegen und mit verteilten Standorten in Lauterbrunnen sowie den beiden autofreien Dörfern Mürren und Wengen, verlangt sie Lehrpersonen einiges an Flexibilität ab. Deshalb ist die Suche nach genügend Personal seit Jahren ein Thema.

Eine der ersten Massnahmen war es, örtliche Spielgruppenleiterinnen als künftige Lehrerinnen zu rekrutieren. Sie können sich nun auf Gemeindekosten weiterbilden, sodass sie später auf der Basisstufe unterrichten dürfen – die Basisstufe verbindet den Kindergarten und die ersten beiden Schuljahre. “Dies hat das Problem deutlich entschärft”, sagt Schulleiter Rolf Possel. Derzeit seien drei ehemalige Spielgruppenleiterinnen als Lehrerinnen angestellt.

Schulleiter Rolf Possel sucht auch in Deutschland nach geeigneten Lehrpersonen. (Foto: Christian Pfander)

Zudem beschäftigt die Schule neu einen Biologen ohne pädagogische Ausbildung, im nächsten Schuljahr kommt ein Physiker dazu. “Wir haben sie explizit ermutigt, bei uns zu arbeiten”, sagt Rolf Possel. Beide verfügen über das nötige Fachwissen. Mentorate und Unterstützung von ihren Kolleginnen und Kollegen sollen ihnen ermöglichen, auch die pädagogischen Herausforderungen zu bewältigen.

Gleichzeitig hat die Schule Lauterbrunnental gezielt in den deutschsprachigen Nachbarländern nach Personal gesucht. “Dort hat es Leute mit Potenzial, denen aber die Ausbildung fehlt und die deshalb in ihrer Heimat nicht unterrichten dürfen”, sagt Rolf Possel. Seine Umtriebigkeit hat sich gelohnt: Für das kommende Schuljahr konnte er alle Stellen besetzen.

Am Schulstandort Bümpliz/Höhe in Bern sucht man ebenfalls auf ungewöhnlichen Wegen nach Fachkräften. Co-Schulleiter Martin Cappis setzte dieses Jahr unter anderem Whatsapp, Facebook und Instagram ein, um die offenen Stellen möglichst breit bekannt zu machen. Er gestaltete auch Inserate mit Fotos vom Schulhaus und liess diese in den pädagogischen Hochschulen aushängen.

Sie sollten aber zumindest Erfahrung haben im Führen von Kindergruppen wie etwa bei der Pfadi oder einem Sportverein.

In den Ausschreibungen ermutigte er explizit Personen ohne pädagogischen Abschluss, sich zu bewerben. Sie sollten aber zumindest Erfahrung haben im Führen von Kindergruppen wie etwa bei der Pfadi oder einem Sportverein. Nach zahlreichen Gesprächen mit unterschiedlichsten Bewerberinnen und Bewerbern hat es Martin Cappis nun Mitte Juni geschafft: Alle Pensen des Regelunterrichts werden im August mit ausgebildeten Lehrpersonen abgedeckt sein.

Attraktive Anstellungsbedingungen

In Pieterlen im Seeland konnte die Schulleitung nach einigen Schwierigkeiten ebenfalls alle Stellen im Klassenbereich besetzen, allerdings zum Teil mit Quereingestiegenen. Die unmittelbare Nähe zum Kanton Solothurn macht hier die Personalsuche besonders schwierig. Ennet der Kantonsgrenze verdienen erfahrene Lehrpersonen bis zu 1000 Franken mehr im Monat.

Unter dem Titel “Schule neu denken” setzt Pieterlen deshalb auf Innovation und will so zusätzliche Lehrpersonen anziehen. Am Montagabend informierten die Zuständigen die Eltern, wie ihre Vision aussieht.

Im Kindergarten sowie in den ersten beiden Primarschuljahren wird unter anderem eine Ankommenszeit von 10 bis 15 Minuten eingeführt, während der die Schülerinnen und Schüler eintrudeln können. Hinzu kommen für alle Stufen vermehrtes individuelles Lernen sowie Projektarbeiten. Dazu gehört, dass die starren 45-Minuten-Lektionen zugunsten grösserer Lerneinheiten aufgebrochen werden. Und anstatt einzelner Klassenlehrerinnen und -lehrer soll es Teams geben, die gemeinsam eine Klasse führen.

Kreative Ansätze sind bitter nötig. Denn in den kommenden Jahren dürfte sich der Lehrpersonenmangel sogar noch verschärfen.

Bereits im August beginnen verschiedene Klassen mit der Umsetzung, andere folgen später. “Wir wollen keine kurzfristigen Lösungen, sondern uns längerfristig als attraktive Schule aufstellen”, sagt Schulleiter Marc Cavin.

Kreative Ansätze wie in Pieterlen, St. Stephan, Lauterbrunnen und Bümpliz/Höhe sind bitter nötig. Denn in den kommenden Jahren dürfte sich der Lehrpersonenmangel sogar noch verschärfen. Die Gründe sind bekannt: Viele Babyboomer gehen in Pension, die Anzahl Schülerinnen und Schüler nimmt zu, und der Lehrplan 21 hat zu mehr Lektionen geführt.

Volksschulamtsleiter Erwin Sommer rechnet erst ab 2027 mit einer allmählichen Entspannung. Dennoch will er optimistisch bleiben: “Wenn wir den Schülerinnen und Schülern zeigen, dass wir diese Krise gemeinsam bewältigen, dann können wir Kreativität, Widerstandskraft und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.”

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Es fehlt nicht an Lehrpersonen. Es fehlt an Lehrpersonen, die länger in ihrem Beruf bleiben wollen https://condorcet.ch/2023/06/es-fehlt-nicht-an-lehrpersonen-es-fehlt-an-lehrpersonen-die-laenger-in-ihrem-beruf-bleiben-wollen/ https://condorcet.ch/2023/06/es-fehlt-nicht-an-lehrpersonen-es-fehlt-an-lehrpersonen-die-laenger-in-ihrem-beruf-bleiben-wollen/#comments Wed, 14 Jun 2023 11:54:25 +0000 https://condorcet.ch/?p=14274

Die Schulen suchen nach wie vor qualifizierte Lehrpersonen, obwohl eigentlich genügend von ihnen ausgebildet werden. Doch viele wandern ab oder reduzieren ihr Pensum. Condorcet-Autor Carl Bossard wirft den Bildungsverantwortlichen vor, die Lehrpläne zu überfrachten und den Unterricht zu bürokratisieren.

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«Robinson Crusoe» von Daniel Defoe zählte in den Jugendjahren zu meiner Lieblingslektüre. Wie habe ich mit dem Schiffbrüchigen mitgezittert! Im Sturm läuft sein Boot auf Grund; Robinson rettet sich an Land. Dann kontrolliert er das Wrack und verschafft sich einen Überblick, macht Inventur und analysiert die Lage. Zielgerichtet geht er ans Werk.

Wer die derzeitige Bildungssituation betrachtet, spürt: Auch in der Bildung sind wir da und dort auf Grund gelaufen, sind wegen Überbürokratisierung manövrierunfähig geworden, vergassen in der stürmischen Reformflut den Kompass und verloren vielfach die Zielkoordinaten aus den Augen. Wir haben das Bildungsboot inhaltlich weit überladen. Viele Lehrkräfte fliehen darum von Bord oder ziehen sich in Teilaufträge zurück. Die NZZ spricht vom «Notfall» Klassenzimmer. Wie bei Robinson braucht es eine ungeschönte Lageanalyse.

Humane Energie fürs Pädagogische resultiert aus Freiheit, nicht aus Direktiven und Dekreten.

Allerdings will kaum jemand die wirklichen Ursachen benennen. Die Kernproblematik bleibt tabu. Die Stäbe in den Bildungsdirektionen flüchten ins Oberflächliche und Unverbindliche. Sie berufen sich auf Pensionierungen, auf Lohnfragen und gestiegene Schülerzahlen. Dabei ist man sich hinter vorgehaltener Hand längst einig, dass die üppige Bürokratie viele Lehrer aus dem Beruf vertreibt. Es ist das, was unter dem Stichwort «Papierkram» daherkommt: Formulare, Berichte, Dokumente. Bildungsverwaltung und Administration wollen Schule und Unterricht von oben steuern; sie wollen standardisieren und reglementieren. So sind für Elterngespräche achtseitige Kriterienraster mit 157 Kompetenzen vorgeschrieben. Da heisst es für ein Kind der fünften Klasse beispielsweise: «Kann Problem- und Konfliktlösungen auf unterschiedlichen Ebenen vergleichen, z.B. Innerschweizer Eidgenossenschaft», unterteilt in vier Niveaustufen. Ein solch enges Raster erstickt jeden persönlichen Austausch.

Vorgaben und Vorschriften wachsen und wuchern. Pädagoginnen aber sollten kreativ sein und spontan gestalten können. Das bedingt Freiheit und Freiraum. Humane Energie fürs Pädagogische resultiert aus Freiheit, nicht aus Direktiven und Dekreten. Gute Pädagogik und Bürokratie passen nicht zusammen. Organisation aber kommt heute vor Interaktion: Da wird gemessen und getestet, evaluiert und verglichen, korreliert und prognostiziert wie noch nie. Freude haben höchstens die Beratungsbüros. Dicke Berichte entstehen und neue Erlasse. Viele Lehrpersonen fühlen sich darum gefangen in den Tentakeln administrativer Fesseln. Sie beklagen das Korsett künstlich konstruierter Komplexität heutiger Schulwelten. «Schule in Ketten», resümiert ein erfahrener Lehrer seine Unterrichtsjahre. Doch die Bildungspolitik blickt konsequent weg.

Carl Bossard, 74, ist Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Zug. Davor war er als Rektor der kantonalen Mittelschule Nidwalden und Direktor der Kantonsschule Luzern tätig. Heute begleitet er Schulen und leitet Weiterbildungskurse. Er beschäftigt sich mit schulgeschichtlichen und bildungspolitischen Fragen.

Viele spüren, dass der Lehrplan 21 mit den zwei frühen Fremdsprachen auf der Primarstufe und der Fülle von Kompetenzen überladen ist. Wer die Fachinhalte ausdehnt, minimiert die Übungszeit. Beides lässt sich nicht gleichzeitig maximieren. Das Gesetz der Gegenbuchung! Darunter leiden vor allem der Kernbereich Rechnen und das Grundlagenfach Deutsch mit den Kulturtechniken Lesen und Schreiben. Das macht guten Lehrerinnen und engagierten Pädagogen zu schaffen. Sie hetzten von Thema zu Thema, beklagen manche – ohne die nötige Zeit zum Vertiefen und Üben, ohne genügend Freiraum fürs Erlebnis und das Musische. Das hat seinen Grund: Die Primarschule hat sich inhaltlich entgrenzt. Gleichzeitig weiss man seit langem um den minimen Wirkeffekt vor allem von Frühfranzösisch. Die Langzeitstudie der Zürcher Linguistin Simone Pfenninger weist dies nach; sie stellt den propagierten Wert der frühen Fremdsprachen infrage. Die Bildungspolitik verschliesst die Augen.

Will die Bildungspolitik den Lehrermangel beheben, muss sie sich auf den schulischen Kernauftrag besinnen.

Viele erleben, dass die angedachte Integration in dieser Form nicht recht funktioniert. Verhaltensauffällige Schüler belasten den pädagogischen Alltag. Der Wegfall der Kleinklassen als Folge der Integration ganz unterschiedlicher Kinder in die gleiche Lerngemeinschaft verstärkt die Unruhe im Klassenraum und erschwert den Unterricht. Die Koordinationsabsprachen mit all den Betreuungspersonen sind anspruchsvoll; der administrative Aufwand steigt. Die Arbeitszeit reicht vielfach nicht aus. Das geht auf Kosten des Kernauftrags Unterricht; oft verkommt er gar zur Nebensache. Viele Lehrpersonen können das nicht verantworten und ziehen die Konsequenzen. Auch hier schauen die Stäbe weg.

Nach dem Kentern seines Schiffes verschaffte sich Robinson Überblick. Er analysierte die Lage und konzentrierte sich aufs Wesentliche. Das gilt auch für die Bildungspolitik. Will sie den Lehrermangel beheben, muss sie sich auf den schulischen Kernauftrag besinnen. Schiffbrüchige sind sonst die Schulkinder.

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Zu wenig Lehrerinnen und Lehrer: die wahren Gründe https://condorcet.ch/2023/05/zu-wenig-lehrerinnen-und-lehrer-die-wahren-gruende-2/ https://condorcet.ch/2023/05/zu-wenig-lehrerinnen-und-lehrer-die-wahren-gruende-2/#comments Thu, 18 May 2023 16:31:52 +0000 https://condorcet.ch/?p=14001

Landauf, landab sind Schulpräsidenten und Schulleiter fast verzweifelt daran, für das neue Schuljahr Lehrkräfte zu suchen. Dabei werden für den Lehrermangel vonseiten der Behörden und Bildungsexperten mehrheitlich Gründe genannt, welche die wahren Ursachen verschleiern. Ein Gastbeitrag von Mario Andreotti.

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Dem Kanton St. Gallen fehlen zurzeit rund 120 Lehrerinnen und Lehrer. Was Kritiker der überstürzten Bildungsreformen schon längst vorausgesagt haben, ist nun eingetreten: ein Lehrermangel enormen Ausmasses, der Schulbehörden und Schulleiter immer häufiger zwingt, an unseren Volksschulen Personen in die Klassenzimmer zu holen, die sich entweder noch im Studium an einer Pädagogischen Hochschule befinden oder sonst wie weder fachlich noch pädagogisch-didaktisch genügend ausgebildet sind. Als Begründung ist von zu tiefen Einstiegslöhnen, von zu grossen Klassen, von steigenden Schülerzahlen, von zunehmender Teilzeitarbeit der Lehrkräfte und dergleichen mehr die Rede. Das mag ja alles stimmen.

Mario Andreotti, Bildungsexperte

Doch die eigentlichen Gründe für den akuten Mangel an Lehrkräften liegen anderswo. Seit einiger Zeit brodelt es in verschiedenen Schulen, weil Schulbehörden, aber auch Schulleiter den Lehrkräften in teilweise forscher Gangart Lernkonzepte verordnen wollen, die sich am Lehrplan 21 orientieren. Die Lehrkräfte werden dazu in Weiterbildungskurse geschickt, um auf ihre neue Rolle als Coaches oder Lernbegleiter getrimmt zu werden. Zudem werden sie kontrolliert und evaluiert, mit Lernberichten, Beobachtungsbögen, Protokollen und Koordinationssitzungen belastet, so dass sie kaum mehr zum Unterrichten kommen, geschweige denn Zeit für den menschlichen Kontakt mit den Schülern finden. Trotz ihrer mehrjährigen Hochschulausbildung traut man ihnen nicht mehr zu, den Unterricht selbständig zu organisieren. Es braucht dazu noch Lernberater, Schulentwickler, Evaluatoren, Supervisoren und Instruktoren, die in erster Linie zu kontrollieren haben, ob die einzelnen Lehrkräfte in ihr Raster passen.

Trotz ihrer mehrjährigen Hochschulausbildung traut man Lehrkräften nicht mehr zu, den Unterricht selbständig zu organisieren.

Der Lehrerberuf ist im Begriff, massiv abgewertet zu werden. Bis anhin organisierten und erteilten die Lehrkräfte den Unterricht und genossen dabei, im Rahmen des Lehrplans, Methodenfreiheit. Sie leiteten die Geschicke ihrer Klassen und wurden von administrativem Krimskrams weitgehend verschont, so dass sie sich ihrer Hauptaufgabe, dem Unterrichten, vollumfänglich widmen konnten. Heute haben die Lehrkräfte nach dem Lehrplan 21 zu unterrichten, der auf 470 Seiten über 2000 Kompetenzstufen auflistet. Die einst hochgehaltene Methodenfreiheit ist nur noch Theorie. Der Frontalunterricht, der nachgewiesenermassen die besten Lernergebnisse brachte, ist vollkommen verpönt. An seine Stelle tritt “selbstorganisiertes Lernen”, bei dem die Schüler ihren Lernprozess weitgehend selber steuern sollen und die Lehrperson nur noch als Coach, als Lernbegleiter an der Seitenlinie den Lernprozess begleitet.

Zu all dem beklagen sich die Lehrkräfte zunehmend über die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit durch die Öffentlichkeit. Überfüllte Klassen, integrativer Unterricht und ständig neue administrative Aufgaben tragen dazu bei, dass bei den Lehrkräften das Gefühl fehlender Anerkennung für ihre verantwortungsvolle Lehrtätigkeit und Erziehungsarbeit entsteht. Verwundert es da noch, dass unter solchen Bedingungen immer mehr Lehrkräfte die Freude am Beruf verlieren?

Nicht zuletzt muss den Lehrerinnen und Lehrern vonseiten der Öffentlichkeit, vor allem der Eltern und der Schulbehörden, wieder jene Wertschätzung entgegengebracht werden, die heute viele vermissen lassen.

Will man dem jetzigen Lehrkräftemangel erfolgreich begegnen, so muss sich neben attraktiveren Rahmenbedingungen, zu denen unter anderem mehr Lohn sowie kleinere Klassen zählen mögen, die Unterrichtsform selber tiefgreifend ändern. Aus den Lernateliers müssen wieder Klassenzimmer, aus dem “selbstgesteuerten Lernen” muss ein Klassenunterricht und aus dem reinen Lernbegleiter eine Lehrperson werden, die sich in der Beziehung zu ihren Schülern souverän einbringen kann, ohne dauernd durch unergiebige Evaluationen und fragwürdige Reformen von ihrem Kernauftrag abgelenkt zu werden.

Nur so lässt sich wieder ein solides Bildungsfundament aufbauen, was umso dringlicher ist, als heute 40 Prozent der Schüler die minimalen Grundkompetenzen in Mathematik nicht erreichen und als jeder fünfte Schüler die Volksschule ohne genügende Kompetenzen im Lesen und Schreiben verlässt. Nicht zuletzt muss den Lehrerinnen und Lehrern vonseiten der Öffentlichkeit, vor allem der Eltern und der Schulbehörden, wieder jene Wertschätzung entgegengebracht werden, die heute viele vermissen lassen. Das wären die besten Voraussetzungen, um weiterhin geeignete Männer und Frauen für den Lehrerberuf zu gewinnen und sie auch längerfristig in diesem Beruf zu halten.

Mario Andreotti

 

Prof. Dr. Mario Andreotti, ehem. Gymnasiallehrer und heute Dozent für Neuere deutsche Literatur, ist ein profunder Kenner der schweizerischen Bildungslandschaft. 2019 veröffentlichte er im Verlag FormatOst dazu das vielbeachtete Buch «Eine Kultur schafft sich ab. Beiträge zu Bildung und Sprache».

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Wenn die Kernproblematik ausgeblendet wird https://condorcet.ch/2023/04/wenn-die-kernproblematik-ausgeblendet-wird/ https://condorcet.ch/2023/04/wenn-die-kernproblematik-ausgeblendet-wird/#respond Fri, 07 Apr 2023 14:35:30 +0000 https://condorcet.ch/?p=13595

Er hat schon viele Studien gelesen. Auch die neuste Untersuchung der Dienststelle für Volksschulbildung in Luzern (Büro Barbara Häring GmBH, 64 Seiten) hat er sich angetan: Sein Fazit: Immer die gleiche Rhetorik, immer die bekannten Resultate, immer am Kern vorbei. Unbeachtet bleiben die Grundwidersprüche im Bildungssystem. Ein Lehrstück bürokratischen Leerlaufs – findet Condorcet-Autor Carl Bossard.

Die Flucht aus dem Schulzimmer liegt im Systemischen.

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Im Kanton Bern unterrichtet jede zehnte Lehrperson ohne ausreichendes Diplom. Fast 750 Lehrstellen sind aktuell im Kanton Zürich offen, über 220 Stellen im Luzernischen neu zu besetzen. 226 Lehrerinnen und Lehrer verliessen 2022 die Schwyzer Volksschule, so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Der Mangel an qualifiziertem Fachpersonal ist akut. Allein von den Heilpädagoginnen und Heilpädagogen sind 60 Prozent nicht genügend qualifiziert. Die Problematik verschärft sich. Darum können auch Personen ohne pädagogisches Studium unterrichten. Ein Fakt mit Folgen für die Unterrichtsqualität.

Der Kernauftrag hat sich massiv erweitert

Ausgebildet werden genügend Lehrerinnen und Lehrer. Das weiss man. Doch viele fliehen in Teilpensen oder verlassen das Schulzimmer bald einmal. Die Gründe sind längst bekannt, die Belastungsfaktoren vielfach genannt: Der Beruf an sich bereitet Freude; die Arbeit mit den Kindern erfüllt mit Sinn. Doch verhaltensauffällige Schüler belasten den Alltag enorm. Der Wegfall der Kleinklassen als Folge der Integration ganz unterschiedlicher Kinder in die gleiche Lerngemeinschaft verstärkt die Unruhe im Klassenraum. Das erschwert den Unterricht und erhöht den Zeitbedarf fürs einzelne Kind. Die Koordinationsabsprachen mit all den Betreuungspersonen sind anspruchsvoll; der administrative Aufwand steigt. Die Arbeitszeit reicht vielfach nicht aus. Das geht auf Kosten des Kernauftrags Unterricht. Und diese Aufgabe hat sich über die Fächerfülle massiv erweitert.

Die Belastungsfaktoren liegen offen

Dazu kommt Äusseres: Die intensive Reformwelle der vergangenen Jahre erhöht die Ansprüche an die Schule und damit die Widersprüche im Unterrichtsalltag; gleichzeitig nimmt die Wertschätzung aus Politik und Elternhaus ab. Vielerorts stagniert der Lohn.

All das ist längst offengelegt. Man kennt die Kernursachen des Lehrermangels, man weiss um die Motive des Berufsausstiegs – und doch werden noch immer Befragungen durchgeführt. Jüngstes Beispiel ist der Kanton Luzern. Die Dienststelle Volksschulbildung liess über das Büro Barbara Häring GmbH, Zürich, einen detaillierten Bericht zum „Lehrpersonenmangel“ erarbeiten.[1] Verfasst hat ihn der Politologe Hans-Martin Binder. Er umfasst 64 Seiten und resümiert eine Umfrage bei rund 3‘000 Lehrerinnen und Lehrern.

Die Flucht aus dem Schulzimmer liegt im Systemischen

Die Studie zeitigt kaum Neues. Sie nimmt die Stimmen der Lehrer auf und bündelt sie in Tabellen und Grafiken. Der Tenor ist allseits bekannt. Vieles bleibt so an der Oberfläche: anspruchsvoller und aufreibender Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern sowie Zeitmangel für den Kernauftrag Unterrichten, kompliziertes Lohnsystem und abnehmendes Berufsprestige.

Die eigentliche Ursache für den Exodus aus dem Schulzimmer aber liegt im Systemischen. Davon ist nicht die Rede. Die Innovationskaskade der vergangenen Jahre hat die Schule radikal verändert. Die vielen Reformen erfolgten wenig koordiniert, meist additiv und kaum aus einer Gesamtsicht heraus. Sie muten an wie eine hektische Flucht in zusätzliche Fächer und Vorschriften, in Strukturen und Formalitäten. Nach dem Ziel der Schule wurde kaum gefragt.

Unterrichten ist ein Geschehen mit Widersprüchen

Der Unterricht ist ein anspruchsvoller dialektischer Prozess.

Das pädagogische Geschehen im Klassenzimmer ist ein anspruchsvoller dialektischer Prozess. Für Lehrerinnen und Lehrer bedeutet das: Widersprüche aushalten, beispielsweise gleichzeitig Empathie und Widerstand zeigen; die Kinder verstehen und doch nicht mit allem einverstanden sein. Achtsam sein und gleichzeitig Disziplin verlangen, das Kollektiv im Auge behalten und jeden Einzelnen im Blick haben.

Die Lehrerin arbeitet im widersprüchlichen Feld von Freiheit und Ordnung; das Wirken des Lehrers bewegt sich zwischen Individuation und Sozialisation, zwischen kultureller Integration und Vermitteln von Lerninhalten sowie Einüben von Können – und natürlich zwischen den Momenten des Gelingens und des Scheiterns.

 

Jeder Wert hat einen ‹gleich-gültigen› Gegenwert

Schule – ein widersprüchliches Feld mit manchen mehrdeutigen Zielen. Statt die Zielvorstellungen zu klären, haben Bildungspolitik und -verwaltung der Schule in den vergangenen Jahren stets Neues aufgeladen: zusätzliche Fächer und Aufgaben, vermehrte Vorgaben und Vorschriften, eine forcierte externe Kontrolle über die Output-Steuerung, vervielfachte Heterogenität über die Integration und Inklusion. Das verstärkt die eh schon immanenten Widersprüche im pädagogischen Parterre. Ein Beispiel: Wenn über Frühenglisch und Frühfranzösisch auf der Inhaltsachse x zusätzliche Fächer aufgebürdet werden, reduziert sich auf der Gegenachse y die Zeit fürs Festigen. Wissen und Können aufbauen aber braucht Zeit. Doch die zwei Fremdsprachen rauben Übungszeit; sie fehlt dann anderorts, vor allem im Fach Deutsch.

Im dialektischen Spannungsfeld hat eben jeder Wert einen ‹gleich-gültigen› Gegenwert. Das Eindeutige gibt es kaum.

Wichtig wäre ein gesundes Gleichgewicht. Im dialektischen Spannungsfeld hat eben jeder Wert einen ‹gleich-gültigen› Gegenwert. Das Eindeutige gibt es kaum. Der Empathie wird als ihr dialektischer Gegenpart das positive Konfrontieren zugeordnet, dem selbstorientierten Lernen das helfende Begleiten.

Jede Form von Eindeutigkeit negiert die Gegenseite. Irgendwann kippt’s; dem können wir uns nicht entziehen. Entscheidend ist die Balance. Das gilt ganz besonders für die Schule.

Konkret: So viel Selbständigkeit der Lernenden wie möglich, so viel Unterstützung durch die Lehrperson wie nötig. Gegensätzliche Werte wie Nähe und Distanz sind ineinander verwoben. Eine polare Spannung hält sie zusammen. Wird der eine Wert maximiert, so reduziert sich der andere, der Gegenwert. Beide lassen sich nicht gleichzeitig maximieren. Die verstärkte Heterogenität beispielsweise führt zur Reduktion von Effizienz und Verbindlichkeit. Das ist keine Ideologie, sondern schlichte Proportionenrechnung, oder anders gesagt: Jede Form von Eindeutigkeit negiert die Gegenseite. Irgendwann kippt’s; dem können wir uns nicht entziehen. Entscheidend ist die Balance. Das gilt ganz besonders für die Schule.

Teure Symptombekämpfung statt Ursachenanalyse

Die Reformen der vergangenen Jahre tragen zu viel Zielwidersprüchliches in sich; in vielem ist die Balance verloren gegangen. Das bringt Schule und Unterricht in Atemnot. Hier liegt eine der Kernursachen für die Flucht aus dem Schulzimmer. Und diese Widersprüche müsste eine verantwortungsvolle Bildungspolitik aufzeigen und angehen.

Stattdessen begnügen sich Bildungsstäbe meist mit Kosmetik. Sie bekämpfen die Symptome. In Luzern mit einem attraktiveren Stellenportal und einem neuen Lohnmodell, mit einem CAS-Lehrgang für den Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern und einer zusätzlichen Kommission. Wirksame Reformen aber sehen anders aus. Sie müssten dringend angegangen werden, wenn der Lehrermangel behoben werden will. Leidtragende sind sonst die Schulkinder.

[1] https://volksschulbildung.lu.ch/-/media/Volksschulbildung/Dokumente/index/Aktuelles/bericht_lp_mangel_kt_luzern.pdf [abgerufen: 31.03.2023]

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Zu wenig Lehrerinnen und Lehrer: die wahren Gründe https://condorcet.ch/2023/03/zu-wenig-lehrerinnen-und-lehrer-die-wahren-gruende/ https://condorcet.ch/2023/03/zu-wenig-lehrerinnen-und-lehrer-die-wahren-gruende/#comments Tue, 21 Mar 2023 13:33:46 +0000 https://condorcet.ch/?p=13458

Landauf, landab sind Schulpräsidenten und Schulleiter daran, für das neue Schuljahr Lehrkräfte zu suchen. In der Ostschweiz ist die Situation zwar etwas weniger dramatisch als in anderen Landesteilen. In der Bodenseeregion konnten erneut alle offenen Lehrerstellen besetzt werden. Trotzdem bleibt die Situation auch hier angespannt, wie Gastautor Prof. Dr. Mario Andreotti schreibt.

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Für den sich seit Jahren zuspitzenden Lehrermangel werden vonseiten der Schulbehörden und Bildungspolitiker mehrheitlich Gründe genannt, welche die wahren Ursachen verschleiern. Es ist von zu tiefen Einstiegslöhnen, von zu grossen Klassen, von steigenden Schülerzahlen, von zunehmender Teilzeitarbeit der Lehrkräfte und dergleichen mehr die Rede. Das mag ja alles stimmen. Doch die eigentlichen Gründe für den akuten Mangel an Lehrkräften liegen anderswo.

Gastautor Prof. Dr. Mario Andreotti

Seit einiger Zeit brodelt es in verschiedenen Schulen, weil Schulbehörden, aber auch Schulleiter den Lehrkräften in teilweise forscher Gangart, sich am Lehrplan 21 orientierende Lernkonzepte verordnen wollen. Die Lehrkräfte werden dazu in Weiterbildungskurse geschickt, um auf ihre neue Rolle als Coaches oder Lernbegleiter getrimmt zu werden. Zudem werden sie kontrolliert und evaluiert, mit Lernberichten, Beobachtungsbögen, Protokollen und Koordinationssitzungen belastet, so dass sie kaum mehr zum Unterrichten kommen, geschweige denn Zeit für den menschlichen Kontakt mit den Schülern finden. Trotz ihrer mehrjährigen Hochschulausbildung traut man ihnen nicht mehr zu, den Unterricht selbständig zu organisieren. Es braucht dazu noch Lernberater, Schulentwickler, Evaluatoren, Supervisoren und Instruktoren, die in erster Linie zu kontrollieren haben, ob die einzelnen Lehrkräfte in ihr Raster passen.

Verpönter Frontalunterricht würde beste Lernergebnisse bringen

Der Lehrerberuf ist im Begriff, massiv abgewertet zu werden. Bis anhin organisierten und erteilten die Lehrkräfte den Unterricht und genossen dabei, im Rahmen des Lehrplans, Methodenfreiheit. Sie leiteten die Geschicke ihrer Klassen und wurden von administrativem Krimskrams weitgehend verschont, so dass sie sich ihrer Hauptaufgabe, dem Unterrichten, vollumfänglich widmen konnten. Heute haben die Lehrkräfte nach dem Lehrplan 21 zu unterrichten, der auf 470 Seiten über 2000 Kompetenzstufen auflistet. Die einst hochgehaltene Methodenfreiheit ist nur noch Theorie. Der Frontalunterricht, der nachgewiesenermassen die besten Lernergebnisse brachte, ist vollkommen verpönt. An seine Stelle tritt “selbstorganisiertes Lernen”, bei dem die Schüler ihren Lernprozess selber steuern sollen und die Lehrperson nur noch als Coach an der Seitenlinie den Lernprozess begleitet.

Zu all dem beklagen sich die Lehrkräfte zunehmend über die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit durch die Öffentlichkeit. Überfüllte Klassen, integrativer Unterricht und ständig neue administrative Aufgaben tragen dazu bei, dass bei den Lehrkräften das Gefühl fehlender Anerkennung entsteht. Verwundert es da noch, dass unter solchen Bedingungen immer mehr Lehrkräfte die Freude am Beruf verlieren?

Prof. Dr. Mario Andreotti, Dozent für Neuere deutsche Literatur

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Der Elfenbeinturm hisst die weisse Fahne https://condorcet.ch/2023/02/der-elfenbeinturm-hisst-die-weisse-fahne/ https://condorcet.ch/2023/02/der-elfenbeinturm-hisst-die-weisse-fahne/#comments Tue, 07 Feb 2023 20:00:48 +0000 https://condorcet.ch/?p=13077

Condorcet-Autor und Professor Ralf Lankau berichtet uns über unglaubliche Entwicklungen in Sachen Digitalisierung der Schulen in Deutschland. Zu welchen Fehlentscheidungen eine reduzierte statt multiperspektivische Sicht auf Bildungseinrichtungen und die Beteiligten führt, hat man zuletzt in voller Schärfe bei der Corona-Pandemie gesehen.

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Mangelverwaltung statt wissenschaftliche Expertise

Condorcet-Autor Professor Ralf Lankau, Offenburg (D).

Im Frühjahr 2021 hat die Kultusministerkonferenz eine „Ständige Wissenschaftliche Kommission“ berufen, die die Kultusministerien in allen Fragen beraten soll: von der frühkindlichen Bildung bis zur beruflichen Weiterbildung. Berufen wurden ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter der empirischen Bildungsforschung, eine Einseitigkeit, die dem Anspruch des Wissenschaftlichen kaum gerecht wird. Daher verwundert es nicht, dass Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Disziplinen in einem gemeinsamen „Positionspapier zur Weiterentwicklung der KMK-Strategie ‹Bildung in der digitalen Welt›“ ein Gutachten der Kommission zur Digitalisierung kritisierten:

„Die tatsächliche Vielfalt an Forschungsbefunden zur Digitalisierung in Bildung bleibt entsprechend systematisch unberücksichtigt. Dazu zählen, um nur einige Beispiele zu nennen, Beiträge aus der Medienpädagogik, der Bildungsinformatik, der kulturellen und politischen Bildung, der Medienethik, der Kindergesundheitsforschung, der Techniksoziologie oder der Datafizierungsforschung, die insgesamt ebenso zum Feld der für Politik relevanten Bildungsforschungsbereiche gezählt werden müssen.” [1]

Zu welchen Fehlentscheidungen eine reduzierte statt multiperspektivische Sicht auf Bildungseinrichtungen und die Beteiligten führt, hat man zuletzt in voller Schärfe bei der Corona-Pandemie gesehen. Für die Entscheidungsgrundlagen kamen überwiegend Experten der Virologie und Epidemiologie zu Wort, was nicht nur zu massiven Lerndefiziten und psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen führte. Im Nachhinein erwiesen sich auch die empfohlenen Schulschließungen als falsch und unbegründet, vor der nicht nur Pädagogen gewarnt hatten. Die Vielfalt der wissenschaftlich begründeten Perspektiven auf das Schulsystem fehlt auch in der Stellungnahme “Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel“. Sie hat nicht nur zu teils wütenden – gleichwohl berechtigten – Protesten der Lehrerverbände geführt, sondern rein verwaltungstechnische Empfehlungen formuliert.

Schulpolitisches Versagen unter Einfluss der Think Tanks

Das schulpolitische Versagen der Kultusministerien unter dem Einfluss der Think Tanks diverser Stiftungen in den letzten 20 bis 30 Jahren kann man der Kommission nicht anlasten. Aber für die die vorgeschlagenen Verwaltungsakte braucht es keinerlei wissenschaftliche Expertise. Es gibt zu wenig Lehrkräfte an Schulen? Hier die Vorschläge der Kommission:

  • Erschließung von Beschäftigungsreserven bei qualifizierten Lehrkräften, dazu gehört die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung in Anlehnung an das Konzept der Vorgriffsstunden. Angesichts eines prognostizierten Lehrermangels für die nächsten 20 Jahre (!) wirft das die Frage auf, wann die vorgegriffenen Überstunden ausgeglichen werden sollen.
  • Verzicht auf die Reduktion der Unterrichtsverpflichtung aus Altersgründen, und Reduktion der Möglichkeiten zu Teilzeitbeschäftigungen (unabhängig davon, ob verkürzte Arbeitszeit dazu dienen, eigene Kinder oder Angehörige zu betreuen oder beruflichen Belastung geschuldet sind).
  • Abordnung von Lehrkräften an Dienststellen mit besonderem Bedarf. Das fordert von den Lehrkräften nicht nur längere Fahrtzeiten und ggf. Umzüge und soziale Neuorientierung. Zudem unterläuft es das pädagogische Grundprinzip von Beziehung und Vertrauen als Basis von Unterricht in einer Klassen- als Sozialgemeinschaft.
  • Hybridunterricht, bei dem ein Teil der Schülerinnen und Schüler vor Ort ist, während andere Schülerinnen und Schüler, auch aus anderen Schulen, per Video zugeschaltet werden. Dabei hat der durch Corona erzwungen Fernunterricht doch gerade in der Praxis gezeigt, dass diese Form des Unterrichts die schlechteste Variante überhaupt ist. (Sinnvoller sind Präsenzunterricht in kleiner Gruppe im Wechsel oder Online-Sitzungen für alle.)
  • Die Entlastung und Unterstützung qualifizierter Lehrkräfte durch Studierende für das Lehramt. Der Vorschlag ist an sich richtig. Sie sollte aber zu Ende gedacht werden zu einem Dualen Studium mit Unterrichtsbesuchen vom ersten Semester an (Hospitation) und zunehmend eigenverantwortlichen Unterrichtseinheiten (Assistenz und eigene Kleingruppen), damit man in Schulen auf formal nicht (vollständig) qualifizierte Personen und vor allem Quereinsteiger verzichten kann, die in Berufsschulen möglicherweise eine Hilfe sind, in Grundschulen aber ein bereits erkanntes Problem.
  • Erhöhung der Selbstlernzeiten von Schülerinnen und Schüler. Der Vorschlag ignoriert belegte Fakten. Danach sind nur wenige, vor allem ältere Schülerinnen und Schüler dazu überhaupt in der Lage, und für den Lernerfolg kommt es entscheidend darauf an, ob sie zu Haue von einem Elternteil betreut werden können oder nicht. Diese Form von Nicht-Unterricht ist vor allem die effektivste Verstärkung der sozialen Spaltung zu Lasten der Kinder und Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern und/oder mit Migrationshintergrund.
  • Weiterqualifizierung von Gymnasiallehrkräften für andere Schulformen sowie Nachqualifizierung in Mangelfächern. Das schränkt die an sich freie Berufs- und Fächerwahl spätestens dann ein, wenn die (Weiter-)Beschäftigung an den Fachwechsel gebunden wird.
  • Anpassung der Klassenfrequenzen. h. Erhöhung der Klassenstärke, wohl wissend, dass große Klassen anstrengender zu unterrichten sind, Gruppenarbeiten mit vielen Gruppen schwieriger zu betreuen und der Unterricht daher notwendig stärker lehrerzentriert und frontal ausgerichtet sein muss (wie bei Hochschul-Vorlesungen mit hohen Teilnehmerzahlen).
  • Und zu guter Letzt Maßnahmen zur Gesundheitsförderung per Internet: Achtsamkeitstraining und eMental-Health-Angebote.

Ist das noch eine Empfehlung oder bereits Zynismus? Über die Erleichterung über im Ausland erworbene Abschlüsse für das Lehramt kann man streiten, die Entlastung der Lehrkräfte von Organisations- und Verwaltungsaufgaben ist unbedingt zu begrüßen. Allerdings sind gerade diese Aufgeben der empirischen Bildungsforschung, der „datengestützten Schulentwicklung“ und ihrem ständigen Datenhunger geschuldet.[2]

Im Wesentlichen laufen die Vorschläge der Kommission darauf hinaus, dass die heute aktiven Lehrerinnen und Lehrer mehr und länger arbeiten, (noch) größere Klassen betreuen, auf Teilzeit und Stundenreduktion im Alter verzichten und zur Manövriermasse werden, die bei Bedarf abgeordnet werden kann.

Aktive Lehrerinnen und Lehrer als Manövriermasse

Im Wesentlichen laufen die Vorschläge der Kommission darauf hinaus, dass die heute aktiven Lehrerinnen und Lehrer mehr und länger arbeiten, (noch) größere Klassen betreuen, auf Teilzeit und Stundenreduktion im Alter verzichten und zur Manövriermasse werden, die bei Bedarf abgeordnet werden kann. Dafür gibt es bei Überlastung dann ein Online-Achtsamkeitstraining und Supervisionsangebote. Ob man so den Lehrberuf für die nachfolgende Generation attraktiv macht, darf bezweifelt werden.

Als jemand, der selbst fast 40 Jahren in verschiedenen Kontexten von (Hoch)Schule unterrichtet, kann ich mich nur wundern über die einseitige Ausrichtung der Empfehlungen der – akademisch ohne Frage qualifizierten – Kommissionsmitglieder. Neben der fehlenden Unterrichtspraxis der Mitglieder fällt vor allem die Distanz zur Schulpraxis und der heutigen Probleme auf. Seien es die fehlende personelle und sachliche Ausstattung, marode Bauten und Renovierungsstau oder die zunehmende soziale Spaltung durch Armut, Bildungsferne und Medienmissbrauch, (ja, der sozialen Medien), soziales Fehlverhalten u.v.m.

Olaf Köller: Die Kommission befiehlt, die Ministerien folgen.

Dazu kommt Hybris. Die Vorsitzende Felicitas Thiel kann sich nicht vorstellen, dass „Minister die Vorschläge der Kommission einfach ignorieren könnten“. Der Vorsitzende Olaf Köller beharrt darauf, dass die Kommission den Ministern die Themen vorgeben können müsse. Die Ministerien würden „daran gemessen werden, wie frei sie die Kommission arbeiten lassen und was sie aus den Empfehlungen machen. Die erste Stellungnahme, die von den Ministern zerrissen werde, sei das Ende der Idee“, so Köller (zit. nach Schmoll, 2021)[3]. Widerspruch von Seiten der Ministerien ist ebenso wenig vorgesehen wie Kritik von anderen Fachdisziplinen, Verbänden oder Interessenverbänden derjenigen, die in Kitas, Schulen oder Weiterbildungseinrichtungen arbeiten?

Kommission auflösen und Vertreter anderer Professionen berufen

Eine sachliche Bestandsaufnahme der Arbeit der Kommission und der publizierten Papiere lässt zumindest mich zu einem anderen Schluss kommen: Die einzige Empfehlung, die man zu dieser Kommission geben kann, ist, sie in der aktuellen Form aufzulösen und stattdessen Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichen Professionen (Pädagogen und Medienpädagogen, Sozialarbeiter, Kinder- und Jugendpsychologen, Pädiater, Soziologen, Informatiker u.a.) zu berufen. Und die Kommissionsmitglieder sollten durchaus die Praxis kennen. Die Diskussion in einer multiperspektivisch besetzten Kommission werden sicher anstrengender, aber nur interdisziplinär besetzt kann so eine Kommission in Anspruch nehmen, wissenschaftlich vielfältig zu argumentieren und vor allem ergebnisoffen zu arbeiten. Nur dann kann sie praxisrelevante und praxistaugliche Empfehlungen aussprechen.

27.01.2023: Stellungnahme “Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel”

Der Lehrkräftemangel stellt in den nächsten Jahren eine besondere Herausforderung für die Unterrichtsversorgung und -qualität dar. Vor diesem Hintergrund hat die Kultusministerkonferenz die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) gebeten, Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel vorzulegen. In ihrer Stellungnahme empfiehlt die SWK, den Einsatz qualifizierter Lehrkräfte zu verbessern und den Bedarf zu senken. Die Empfehlungen konzentrieren sich einerseits darauf, das Potenzial qualifizierter Lehrkräfte auszuschöpfen, etwa Teilzeitarbeit zu begrenzen, Lehrkräfte im Ruhestand einzusetzen und Lehrer:innen von Aufgaben jenseits des Unterrichts zu entlasten. Für die Senkung des Lehrkräftebedarfs empfiehlt die Kommission u. a. die Ausweitung von Hybridunterricht und Selbstlernzeiten in der Oberstufe sowie den flexiblen Umgang mit Klassengrößen ab der Sekundarstufe I. Langfristig sind neue Formen der Unterrichtsorganisation und der Ausbildung sowie der Gewinnung von Lehrkräften notwendig, welche die zuvor skizzierten, zeitlich befristeten Notmaßnahmen ablösen sollten.

Download der Stellungnahme als PDF: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2023/SWK-2023-Stellungnahme_Lehrkraeftemangel.pdf

Erfolgreiche individuelle Entwicklungsprozesse über die Lebensspanne sind aus heutiger Sicht ohne die kompetente Nutzung digitaler Medien in Schule, Freizeit und Beruf nahezu unmöglich.

19.09.2022: Gutachten “Digitalisierung im Bildungssystem: Handlungsempfehlungen von der Kita bis zur Hochschule”

Computer in der Kita sind unverzichtbar

Erfolgreiche individuelle Entwicklungsprozesse über die Lebensspanne sind aus heutiger Sicht ohne die kompetente Nutzung digitaler Medien in Schule, Freizeit und Beruf nahezu unmöglich. Das Gutachten „Digitalisierung im Bildungssystem“ der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) beleuchtet für zentrale Bildungsetappen – frühe Bildung in der Kindertagesstätte, allgemeinbildende Schule, berufliche Bildung, Hochschule und daraus folgend für die Lehrkräftebildung – welche Maßnahmen und Strategien in den kommenden Monaten und Jahren umgesetzt werden müssen, um erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse und eine erfolgreiche Teilhabe in einer von Digitalisierung geprägten Lebens- und Arbeitswelt zu ermöglichen. Aus einer Situationsanalyse und der Aufarbeitung des Forschungsstands leitet das Gutachten insgesamt 14 Handlungsempfehlungen ab.

Download Gutachten als PDF: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2022/SWK-2022-Gutachten_Digitalisierung.pdf

Download Zusammenfassung als PDF: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2022/SWK-2022-Gutachten_Digitalisierung_Zusammenfassung.pdf

 

[1]Braun, Tom, Andreas Büsch, Valentin Dander, Sabine Eder, Annina Förschler, Max Fuchs, Harald Gapski, Martin Geisler, Sigrid Hartong, Theo Hug, Hans-Dieter Kübler, Heinz Moser, Horst Niesyto, Horst Pohlmann, Christoph Richter, Klaus Rummler, und Gerda Sieben. 2021. «Positionspapier zur Weiterentwicklung der KMK-Strategie ‹Bildung in der digitalen Welt›». MedienPädagogik, (Statements and Frameworks), 1–7. https://doi.org /10.21240/mpaed/00/2021.11.29.X
[2]Hartong, Sigrid (2018): „Wir brauchen Daten, noch mehr Daten, bessere Daten!“ Kritische Überlegungen zur Expansionsdynamik des Bildungsmonitorings; in Pädagogische Korrespondenz, Heft 58, S. 15 – 30
[3]Schmoll, Heike (2021) Unbequem sollen sie sein. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission soll sich der großen ungelösten Fragen im gesamten Bildungssystem annehmen – obwohl Widerstand der Kultusminister droht. Von Heike Schmoll, FAZ vom 27.05.2021, S. 6; https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/einberufung-der-staewiko-unbequem-sollen-sie-sein-17359753.html (5.2.23)

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