Klimadebatte - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Wed, 01 Feb 2023 15:33:32 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Klimadebatte - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Angst ist kein guter Lehrer https://condorcet.ch/2023/02/angst-ist-kein-guter-lehrer/ https://condorcet.ch/2023/02/angst-ist-kein-guter-lehrer/#comments Wed, 01 Feb 2023 15:29:12 +0000 https://condorcet.ch/?p=13029

Viele Schüler sorgen sich wegen der Klimakrise um ihre Zukunft. Gerade deswegen gehört auch der Optimismus auf den Lehrplan. Dies meint der liberale Gymnasiallehrer Robert Benkens aus Oldenburg.

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Robert Benkens, Lehrer für Deutsch und Politik am Liebfrauengymnasium in Oldenburg

Nicht erst seit der Pandemie und Putins Invasion in der Ukraine wächst eine ganze Generation in einem Klima der Angst auf. Laut einer aktuellen Studie der Vodafone- Stiftung machen sich 86 Prozent der 14- bis 24-Jährigen in Deutschland Sorgen um ihre Zukunft. Nur 23 Prozent erwarten beispielsweise, dass das Land den Klimawandel bis 2050 in den Griff bekommt. Aus meiner Erfahrung als Lehrer kann ich sagen, dass viele Jugendliche tatsächlich glauben, sie gehörten zur »letzten Generation«. Das schockiert mich.

Liegt ausgerechnet die Generation, die in einer Zeit aufwächst, in der die größten Fortschritte bei Armuts- und Krankheitsbekämpfung, Lebenserwartung und Katastrophenschutz gemacht wurden, wirklich richtig, wenn sie derart pessimistisch in die Zukunft schaut?

Als ich in der Oberstufe unserer Schule Grafiken zu diesen Fortschritten zeigte, hatte ich erwartet, Zuversicht in den Augen der Schülerinnen und Schüler zu sehen. Stattdessen erlebte ich ungläubiges Staunen – nach dem Motto: »Da kann doch etwas nicht stimmen!« Doch, es stimmt. Die Daten stammen von Our World in Data, einem Statistikinstitut der Uni Oxford. Aber seit dem Aufkommen der Fridays-for-Future-Bewegung bedeutet »Follow the Science« für viele meiner Schülerinnen und Schüler so viel wie: Der Untergang ist nah. Dazu tragen Aussagen wie diese zur besten Sendezeit in der ZDF-Dokureihe Terra X bei: »Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98 Prozent Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.« Wenn Hans Joachim Schellnhuber, Gründer des Potsdam- Instituts für Klimafolgenforschung, so etwas sagt, bleibt es haften.

Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98 Prozent Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.

Weltklimarat: Ernste Lage aber kein “Worst Case-Szenario”

Ich möchte meinen Schülerinnen und Schülern gern zurufen, dass es nicht nur Grund zur Depression gibt. Dass es, auch in der Klimadebatte, nicht nur »die« Wissenschaft gibt. Dass man sich die Dinge genau ansehen muss, dass das zum kritischen Denken gehört – auch wenn es um das gigantische Zukunftsthema Klima geht. Anfang April wurde der dritte Teil des neuen IPCC-Klimaberichts vom Ausschuss für Klimaänderungen der Vereinten Nationen veröffentlicht. Teil eins dieses Berichts von 2021 differenziert den wissenschaftlichen Sachstand. Teil zwei vom Februar 2022 beschäftigte sich mit möglichen Klimafolgen. Der IPCC geht dabei davon aus, dass »die Verluste und Schäden« zunehmen werden und Mensch wie Natur an »Anpassungsgrenzen stoßen« werden – weshalb der aktuelle Teil drei in seinem Resümee sowohl auf Lebensstilveränderungen wie auch Energiewende setzt. Da gibt es noch genug zu tun, aber laut IPCC-Autor Zeke Hausfather eben auch Fortschritte, gerade im Energiesektor. Er warnte deshalb schon 2020 davor, »Worst-Case-Szenarien als die wahrscheinlichsten zu betrachten«, denn dies könne zu Defätismus führen. Und Brian O’Neill, Entwickler der IPCC-Szenarien, betont, dass diese mit einer Zunahme des Wohlergehens rechneten, das durch den Klimawandel beeinträchtigt werden könnte. Es gebe aber »kein Mad-Max-Szenario«. Kurzum: Der Klimawandel bringt große Risiken, aber nicht den Weltuntergang.

Zyklon Bhola 1970: Fast eine halbe Million Tote.

Natürlich wäre es verantwortungslos, tatenlos auf hinreichend viele Belege für eine Kettenreaktion im Klimageschehen zu warten – sogenannte Kipppunkte. Panik allerdings motiviert junge Menschen nicht zum Tüfteln an bahnbrechender Klimatechnologie oder einer rational durchdachten Energiepolitik, sondern zu Fatalismus und Anklage, Umsturzfantasien und rhetorischer Eskalation. Wir müssen nicht übertreiben, um deutlich zu machen, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel absolut dringlich sind. Pädagogisch zielführender wäre es, Schülern auch einmal eine rational-optimistische Perspektive zu bieten. Ja, mit dem liberalen Wohlstandsmodell steigen Energieverbrauch, Emissionen und Klimarisiken – aber eben auch die Widerstandskraft und das Vermögen, beidem entgegenzuwirken. So viel Differenzierung muss sein – auch und gerade in der Schule. Die Zahl der Opfer von Naturkatastrophen ist in den vergangenen 100 Jahren dank des ökonomischen und technischen Fortschritts um über 90 Prozent gesunken, obwohl sich die Weltbevölkerung vervierfacht hat. In Bangladesch kamen beim Zyklon Bhola 1970 bis zu einer halben Million Menschen ums Leben – 2020 waren es beim Super-Zyklon Amphan gerade 128. Solche Perspektiven kommen in der Schule kaum vor.

Greta Thurnberg: Ein Film in der Schule hat mich aufgerüttelt.

Greta Thunberg hat einmal gesagt, dass sie durch einen Film im Schulunterricht über die Klimakatastrophe aufgerüttelt worden sei. Wenn sie heute anderen Kindern »Our world is on fire!« zuruft, wäre es Aufgabe von Lehrkräften, dies zu prüfen. Die Nasa zeigt: Verbrannte Wald- flächen sind in den vergangenen zwanzig Jahren um ein Viertel geschrumpft, die Erde wird sogar grüner.

Aktivisten weisen zwar zu Recht darauf hin, dass die Klimaerwärmung vielerorts die Waldbrandsaison verlängert oder Starkregen wahrscheinlicher macht – blenden aber aus, dass Wald- und Flutmanagement darüber mitentscheiden, ob aus einer Trockenphase ein Flächenbrand oder aus Starkregen eine Flutkatastrophe wird. Dies berücksichtigend forderte die Klimaforscherin Friederike Otto: »Hört auf, das Klima für Katastrophen verantwortlich zu machen.« Zudem warnt sie zwar vor Klimarisiken wie Hitzewellen, differenziert aber dahingehend, dass der Einfluss des Klimawandels bei Fluten, Stürmen und Dürren »deutlich geringer« sei.

Warum  werden Extremprognosen überall zitiert – viel seltener aber William Nordhaus, Erfinder des Zwei-Grad-Ziels und Nobelpreisträger für Klimaökono- mie? Vielleicht weil er nicht nur vor den Kosten eines ungebremsten Klimawan- dels warnt, sondern auch vor denen einer radikalen Klimapolitik?

Karl Popper, Philosoph, 1902-1994: Stammesdenken unter Wissenschaftlern.

In Die offene Gesellschaft und ihre Feinde warnt Karl Popper, der große liberale Philosoph und Wissenschaftstheoretiker, vor Stammesdenken – auch unter Wissenschaftlern. Eine Beschäftigung mit Poppers kritischem Rationalismus täte vielen Schülern gut. In   Zeiten von Fake-News ist es ein gutes Zeichen, dass sie die Wissenschaft hochhalten. Viele begehen dabei aber einen tückischen Denkfehler: Akti- visten wie Rezo oder Luisa Neubauer ant- worten auf den Irrationalismus von Klimaleugnern mit einem autoritätshörigen Pseudorationalismus. Popper verstand da- runter den Glauben an die Überlegenheit der eigenen Modelle und intellektuellen Gaben, der den Anspruch erhebe, eingeweiht zu sein und mit unfehlbarer Auto- rität die Zukunft vorhersagen zu können. 1986 titelte der Spiegel »Das Weltklima gerät aus den Fugen« und zeigte dazu den Kölner Dom, der halb unter Wasser steht: Ohne drastische Umkehr käme in zwei Jahrzehnten die Klimakatastrophe – da seien sich Experten einig. 1972 warnten die Experten des Club of Rome in Die Grenzen des Wachstums vor immer mehr Hunger und Elend. Trotz all der falsifi- zierten Untergangsprognosen prägt das Weltbild der Siebzigerjahre unsere Schüler bis heute – »Generation Doom«.

Autoritätshörigkeit zeigte sich auch in der Corona-Debatte: Jan Böhmermann hielt es für eine »False Balance«, wenn vom Konsens abweichenden Stimmen wie dem Virologen Hendrik Streeck eine Bühne geboten würde. Ja, Streeck irrte sich – und? Auch Karl Lauterbach irrte sich zigfach. Immerhin gab Herr Lauterbach voriges Jahr zu, dass Streeck mit seiner Einschätzung, Covid verlaufe stark saisonal, »voll recht« gehabt habe. Vorher hatte er bei Markus Lanz versichert, dass »kein einziger Wissenschaftler diese Hoffnung« habe. Gemäß der »False-Balance-Logik« hätte man Streecks Position ausgrenzen müssen, nur weil sie zunächst dem »wissenschaftlichen Konsens« widersprach. Apropos Konsens: Mit ihren drastischen Corona-Prognosen lagen Christian Drosten, Melanie Brinkmann, das Robert-Koch-Institut, die Nationale Akademie der Wissenschaft und der 19-köpfige Expertenrat Ende 2021 jedenfalls auch teils daneben. Hört auf die Wissenschaft? Ja, aber seid nicht »lagerhörig«.

Gerade im Irrtum sah Karl Popper keine Schwäche, sondern die Bedingung von Erkenntnis. Poppers Haltung »Ich kann mich irren, du magst recht haben, aber gemeinsam werden wir vielleicht der Wahrheit näherkommen« bringt es auf den Punkt. Statt Rechthaberei und Welt- bildbestätigung brauchen wir Offenheit, Fehlertoleranz und Dialogbereitschaft. Eine zentrale Institution, diese Freiheit des Denkens zu sichern, ist die Schule.

Ermöglicht Schülern Freiräume für rational und offen geführte Diskurse.

Wenn Popper auch uns Lehrerinnen und Lehrern heute einen Rat geben könnte, dann vielleicht diesen: Zeigt, wie Politisierung und Lagerdenken den Blick auf die Welt und Fakten einschränken. Vermittelt, dass Wissenschaft nicht primär vom Konsens, sondern vom Korrektiv lebt. Ermöglicht Schülern Freiräume für rational und offen geführte Diskurse. Sie merken ohnehin, welche Antworten bei Themen wie Klimawandel sozial erwünscht sind. Ein Teil wird zu Aktivisten, andere aber nicken nur ab, sind genervt – weshalb Aktivisten wiederum meinen, erst recht vor dem Ende der Welt warnen zu müssen. Dieser Alarmismusspirale entgegenwirken könnte ein Unterricht, in dem unterschiedliche Lösungswege aufgezeigt werden. An unserer Schule hatten wir ein solches Projekt, für das wir auch Experten mit konträren Sichtweisen zum Umgang mit dem Klimawandel einluden. Wie wir das nennen? Schools for Future.

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Klimadiskurs – Sapere aude! https://condorcet.ch/2020/02/klimadiskurs-sapere-aude/ https://condorcet.ch/2020/02/klimadiskurs-sapere-aude/#comments Wed, 05 Feb 2020 10:32:34 +0000 https://condorcet.ch/?p=3814

Der Hamburger Uniprofessor Hans-Jürgen Bandelt, Mitglied der GBW, widerspricht dem Condorcet-Autor Georg Geiger ("Raus aus der Komfortzone", Condorcet-Blog, 1. Februar 2020) vehement. Der Klimawander sei zwar unbestritten, über Ursachen, Folgen und sinnvolle Massnahmen gibt es aber grosse Meinungsverschiedenheiten. Bildung habe nicht Glaubenssätze zu propagieren, sondern Lernende zu befähigen, sich eine eigene Meinung zu bilden.

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Professor Hans-Jürgen Bandelt, Universität Hamburg, Fachbereich Mathematik

„Wie wäre es, gebildet zu sein?“, fragte einst Peter Bieri. Da gab es auch schon Klima. Doch der heutige Klimadiskurs kommt ohne Bildung aus. Glauben ist alles, und die Ungläubigen werden verdammt. Argumente, auch normal-wissenschaftliche, gelten nicht mehr. Denn die sogenannte Klimawissenschaft hat es sich ganz postmodern im „Postnormalen“ eingerichtet. Der Senior der deutschen Klimamodellbauer, Hans von Storch, hatte vor einer solchen Entwicklung schon 2013 gewarnt in seinem Buch „Die Klimafalle – Die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung“ (zusammen mit Werner Krauß).

Die große Politik hatte bereits 1988 das Gremium IPCC errichtet, als längst absehbar war, daß es mit der Temperatur wieder aufwärts ging, nachdem der mediale Schrecken vor der nächsten Eiszeit nicht mehr verfangen konnte. [1] Unter der Führung des IPCC sollten ausgesuchte Wissenschaftler ihre Expertisen in Arbeitsgruppen entwickeln.

Das IPCC setzte die These vom anthropogenen Klimawandel a priori und be- und verhinderte damit eine sachliche und ergebnisoffene Diskussion in der Klimawissenschaft. Das IPCC bzw. seine Arbeit stand von Anfang an unter dem Einfluss politischer und kommerzieller Interessen. Die Klimaforschung wurde gewissermaßen von einer Wissenschaft zu einer Ideologie, die bestimmten wirtschaftlichen, politischen und staatlichen Interessen dient.“ (Hanns Graaf ) [2]

Das ist die Achillesferse jenes Denkstils des Kollektivs der willigen Klimaalarmisten. Jeder Gebildete könnte, wenn er denn wollte, erkennen, daß hier teilweise antiwissenschaftliche Postulate und politische Forderungen an den Anfang mutmaßlicher Forschung gesetzt wurden, so daß als Ganzes keine normale Wissenschaft mehr herauskommen kann.

“Viele Naturwissenschafter sind heute Zudiener von Politikern, aber nicht mehr Naturwissenschafter, denen es um neues Wissen und Daten geht.” (Christian Schlüchter, 2014) [3]

Im Jahre 1992 bekam Deutschland sein Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) verpaßt, das der IPCC Agenda dienen sollte, und bald schellten laut von dort die Alarmglocken. Auch ein MPI für Meteorologie in Hamburg geriet in den neunziger Jahren ins gleiche Gleis. Für angehende Klimawissenschaftler geben diese Institute die Marschrichtung vor. International bekannte und erfahrene Wissenschaftler, sei es als Arbeitsgruppenteilnehmer oder Gutachter beim IPCC, sehen ihre Ansichten immer weniger in den offiziellen Abschlußberichten des IPCC für die politischen Entscheidungsträger repräsentiert. Einige haben die Konsequenzen gezogen und ihre Mitarbeit aufgekündigt. Diese werden dann als „Klima-Leugner“ gescholten. Allein schon diese Tatsache zeigt, daß da etwas grundfaul ist im Klimadiskurs.

Stimmt das Grundpostulat des IPCC?

Mit dem vermeintlichen Übel, dem CO2, das im Fokus jener Einrichtungen steht, ist das so eine Sache. Natürlich ist es ein Treibhausgas, obgleich der Wasserdampf viel wirkmächtiger ist. Der Planet Erde ist allerdings kein Treibhaus – diese Metapher trifft es nicht ganz. Obgleich CO2 unter ansonsten ähnlichen Systembedingungen der Erde mit der Temperatur schwach korreliert ist, ist CO2 definitiv nicht der Treiber von Erwärmung und Abkühlung, sondern läuft den Temperaturprozessen in der Regel hinterher. [4] Insofern ist das Grundpostulat des IPCC nicht zutreffend.

Unbeirrt dessen hat sich in Deutschland der mediale Diskurs auf folgende Extremposition verengt: Der Klimawandel werde fast allein vom Menschen mit seinem CO2 Ausstoß vorangetrieben, ein klein wenig nur von der Sonne bewirkt, etwas mehr vom gelegentlichen Vulkanismus verursacht. Zu mehr (!) als 100 % wurde die globale Erwärmung vom Menschen verursacht, so predigt Stefan Rahmstorf in Interviews. Extremer geht es nicht – und das ist auch eine absolute Extremposition innerhalb des IPCC. Ohne anthropogene Abgase säßen wir heute demnach noch in der Kleinen Eiszeit. Dann könnten wir uns ganz versonnen nach der ihr damals vorangegangenen mittelalterlichen Wärmeperiode [5] sehnen. Nach PIK-Verständnis gibt es angeblich diese und frühere Perioden nur lokal, nicht jedoch global. Deswegen hält man dort wegen ihrer Plattheit über jene Phasen auch die Mann‘sche Hockeystick-Kurve (und ähnlich zusammengezimmerte Nachfolgekurven) immer noch hoch. Die Paläoklimatologie gilt in Potsdam nichts. Statt Evidenz beruft man sich auf Postulate, die man dann meint mit Modellrechnungen in einem Kreisschluß verifizieren zu können. Die Parameter (insbesondere die CO2-Klimasensitivität) sind dabei ohne Evidenz hochgepuscht, um die drohende Apokalypse anzuzeigen. Dadurch beginnen jetzt die Modelle aus dem Ruder zu laufen und sind nicht mehr mit den realen Temperaturänderungen in Einklang zu bringen. [6]

Hockey-Stick-Illusion

 

Hockey-Stick-Illusion
Bild: Wikipedia

Die Hockeystick-Kurve, die bei ihrem Erscheinen vom IPCC als Icon des Klimawandels breit präsentiert wurde, ist wissenschaftlich gesehen Müll (s. auch das Buch von von Storch und Krauß). Wer käme als seriöser Wissenschaftler denn schon auf die Idee, ausgerechnet Baumringdaten als Temperaturproxies zu verwenden und sie obendrein rezent durch andere Messungen willkürlich zu ersetzen, genau dort, wo sie den gewünschten Trend nicht widerspiegeln? Ein ganzes Buch ist über die Hockey-Stick-Illusion geschrieben worden [7]. Traditionelle Naturwissenschaft geht immer von empirischer Evidenz aus, auch wenn theoretische Überlegungen der Empirie vorauslaufen können. Aber wie im Falle der Einstein‘schen Relativitätstheorie ist letztlich die empirische Überprüfung der vorhergesagten Effekte unabdingbar.

Langjährige Statistiken zeigen ein anderes Bild

Eine „Klimakatastrophe“ gibt es (noch) nicht, denn selbst extreme Heißzeiten der fernen Klimageschichte haben den Planet Erde nicht zerstört, sondern zusätzlich neue Formen des

Hysterie hilft nicht weiter

Lebens hervorgebracht. Gewiß sind wir konfrontiert mit einer Klimadiskurskatastrophe: Klimawissenschaftler und Meteorologen verwechseln fast tagtäglich Klima mit Wetter, indem lokale Ereignisse von Dürre oder Überschwemmung, Hurrikans, extremer Kälte oder Wärme stets – entgegen besseren Wissens – dem Klimawandel und somit dem Menschen in die Schuhe geschoben werden. Die Auswertungen von langjährigen Statistiken erzählen jedoch etwas anderes. Dann wird auch noch in Form einer medialen Gehirnwäsche die selten dumme und falsche Behauptung, es seien sich doch fast alle Klimaforscher einig, nachgeschoben – die längst zurückgewiesen wurde. [8]

Aus dem Teufelskreis der Verdummung kommt man nur heraus, indem man Bücher und Artikel liest, die von seriösen Wissenschaftlern verfaßt worden sind, die einerseits die natürlichen Treiber des Klimawandels (wie z. B. den Sonnenmagnetismus) nicht leugnen und auch nicht einen anthropogenen Anteil an der globalen Erwärmung abstreiten.

Die kalte Sonne, von Fritz Vahrenhold: auch andere Meinungen zur Kenntnis nehmen

Aus dem Teufelskreis der Verdummung kommt man nur heraus, indem man Bücher und Artikel liest, die von seriösen Wissenschaftlern verfaßt worden sind, die einerseits die natürlichen Treiber des Klimawandels (wie z. B. den Sonnenmagnetismus) nicht leugnen und auch nicht einen anthropogenen Anteil an der globalen Erwärmung abstreiten. Dieser vielstimmige Mittelweg wurde schon vor einigen Jahren von Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning mit ihrem Buch „Die kalte Sonne: Warum die Klimakatastrophe nicht stattfindet“ (2012) und ihrem täglichen Newsletter auf www.kaltesonne.de eingeschlagen. Mit einer ganzen Reihe von Klimamythen setzt sich Thomas W. Fuller in seinem ausgewogenen Buch „The Lukewarmer’s Way: Climate Change for the Rest of Us“ (2015) und seinem Blog https://thelukewarmersway.wordpress.com auseinander. Lehrer, die des Englischen mächtig sind, sollten sich in dieser Richtung informieren, bevor sie ihre Schüler auf die nächste Fridays-for-Future-Demo einstimmen.

Lehrer, die des Englischen mächtig sind, sollten sich in dieser Richtung informieren, bevor sie ihre Schüler auf die nächste Fridays-for-Future-Demo einstimmen.

Ein Bildungsziel in der Schule wäre es, eine Ahnung von wissenschaftlichen Vorgehensweisen mit einem soliden Unterricht in Physik, Chemie und Biologie zu erzeugen. Und ebenso wichtig wäre es, das Fach Geschichte in all seinen Facetten zu reinstallieren und auszubauen. Das heißt, es bedarf der politisch-ökonomischen Geschichte, der Geschichte der Naturforschung und den Grundzügen der Erdgeschichte.

Ein Bildungsziel in der Schule wäre es, eine Ahnung von wissenschaftlichen Vorgehensweisen mit einem soliden Unterricht in Physik, Chemie und Biologie zu erzeugen.

Denn ohne Geschichtsbewußtsein sind junge Menschen der medialen Manipulation hilflos ausgeliefert. Die Unkenntnis läßt dann angsterfüllte Menschen (und dazu zählen heutzutage auch Lehrer) in die Fänge einer Weltuntergangssekte wie Extinction Rebellion (XR) geraten. Ein Lehrer sollte Muth haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, um sich so aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien. Wie sonst könnte er seine Schüler anspornen, solchen Muth zu entwickeln und der tagtäglichen Propaganda, nicht nur in Klimafragen, zu trotzen?

„Bildung bedeutet nicht Anpassung, sondern Widerstand.“ (Ursula Frost, 2010) [9]

 

[1] https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article5489379/Als-uns-vor-30-Jahren-eine-neue-Eiszeit-drohte.html

[2] https://aufruhrgebiet.de/2019/12/zur-methodologie-der-klimawissenschaft/

[3] https://www.derbund.ch/wissen/natur/unsere-gesellschaft-ist-grundsaetzlichunehrlich/story/24948853)

[4] (https://www.klima-diegrossetransformation.de/).

[5] https://kaltesonne.de/sebastian-luning-im-hiltibold-interview/; https://www.youtube.com/watch?v=8PLrydtbVPI

[6] https://kaltesonne.de/56613-2/

[7] https://kaltesonne.de/kontroverse-um-neuen-australischen-%E2%80%9Ehockey-stick-autoren-ziehen-paper-zuruck/

[8] https://www.youtube.com/watch?v=ewJ6TI8ccAw&list=TLPQMDIwMjIwMjB6IXXksLx0Bw&index=2; https://de.slideshare.net/MarcellusDN/book-why-scientists-disagree-about-global-warming

[9] https://brill.com/view/journals/vfp/86/3/article-p312_3.xml

 

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Aufruf an die LehrerInnen: Raus aus der Komfortzone! Über den Klima-Notstand in der Bildung https://condorcet.ch/2020/02/aufruf-an-die-lehrerinnen-raus-aus-der-komfortzone-ueber-den-klima-notstand-in-der-bildung/ https://condorcet.ch/2020/02/aufruf-an-die-lehrerinnen-raus-aus-der-komfortzone-ueber-den-klima-notstand-in-der-bildung/#comments Sat, 01 Feb 2020 17:39:38 +0000 https://condorcet.ch/?p=3743 Condorcet-Autor Georg Geiger ist überzeugt, dass der Klimawandel eine existentielle Bedrohung ist. In seinem Artikel appeliert er auch an seine Kolleginnen und Kollegen, das Thema auf die Traktandenliste der Bildung zu setzen und sich aktiv für einen Wandel einzusetzen. Einen ersten Erfolg haben seine Bemühungen schon gezeitigt. Soeben wurde eine WhatsApp-Gruppe klimaengagierter Lehrkräfte gebildet. Wie ein vermehrtes Engagement der Lehrkräfte aussehen könnte, beschreibt er in seinem Artikel.

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Georg Geiger Gymnasiallehrer, Basel-Stadt

Vor mir liegt ein Papier des Basler Erziehungsdepartementes, das einen Überblick über den Stand der Dinge bei der Umsetzung des IT-Projektes an den Mittelschulen vermittelt. Ich sehe ein Organigramm, in dem gegen 50 Leute in verschiedenen Gremien und Funktionen aufgeführt sind.

Eine Energiebilanz der Digitalisierung an den Schulen findet man nirgends.

Der Ausbau und die Modernisierung der IT-Infrastruktur an den Mittelschulen erfordert einmalige Investitionen in der Höhe von 2.85 Millionen Schweizer Franken und wiederkehrende Kosten von 1.1 Millionen ab dem Jahre 2021. In einem einzigen Satz wird in diesem ausführlichen Papier empfohlen, unter anderem auch auf die ökologischen Folgen „mit der nötigen Besonnenheit und kritischen Haltung“ zu reagieren. Eine Energiebilanz der Digitalisierung an den Schulen findet man nirgends.

Klimanotstand in Basel

Bekanntlich hat der Basler Grosse Rat schon vor geraumer Zeit auf Anregung der protestierenden Jugendlichen der Fridays-for-Future-Bewegung den Klimanotstand ausgerufen. An der Jahresversammlung der Basler Schulsynode verlangte ich ebenfalls eine Abstimmung darüber. Der Vorstand der Standesorganisation machte mir mit ernster Miene klar, dass eine solche Abstimmung nicht rechtens sei. In abgeschwächter Form liess man dann ohne eigentliche Abstimmung mein Anliegen folgenlos über die Bühne ziehen.

In den Schulen wird an Streiktagen regulär unterrichtet

Die Schulen in Basel-Stadt haben sich mittlerweile mit der protestierenden Jugend arrangiert. Es gibt eine flotte, geschmeidige Absenzenregelung des Erziehungsdepartements, die regelmässig vor einem anstehenden Freitagsstreik den KollegInnen in Erinnerung gerufen wird. Lehrkräfte dürfen sich am Streik nicht beteiligen, und an den Schulen wird an den Streiktagen regulär unterrichtet. Viele Lehrkräfte stehen zwar dem Anliegen der Jugendlichen positiv gegenüber, aber selbst fühlt man sich nicht wirklich in der Pflicht, auch etwas zu unternehmen. Als sei das Ganze nur ein Problem der Jugend. Es gibt hie und da gewisse Arbeitsgruppen an einzelnen Schulen, freiwillige Konferenzen, die sich mit Fragen der Ökologie und der Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Aber wie gesagt, freiwillig und natürlich ohne Kosten. Kein Klima-Organigramm mit 50 Verantwortlichen, kein Startkapital von gegen 3 Millionen, um die Implementierung der Klima-Thematik in den Schulalltag zu organisieren. Und auch der LehrerInnengewerkschaft fällt zu diesem Thema kaum etwas ein.

Viele Lehrkräfte stehen zwar dem Anliegen der Jugendlichen positiv gegenüber, aber selbst fühlt man sich nicht wirklich in der Pflicht, auch etwas zu unternehmen.

Ein Lehrplanziel reicht nicht

Die Herausforderungen der Klimakatastrophe für die Bildung werden immens sein und sie werden leider noch kaum wahrgenommen. Es geht mir nicht um Alibi-Hauruck-Übungen etwa im Stile Neuseelands oder Italiens, wo ein neues Schulfach „Klimawandel und nachhaltige Entwicklung“ eingeführt wird. Aber es reicht bei weitem nicht aus, in unserem Land lediglich darauf zu verweisen, dass ja im Lehrplan 21 der Klimawandel als Teilelement in den Fachbereichen „Natur, Mensch, Gesellschaft“ und „Räume, Zeiten und Gesellschaften“ vorkomme.

„Beim Klimanotstand agiert der Mensch komplett irrational. Er will es nicht wissen.“ ETH-Klimaforscher Reto Knuti

Wir brauchen radikale Lösungen.
Reto Knutti, Klimaforscher: Wir verhalten uns irrational!

Das Dilemma ist viel grösser und viel komplexer. Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind sich grundsätzlich uneins darüber, wie gross das Ausmass des Klimanotstandes wirklich ist und welche Strategien aus dieser Notlage führen könnten. Ein Beispiel gefällig für diesen verwirrten Zustand: Im Online-Magazin Republik vom 23. November des vergangenen Jahres gibt der renommierte ETH-Klimaforscher Reto Knutti Auskunft über den Stand der Dinge. „Beim Klimanotstand agiert der Mensch komplett irrational. Er will es nicht wissen.“ Er will nichts wissen davon, dass höhere Durchschnittstemperaturen nicht einfach zurückgehen, auch wenn wir die Emissionen auf null bringen. Er will nichts wissen davon, dass die Zunahme der Schäden nicht linear verläuft. Er will nichts wissen von sogenannten Kipppunkten, wo dann die Auswirkungen massiv und irreparabel werden. Er tröstet sich mit folgenden Kurzzeitprognosen: „Der Klimawandel wird uns in der Schweiz in den nächsten zwanzig Jahren nicht massiv treffen. Es wird ab und zu etwas kosten. Starke Niederschläge, Überschwemmungen. Hin und wieder wird es sehr heiss, dann kostet es für die Landwirtschaft ein paar Milliarden.“ Und den nächsten Satz will er dann wiederum nicht hören: „Für meine kleine Tochter sieht es anders aus.“ Denn eine durchschnittliche Erhöhung von weltweit 5 Grad, wie es bis zum Ende des Jahrhunderts prognostiziert werde, bedeute massivste Veränderungen. „5 Grad in die andere Richtung, als Vergleich, das war die letzte Eiszeit.“ Welche Folgen schon nur die Kleine Eiszeit von 1570 bis 1700 hatte, kann man bei Interesse im Buch „Die Welt aus den Angeln“ des zeitgenössischen Historikers Philipp Blom nachlesen, der als Quintessenz seiner vergleichenden Forschung in einem zweiseitigen Interview im Tages-Anzeiger vom 23. Dezember 2019 nachdenklich und ratlos zugleich bilanziert: „Wir brauchen radikale Lösungen. Wir müssen eine andere Gesellschaft wollen. Unsere Wirtschaft ist auf Wachstum ausgerichtet, unsere Identität wird über Konsum definiert. Vom Wirtschaftswachstum hängt alles ab, auch die Demokratie. Wir müssen uns aber bewusst werden: Als eine solche Gesellschaft werden wir es nicht schaffen.“

Man hat kein einziges der Umweltprobleme durch Eigenverantwortung gelöst, durch den freien Markt, durch spontane Innovation.

Der Staat gibt die Regeln

Das FCKW-Verbot war eine staatliche Massnahme.

Doch zurück zum Interview mit dem Metereologen Knutti: Die wohl interessanteste Passage ist diejenige nach der Frage, welche Politik uns aus unserer Notlage führen könne. „Man hat kein einziges der Umweltprobleme durch Eigenverantwortung gelöst, durch den freien Markt, durch spontane Innovation“, bilanziert der Wissenschaftler trocken. Und er legt nach: „Es ist egal, welches Beispiel Sie wählen: Katalysator, Partikelfilter, Kläranlagen, FCKW: Veränderungen gab es nur, wenn der Staat Regeln aufgestellt hat. Früher hat man den Abfall in den Wald geworfen, die Munition in den See und den Atommüll ins Meer. Heute muss der Abfall gesammelt, verbrannt oder recycelt werden. Früher liess man das Abwasser einfach in unsere Seen fliessen. Heute braucht jedes Haus Abwasserleitungen. Wer würde Kläranlagen infrage stellen? Gegen die schlechte Luftqualität, das Waldsterben, den sauren Regen wurden Partikelfilter und Katalysatoren eingeführt. Es gibt Luftreinhalteverordnungen, Schadstofftests für Autos. Man kann nicht mehr einfach einen grossen Kamin aufstellen und Rauch rauslassen. Man hat FCKW verboten wegen des Ozonlochs, und Atomkraftwerke dürfen die Wassertemperatur des Flusses, den sie zum Kühlen brauchen, nicht über einen Grenzwert erwärmen, weil sonst die Fische sterben. Man kann argumentieren: Es kann ja auch nicht jeder bauen, wie er will. Oder es kann auch nicht jeder fahren, wie er will. Für die Gesellschaft ergeben diese Regeln durchaus Sinn: Freiheit, solange nicht andere dadurch zu Schaden kommen. Wie man das jetzt immer bewerten will, eine Sache ist mit Blick in die Vergangenheit klar: Ohne Anreize oder Zwang ist im Umweltbereich selten etwas passiert. Wenn die Fossilen wenig kosten, die Schäden vom Steuerzahler übernommen werden und der Staat nicht lenkend eingreift, gehen die Emissionen rauf, rauf, rauf.“

Eine diametral entgegengesetzte Einschätzung liefert das konservative Leitblatt der bürgerlichen Elite unseres Landes, die NZZ. Im Leitartikel „Die Jugend hat recht“ vom 28. Dezember 2019 bilanziert Peter A. Fischer die Dinge auf seine Art: „Das bereits Erreichte ist technologischer Innovation zu verdanken, die primär der freiheitliche Kapitalismus generiert hat. Er plant nicht zentral und kennt das Endresultat nicht von vornherein.“ Aber von vornherein ist für den Journalisten klar: „Der freiheitliche Kapitalismus und das Wirtschaftswachstum sind somit der Schlüssel, um Umweltprobleme zu beheben.“

Ich sollte in der Schule sein

Greta Thurnberg: Wie könnt ihr es wagen?

Mitten in diesem Meinungsstreit steht stellvertretend für einen Teil der jungen Generation Greta Thunberg, die ihre Rede am UNO-Klimagipfel Ende September vergangenen Jahres mit folgendem Satz eröffnet hat: „All dies ist falsch. Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte in der Schule sein, auf der anderen Seite des Ozeans. Trotzdem seid ihr alle zu mir gekommen, um Hoffnung zu schöpfen. Wie könnt ihr es wagen?“ Und in ihrer politischen Einschätzung beruft sie sich beharrlich und immer wieder auf das, was auch an den Schulen schon längst zum Allgemeinwissen gehören sollte: „Seit über 30 Jahren sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse kristallklar. Wie könnt ihr es wagen, weiter wegzuschauen und zu sagen, dass ihr genug tut, wenn die erforderlichen politischen Massnahmen und Lösungen noch nirgends in Sicht sind?“

Wie sollen wir die Schule neu organisieren?

Die Schule ist kein Hort des gesicherten Wissens mehr. Wir stehen als LehrerInnen und als SchülerInnen im Fahrtwind eines aufkommenden Sturmes, wo wir uns plötzlich über die Generationengrenze und die traditionelle Rollenverteilung in der Schule hinwegsetzen müssen angesichts einer Welt, die auf gestandene Klimaforscher nicht hört und sich an 17-jährigen Aktivistinnen doch wieder etwas aufbauen will. Wir sind alle etwa gleich ratlos und gleich informiert. Was nun?

So unausweichlich die Digitalisierung ist, so unausweichlich ist der Klimanotstand.

Auf alle Fälle nicht mehr so weiter machen wie bisher. Am nächsten grossen Klimastreiktag vom 15. Mai könnten wir uns auch an den Schulen in neuen Rollen ausprobieren: Wir könnten uns als LehrerInnen mit den SchülerInnen  zusammensetzen und uns fragen: Vermitteln wir das nötige Wissen, das uns als Rüstzeug dienen kann, um aus dieser Katastrophe noch herauszufinden? Wie gehen wir mit der politischen Orientierungslosigkeit um, als Junge, als Alte ? Wie bringen wir Greta Thunberg, Reto Knutti und Peter A. Fischer  in unseren Köpfen zusammen? Was wollen wir konkret ändern? Wie wollen wir uns an unseren Schulen neu organisieren, und was kostet das? Und wer bezahlt das? Und wie sorgen wir dafür, dass wir im Meinungsstreit nicht doktrinär werden und die Schule nicht mit Verweis auf den Notstand zur Indoktrinationsmaschine verkommen lassen? So unausweichlich die Digitalisierung ist, so unausweichlich ist der Klimanotstand. Diese beiden Entwicklungen laufen parallel und wir müssen noch lernen, sie zusammenzudenken und in beiden Bereichen zu handeln.

Georg Geiger

 

 

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Habt Mut zur Angst https://condorcet.ch/2019/05/habt-mut-zur-angst/ https://condorcet.ch/2019/05/habt-mut-zur-angst/#respond Tue, 07 May 2019 07:21:58 +0000 https://lvb.kdt-hosting.ch/?p=909 Offener Brief an die alten weissen Männer Alain Pichard und Thilo Schneider
(verfasst am 7.Mai 2019, dem Overshoot Day, an dem die Schweiz in etwas mehr als 4 Monaten alle Ressourcen aufgebraucht hat, die unserem Land fürs ganze Jahr eigentlich zur Verfügung stünden!)

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Ich bin auch ein älterer, noch nicht ganz weisser Mann, aber wie ich Euren „Brief an die Jugend“ las, kam ich mir schlagartig wie ein Achtzehnjähriger vor, der ausruft: Was für ein Quatsch!

Schon der Tonfall, den Ihr anschlagt, ist übel, richtig übel. Schulstreik in Anführungszeichen und garniert mit der süffisanten Zusatzbemerkung: „Wer freut sich nicht über ein paar schulfreie Stunden?“ Meint Ihr das im vollen Ernst? Ich kann es kaum glauben.

Und dann spielt Ihr Euch auf als die alten, weisen Häuptlinge, die ihren Jungen die Angst nehmen wollen, wo es doch heute gerade darum geht, Mut zur Angst zu entwickeln, sie auszusprechen und dann zu handeln! Oder macht es Euch keine Angst, Eure privaten Konsumdaten auf der Homepage des ökologischen Fussabdruckes einzugeben und innert 15 Minuten das Resultat zu erhalten, dass es etwa 2 bis 3 Erden bräuchte, wenn alle so leben würden wie wir ?

Seit Jahrzehnten wird die Klimaerwärmung erforscht und seit geraumer Zeit werden vom Weltklimarat IPCC in regelmässigen Abständen alle relevanten Forschungsergebnisse in Klimaberichten zusammengefasst. Etwa 97% aller ForscherInnen weltweit sind sich einig: Wenn wir mit dem Klimaschutz zu lange warten, wird der Planet überhitzt, Lebensräume gehen verloren, verheerende Naturkatastrophen werden passieren und Klimaflüchtlinge werden ihre zunehmend unbewohnbare Heimat verlassen müssen. Und jetzt sollen wir uns beruhigen, weil angeblich die Sache doch nicht so schlimm ist, weil schon beim Waldsterben klar wurde, dass die Oekologiebewegung sinnlos übertrieb und weil es der Menschheit noch nie so gut gegangen ist wie heute? Auf welchem Planeten lebt Ihr? Lest Ihr die Klimaberichte oder nur die „Weltwoche“?

Eure (un)politische Empfehlung an die Jugend lautet: „Ihr wollt etwas ändern? Dann verzichtet selber.“ Individueller Konsumverzicht statt politisches Engagement auf der Strasse. Und eifrig in die Schule gehen und lernen, egal was, Hauptsache lernen. Da geht eine Jugend auf die Strasse und beruft sich auf die erdrückenden Beweise der Wissenschaft: Genau das soll man doch in der Schule lernen: Die Wissenschaft ernst nehmen und sich bei drängenden Problemen als engagierte BürgerInnen  fürs Gemeinwohl einsetzen. Oder nicht?

Individueller Verzicht ist unabdingbar, da gibt es keine Ausrede mehr. Aber das reicht nicht.

Ottmar Edenhofer, einer der bekanntesten Klimaforscher Deutschlands, hat für die internationale Klimapolitik folgendes Bild entworfen: Ihr momentaner Zustand lasse sich mit einem „Uebergewichtigen vergleichen, der sich vorgenommen hat, einen Marathon zu laufen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Uebergewichtige eigentlich sofort zu trainieren anfangen. „Stattdessen setzt er sich erst mal auf die Couch, öffnet eine Tüte Chips und guckt sich Sport im Fernsehen an“, sagt Edenhofer. „Dann nimmt er sich vor, morgen umso härter zu trainieren.“ Millionenfach sitzen wir vor der Flimmerkiste und bewegen uns nicht. Bei Süchtigen reicht ein Appell zum freiwilligen Verzicht nicht, und wir sind heute im globalen Kollektiv süchtig Da braucht es unbedingt strukturelle Veränderungen, die so massiv und rigide sind wie das Rauchverbot in den Zügen und das Gurtenobligatorium beim Autofahren.

Wir stehen vor gigantischen Aufgaben. Es braucht eine Art ökologischen Marshall-Plan für die ganze Welt. Greta Thunberg hat das erkannt und sie spricht es in einfachen, klaren Worten aus. Bill Gates und Jeff Bezos dagegen sollen aufhören, sich mit ihren digitalen Weltkonzernen auf Kosten von Mensch und Natur zu bereichern und sich nebenher als spendenfreudige Donatoren aufzuspielen.

In diesem Sinne: Haben wir Mut zur Angst, liebe Brüder und Schwestern!

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