ÜGK - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Sat, 29 Aug 2020 06:36:38 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png ÜGK - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Frage an die Wissenschaft: Wir haben die besten Lehrer! https://condorcet.ch/2020/08/frage-an-die-wissenschaft-wir-haben-die-besten-lehrer/ https://condorcet.ch/2020/08/frage-an-die-wissenschaft-wir-haben-die-besten-lehrer/#comments Sat, 29 Aug 2020 06:36:38 +0000 https://condorcet.ch/?p=6202

Am 27.8. 2020 trat der Vorsteher des Basler Erziehungsdepartements im Wahl-Talk von Telebasel auf. Dabei macht er einige bemerkenswerte Aussagen, die unsere Wissenschaftsabteilung ratlos machen.

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Conradin Cramer am Telebasel 27.8.20

Conradin Cramer: “Wir haben hier in Basel die besten Lehrkräfte!”

Frage an die Wissenschaft: Woher weiss Herr Cramer, dass er die besten Lehrkräfte hat? Woher weiss er, dass die Basler Lehrkräfte besser sind als beispielsweise die Aargauer Lehrkräfte oder die Bieler Lehrkräfte oder die Fribourger Lehrkräfte oder die Thurgauer Lehrkräfte (Fribourg und Thurgau belegten sowohl in den PISA-Studien wie auch in den ÜGK-Testen die Spitzenplätze, während die Stadt Basel weit abgeschlagen, den letzten Platz belegte).

Conradin Cramer: “Wir haben hier in Basel die grösste Heterogenität.”

Frage an die Wissenschaft: Was meint Herr Cramer mit “grösster Heterogenität”? Ist die Heterogenität in Genf oder Lausanne kleiner als in Basel? Meint Herr Cramer mit Heterogenität: Die soziale Durchmischung oder den Ausländerbestand? Oder beides? Auf welche Statistik beruft er sich? Bei letzteren Punkten kämen auch Wil und Biel in Frage. Beide Städte erreichen gemäss PISA- und ÜGK-Studien mit viel weniger Ausgaben bessere Leistungen.

 

 

 

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Plattitüden aus dem Elfenbeinturm https://condorcet.ch/2019/12/plattitueden-aus-dem-elfenbeinturm/ https://condorcet.ch/2019/12/plattitueden-aus-dem-elfenbeinturm/#respond Fri, 27 Dec 2019 15:50:39 +0000 https://condorcet.ch/?p=3460

Am 23. Oktober 2019 hat der Basler Grosse Rat mit 72 gegen 12 LDP- Stimmen eine Motion an die Regierung überwiesen, die verlangt, dass in der Verordnung „über die Schulung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf“ Kleinklassen als Förderangebot wieder eingeführt werden. Alles nur Nostalgiker? Nach Meinung der Volksschulleitung würde es sich […]

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Roland Stark, ehem. SP-Parteipräsident der Sektion Basel-Stadt, Heilpädagoge

Am 23. Oktober 2019 hat der Basler Grosse Rat mit 72 gegen 12 LDP- Stimmen eine Motion an die Regierung überwiesen, die verlangt, dass in der Verordnung „über die Schulung und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf“ Kleinklassen als Förderangebot wieder eingeführt werden.

Alles nur Nostalgiker?

Nach Meinung der Volksschulleitung würde es sich bei dieser Reform um „einen massiven Rückschritt“ in „frühere, oft auch leicht glorifizierte Zeiten“ handeln. Die 72 renitenten Parlamentarier aus (fast) allen Parteien müssen zerknirscht zur Kenntnis nehmen, dass sie zur offenbar unheilbaren Spezies der Nostalgiker zählen, die noch immer einer versunkenen pädagogischen Welt nachtrauern.

Und viele ehemalige Lehrkräfte haben sicher mit grösstem Erstaunen gelesen, dass die Kleinklassen „gegen Ende ihres Bestehens (…) schon damals nicht mehr angemessen auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen reagieren“ konnten.

Eine Replik geht in der Regel auf die Argumente der Gegenseite ein und versucht, sie mit Fakten zu widerlegen. Im vorliegenden Fall wird aber ausser Worthülsen und warmer Luft nichts geboten.

Die Selbstbeweihräucherung aus der Schreibstube des Erziehungsdepartements („BaZ“, 17. Dezember 2019) war wohl ursprünglich als Antwort gedacht auf den Gastbeitrag von Riccardo Bonfranchi und mir vom vergangenen Samstag, in dem wir die Abschaffung der Kleinklassen als „bildungspolitischen Irrweg“ bezeichneten. Eine Replik geht in der Regel auf die Argumente der Gegenseite ein und versucht, sie mit Fakten zu widerlegen. Im vorliegenden Fall wird aber ausser Worthülsen und warmer Luft nichts geboten.

In Anlehnung an den bekannten Dokumentarfilm „Die Wüste lebt“ (Walt Disney, 1953) beginnen Dieter Baur und Doris Ilg ihre schönfärberische Beschreibung der Basler Schullandschaft mit dem Satz „Die integrative Schule lebt.“ Zahlreiche positive Rückmeldungen aus der Lehrerschaft auf unseren Artikel zeigen dagegen eindrücklich, wie weit sich die Bildungsbürokratie von der schulischen Realität entfernt und Augen und Ohren vor den Problemen in den Klassenzimmern verschlossen hat. „Die Wirklichkeit“, zitiere ich nochmals Marcel Proust, „ dringt nicht in die Welt des Glaubens.“

Kein Wort verlieren die Bewohner des Elfenbeinturms über die blamablen Ergebnisse der ersten schweizerischen Erhebung der Grundkompetenzen in der Volksschule. Die „Neue Zürcher Zeitung“ wählte für ihren Bericht eine drastische Überschrift: „Katastrophales Zeugnis für die Basler Schulen“. (NZZ, 24.5.2019)

Blamable Ergebnisse

Zur Erinnerung: Schüler aus Freiburg, Wallis und Appenzell Innerrhoden beweisen sowohl in Mathematik wie bei den Sprachen überdurchschnittliche Kompetenzen. Die rote Laterne schwenken die Schülerinnen und Schüler beider Basel und aus Solothurn. Bei den Schülern aus Basel-Stadt leuchtet die Lampe sogar dunkelrot. In Mathematik genügt nicht einmal die Hälfte der Schüler den Anforderungen, aber auch bezüglich der Sprachkompetenzen wird weniger erreicht als in fast allen anderen Kantonen.

Merkel lässt grüssen

Das Erziehungsdepartement hat die Abschaffung der Kleinklassen und der Einführungsklassen stets damit begründet, dass sie die Forderungen des Behindertengleichstellungsgesetzes erfüllen müsse. Diese Massnahmen seien, Angela Merkel lässt grüssen, alternativlos. „Freiheitlich angelegte demokratische Strukturen“, wendet hier mein verehrter Heilpädagogik-Lehrer Emil E. Kobi ein , „vertragen sich nicht mit ekklesialen Alleinseligmachensansprüchen.“ (Heilpädagogik online 02/08)

Die UN-Konvention von Salamanca verlangte keineswegs die Liquidierung der Sonderschulen.

Stillschweigend geht die Volksschulleitung auch an unserem Einwand vorbei, dass die UN-Konvention von Salamanca aus dem Jahr 1994 an keiner Stelle die Liquidierung der Sonderschulen verlangt hat. Im Mittelpunkt der Bemühungen um Integration stehen nicht organisatorische und räumliche Fragen, sondern die Erfüllung der Bedürfnisse aller Lernenden. Es kann wohl nicht wirklich an einer UN-Konferenz in der Universitätsstadt in Kastilien-León entschieden werden, welche spezifischen Schulformen in Basel-Stadt oder Riehen notwendig und erlaubt sind.

Dieter Baur, Leiter Volksschulen, Erziehungsdepartement der Stadt Basel: “Diffamieren, wenn man keine Argumente hat:”

Banalitäten und Durchhalteparolen

Zum krönenden Abschlusses eines Artikels voller Banalitäten und Durchhalteparolen werden die Verfasser nochmals unverschämt. Sie diskreditieren die fundierten Argumente zweier Heilpädagogen mit jahrzehntelanger Erfahrung als „rückwärtsgerichteten Blick in vergangene Zeiten“, der den Lehrerinnen und Lehrern im Alltag weniger helfe als ihre departementale Anerkennung.

Diese Platte kennen wir doch: Kritikern der integrierten Schule nach dem Gusto der Obrigkeit, die sich nicht vorbehaltlos der karikativ-missionarischen Agitation unterwerfen und sich einem „romantisierenden Idealismus“ (Emil E. Kobi) verweigern, werden Vorurteile, falsches Bewusstsein, Aberglaube, antiquiertes Denken und mangelnde geistige Beweglichkeit vorgeworfen.

Eine ernsthafte Debatte kann mit Drohgebärden gegen aufmüpfige Lehrkräfte und mit lammfrommen, ED-hörigen „Gewerkschaften“ allein jedenfalls nicht geführt werden.

 

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PISA zum Fünften, ÜGK zum Ersten, was gilt jetzt eigentlich? https://condorcet.ch/2019/12/pisa-zum-fuenften-uegk-zum-ersten-was-gilt-jetzt-eigentlich/ https://condorcet.ch/2019/12/pisa-zum-fuenften-uegk-zum-ersten-was-gilt-jetzt-eigentlich/#respond Thu, 05 Dec 2019 11:22:02 +0000 https://condorcet.ch/?p=3152

Der fünfte Streich von PISA, und die Presse in unserem Lande ist wieder mal eifrig am Interpretieren. Der Condorcet-Blog setzt mehr auf Fragen. So auch Condorcet-Autor Felix Schmutz, der sich an ominöse Test-Resulate im vergangenen März erinnert. Doch wer ausser den Condorcet-Autoren weiss das noch?

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Felix Schmutz, Baselland: “Nirgendwo wird auf den Widerspruch hingewiesen.”

Soeben rauschen zum fünften Mal die PISA-Ergebnisse durch den Blätterwald. Wiederum eine Hiobsbotschaft: die Schweizer Schüler(innen) unterdurchschnittlich schlecht im Lesen (484 Punkte, Durchschnitt aller Länder 487 Punkte), sehr gut in Mathematik (515 Punkte, Durchschnitt aller Länder 487 Punkte). Zudem die unerfreuliche Tendenz, dass die Lesefähigkeit seit 2012 konstant abnimmt, dass inzwischen 24% der 15-Jährigen nicht mehr verstehen, was sie lesen.1

Völlig entgegengesetzte Resultate

  1. Nirgendwo wurde auf den grundlegenden Widerspruch hingewiesen: Im Mai dieses Jahres publizierte die EDK die Resultate der ÜGK (Überprüfung der Grundkompetenzen 2017) im 9. Schuljahr. Diese hatten ein exakt gegenteiliges Bild gezeichnet: Mathematik schwach, nur wenige erreichen die Mindeststandards. Lesen topp, die meisten verfügen über gute Lesekompetenzen.2 Ein halbes Jahr später die PISA-Ergebnisse von 2018 genau umgekehrt, sehr gut in Mathematik, grottenschlecht im Lesen: Wie ist das möglich?

 

PISA eruiert, ob die 15-Jährigen die nötigen fachlichen Kompetenzen fürs Leben erworben hätten, während die ÜGK einen Ausschnitt der Grundkompetenzen des Lehrplans überprüft.

Der Bericht des PISA-Konsortiums geht in einer Fussnote auf die Unterschiede der beiden Tests ein: PISA eruiere, ob die 15-Jährigen die nötigen fachlichen Kompetenzen fürs Leben erworben hätten, während die ÜGK einen Ausschnitt der Grundkompetenzen des Lehrplans überprüfe.

Der Steuerzahler reibt sich die Augen

Man reibt sich die Augen. Hat man nicht in einem aufwändigen Verfahren des Projektes Harmos unter dem Eindruck des PISA-Schocks des Jahres 2000 den Lehrplan 21 geschaffen, der genau diejenigen Kompetenzen vermitteln sollte, die im PISA-Schulrucksack gefehlt hatten? Wurde nicht die ganze Kompetenzorientierung damit begründet, dass die Lernenden bisher bloss totes Wissen angehäuft, statt die Anwendungsfähigkeiten für praktische Lebensaufgaben gelernt hätten?

Was gilt jetzt?

Wie ist der Widerspruch zu erklären? Entweder enthält der Lehrplan 21 die falschen Kompetenzen, die Schüler(innen) lernen etwas anderes als das von PISA geforderte. Oder die Tests und die Bewertung einer der Prüfungsinstanzen liegen falsch. Jedenfalls wäre es dringend notwendig, die Diskrepanz zwischen den Resultaten erklärt zu bekommen.

 

  1. Der Artikel «Pisa: Medienkompetenz der Schüler muss gefördert werden», NZZ, 3.12., von Erich Aschwanden schafft das Kunststück, die schlechten Lesekenntnisse in ein flammendes Plädoyer für die Digitalisierung umzumünzen. Inzwischen seien Lesekompetenzen als Medienkompetenzen zu betrachten. An den PISA-Ergebnissen sei abzulesen, dass die Schule mit der Digitalisierung hinterherhinke.
Macbook-Schrank, OSZ-Orpund
Bild: api

Allerdings steht davon nichts im Bericht des PISA-Konsortiums. Im Gegenteil: Der Bericht stellt fest, dass die Lesekompetenzen international ab 2012 abnähmen und dass diese Abnahme mit der Ausbreitung des Smartphones korreliere. Ausserdem wird beklagt, dass die Lesefreude markant abgenommen habe, dass das Lesen als Freizeitvergnügen hingegen stets mit besseren Leseleistungen korreliere.

Das Beispiel des NZZ-Artikels zeigt, wie es offensichtlich der IT-Branche gelingt, jedes schulische Thema sofort so umzubiegen, dass es Wasser auf ihre Mühle wird.

 

1 Konsortium PISA.ch (2019). PISA 2018: Schülerinnen und Schüler der Schweiz im internationalen Vergleich. Bern und Genf: SBFI/EDK und Konsortium PISA.ch.

 

2 Konsortium ÜGK (Hrsg.) (2019). Überprüfung der Grundkompetenzen. Nationaler Bericht der ÜGK 2016: Mathematik 11. Schuljahr. Bern und Genf: EDK und SRED. https://doi.org/10.18747/PHSG-coll3/id/386

und

Konsortium ÜGK (Hrsg.) (2019). Überprüfung der Grundkompetenzen. Nationaler Bericht der ÜGK 2017: Sprachen 8. Schuljahr.Bern und Genf: EDK und SRED. https://doi.org/10.18747/PHSG-coll3/id/385

 

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Der alljährliche Irrsinn https://condorcet.ch/2019/08/der-alljaehrliche-irrsinn/ https://condorcet.ch/2019/08/der-alljaehrliche-irrsinn/#respond Fri, 16 Aug 2019 19:22:22 +0000 https://condorcet.ch/?p=1944

Die Lehrkräfte des OSZ-Orpund blickten bei der Kaffemaschine auf ein Bild, das der Materialverantwortliche in den Ferien gemacht hatte. Condorcet-Autor Alain Pichard erstellte daraufhin eine Rechnung!

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Dem Orpunder Materialchef standen die Haare zu Berge, als er vor den Sommerferien den Abfallcontainer erblickte. Dieser quoll vor lauter weggeworfenen «Clin d’oeil»-Boxen regelrecht über. Das Ganze war eine Plastikorgie sondergleichen, die unweigerlich an die Abermilliarden Tonnen an Kunststoff-Abfällen in den Weltmeeren denken liess.

Kurz vor Schuljahresbeginn nahm er dann die Bestellungen für das neue Schulmaterial an die Hand. Zum Vorteil der Schule und der Umwelt ist unser Materialchef allerdings nicht nur ein umweltbewusster Zeitgenosse mit gesundem Menschenverstand, er schaut zusätzlich auch aufs Geld. So machte er zur Verdeutlichung der gewaltigen Materialverschwendung durch die «Clin d’oeil»-Lehrmittel ein Foto von der entsprechenden Palette und hängte es im Lehrerzimmer auf.

«Clin d’oeil»: Die Schülerbox kostet 70 CHF.

«Clin d’oeil» ist ein Einweglehrmittel. Es kann also nicht wiederverwendet werden wie beispielsweise das früher verwendete Französisch Lehrbuch «Bonne Chance». Eine «Clin d’oeil»-Plastikbox kostet pro Schüler Fr. 32.– Dazu werden weitere Materialien angeboten, wie zum Beispiel die «mini-grammaire» für Fr. 32.–. 200 SchülerInnen mal Fr. 32Fr.  ergibt Fr. 6’400.–. Dieser enorme Betrag wird auch nächstes Jahr wieder in der Abfalltonne landen!

«mini-grammaire»: Kostenpunkt 32 CHF

Wie die ÜGK 2019 (Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen) und weitere Studien zeigen, verfehlt der Unterricht mit den neuen Lehrmitteln «Clin d’oeil» und «Mille feuilles» (Unter- bzw. Mittelstufe) praktisch alle Bildungsziele. Darüber hinaus erweist sich Passepartout auch als Geldvernichtungsmaschine erster Güte. Sie reisst klaffende Löcher in den Haushalt von Schulen und Gemeinden.

Angesichts der sich aktuell verschärfenden Klimaproblematik ist die Passepartout-Ideologie mit ihrer Materialschlacht ein ökologischer Irrsinn. Sie zeugt in dieser Hinsicht von absoluter Verantwortungsabstinenz seitens der Entwickler und Auftraggeber der Passepartout Lehrwerke, «Mille feuilles», «Clin d’oeil» und «New World».

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Appenzell – Basel 3:0 https://condorcet.ch/2019/08/appenzell-basel-30/ https://condorcet.ch/2019/08/appenzell-basel-30/#comments Thu, 08 Aug 2019 13:26:52 +0000 https://condorcet.ch/?p=1915

Condorcet-Autor Roland Stark in Höchstform. In seiner neuesten BAZ-Kolumne vergleicht er die schulischen Leistungen der Stadt Basel mit denjenigen der Appenzell-Innerrhodener. Nach der gestrigen Fussballpleite des FCB gegen Linz eine weitere Schmach für den Stadt-Kanton. Allerdings mit weit gravierenderen Konsequenzen.

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Die Ergebnisse der ersten schweizerischen Erhebung von Grundkompetenzen in der Volksschule, mit Verzögerung von der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) publiziert, haben die Öffentlichkeit erstaunt und aufgeschreckt. Nun können wir uns ein Bild machen, wie gut die Sechstklässer ihre Schulsprache beherrschen, wie weit sie im Lernen der ersten Fremdsprache sind und wie viel an Mathematik bei Sekundarschülern am Ende der Schulzeit hängen geblieben ist.

Grosse kantonale Differenzen

Die Untersuchung offenbart grosse kantonale Differenzen. Die NZZ wählt einen drastischen Titel: „Katastrophales Zeugnis für die Basler Schulen“. Und fasst dann zusammen: Die Schüler aus Freiburg, Wallis und Appenzell Innerrhoden beweisen sowohl bei Mathematik wie bei den Sprachen überdurchschnittliche Kompetenzen.

Basel-Stadt am unteren Ende

Am unteren Ende der Skala finden sich beide Basel und Solothurn. Besonders augenfällig ist das schlechte Abschneiden der Schüler aus Basel-Stadt, wo in Mathematik nicht einmal die Hälfte der Schüler genügt, wo aber auch bezüglich der Sprachkompetenzen weniger erreicht wurde als in fast allen anderen Kantonen.

Die Ausrede des Basler Erziehungsdirektors überzeugt nicht

Als Ausrede tischt Erziehungsdirektor Conradin Cramer (LDP) gebetsmühlenhaft die schwierige Zusammensetzung der städtischen Schülerschaft auf. Die EDK allerdings lässt diese Erklärung nicht gelten: „Die Analysen zeigen“, hält sie fest, „dass die unterschiedlichen Anteile nicht oder nur zu einem äusserst geringen Teil auf die Schülerzusammensetzungen zurückgeführt werden können.“ Weder die soziale Herkunft, noch die zuhause gesprochene Sprache noch der Migrationsstatus sind demnach entscheidend für das Erreichen der Kompetenzen. Defekt ist das System.

Frühfranzösisch war ein (teurer) Blödsinn

Gegen den ausdrücklichen Rat zahlreicher Fachleute wurde zuerst der Französisch- dann auch noch der Englischunterricht in die Primarschule verlegt. Nun zeigt sich, wenig überraschend: Viele Primarschülerinnen und Primarschüler sind mit zwei Fremdsprachen heillos überfordert. Dabei wird erst noch übersehen, dass für einen erheblichen Teil der Schülerschaft die Standardsprache Deutsch ebenfalls eine Art Fremdsprache ist.

Besser zuerst scharfzüngig Deutsch als vielzüngig, aber ungenau! Viele erfahrene Lehrpersonen wissen das.

Der Erziehungswissenschaftler Carl Bossard lobt die Appenzeller: „Sie verlegten den Französischunterricht von der Primar- in die Sekundarstufe und unterrichten hier mit hoher Kadenz. Sie befreiten die Primarschule von Französisch und gewannen Zeit fürs Kernfach Deutsch. […] Anders gesagt. Besser zuerst scharfzüngig Deutsch als vielzüngig, aber ungenau! Viele erfahrene Lehrpersonen wissen das. Doch die Bildungspolitik hört nicht auf sie.“ (NZZ am Sonntag, 22.6.2019)

Oder mit den Worten von Marcel Proust: „Die Wirklichkeit dringt nicht in die Welt des Glaubens.“

 

 

 

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Sie haben die Antworten, wir stellen die Fragen https://condorcet.ch/2019/06/sie-haben-die-antworten-wir-stellen-die-fragen/ https://condorcet.ch/2019/06/sie-haben-die-antworten-wir-stellen-die-fragen/#respond Fri, 14 Jun 2019 11:40:55 +0000 https://lvb.kdt-hosting.ch/?p=1399

Hier können Sie die Fragen unserer Autoren an die EDK nachlesen!

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Fragenkatalog zur Überprüfung der Grundkompetenzen
Fragen zur politischen Verantwortung der EDK
1. Wieso hat es so lange gedauert, bis die Resultate der «Überprüfung des Erreichens
der Grundkompetenzen» (ÜGK) bekannt wurden?
2. Wurde von Seiten der Bildungsdepartemente/EDK Druck auf die Art und Weise der
Veröffentlichung der Resultate ausgeübt?
3. Wie kann es sein, dass die EDK als Urheberin der Grundkompetenzen auf der einen
Seite Verträge abschliesst sowie eine Überwachungsfunktion wahrnimmt und auf der
anderen Seite die Projektleitung innehat, also Einfluss auf operative
Projektentscheide nimmt?
4. Wieso werden die Protokolle der Sitzungen von EDK-Vorstand und EDKPlenarversammlung
nicht öffentlich gemacht?

Fragen zum Konzept der ÜGK
1. Im Bereich Schulsprache und erste Fremdsprache wurden zentrale
Kompetenzbereiche nicht geprüft. Welches sind die Gründe dafür?
2. Wie aussagekräftig sind die Resultate der ÜGK, wenn wesentliche Teilbereiche eines
Faches nicht geprüft werden?
3. Welche Schlüsse können aus der Tatsache gezogen werden, dass sich die Ergebnisse
der ÜGK und der PISA-Studien diametral widersprechen?
4. Wie konnte es dazu kommen, dass der Test zur Überprüfung der
Grundanforderungen in der Mathematik im Nachhinein als zu schwierig taxiert wird?
5. Weshalb werden schweizweit durchgeführte Tests nicht zuerst einem eng begrenzten
Probelauf unterzogen, damit allfällige Schwächen der Aufgabenstellungen rechtzeitig
erkannt werden?

Fragen zu Schlussfolgerungen aus den widersprüchlichen Testresultaten
1. Welche Schlüsse werden aus den gravierenden Mängeln, welche das «Centre for
Educational Testing» der Universität Luxemburg an der ÜGK konstatiert, für die
künftigen Tests gezogen?
2. Welche konkreten Massnahmen werden nun aufgrund der vorliegenden
Testergebnisse für den Unterricht abgeleitet?
3. Wie wird sichergestellt, dass Fächer wie Geschichte, Geografie oder der
handwerkliche und musische Bereich nicht völlig im Schatten der überprüften Fächer
stehen?
4. Müsste nicht mit einer Leistungsüberprüfung der gesamten pädagogischen Arbeit bei
einer begrenzten Zahl von ausgewählten Lehrpersonen ein Gegengewicht zum
isolierten Überprüfen einzelner Fächer geschaffen werden?

Die Berichte zu den ÜGK sind hier abrufbar: http://www.edk.ch/dyn/32350.php
Die nationalen Bildungsziele (Grundkompetenzen) sind hier abrufbar:
http://www.edk.ch/dyn/12930.php
Fehraltorf und Malans, 13.6. 2019 Hanspeter Amstutz und Urs Kalberer

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Condorcet-Autoren schreiben öffentlichen Brief https://condorcet.ch/2019/06/condorcet-autoren-schreiben-oeffentlichen-brief/ https://condorcet.ch/2019/06/condorcet-autoren-schreiben-oeffentlichen-brief/#respond Fri, 14 Jun 2019 11:11:38 +0000 https://lvb.kdt-hosting.ch/?p=1394

Die Condorcet-Autoren, Hanspeter Amstutz (Zürich), Urs Kalberer (Graubünden) und der emer. Professor Walter Herzog (Bern) haben den Mitgliedern der kantonalen Parlamente und verschiedenen Bildungsfachleuten einen offenen Brief geschrieben. Angefügt ist ein detaillierter Katalog aller offenen Fragen! Dies alles können Sie hier nachlesen!

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emer. Professor Walter Herzog

An die Mitglieder kantonaler Parlamente

Urs Kalberer

Bildungsfachleute im Bereich Volksschule

 

Wie weiter mit den nationalen Schultests?

Sehr geehrte Damen und Herren

Ende Mai dieses Jahres informierte die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK mit einiger Verspätung die Öffentlichkeit über die Resultate der nationalen Schultests.  Diese waren wenig erfreulich und ziemlich verwirrend: in der Mathematik nur knapp genügend, bei den Sprachen einigermassen befriedigend, dazu grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Kantonen. Auffallend dabei ist auch die starke Abweichung der nationalen Testergebnisse von den bisherigen PISA-Resultaten.

An den nationalen Tests zur Überprüfung der Grundkompetenzen beteiligten sich Schulklassen mit insgesamt 23 000 Schülerinnen und Schülern aus allen Kantonen. Überprüft wurden 2016 die Mathematik-Kenntnisse am Ende der obligatorischen Schulzeit. 2017 ermittelte man die Fähigkeiten der jeweiligen Schulsprache und der ersten Fremdsprache am Ende der sechsten Klasse.

Die unbefriedigenden Testresultate haben grosse Diskussionen ausgelöst und viel Ratlosigkeit hinterlassen. Weshalb kam dieser Absturz in der Mathematik und weshalb sollen unsere Schüler in den Sprachen besser sein als beim PISA-Vergleich? Wir glauben, dass sowohl bei den Grundanforderungen wie beim nationalen Testkonzept über die Bücher gegangen werden muss.

In einem Fragenkatalog haben wir zusammengestellt, wo wir Handlungsbedarf sehen. Zudem analysiert ein wissenschaftlicher Beitrag von Professor Walter Herzog das fehlerhafte Konzept zur Überprüfung der Grundkompetenzen.

 

Mit bestem Dank für Ihr Interesse und freundlichen Grüssen

Hanspeter Amstutz                                 Walter Herzog                                          Urs Kalberer

Tisliacher 23                                              Jägerweg 16                                              Degenstrasse 26

8320 Fehraltorf                                        3097 Liebefeld                                         7208 Malans

 

 

Beilagen:

  • Analyse von Professor Walter Herzog
  • Kommentar zu den Tests
  • Fragenkatalog zu den Tests
  • Testaufgaben aus dem Bereich Deutsch

 

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Die verkehrte Welt der EDK https://condorcet.ch/2019/06/die-verkehrte-welt-der-edk/ https://condorcet.ch/2019/06/die-verkehrte-welt-der-edk/#comments Thu, 06 Jun 2019 21:32:13 +0000 https://lvb.kdt-hosting.ch/?p=1305

Während die PISA-Studien mit grosser Regelmässigkeit belegen, dass unsere Schülerinnen und Schüler in Mathematik zur Weltspitze gehören, jedoch im Lesen nur Mittelmass bilden, verkündet die EDK als Hauptergebnis ihrer ersten nationalen Überprüfung der Grundkompetenzen das schiere Gegenteil. Kann man sich einen Reim darauf machen? Condorcet-Autor Walter Herzog weist in seiner Analyse auf brisante Tatsachen hin, welche der EDK ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellen. Wer sich die Herausforderung der längeren Lektüre nicht zumuten will, dem empfehlen wir die Zusammenfassung unseres Autors Felix Schmutz im Anschluss an diesen Beitrag.

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Nach einjähriger Verschiebung des Publikationstermins hat die EDK am 24. Mai 2019 die Ergebnisse der ersten beiden Durchgänge der «Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen» bekanntgegeben. Erhoben wurden die Daten Mitte 2016 und Mitte 2017, und man fragt sich, weshalb die Auswertung so viel Zeit gekostet hat. Meine Vermutung, dass bei der Festlegung der Schwellenwerte politisch Einfluss genommnen wurde (vgl. mein Blog-Beitrag vom 10. Mai 2019), scheint sich zwar nicht zu bewahrheiten. Das ändert aber nichts am Verdacht, dass von Seiten der Politik Druck ausgeübt wurde. Bedenkt man, dass es bei den PISA-Studien jeweils knapp anderthalb Jahre dauert, bis die Ergebnisse vorliegen, wobei angesichts der grossen Zahl an teilnehmenden Ländern kein Zweifel besteht, dass diese Zeit tatsächlich benötigt wird, sind die drei Jahre, die wir auf die Ergebnisse zur Überprüfung der Grundkompetenzen in Mathematik warten mussten, unverständlich. Im Folgenden unternehme ich einen zweiten Versuch, die Verzögerung zu erklären, lege den Hauptakzent aber auf die kritische Würdigung der vorgelegten Ergebnisse.

Hohe Erwartungen

Überprüft wurde, wie weit die Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen in Mathematik am Ende der obligatorischen Schule sowie in der Schulsprache und in der ersten Fremdsprache am Ende der Primarschulzeit erreichen. Die Grundkompetenzen entsprechen den nationalen Bildungszielen, wie sie vom HarmoS-Konkordat vorgegeben werden. Sie stellen gemäss EDK ein Kerninstrument des Konkordats dar (vgl. EDK 2011, S. 3) und sind als leistungsbezogene Mindest‑ bzw. Basisstandards formuliert. Sie umschreiben jenes Minimum an Wissen und Können, dessen Erwerb von allen Schülerinnen und Schülern in der obligatorischen Schulzeit erwartet wird. Nach Ansicht der EDK hat unser Bildungssystem zu «gewährleisten, dass praktisch alle Schülerinnen und Schüler diese Mindestanforderungen … erreichen» (ebd., S. 78).

Bild: AdobeStock

Im HarmoS-Konkordat werden fünf Bereiche aufgeführt, in denen unsere Schulen eine umfassende Grundbildung zu vermitteln haben, nämlich: 1. Sprachen, 2. Mathematik und Naturwissenschaften, 3. Sozial- und Geisteswissenschaften, 4. Musik, Kunst und Gestaltung sowie 5. Bewegung und Gesundheit. Grundkompetenzen wurden bisher lediglich in den ersten beiden Bereichen festgelegt, nämlich in der Schulsprache, in der ersten Fremdsprache (eine zweite Landessprache oder Englisch), in der zweiten Fremdsprache, in Mathematik und in den Naturwissenschaften, und zwar – mit Ausnahme der Fremdsprachen – jeweils für das Ende des 4. Schuljahres, das Ende des 8. Schuljahres (Ende Primarschule) und das Ende des 11. Schuljahres (Ende der obligatorischen Schule). Da der Fremdsprachenunterricht in der Regel erst nach der vierten Klasse beginnt, liegen die entsprechenden Grundkompetenzen nur für die 8. und die 11. Klasse vor.

Wenn die Grundkompetenzen nun erstmals in zwei Bildungsbereichen – Mathematik und Schul‑ sowie erste Fremdsprache – überprüft wurden, dann handelt es sich um einen engen Ausschnitt aus dem gesamten Bildungsauftrag der obligatorischen Schule. Dies nicht nur, weil die Naturwissenschaften und die zweite Fremdsprache nicht einbezogen wurden, sondern auch, weil die EDK nach wie vor nicht entschieden hat, was mit den anderen Bildungsbereichen geschehen soll, ob dort ebenfalls Grundkompetenzen festgelegt werden oder ob darauf verzichtet wird. Sollte es bei Sprache und Mathematik bleiben, so würde anhand eines schmalen Segments des Bildungsauftrags der obligatorischen Schule darüber befunden, ob unsere Kinder und Jugendlichen jenes Minimum an Wissen und Können erwerben, dessen Erwerb von ihnen erwartet wird.

Die Beschränkung auf Sprache und Mathematik schürt die Hoffnung, dass dem engen Fokus eine um so bessere Qualität der Ergebnisse gegenübersteht, so dass wir im Bereich von Mathematik und Sprache ein verlässliches Bild vom Bildungsstand unserer Schülerinnen und Schüler gewinnen – ein verlässlicheres jedenfalls als dasjenige, das die PISA-Studien zeichnen. Denn die PISA-Studien nehmen erklärtermassen keine Rücksicht auf nationale Besonderheiten, insbesondere nicht auf die Lehrpläne. Da die Grundkompetenzen jedoch auf fachbezogenen Kompetenzmodellen beruhen, die auf der Basis eines systematischen Vergleichs der kantonalen Lehrpläne erarbeitet wurden, sollte deren Überprüfung informativer ausfallen als die PISA-Studien.

Die Erwartungen sind auch deshalb hoch, weil die Schweiz bei den PISA-Studien seit 2015 auf die Erhebung von kantonal repräsentativen Stichproben verzichtet und nur mehr mit einer für die Gesamtschweiz repräsentativen Auswahl teilnimmt (nur für den Tessin wird weiterhin eine kantonale Stichprobe gezogen). Bereits 2009 hatte die EDK beschlossen, dass PISA künftig nur noch dem internationalen Vergleich dienen soll, während die Funktion des interkantonalen Vergleichs an die Überprüfung der Grundkompetenzen übergehen soll. Mit den Ergebnissen der Überprüfung der Grundkompetenzen in Sprache und Mathematik sind daher seit längerem wieder kantonale Vergleiche möglich, was den beiden Studien zusätzliche Bedeutung gibt.

Erfüllt werden die Erwartungen jedoch nicht. Bevor ich dies darlege, möchte ich kurz ausführen, was die EDK zu ihren Reformen veranlasste und welche Ziele dahinter stehen.

Messen, was sich messen lässt

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Einen wesentlichen Anstoss für die Reformen der vergangenen Jahre gaben die Ergebnisse der ersten PISA-Studie, die im Jahre 2000 durchgeführt und 2001 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Von «Bildungsmisere» und «Bildungsnotstand» war die Rede, wobei die verstörten Reaktionen vor allem durch die schwachen Leistungen im Lesen, weniger in den Naturwissenschaften und gar nicht in der Mathematik ausgelöst wurden. «Viele Schüler verstehen nur Bahnhof» titelte der Tages Anzeiger vom 5. Dezember 2001. Rund 20% der Jugendlichen erreichten lediglich das erste von fünf Niveaus der Lesekompetenz oder lagen sogar darunter.

Nachdem sich der Pulverdampf etwas gelegt hatte, sah sich die EDK 2002 zu einer Erklärung veranlasst (vgl. EDK 2002), der sie 2003 einen Aktionsplan folgen liess. Der Aktionsplan definierte fünf Handlungsfelder, in denen das schweizerische Bildungssystem reformiert werden soll. Eine der Empfehlungen betraf die Umstellung auf eine konsequent an den Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler orientierte Steuerung des Bildungssystems, eine weitere die verlässlichere Messung der Schülerleistungen. Explizit heisst es in dem Papier der EDK: «Um im Schulsystem die Leistungen transparent zu erfassen, sind klare Leistungsvorgaben und periodische Messungen erforderlich. Fachliche Leistungen sowie Fächer übergreifende Kompetenzen sind regelmässig aufgrund von Bildungsstandards zu überprüfen» (EDK 2003, S. 20).

Ein Jahr später veröffentlichte die EDK ihr so genanntes Weissbuch zum HarmoS-Projekt (vgl. EDK 2004). Auch in diesem Papier tauchen wesentliche Reformideen wieder auf, die zuvor als Reaktion auf PISA 2000 formuliert worden waren. So unter anderem die Vorgabe von leistungsorientierten Bildungsstandards, die Ausrichtung des schulischen Lernens an Kompetenzen, die Einführung eines gesamtschweizerischen Bildungsmonitorings und die Festlegung von Mindestkompetenzen, die künftig von allen Schülerinnen und Schülern zu erreichen sind. Aus den Mindestkompetenzen sind später Basiskompetenzen und inzwischen die Grundkompetenzen geworden, deren erstmalige Überprüfung 2016 und 2017 stattgefunden hat.

Ein sehr begrenztesSegment

Wie schon aufgezeigt, decken die Grundkompetenzen in Mathematik, Schulsprache und erster Fremdsprache nur ein enges Segment des Bildungsauftrags der obligatorischen Schule ab. Das Segment wird jedoch noch enger, wenn wir erfahren, dass mit den eingesetzten Testaufgaben nur das erfasst wurde, was sich im Rahmen eines flächendeckenden Monitorings unter Effizienzgesichtspunkten überhaupt erfassen lässt. Bei der Schulsprache sind dies lediglich das Lesen und die Orthografie, bei den Fremdsprachen das Lese- und das Hörverständnis. Alle anderen Sprachaspekte – freies Reden, zusammenhängendes Sprechen, Teilnahme an Gesprächen, Schreiben, Grammatik, Literatur und kulturelles Verständnis – sind aus erhebungs- oder messtechnischen Gründen weggefallen. Selbst die Lesekompetenz ist nicht umfassend getestet worden, sondern nur insofern, wie die verwendeten Antwortformate (Multiple Choice) eine Erhebung zuliessen. So wurde zum Beispiel die Fähigkeit, Informationen aus verschiedenen Quellen, wie Text, Bild und Grafiken, zu verknüpfen, nicht überprüft. Gleiches gilt für die Orthografie, bei der nur das explizite Regelwissen geprüft wurde, nicht aber die so genannte Verschriftungskompetenz und auch nicht die Korrekturkompetenz (vgl. Konsortium ÜGK 2019a, S. 25).

Gleiches gilt auch für die Mathematik. Obwohl bei den Grundkompetenzen acht Handlungsaspekte genannt werden, sind aus erhebungstechnischen Gründen nur fünf erfasst worden (vgl. Konsortium ÜGK 2019b, S. 19ff.). Insofern ist die Aussage der EDK, wonach mit den beiden Erhebungen «erstmals … untersucht (wurde), wie viele Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen erreichen, die von der EDK 2011 festgelegt worden sind» (Medienmitteilung vom 24.5.2019), unzutreffend, wenn nicht eklatant irreführend.

Offenbar laufen wir offenen Auges in genau die Falle, vor der von besonnener Seite seit längerem gewarnt wird. Gemessen wird nicht, was pädagogisch wichtig ist, sondern pädagogisch wichtig wird, was sich mit den verfügbaren Instrumenten messen lässt! Bereits mit ihren ersten beiden Studien zur Überprüfung der Grundkompetenzen straft die EDK ihr oft abgegebenes Versprechen, kein teaching to the test befördern zu wollen, Lügen. Indem die Qualität der Schule auf jene Aspekte reduziert wird, die sich im Rahmen eines large-scale assessments messen lassen, wird alles andere, was eine gute Schule auszeichnet, schlicht übergangen. Die Lehrerinnen und Lehrer werden schnell begreifen, was die EDK für wichtig hält, nämlich nicht einmal die Grundkompetenzen, die sie mit grosser Mehrheit beschlossen hat, sondern lediglich jenen Ausschnitt daraus, der sich mit Hilfe standardisierter Verfahren überprüfen lässt.

Gut in Mathematik und schlecht im Lesen – oder umgekehrt?

Nicht nur die Reduktion der schulischen Bildung auf jene Aspekte von Mathematik und Sprache, die sich standardisiert messen lassen, ist enttäuschend. Enttäuschend sind auch die Ergebnisse selber. Per Ende der Primarschule erreichen schweizweit durchschnittlich 88.1% der Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen im Lesen in der Schulsprache. Bei der Orthografie sind es je nach Sprachregion 80.1% (Tessin), 84.4% (Deutschschweiz) und 88.8% (Romandie). Dass man keinen Gesamtwert angeben kann, ist befremdend. Auch wenn die EDK die orthografischen Grundkompetenzen nur sprachregional festgelegt hat, stellt ein schweizweites Monitoring, das nicht in der Lage ist, vergleichbare Aufgaben zu stellen, eine Sinnwidrigkeit dar – insbesondere angesichts der Entscheidung der EDK, die Funktion des interkantonalen Vergleichs von den PISA-Studien an die Überprüfung der Grundkompetenzen zu transferieren.

In der ersten Fremdsprache – Deutsch in der Westschweiz, Französisch im Tessin und Französisch oder Englisch in der Deutschschweiz (Graubünden wurde nicht erfasst) – erreichen 88.0% der Schülerinnen und Schüler am Ende der Primarschule die Grundkompetenzen beim Hörverstehen Deutsch, 88.6% beim Hörverstehen Französisch und 95.4% beim Hörverstehen Englisch, während es beim Leseverstehen 65.2% in Französisch, 71.6% in Deutsch und 86.0% in Englisch sind. In der Mathematik, die per Ende der obligatorischen Schule erfasst wurde, werden die Grundkompetenzen im schweizerischen Durchschnitt zu 62.2% erreicht mit einer beträchtlichen Varianz zwischen den Kantonen (43.5% bis 82.7%).

Die Ergebnisse erstaunen. Denn sie widersprechen diametral den Erkenntnissen aus den PISA-Studien. Auf die erste Erhebung von 2000 wurde bereits hingewiesen. Sie ergab schlechte Leseleistungen und gute Mathematikleistungen. Daran hat sich bei den folgenden Durchgängen kaum etwas geändert. Trotz des Eindrucks, dass bei der Leseförderung einiges getan wurde, zeigen die Messwerte nur geringe Veränderungen und schon gar nicht einen eindeutigen Trend. Bei der Erhebung von 2015 sank der Wert sogar wieder auf das ursprüngliche Niveau von 2000. 20% der getesteten Schülerinnen und Schüler waren nicht in der Lage, einen einfachen Text zu verstehen. Entsprechend war die Reaktion die Medien: «Jeder fünfte Schüler kann nicht richtig lesen» (SonntagsZeitung vom 11.12.2016).

Man könnte einwenden, dass wir es nicht mit derselben Altersgruppe zu tun haben. Während bei PISA die 15-Jährigen getestet werden, also Jugendliche, die am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit stehen, wurde die Lesekompetenz in der EDK-Studie per Ende Primarschule, also bei 11- bis 12-Jährigen, gemessen. Es wäre jedoch wenig plausibel anzunehmen, dass die Sprachkompetenz erst in den letzten drei Schuljahren ins Negative kippt. Funktionaler Analphabetismus (Illetrismus) entwickelt sich in den ersten Schuljahren, ja oft schon in der Vorschulzeit, so dass sich die PISA- und die EDK-Daten zur Lesekompetenz diesbezüglich durchaus vergleichen lassen.

emer. Professor Walter Herzog
Photo: Fabü

Bestätigung finden die schlechten Leseleistungen der Schülerinnen und Schüler zudem in den periodisch durchgeführten Studien zur Lese- und Schreibkompetenz Erwachsener. Danach stehen die 16- bis 64-Jährigen in der Schweiz nicht besser da als die Schulabgängerinnen und Schulabgänger. Die letzte in der Schweiz durchgeführte Studie ergab einen Anteil von 16% funktionaler Analphabeten (vgl. BFS 2006). Die Schweiz ist allerdings kein Sonderfall, denn man geht davon aus, dass in allen Industrieländern etwa 15 bis 20% der Erwachsenen nur recht und schlecht lesen und schreiben können. Was PISA 2015 anbelangt, so liegt der Anteil 15-Jähriger mit geringer Lesekompetenz in Belgien, Frankreich, Italien und Österreich im gleichen Bereich von rd. 20% wie in der Schweiz (vgl. Konsortium PISA.ch 2015, S. 42).

Bei der Mathematik ist ein Vergleich leichter möglich, da wir es mit derselben Altersgruppe zu tun haben. Zwar werden in den beiden Schlussberichten zur Überprüfung der Grundkompetenzen keine Altersangaben gemacht, was wissenschaftlich etwas irritierend ist, jedoch kann aufgrund des Stichprobenverfahrens davon ausgegangen werden, dass die Altersgruppen bei PISA und bei der Überprüfung der mathematischen Grundkompetenzen im grossen Ganzen vergleichbar sind.

Schon bei der ersten PISA-Erhebung lagen die Schweizer Schülerinnen und Schüler auf dem 7. Rang von 33 teilnehmenden Ländern. Lob gab es dafür keines, da die schlechten Leseleistungen im Vordergrund standen. Das änderte sich mit den folgenden Durchgängen, die sich auf immer mehr teilnehmende Länder ausdehnten (inzwischen nehmen rd. 80 Länder an PISA teil). Wie sich die Mathematik-Leistungen unserer 15-Jährigen im internationalen Kontext ausnehmen, können die folgenden Headlines zeigen:

2003: «PISA 2003 – sehr gute Kompetenzen in Mathematik» (Medienmitteilung BFS & EDK vom 7.12.2004)

2006: «Schweizer Schüler hervorragend in Mathematik» (NZZ am Sonntag vom 2.12.2007)

2009: «Mathematik: Schweizer Jugendliche sind Weltklasse» (Der Bund vom 8.12.2010)

2012: «In Mathematik liegen die Schweizer jetzt vor den Finnen» (Tages Anzeiger vom 4.12.2013)

2015: «Die Schweizer Jugendlichen sind die Mathematik-Stars Europas» (Neue Zürcher Zeitung vom 7.12.2016)

Tatsächlich haben die 15-jährigen Jugendlichen in der Schweiz beim letzten PISA-Durchgang, dessen Ergebnisse wir kennen (die Ergebnisse von 2018 kennen wir noch nicht), in Mathematik unter allen europäischen Ländern den ersten Platz belegt. Zwar muss man auch bei der Mathematik in Rechnung stellen, dass es eine Gruppe von 15-Jährigen gibt, die lediglich das tiefste Niveau der Kompetenzskala erreichen oder sogar darunter liegen, jedoch steht der erzielte Durchschnittswert für ein mehr als gutes Leistungsniveau.

Es ist daher völlig paradox, dass dieselbe Altersgruppe von Schülerinnen und Schülern bei praktisch allen bisher durchgeführten PISA-Erhebungen in Mathematik zur weltweiten Spitze gehört, während sie bei der ersten Überprüfung der Grundkompetenzen so miserabel abschneidet. Und es ist nochmals paradox, dass fast spiegelbildlich dazu unsere Schülerinnen und Schüler in den PISA-Studien zum Lesen so schlecht abschneiden, während sie bei der Überprüfung der Grundkompetenzen geradezu hervorragende Leistungen zeigen. Auch wenn die beiden Studien zum Teil andere Ziele verfolgen und auch in methodischer Hinsicht Unterschiede bestehen, kann nicht sein, dass zwei Grossstudien zur Schulqualität zu dermassen widersprüchlichen Resultaten kommen. Etwas scheint faul zu sein im Staate Dänemark! Solange wir uns die verkehrte Welt der EDK nicht erklären können, wissen wir nicht, welchen Daten wir überhaupt trauen können.

Hilfe aus Luxemburg

Im Folgenden möchte ich versuchen, eine Erklärung zu geben. Dabei folge ich einer Spur, die Nadja Pastega in der SonntagsZeitung vom 26. Mai 2019 gelegt hat. Sie verweist auf ein Gutachten, das vom Generalsekretariat der EDK Ende 2017 beim Centre for Educational Testing der Universität Luxemburg in Auftrag gegeben wurde, offenbar nachdem die unerwarteten Resultate zur Mathematik im inneren Kreis der EDK bekanntgeworden waren. Das Gutachten sollte klären, ob das gewählte Vorgehen bei der Überprüfung der Grundkompetenzen, insbesondere die Testentwicklung und die Bestimmung der so genannten Schwellenwerte (cut-scores), die auf den Messskalen die Grenze zwischen Kompetenz und Inkompetenz festlegen, methodisch korrekt war. Auf den ersten Blick ist das Gutachten positiv ausgefallen: «Overall, the test design, data collection, data analysis, and, in particular the standard-setting are on a very high level and fully in line with present scientific quality standards» (Fischbach & Ugen 2018, S. 24). Diese Stelle wird von der EDK denn auch gerne zitiert. Jedoch ergibt sich bei genauerer Lektüre des Gutachtens ein ziemlich anderes Bild.

Ich möchte ein paar Stellen aus dem Gutachten zitieren, die auf gravierende Schwächen bei der Entwicklung der Kompetenzmodelle, bei der Festlegung der Grundkompetenzen und bei deren Überprüfung im Rahmen der Monitoringstudie hinweisen. Die Zitate lassen sich ohne weiteres überspringen; ich werde die wichtigsten Punkte anschliessend zusammenfassen. (ÜGK steht für «Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen»; mit «items» sind die Testaufgaben gemeint, mit «auditors» die beiden Gutachter aus Luxemburg.)

«Overall, the exact item development process remains unclear to the auditors. The auditors were not provided with proper documentation describing the … item development process, and even throughout the hearings, the auditors did not gain satisfactory insights into the item development modus operandi» (S. 14).

«… the items that were included in the main test were never adequately pretested; half were adjusted after a first pretest, and half were newly developed afterwards» (S. 15).

«… only 132 out of 180 items passed all quality control steps and remained in the final scaling model. Over one quarter of item loss is very high and too high for a main test operation. … The … item loss is not a matter of analysis but … a matter of suboptimal item development and, first and foremost, insufficient pretesting» (S. 19).

«The ÜGK … mathematics items … involved a great deal of text. It is well known that language proficiency has an important impact on mathematics performance. For assessments in mathematics, it is thus recommended that the language load be reduced as much as possible» (S. 14).

«The items retained during the standard-setting procedure (i.e., those items below the cut-score) operationalise the theoretical descriptors in about the easiest way possible. Crucially, however, these descriptors, and thus the minimum standards, are very ambitious in international comparison, lack proper empirical validation, and empirically behave more like norm standards (Regelstandards)» (S. 25).

«Although the HarmoS competence model underwent a validation study, the derived minimum standards were never properly empirically validated. … the auditors tried hard to understand how exactly the minimum standards emerged, but neither the available documentation nor the interviewees could provide a scientifically satisfying answer. Moreover, the aforementioned validation study was not without its methodological flaws and represents only the first step in an iterative validation process» (S. 29).

«It is the conclusion and conviction of the auditors that the ‹unexpected› 2016 ÜGK … mathematics results … ultimately have their root in suboptimal and overly ambitious reference documents» (S. 28).

Das ist eine Breitseite an Kritik, die schon jede für sich Zweifel an der Qualität der Ergebnisse der Überprüfung der Mathematik-Grundkompetenzen weckt.

Zusammenfassen lassen sich die monierten Mängel dahingehend, dass unklar ist, wie bei der Entwicklung der Testaufgaben vorgegangen wurde, im Hinblick auf die Zielsetzung viel zu viele Aufgaben einbezogen wurden, diese aber nicht systematisch vorgetestet wurden, nachträglich neue Aufgaben generiert wurden, die aber nicht mehr empirisch geprüft wurden, die Testaufgaben übermässig textlastig sind (womit die Messung der Mathematikkompetenz beeinträchtigt sein könnte), die Validität der Aufgaben nicht ausreichend gewährleistet ist, das erarbeitete Kompetenzmodell nie zufriedenstellend verifiziert wurde, die Bestimmung der Schwellenwerte vermutlich nicht zu Mindeststandards, sondern zu Regelstandards führte und alles in allem die Referenzdokumente (womit wohl in erster Linie die von der EDK verabschiedeten Grundkompetenzen gemeint sind) für eine solche Studie unzulänglich sind.

Das ist eine Breitseite an Kritik, die schon jede für sich Zweifel an der Qualität der Ergebnisse der Überprüfung der Mathematik-Grundkompetenzen weckt. Allerdings deckt das Gutachten Probleme auf, die zum grossen Teil schon im Schlussbericht der HarmoS-Methodologiegruppe, die von 2005 bis 2008 die Entwicklung der Kompetenzmodelle begleitete, genannt werden (vgl. Ramseier, Moser, Moreau & Antonietti 2008). Ich nenne die wesentlichen Punkte:

  • nur ein Teil der Testaufgaben wurde im Rahmen von Pretests überprüft
  • die Auswahl der Testaufgaben erfolgte eher nach pragmatischen als nach wissenschaftlichen Kriterien
  • die Schwierigkeit der Testaufgaben wurde nicht immer korrekt eingeschätzt
  • das Problem der sprachlichen Äquivalenz der Testitems in den drei Landessprachen wurde massiv unterschätzt
  • die Kompetenzniveaus (inkl. Basisstandards) wurden eher interpretierend als nach einem formalisierten Verfahren festgelegt
  • es wurden zwar Grundlagen für die Validierung der Kompetenzmodelle geschaffen, als validiert können diese aber nicht bezeichnet werden
  • insgesamt war die Entwicklung der Kompetenzmodelle in wissenschaftlicher Hinsicht unzulänglich

Zusammenfassend bezweifelte also bereits die HarmoS-Methodologiegruppe, dass die Kompetenzmodelle ausreichend überprüft und die Mindeststandards nach wissenschaftlichen Kriterien bestimmt wurden. Obwohl die Kritik den Verantwortlichen der EDK bekannt sein musste, scheint an der Projektorganisation nichts geändert worden zu sein. Die Folge war, dass sich die Mängel bei der Überprüfung der Grundkompetenzen fortpflanzten.

Auf die beiden gravierendsten Mängel, nämlich die ungenügende Qualität der erzielten Ergebnisse und die unzulängliche Projektorganisation, möchte ich im Folgenden einzeln eingehen.

Eine fragwürdige Strategie

Einige der aufgezeigten Mängel lassen sich angesichts des grossen Zeitdrucks, unter dem die Entwicklung der Kompetenzmodelle, die Bestimmung der Mindeststandards und die Festlegung der Grundkompetenzen erfolgten, nachvollziehen. Die Fehler, die gemacht wurden, haben aber dazu beigetragen, dass die Ergebnisse der Überprüfung der mathematischen Grundkompetenzen selbst gedämpften Erwartungen nicht genügen können.

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Besonders gravierend ist die Ungewissheit, ob tatsächlich Grundkompetenzen oder nicht vielmehr durchschnittliche Leistungen erfasst wurden, bei der Bestimmung der Schwellenwerte also eher Regelstandards als Mindeststandards festgesetzt wurden. In der Klieme-Expertise, auf die man sich beim HarmoS-Projekt ausgiebig stützte, werden Regelstandards als mittleres Leistungsniveau definiert, das von etwa der Hälfte der Schülerinnen und Schüler erreicht wird, während Mindeststandards für jenes basale Leistungsniveau stehen, von dem erwartet wird, dass es von keinem Lernenden unterschritten wird (vgl. Klieme et al. 2003, S. 27). Mit dem HarmoS-Konkordat bekennen sich die Kantone ausdrücklich zu Mindeststandards. In den Dokumenten der EDK wird der Begriff der Grundkompetenzen mittlerweile synonym mit demjenigen der Mindest‑ bzw. Basisstandards gebraucht. Genauer gesagt: der Begriff der Basisstandards wurde per Beschluss der EDK-Plenarversammlung durch denjenigen der Grundkompetenzen ersetzt (vgl. EDK 2011, S. 84f.). Man kann sich fragen, wie sinnvoll es ist, eine Fähigkeit (Kompetenz) mit dem Massstab ihrer Bewertung (Standard) gleichzusetzen. Halten wir am Begriff der Standards fest, so zeigt bereits der Bericht der HarmoS-Methodologiegruppe, insbesondere aber das Gutachten des Luxemburger Centre for Educational Testing, dass bei der Überprüfung der Grundkompetenzen eher Regel- als Mindeststandards erfasst wurden.

Allerdings wäre es falsch anzunehmen, dass wir, anstatt zu wissen, wo das Kompetenzniveau unserer Schülerinnen und Schüler «im Minimum» liegt, nun wüssten, wo es «in der Regel» liegt. Denn die Vermutung der Gutacher, dass eher Regel‑ als Mindeststandards festgelegt wurden, heisst nicht, dass wir es tatsächlich mit Regelstandards zu tun haben. Beabsichtigt war ja durchaus, die Schwellenwerte so zu legen, dass sich Mindeststandards (Grundkompetenzen) ergeben. Nur weil dies misslungen ist, haben wir noch keine Regelstandards gewonnen. Das Einzige, was sich mit einiger Überzeugung sagen lässt, ist, dass die erfassten Mathematikleistungen der Schülerinnen und Schüler irgendwo zwischen Mindest- und Regelstandards liegen, ohne dass wir genau sagen können wo.

In ihrem Bericht nennen die Auditoren drei Strategien, wie mit der offensichtlichen Zielverfehlung bei der Überprüfung der Mathematikkompetenzen hätte umgegangen werden können. Die ehrlichste Strategie wäre, die gewonnenen Daten zu nutzen, um das Kompetenzmodell nachträglich angemessen zu validieren und die Grundkompetenzen neu festzulegen. Dabei hätte die EDK allerdings nicht nur eingestehen müssen, dass die Resultate mangelhaft sind, sondern aufgrund der gravierenden Mängel der Studie auch auf deren Publikation verzichten müssen. Die Neubestimmung der Grundkompetenzen hätte zudem zur Folge gehabt, dass die sprachregionalen Lehrpläne, die eben erst erarbeitet wurden, bereits wieder hätten angepasst werden müssen. Man kann nachvollziehen, dass die EDK diese Strategie nicht gewählt hat.

Eine zweite Strategie hätte nach Meinung der Auditoren darin gelegen, die Terminologie anzupassen und auf den Begriff der Grundkompetenzen zu verzichten. Auch damit wäre die EDK aber nicht darum herumgekommen einzugestehen, dass die Ergebnisse für die ursprüngliche Zielsetzung der Überprüfung der Grundkompetenzen nicht brauchbar sind. Offensichtlich hat sie auch diese Strategie nicht gewählt. Man scheint an den Grundkompetenzen festhalten zu wollen, wohl auch deshalb, weil etwas anderes ohne Gesichtsverlust nicht möglich ist. Denn die Grundkompetenzen sind inzwischen nicht nur in die sprachregionalen Lehrpläne eingeflossen, sondern dienen auch als Referenzrahmen für die Überarbeitung und Entwicklung von Lehrmitteln und bestimmen die Studiengänge an den Pädagogischen Hochschulen.

Die dritte, von den Auditoren am wenigsten empfohlene Strategie, um mit der missratenen Überprüfung der Grundkompetenzen umzugehen, bestünde darin zu bestreiten, dass die Ergebnisse erwartungswidrig ausgefallen sind. Genau diese Strategie hat die EDK schliesslich gewählt. Kommuniziert wurde anlässlich der Information der Medien, dass man mit der Umsetzung des HarmoS-Projekts erst ganz am Anfang stehe, die getesteten Schülerinnen und Schüler daher noch nicht nach den neuen Lehrplänen unterrichtet worden seien, die Daten insofern für die Grundkompetenzen der Schülerinnen und Schüler «am Ausgangspunkt der Harmonisierung» (Medienmitteilung vom 24.5.2019) stünden, die Unterschiede in den Ergebnissen vor dem Hintergrund der noch gültigen kantonalen Lehrpläne erklärbar seien und davon auszugehen sei, dass die zunehmende Anwendung der gemeinsamen Lehrpläne und Lehrmittel «zu einer weiterführenden Harmonisierung der Bildungsziele beitragen» (ebd.) werde.

Mit dieser von den Luxemburger Auditoren «rhetorisch» genannten Strategie wird nicht nur von den Qualitätsmängeln der Studie abgelenkt, die EDK geht auch das Risiko ein, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Denn seit Jahren stellt man sich auf den Standpunkt, dass das HarmoS-Projekt keine Reform, zumindest keine Reform «verstanden als Veränderung von Bestehendem» (EDK 2011, S. 67, Fn. 79) sei, sondern nur bereits Vorhandenes vereinheitliche und harmonisiere. In einem Interview betonte der frühere Generalsekretär der EDK, dass «viele der Grundkompetenzen … seit Jahr und Tag Gegenstand des Unterrichts (sind)» (Ambühl 2016, S. 17). Dann aber können die neuen Mathematiklehrpläne kaum grundsätzlich von den alten verschieden sein, selbst wenn eingestanden wird, dass die kantonalen Unterschiede bei der Mathematik bisher grösser waren als bei der Schulsprache. Vor allem lässt sich mit diesem windigen Argument in keiner Weise erklären, weshalb die Ergebnisse in Mathematik im Vergleich mit den PISA-Studien so viel schlechter ausgefallen sind. Es zeugt von wenig Format, wenn die EDK, statt der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken, eine Kommission einsetzt, die abklären soll, ob das Anspruchsniveau der mathematischen Testaufgaben tatsächlich zu hoch war (Medienmitteilung vom 24.5.2019). Da schon jetzt ziemlich klar ist, wie das Ergebnis ausfallen wird, geht es wohl einzig darum, Zeit zu schinden, um sich weitere rhetorische Pirouetten auszudenken.

“Bei PISA 2015 enervierte man sich von Seiten der EDK noch über die vermeintlich schlechte methodische Qualität der Studie.”

Die Maskerade der EDK angesichts der unerwarteten Resultate des Monitorings der mathematischen Grundkompetenzen steht in eigenartigem Kontrast zu ihrem lauthalsen Protest anlässlich der Ergebnisse der PISA-Erhebung von 2015. Die Tatsache, dass die Werte in allen drei Testbereichen – Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften – gegenüber der Erhebung von 2012 schlechter ausgefallen waren, war für einige Verantwortliche der EDK und des LCH Anlass genug, um sich über die vermeintlich schlechte methodische Qualität der Studie zu enervieren. Der LCH werweisste, ob das Geld nicht besser für andere Zwecke eingesetzt würde, die EDK verzichtete darauf, einen eigenen Bericht zu den Resultaten zu verfassen und verlangte von der PISA-Zentrale in Paris Auskunft über das «massive Qualitätsproblem» und die «unabschätzbaren Konsequenzen» der Studie (vgl. Tages Anzeiger vom 7.12.2016). Dabei wurde die Studie von 2015 im vollen Wissen und mit dem ausdrücklichen Einverständnis der EDK in einem leicht abgeänderten Modus durchgeführt – per Computer statt per Papier und Stift, mit einer deutlich verkleinerten Stichprobe, mit methodischen Anpassungen bei den Messskalen (vgl. EDK 2012; Konsortium PISA.ch 2018). Mag sein, dass sich dadurch gewisse Probleme der Vergleichbarkeit – vor allem im zeitlichen Längsschnitt – ergeben haben, die aber nicht singulär für die Schweiz waren.

Zudem hätte man wissen müssen, dass sich die Verschlechterung der Schülerleistungen beim Lesen in einem engen Horizont bewegte. Die Werte auf der Skala zur Lesekompetenz liegen – wie auf den anderen PISA-Skalen auch – bei einer angenommenen Normalverteilung der Leistungen grosso modo in einem Intervall zwischen 300 und 700 Punkten. Zwischen 2000 und 2015 schwankten die Leistungspunkte bei der Lesekompetenz der getesteten schweizerischen Probandinnen und Probanden zwischen 492 (Minimum) und 509 (Maximum) Punkten, also in einem recht engen Bereich. Der Koordinator von PISA, Andreas Schleicher, zeigte sich denn auch leicht amüsiert über die wenig professionelle Reaktion der EDK und verwies zu Recht darauf, dass PISA vielen nationalen Tests um Jahre voraus sei (vgl. Luzerner Zeitung vom 11.12.2016). Wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, dann hat ihn die EDK mit ihrer Überprüfung der Grundkompetenzen in Mathematik inzwischen erbracht.

Vermischung der Zuständigkeiten

Im Bericht der Luxemburger Auditoren werden neben methodischen auch organisatorische Mängel aufgedeckt. Insbesondere wird eine Vermengung von strategischer und operativer Führung moniert. Die Rede ist von einer suboptimalen Projektorganisation, «because the project coordination and the contracting body are not separate entities and are thus not able to independently carry out their respective functions» (Fischbach & Ugen 2018, S. 12). Die EDK trage zwei sich ausschliessende Hüte, insofern sie auf der einen Seite Verträge abschliesse sowie eine Überwachungsfunktion wahrnehme und auf der anderen Seite die Projektleitung innehabe, also exekutiv tätig sei. «Crucially, while the contracting and supervising authority is by definition a political body, the executive body should be apolitical and scientific in nature» (ebd., S. 30). Die Einmischung der Politik in die Wissenschaft, die in meinem Blog-Beitrag vom 10. Mai 2019 zur Befürchtung Anlass gab, dass die Bestimmung der Schwellenwerte politisch beeinflusst sein könnte, scheint struktureller Natur zu sein und auf der organisatorischen Ebene abzulaufen.

Es ist gelinde gesagt seltsam, dass sich ein behördliches Organ wie das Generalsekretariat der EDK in forschungsmethodische Entscheidungen einmischt und ein politisches Gremium wie die EDK-Plenarversammlung die Ergebnisse der Überprüfung der Grundkompetenzen entgegennimmt, würdigt und über deren Weiterleitung an die Öffentlichkeit beschliesst (vgl. EDK 2014, Art. 5). Allerdings lässt sich damit nachvollziehen, wie es zur Verzögerung der Publikation der Ergebnisse gekommen ist. Denn die unerwarteten Resultate bei den Grundkompetenzen in Mathematik waren der Projektleitung seit Mitte 2017 bekannt. Sie wurden der EDK-Plenarversammlung im Herbst 2017 vorgelegt, was zum Auftrag an das Generalsekretariat führte, ein externes Audit einzuholen. Die Auditoren berichteten der EDK-Plenarversammlung persönlich über die Ausführung ihres Auftrags (vgl. EDK 2019, S. 12 und 21). Die Freigabe der Ergebnisse zur Publikation wurde von der EDK-Plenarversammlung am 28. März 2019 beschlossen.

Die Forderung nach klarer Trennung von Politik und Wissenschaft ist mehr als berechtigt. Nicht nur um potentielle Konflikte zu vermeiden, sondern auch im Interesse einer optimalen Entscheidungsstruktur ist es von grösster Wichtigkeit, «that the two bodies [Politik und Wissenschaft, W.H.] are independent, adequately represented, and engaged in regular, formalised, and transparent dialogue» (Fischbach & Ugen 2018, S. 31). Transparenz würde auch heissen, dass die Protokolle der Sitzungen von EDK-Vorstand und EDK-Plenarversammlung öffentlich gemacht würden.

Inzwischen ist bekannt geworden, dass die Projektleitung an eine externe Institution, nämlich an das vor kurzem gegründete Interdisziplinäre Zentrum für Bildungsforschung (IZB) der Universität Bern, übergehen soll. Ob die unglückliche Vermischung strategischer und operativer Funktionen dadurch tatsächlich behoben wird, ist jedoch fraglich. Skeptisch stimmt die Tatsache, dass die Klärung der Frage, ob bei den mathematischen Grundkompetenzen nicht Mindest-, sondern Regelstandards erfasst wurden, nicht der neuen Projektleitung überlassen wird, die wohl am ehesten in der Lage wäre, den Sachverhalt abzuklären, sondern einem internen Organ – einer «Kommission der EDK» (Medienmitteilung vom 24.5.2019) – übertragen wurde. Die Skepsis verschärft sich, wenn man erfährt, dass sich die Universität Zürich, die von der EDK offenbar für die künftige Projektleitung favorisiert wurde, mit der Begründung vom Auftrag zurückzog, dass die Zuständigkeiten und Kompetenzen nicht zufriedenstellend geklärt werden konnten (vgl. EDK 2019, S. 9). Ob es der Universität Bern besser gelungen ist, der EDK die notwendige Klarheit abzuringen, entzieht sich meiner Kenntnis. Solange das Organisationsreglement über die Durchführung der Überprüfung der Grundkompetenzen (vgl. EDK 2014), mit dem sich die EDK einen übermässigen Einfluss auf operative Projektentscheidungen zusichert, nicht angepasst wird, steht zu befürchten, dass die organisatorischen Probleme trotz Auslagerung der Projektleitung aus dem Generalsekretariat andauern werden.

Anhaltende Ernüchterung

Gesamthaft gesehen, hinterlassen die ersten Durchgänge der «Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen» für die EDK keinen besonders vorteilhaften Eindruck. Insbesondere die Hauptadressaten der beiden Erhebungen – die Bildungspraxis, die Bildungspolitik und die Bildungsverwaltung – werden mit den Ergebnissen kaum etwas anfangen können. Was soll man mit Daten machen, bei denen nicht einmal klar ist, ob tatsächlich Grundkompetenzen gemessen wurden, deren Gültigkeit und Zuverlässigkeit nicht schlüssig beurteilt werden kann und die nicht den geringsten Hinweis darauf geben, wie der schulische Unterricht verbessert werden kann? Besonders pikant ist, dass auch die Hintergrund- bzw. Kontextvariablen, die erhoben wurden, um Unterschiede in den Schülerleistungen zu erklären – wie das Geschlecht, die soziale Herkunft, der Migrationsstatus oder die zu Hause gesprochene Sprache der Schülerinnen und Schüler – praktisch keine Effekte zeigen, ausser jenen, die (wie im Falle der sozialen Herkunft) aufgrund weit besserer Studien längst bekannt sind. Auch die kantonalen Unterschiede lassen sich mit den Kontextvariablen weder im Falle der Mathematik noch bei den Sprachen erklären.

Nicht einmal bei der Anzahl Lektionen lässt sich ein überzeugender Effekt nachweisen. Intuitiverweise würde man annehmen, dass jene Kantone, in denen über die Gesamtdauer der obligatorischen Schule mehr Mathematiklektionen erteilt werden, die besseren Schülerleistungen aufweisen. Jedoch zeigt eine entsprechende Analyse, die anhand der Stundendotation auf der Sekundarstufe I vorgenommen wurde, nur einen geringen Effekt. Die wirklich interessante Aussage, wonach die Mathematikleistungen mit Massnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsqualität «weit stärker beeinflusst werden (können) als mit der Erhöhung der Unterrichtszeit» (Konsortium ÜGK 2019b, S. 77), kann bezeichnenderweise nur hypothetisch formuliert werden, weil die Daten eine verbindliche Aussage nicht zulassen.

Die Ernüchterung angesichts der geringen Aussagekraft der Ergebnisse, die sich regelmässig nach Veröffentlichung der PISA-Studien einstellt, wird noch grösser sein, wenn die Resultate zur Überprüfung der Grundkompetenzen einmal breiter gestreut sein werden, wenn sie es nicht bereits ist. Kann schon mit den PISA-Daten herzlich wenig anfangen, wer daraus Schlüsse für die Verbesserung seines Unterrichts ziehen will, wird es mit den vorliegenden Daten noch weniger tun können. Hinzu kommt das schwerwiegende Problem, dass es kaum gelingen wird, mit den vorhandenen Daten einen Längsschnitt zu begründen, da dies nur möglich wäre, wenn der Massstab zur Bestimmung der Grundkompetenzen unverändert bliebe. Wie aber soll an einem Massstab festgehalten werden, wenn sich herausstellt, dass gar nicht Grundkompetenzen gemessen wurden, sondern Leistungen, die irgendwo zwischen Mindest- und Regelstandards liegen? Was soll man über die Zeit hinweg vergleichen, wenn bei der nächsten Erhebung neu bestimmt werden muss, wo der Schwellenwert der Grundkompetenzen liegt?

Zum Thema Vergleich gehört auch, dass sich die EDK schon früh darauf festlegte, im Rahmen des HarmoS-Konkordats lediglich Grundkompetenzen zu überprüfen, nicht aber das gesamte Leistungsspektrum, also nicht auch die höheren Kompetenzstufen (vgl. EDK 2015, S. 20). Das bedeutet einerseits eine Verschwendung von Ressourcen und andererseits eine weitere Abschottung gegenüber den PISA-Studien, mit deren Daten eine Verknüpfung praktisch unmöglich wird. Bei PISA wird nicht nur dichotomisch danach gefragt, ob ein Schwellenwert erreicht wird oder nicht, sondern das ganze Kompetenzspektrum abgedeckt. Damit lassen sich beispielsweise auch über besonders gute Leistungen Aussagen machen. Weshalb man sich bei der EDK nur dafür interessiert, ob an unseren Schulen das absolute Minimum an Anforderungen erreicht wird, ist sowohl wissenschaftlich wie bildungspolitisch schwer verständlich.

Es bleibt zu klären, ob die Kritik an der Überprüfung der Grundkompetenzen nur auf die Mathematik oder auch auf die Sprachen zutrifft. Obwohl der Schlussbericht zu den beiden Erhebungen den Eindruck erweckt, dass bei der Überprüfung der Lese‑ und Orthografiekompetenz Fehler, die man bei der Mathematik beging, korrigiert wurden (vgl. EDK 2019, S. 22ff.), ist schwer zu beurteilen, ob dem tatsächlich so ist. Leider steht zu den Sprachen kein Audit-Bericht zur Verfügung, der wohl deshalb nicht eingeholt wurde, weil die Ergebnisse eher den Erwartungen entsprachen. Es wäre jedoch fatal, aus der Tatsache, dass die Resultate bei der Schulsprache wunschgemäss ausfielen, den Schluss zu ziehen, dass die Datenqualität besser ist. Zu denken geben muss insbesondere die Diskrepanz zu den PISA-Studien, die in der Schweiz über all die Jahre hinweg einen Anteil von durchschnittlich 17% Jugendlichen ausweisen, die selbst einfache Texte nicht korrekt lesen oder interpretieren können.

Allerdings fällt es im Falle der Lesekompetenz – unter anderem aus den zuvor genannten Gründen – schwer, Vergleiche zwischen den beiden Studien anzustellen. Bei der Überprüfung der Grundkompetenzen scheinen ausschliesslich so genannte kontinuierliche Texte verwendet worden zu sein (vgl. Konsortium ÜGK 2019a, S. 20ff.), während bei den PISA-Studien auch nichtkontinuierliche Texte, für deren Bearbeitung Informationen aus Bildern, Grafiken oder Darstellungen beigezogen werden müssen, zum Einsatz kommen. Zudem ist nicht klar, wie weit der nachträglich gesetzte Schwellenwert bei der Überprüfung der Schulsprache mit dem Niveau 1 der PISA-Studien zur Lesekompetenz übereinstimmt. Solange wir diesbezüglich keine belastbaren Informationen haben, ist eine abschliessende Beurteilung der methodischen Qualität der Überprüfung der sprachlichen Grundkompetenzen nicht möglich. Spätestens im kommenden Dezember, wenn die Ergebnisse der PISA-Erhebung von 2018 vorgestellt werden, wird die Diskussion darüber, wie gross der Anteil von leseinkompetenten Jugendlichen in der Schweiz ist, jedoch weitergehen.

Literatur

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Ramseier, Erich, Urs Moser, Jean Moreau & Jean-Philippe Antonietti (2008): Schlussbericht der HarmoS-Methodologiegruppe. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Download: http://www.lehrplanforschung.ch/wp-content/uploads/2011/06/Methodologie-Schlussbericht-_HarmoS11.pdf [04.06.2019]

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