Teilzeitarbeit - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Wed, 27 Mar 2024 13:21:01 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Teilzeitarbeit - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 “Ich brauche keinen Deutschunterricht!” https://condorcet.ch/2024/03/ich-brauche-keinen-deutschunterricht/ https://condorcet.ch/2024/03/ich-brauche-keinen-deutschunterricht/#comments Wed, 27 Mar 2024 13:21:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=16298

Was ein Prädikat ist, weiß kaum jemand, der Wortschatz ist so winzig wie die Aufmerksamkeitsspanne – und die meisten Kinder bestreiten offen, dass sie sich für die deutsche Sprache interessieren. Der Autor, Thomas Brey, ist in einer Realschule als Deutschlehrer eingesprungen. Sein Bericht, der in der WELT erschien, schockiert.

The post “Ich brauche keinen Deutschunterricht!” first appeared on Condorcet.

]]>

Nach fast vier Jahrzehnten als Auslandskorrespondent der Deutschen Presse-Agentur (dpa) kommt der Anruf des Schuldirektors: Ob ein “Feuerwehreinsatz” als Deutschlehrer möglich sei? Denn ein teils dramatischer Lehrermangel lasse einige Klassen ganz ohne Deutschunterricht. Die eigentlich für wenige Wochen geplante Aushilfe dauert am Ende vier Monate. Eine aussergewöhnliche Gelegenheit, in die Praxis einzutauchen, um die vielen Vorurteile auszuräumen oder zu bestätigen.

Gastautor Thomas Brey

Vorweg: Ja, es gibt sie noch – die interessierten, schlauen, mitarbeitenden und sozial agierenden Schülerinnen und Schüler. Und ja – viele Pädagoginnen und Pädagogen bemühen sich nach Kräften und manchmal auch mit bemerkenswerten Erfolgen und Lernresultaten. Hier ist jedoch die Rede von der Mehrzahl, vom schulischen Mainstream.

“Ich spreche so, wie ich spreche und das reicht mir!”

 

Tatort: Deutschunterricht in Realschulklassen mit Schülerinnen und Schülern zwischen 12 und 14 Jahren. Das deprimierende Urteil: Die Kenntnisse der Muttersprache sind erschreckend niedrig. Und was noch bedenklicher ist: Die meisten Kinder bestreiten offen, dass sie sich für die deutsche Sprache interessieren. Im Gegenteil. “Ich spreche so, wie ich spreche und das reicht mir!” und “Ich brauche keinen Deutschunterricht!”, lauten die “Rechtfertigungen”. Ob Deklinationen, Konjugationen, ob Tempora von Verben, die Bestimmung von Satzgliedern, Pronomen, Adverbien oder der Unterschied von Aktiv und Passiv – böhmische Dörfer für die meisten Schüler. Was Subjekte, Prädikate oder Objekte in deutschen Sätzen sind, weiss kaum jemand und will auch niemand wissen. 

Sprachliche Defizite

Ein schludriger Sprachgebrauch, ein sehr eingeschränkter Wortschatz und gravierende grammatische Fehler sind das Ergebnis schon auf den ersten Blick. Über das generelle Weglassen des “e” bei Verben in der ersten Person Präsens (ich fahr, schrei, hab, spiel) kann man vielleicht noch hinwegsehen. Doch beim Präteritum unregelmäßiger Verben (ich fliegte, schlafte, blaste, laufte) muss dann doch der Rotstift her. Die Schulbücher haben sich auf diese geringe Sprachkompetenz eingestellt und übersetzen in Fussnoten deutsche Vokabeln, die Schülerinnen und Schülern angeblich nicht geläufig sind.

“Absurd” wird mit “abwegig, verrückt” erklärt, “er stritt” mit “er kämpfte” und “unwirtlich” mit “arm, karg”. Selbst das Verb “posieren” (“eine gekünstelte Haltung einnehmen”) ist den Kindern laut Schulbuch unbekannt. Das gilt demnach auch für Begriffe wie Motel, Orchidee, Terrarium, Kuvert, Pforte, Stube, Wache, Beute, Makkaroni, Sweater oder ein Dutzend, die allesamt übersetzt und damit erklärt werden sollen.

Vokabeln wie behände (flink, geschickt), töricht (dumm), hoch aufgeschossen (gross), hervorlugen (schauen), nahm sich Urlaub (nahm sich frei), flau im Magen (schwach) und dramatische Turbulenzen (spannende Entwicklung) kommen laut dieser Annahme im Wortschatz Heranwachsender nicht vor. Diese Reihe könnte um dutzende Beispiele verlängert werden.

Schulbücher mit Aktualisierungsbedarf

Das Themenkapitel “Balladen erschliessen” beginnt mit diesem Text: “Ab dem 16. Jahrhundert bis ins 18./19. Jahrhundert zogen sogenannte ‘Bänkelsänger’ durch die Ortschaften, um auf Marktplätzen und Jahrmärkten schauerliche Geschichten (z.B. von Morden oder unglücklicher Liebe) zu erzählen”. Welches Kind soll mit solchen Texten angesprochen werden?

Das Kapitel “Fabeln” stützt sich wesentlich auf die Stücke des griechischen Dichter Äsop aus dem 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, die dann noch in einer antiquierten deutschen Übersetzung daherkommen, die für viele nicht mehr zu verstehen ist. Die Schulbuchtexte als Anschauungs- und Übungsmaterial – ob aus der Literatur oder aus den Medien – stammen vorwiegend aus den Neunzigerjahren, sind also drei Jahrzehnte als. Die Schulbücher müssten in kürzeren Zeiträumen aktualisiert werden, um wieder einen Bezug zur Lebenswirklichkeit der jungen Menschen zu finden.

Die Corona-Pandemie bot eine gute Gelegenheit, sich mit Krankheiten und Medizin während der verschiedenen Epochen zu beschäftigen.

 

Das gilt offensichtlich auch für den Geschichtsunterricht, in dem Kaiser, Könige und Schlachten nach wie vor dominieren. Statt Schülerinnen und Schüler mit faktografischem Kleinklein abzuschrecken, sollten die Themen an die Aktualität anknüpfen: Die Corona-Pandemie bot eine gute Gelegenheit, sich mit Krankheiten und Medizin während der verschiedenen Epochen zu beschäftigen. Themen wie Hygiene (besonders die Geschichte der Toiletten), Ernährung, Familie oder Wohnverhältnisse und Haustiere kommen ebenfalls für einen “Ritt durch die Geschichte” infrage. Mit dieser “Geschichte zum Anfassen” könnten tiefer gehende Probleme und Analysen einzelner Abschnitte der Historie verknüpft werden.

Kein Wunder, dass auch beim letzten Bildungsvergleich Pisa deutsche Schülerinnen und Schüler besonders im Fach Deutsch schlecht abschneiden. Extrem kritisch sieht es beim Textverständnis aus. In einer anderen Realschule hatte ich mit 10- und 11-Jährigen ein Lied einstudieren wollen. Dazu bat ich mehrere Kinder, die einzelnen Strophen mit jeweils vier Zeilen vorzulesen, dann den Text zur Seite zu legen und mit eigenen Worten zusammenzufassen, was gerade vorgelesen wurde. In vielen Fällen waren die Schülerinnen und Schüler dazu ausserstande. Folgerichtig haben die Bundesländer Bayern und Mecklenburg-Vorpommern fürs kommende Schuljahr für die Klassen drei bis zehn die Aufstockung von Deutsch im Stundenplan beschlossen.

Fragwürdiges Klassenklima

Neben den inhaltlichen Defiziten erschwert das Klassenklima nicht selten den Unterricht überhaupt. Die Kombination von Handy, Süssem und Trinken führt zu ständiger Unruhe, die in ziellosem Aktionismus mündet: Kaum jemand kann länger als ein paar Minuten in üblicher Körperhaltung auf seinem Stuhl sitzen, um dem Unterricht zu folgen. Viele hocken mit angezogenen Beinen auf ihren Plätzen. Dem Nachbarn oder Hintermann werden ohne Grund die Stifte oder das gesamte Etui mit Schreibutensilien weggenommen. Stifte werden zerbrochen und andere damit “abgeworfen”, wie es im Jargon der Jugendlichen heisst. Durch die Klassen geworfene Papierkügelchen gehören zum Unterrichtsalltag.

An manchen Tagen sieht der Boden des Klassenzimmers aus wie ein “Schlachtfeld”: abgerollte Papierhandtücher, leere Flaschen und zerbrochene Stifte… – Nicht ohne Grund gibt es in jeder Klasse einen Fegedienst, weil sich die Putzkräfte sonst weigern, diese “verwüsteten” Klassenräume nach Schulschluss zu säubern.

Das Dauertrinken erinnert ebenfalls stark ans längst vergangene Babyalter. Die top gestylten Trinkflaschen – oft mit süssem Saft – sind für die Sitznachbarn eine ständige Quelle der Begierde.

 

Regelmässig fallen dauerkippelnde Schülerinnen und Schüler unter großem Jubel der Klasse mit ihren Stühlen um. Einzelne krabbeln unmotiviert wie Kleinkinder auf dem Boden unter Tischen und Stühlen herum. Besonders aktive Jungen werfen sich ohne ersichtlichen Grund auf den Boden und behaupten, sie hätten sich den Fuss verstaucht oder gar einen Muskelfaserriss zugezogen. Das sorgt für lautstarke Heiterkeit. Das Dauertrinken erinnert ebenfalls stark ans längst vergangene Babyalter. Die top gestylten Trinkflaschen – oft mit süssem Saft – sind für die Sitznachbarn eine ständige Quelle der Begierde. Wenn es gelingt, die zu “entwenden”, steht nicht nur in dieser Sitzreihe “Aufruhr”, der sich in konzentrischen Kreisen ausweitet.

Handys sind im Dauereinsatz – wenig erfindungsreich getarnt unter dem Tisch, im aufgeklapptem Federmäppchen oder Schulbuch. Ein Dauerthema. “Meine” Schule versucht es jetzt mit einer “Handygarage”: Zu Beginn des Schultages müssen Schülerinnen und Schüler ihre liebsten Spielgeräte dort deponieren. Am Ende nehmen sie ihre Mobiltelefone wieder an sich.

Das Kämmen langer Haare im Unterricht wird ebenso als selbstverständlich angesehen wie das ständige Aufsuchen der Toiletten. Natürlich geht es in den wenigsten Fällen wirklich ums Klo. Der Toilettengang wird als willkommene Unterbrechung des Unterrichts betrachtet – mit entsprechender Unruhe in der gesamten Klasse.

Fehlende Medienkompetenz

Diese ständige Unruhe und das Ablenken vom Unterrichtsstoff führt zu einer Aufmerksamkeitsspanne, die oft nicht länger als zwei, drei Minuten währt. Möglicherweise ist die intensive Nutzung von TikTok mit standardmässigen Videos von 30 bis 60 Sekunden für dieses Konzentrationsdefizit mitverantwortlich.

Nicht unbegründet ist vor diesem Hintergrund das von der EU-Kommission gegen TikTok eröffnete Verfahren. Denn in der Tat steht die Online-Plattform im Verdacht, durch die Analyse des Nutzerverhaltens Blasen zu bilden, die Suchtgefahren hervorrufen und den Jugendschutz unterlaufen könnten. Schliesslich will Brüssel untersuchen lassen, ob die Algorithmen zulassen, dass sich junge Menschen von diesem Kanal “losreissen” können.

In einer kleinen Unterrichtseinheit für eine 10. Hauptschulklasse konnte ich besichtigen, dass es Schülerinnen und Schülern beinahe vollständig an Einsichten in die Funktion der Medien fehlt, mit denen sie sich nonstop beschäftigen.

 

Um den Gefahren der extremen Nutzung von Social Media etwas entgegenzustellen, müssten Schulen dem Training von Medienkompetenzen viel mehr Aufmerksamkeit widmen. Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung dieser Themen wird zwar nicht in Abrede gestellt. Doch es fehlt an Lehrkräften, Unterrichtsmaterialien und an der Finanzierung eines solchen Angebots. In einer kleinen Unterrichtseinheit für eine 10. Hauptschulklasse konnte ich besichtigen, dass es Schülerinnen und Schülern beinahe vollständig an Einsichten in die Funktion der Medien fehlt, mit denen sie sich nonstop beschäftigen.

“Deutsch als Zweitsprache”

Ein zweiter Schwerpunkt meines Feuerwehreinsatzes waren zwei Kurse für Migrantenkinder (“Deutsch als Zweitsprache – DaZ”). Es handelte sich um Flüchtlinge aus der Ukraine, aus Russland, Syrien, Afghanistan und Serbien. Die DaZ-Gruppen waren sehr inhomogen und verlangsamten damit Sprachfortschritte. Es gab Teilnehmer, die vorher vergleichsweise gute Schulen im Heimatland besucht hatten und andere, die über Jahre keine Schule von innen gesehen hatten bzw. solche Schülerinnen und Schüler, die schon in ihrer Heimatsprache prinzipielle Lücken aufwiesen. Hier ist die Alphabetisierung erstes Ziel, bevor überhaupt mit dem Deutschunterricht begonnen werden kann. Vor allem Kinder aus der Ukraine nehmen oft nur widerwillig an diesem Unterrichtsangebot teil. Sie behaupten, ihre Familien kehrten bald in ihre angestammte Heimat zurück. Daher lohne es sich nicht, Deutsch zu lernen.

Der Unterricht wird oft in Eigenregie der Lehrkräfte gestaltet, meist ohne klare Standards, Curricula und Angebote zur Weiterbildung oder gar Qualifizierung von Lehrerinnen und Lehrern. Dem DaZ-Unterricht müsste viel mehr Bedeutung eingeräumt werden. Denn nur eine sprachliche Teilhabe macht gesellschaftliche Integration überhaupt erst möglich.

Mit den hier beschriebenen Zuständen ist das Thema natürlich längst nicht erschöpft. Allerorten wird beklagt, dass Universitäten am Bedarf der Schulen vorbei ausbilden. Musiklehrkräfte fehlten auf weiter Flur, weil die Unis zu hohe Massstäbe ans Beherrschen von Instrumenten anlegten, Englischlehrer seien rar, weil immer weniger Studierende bereit und finanziell in der Lage seien, ein Jahr im englischsprachigen Ausland zu absolvieren.

Wichtige kognitive Fähigkeiten erwerben

Warum arbeiten heute trotz jahrelangen Lehrermangels sage und schreibe 42,3 Prozent der deutschen Lehrkräfte nur in Teilzeit? Und ist an der jüngsten „Lehrerschelte“ des OECD-Bildungsdirektors Andreas Schleicher (auch im Interview mit der Welt) etwas dran? Schließlich: Stimmt es, dass Familien immer weniger Zeit für die Erziehung ihrer Kinder haben und diese Aufgaben an die Schulen abschieben, die damit überfordert sind?

Warum arbeiten heute trotz jahrelangen Lehrermangels sage und schreibe 42,3 Prozent der deutschen Lehrkräfte nur in Teilzeit?

 

Im Prinzip sind sich Eltern, Lehrer und die Wissenschaft einig, dass Schulen die junge Generation befähigen müssen, wichtige kognitive Fähigkeiten zu erwerben. Die werden als zentrale Zukunftsressource für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik angesehen. Doch diese schulischen Grundaufgaben werden offensichtlich immer weniger erbracht. Mit weitreichenden Folgen für die Forschung, den Arbeitsmarkt und nicht zuletzt für die Funktion des demokratischen Systems.

Denn gebildete Bürger sind die unverzichtbare Voraussetzung für parlamentarische Demokratien. Sie müssen fähig sein, politische Angebote zu beurteilen und zu diskutieren, um ihre Stimme für gesellschaftspolitische Konzepte abzugeben. Damit stehen wir alle vor der wohl grössten innenpolitischen Herausforderung. Die meisten Anzeichen sprechen aber dafür, dass die länderspezifisch zersplitterten Bildungspolitiker dieses Themenfeld immer noch nicht als das zentrale Zukunftsanliegen Deutschlands identifiziert haben, das von ihnen schnelle Reaktionen verlangt.

Meine – sicher zunächst selektive – Erfahrung lässt nur diesen Appell zu: An der Finanzierung des Bildungssystems darf nicht gespart werden. Denn diese Gelder müssen als Zukunftsinvestitionen betrachtet werden. Ihr Ausbleiben birgt kaum abschätzbare Gefahren.

The post “Ich brauche keinen Deutschunterricht!” first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2024/03/ich-brauche-keinen-deutschunterricht/feed/ 1
Fehlende Effizienz ist Diebstahl am Talent https://condorcet.ch/2023/10/fehlende-effizienz-ist-diebstahl-am-talent/ https://condorcet.ch/2023/10/fehlende-effizienz-ist-diebstahl-am-talent/#respond Tue, 10 Oct 2023 09:34:20 +0000 https://condorcet.ch/?p=15075

Nachdem das IWP (Institut für Wirtschaftspolitik) eine viel beachtete Studie über das Verhältnis von Investitionen und Bildungsleistungen (https://condorcet.ch/2023/08/lehrerinnen-und-lehrer-waehlen-mehr-freizeit-statt-mehr-arbeit/) veröffentlicht hatte, unterhielt es sich nun mit dem renommierten Bildungsökonomen Professor Stefan C. Wolter über Bildungseffizienz, Lehrpersonenmangel. Wie immer spart Herr Wolter nicht mit harter Kritik und äussert brisante Schlussfolgerungen.

The post Fehlende Effizienz ist Diebstahl am Talent first appeared on Condorcet.

]]>

 

The post Fehlende Effizienz ist Diebstahl am Talent first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2023/10/fehlende-effizienz-ist-diebstahl-am-talent/feed/ 0
72% https://condorcet.ch/2023/05/72/ https://condorcet.ch/2023/05/72/#respond Wed, 17 May 2023 05:55:49 +0000 https://condorcet.ch/?p=13992

Die aktuelle Zahl des Monats zeigt, dass der Frauenanteil bei den Lehrpersonen weiter gestiegen ist. Die Untersuchung bezieht sich auf den Kanton Baselland.

The post 72% first appeared on Condorcet.

]]>

The post 72% first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2023/05/72/feed/ 0
Der Klassenlehrer, die Klassenlehrerin – früher das Ziel, heute gemieden https://condorcet.ch/2022/07/der-klassenlehrer-die-klassenlehrerin-frueher-das-ziel-heute-gemieden/ https://condorcet.ch/2022/07/der-klassenlehrer-die-klassenlehrerin-frueher-das-ziel-heute-gemieden/#respond Sun, 24 Jul 2022 06:23:17 +0000 https://condorcet.ch/?p=11090

Condorcet-Autor Alain Pichard war die überwiegende Zeit seines Lehrerdaseins Klassenlehrer. Aber das war nicht immer so. Er musste lange warten, bevor man ihm die Verantwortung für eine Klasse übertrug. Im folgenden Beitrag schildert er, wie aus der seinerzeitigen Wunschfunktion "Klassenlehrer" ein schwierig zu besetzender Aufgabenbereich wurde.

The post Der Klassenlehrer, die Klassenlehrerin – früher das Ziel, heute gemieden first appeared on Condorcet.

]]>
Alain Pichard, Lehrer Sekundarstufe 1, GLP-Grossrat im Kt. Bern und Mitglied der kantonalen Bildungskommission: Erst nach 12 Jahren wurde ich Klassenlehrer.

1977, im Jahr meiner Patentierung, herrschte ein plötzlicher Lehrkräfteüberschuss. Der sogenannte Pillenknick machte sich bemerkbar und liess landein, landab die Zahl der Klassen eingehen. Dennoch strömten aus den Lehrämtern und Seminarien relativ grosse Jahrgänge auf den Markt. Die Behörden im Kanton Bern erinnerten sich daran, dass das Pflichtpensum eines Lehrers bei 28 Lektionen lag. Und sie sahen, dass viele alteingessene Lehrkräfte, vor allem auf der Oberstufe bis zu 36 Lektionen unterrichteten. Das waren an die 8 Lektionen Überstunden. Sie beschränkten die Zahl der Überstunden auf 32. Aus den anfallenden Lektionen bastelten die Oberlehrer (so hiessen damals die Schulleiter) sogenannte Teilpensen. Die gestandenen Klassenlehrer waren natürlich wenig erbaut, dass ihnen das Einkommen um bis zu 15% reduziert wurde, denn Hypothekarzinsen lagen damals bei über 7%. Und einen Diskurs über Unterrichtsqualität gab es nur im Ansatz. So gaben sie ihre unbeliebtesten Fächer ab. Dazu gehörten Singen (so hiess damals das Fach Musik), Werken, Naturkunde, Religionsunterricht usw. Sie liessen sich am Samstagmorgen einen freien Halbtag ins Pensum schreiben (Samstagmorgen wurde damals noch unterrichtet) und die jungen Lehrkräfte wurden mit unmöglichen Fächerkombinationen als «Wanderlehrer» in die Brennöfen der Realität geschickt. Man kann sich nur vage vorstellen, wie der Schulalltag für die Junglehrerinnen und -lehrer ausgesehen hat. Viele von ihnen scheiterten und stiegen in andere Berufe um oder wechselten mit einer Zusatzausbildung die Schulstufe. Das wurde gerne notiert, denn es entlastete den Arbeitsmarkt.

Es entstand daraufhin eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Lehrerschaft. Der damalige bernische Lehrerverein (BLV) schützte vor allem die definitiv angestellten Lehrkräfte (die zu jener Zeit als Beamte galten) und sah die «provisorisch gewählten Lehrkräfte», die sich vornehmlich aus den jungen Wanderlehrkräften

Die linke VPOD-Lehrergruppe wurde damals die Gewerkschaft der provisorisch angestellten Lehrkräfte.

rekrutierten, als Puffer an. Ausserdem herrschte bei den Behörden ein stricktes Anciennitätsprinzip. Definitiv angestellte Lehrkräfte konnten auch bei krassesten Vergehen nicht entlassen werden. 1978 gründeten wir die VPOD-Lehrergruppen. Der VPOD war die Gewerkschaft der Staatsangestellten innerhalb des Gewerkschaftsbundes und damit auch ein Teil der Arbeiterbewegung. Für uns linke Lehrkräfte war dies ein ideologisch begründeter Schritt. Zulauf aus der eher unpolitischen Junglehrerschaft bekamen wir vor allem wegen dieser unmöglichen Arbeitssituation.

Es entstand daraufhin eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Lehrerschaft.

Ich selbst blieb meinem Beruf trotz der schwierigen Situation treu. Neben ideellen Motiven brauchte ich auch das Geld, weil ich mein Studium teilweise selbst finanzieren musste und auch bald einmal mit meiner Frau für eine Familie zu sorgen hatte. Unser Bestreben war damals klar: 100% arbeiten und eine Klasse übernehmen. Allerdings waren meine Frau, die auch Lehrerin war, und ich nicht unglücklich, dass wir vorübergehend auch Teilzeit arbeiten und uns die Betreuung unserer Kinder aufteilen konnten.

Eine drastische Änderung bei den Anstellungsbedingungen verbesserte unsere Situation. Die Erziehungsdirektion schaffte den Beamtenstatus ab und ersetzte ihn durch eine öffentlich-rechtliche Anstellung.

Eine drastische Änderung bei den Anstellungsbedingungen verbesserte unsere Situation. Die Erziehungsdirektion schaffte den Beamtenstatus ab und ersetzte ihn durch eine öffentlich-rechtliche Anstellung. Von nun an konnte man sich einfacher von unfähigen Lehrkräften trennen und es gab lediglich noch unbefristete und befristete Anstellungen. Die befristeten Anstellungen mussten aber spätestens nach einem Jahr in ein unbefristetes Anstellungsverhältnis überführt werden. Das gab innerhalb der beiden Lehrerverbände zu reden. Die linken Ideologen sahen darin eine Verschlechterung der Arbeitsplatzsicherheit, die pragmatischen erkannten darin auch die Chance, diese unmögliche Konstellation zu überwinden. Ich konnte schliesslich meinen VPOD davon überzeugen, diesen Deal einzugehen.

1990 wurde mir erstmals die Verantwortung für eine Klasse übergeben. Ich tat dies mit einer Kollegin zusammen. Wir konnten nun endlich zeigen, wie wir eine Klasse führen können, und es erfüllte uns mit Freude, am Entstehen einer Gemeinschaft mitzuwirken.

Grundsätzlich war es immer noch schwierig, 100% zu arbeiten. Das gab die Stellensituation noch nicht her. Ausserdem blieb das Anciennitätsprinzip vorrangig. Die Älteren und die Klassenlehrkräfte wurden bei der Pensenzuteilung privilegiert behandelt.

Die ehemaligen «Wanderlehrer» wurden wegen ihrer Erfahrung und ihrer Befähigung, praktisch alle Fächer zu unterrichten, zu gefragten Lehrpersonen.

Gegenüber der heutigen Situation gab es noch einen entscheidenden Unterschied. Meine Kollegin und ich waren beide sogenannte Realschullehrkräfte, seminaristisch ausgebildet. Das heisst, wir verfügten über ein Generalpatent, das uns befähigen sollte, alle Fächer zu unterrichten. Natürlich war dies mit Abstrichen bei der Unterrichtsqualität verbunden. Aber in den damaligen Realklassen, die sich immer mehr mit Kindern aus prekären sozialen Verhältnissen füllten, erwies sich die Reduktion auf wenige verantwortliche Lehrkräfte als Vorteil. Ab 1996 begann die Spezialisierung der Lehrkräfte vor allem auf der Sekundarstufe 1. Die Seminare wurden abgeschafft und durch die Pädagogischen Hochschulen ersetzt. Auch ich begann mich zu spezialisieren und konzentrierte mich in einem Nachdiplomstudium auf Mathematik und die naturwissenschaftlichen Fächer. Die ehemaligen «Wanderlehrer» wurden wegen ihrer Erfahrung und ihrer Befähigung, praktisch alle Fächer zu unterrichten, zu gefragten Lehrpersonen.

Die Bilanz der vielen Reformen war zwiespältig. Aber die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte erhöhte sich.

Die vielen Schulreformen erhöhten die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte, vor allem aber die der Klassenlehrer. Das führte zu einer vollkommenen Umkehr der Verhältnisse. Heute stehen wir vor dem Problem, dass viele Lehrkräfte keine 100%-Stelle mehr wünschen und sich schon gar nicht als Klassenlehrkräfte anstellen lassen wollen. Im Kanton Zürich sind dies 80% der Lehrkräfte, die im Schnitt 69% arbeiten. Zurzeit haben wir einen Arbeitnehmermarkt. Junge Lehrkräfte können sich vieles wünschen und tun dies auch. Auch finanziell scheint ein Grossteil der Lehrkräfte es nicht mehr nötig zu haben, in Vollzeit zu arbeiten. Die Vereinbarkeit von Familienbetreuung und Arbeit ist vorrangig und kann in der Schule recht gut abgedeckt werden. Zudem gibt es ausgestiegene Lehrkräfte, die in der Privatwirtschaft oder als Künstler nicht genug verdienen, und sich gerne noch in der Schule einen Zusatzverdienst holen, sich also nur bedingt mit dem Beruf des Lehrers identifizieren. Der wichtigste Fakt aber ist, dass  die Belastung des Lehrberufs für jüngere Lehrkräfte kaum machbar ist, wenn sie mit einem 100%-igen Arbeitsvolumen einsteigen müssen. Dies gilt vor allem in den Unterstufen und den Brennpunktschulen unseres Landes.

Das Problem, mit dem sich die Schulleitungen derzeit befassen müssen, ist der schmelzende Kern des Personals, der die Schulen unseres Landes und ihren Schulalltag trägt. Denn die Schule ist auf Lehrkräfte angewiesen, die sich mit ihrem Arbeitsort identifizieren, ihn mittragen, bei den Schulanlässen und Schulverlegungen dabei sind, Bibliotheken betreuen, Projekte begleiten, die Schulentwicklung prägen u.v.m.

In einem nächsten Beitrag werde ich aufzeigen, was das Klassenlehramt zu einer Königsdisziplin der Pädagogik macht, welche Aufgaben da anstehen und wie diese Funktion wieder etwas attraktiver gemacht werden könnte.

 

The post Der Klassenlehrer, die Klassenlehrerin – früher das Ziel, heute gemieden first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2022/07/der-klassenlehrer-die-klassenlehrerin-frueher-das-ziel-heute-gemieden/feed/ 0
Ein Gespenst geht um in Europa – der Lehrermangel https://condorcet.ch/2022/06/ein-gespenst-geht-um-in-europa-der-lehrermangel/ https://condorcet.ch/2022/06/ein-gespenst-geht-um-in-europa-der-lehrermangel/#comments Tue, 28 Jun 2022 13:23:57 +0000 https://condorcet.ch/?p=10985

Condorcet-Autor Roland Stark räumt in seinem Artikel mit einigen Mythen zum gegenwärtigen Lehrkräftemangel auf. Dagegen benennt er die seiner Meinung nach entscheidenden Faktoren: die massive Mehrbelastung der Lehrkräfte, welche diese in die Teilzeitarbeit treibt.

The post Ein Gespenst geht um in Europa – der Lehrermangel first appeared on Condorcet.

]]>
Roland Stark, ehem. SP-Parteipräsident der Sektion Basel-Stadt, Heilpädagoge: Keines dieser Probleme wurde entschärft.

Aus heiterem Himmel prasselten in den letzten Tagen Berichte über einen dramatischen Lehrermangel auf die Öffentlichkeit nieder (siehe auch Nebelspalter). Der Schock ist auch eine Folge davon, dass in den Medien die Bildungspolitik seit vielen Jahren ein Schatt‚endasein fristet und qualitativ sowie quantitativ weit hinter der Tigermücke, dem Benzinpreis, den Affenpocken oder den We‚erkapriolen herhinkt. Schon ein flüchtiger Blick in die Zeitungen belegt, dass der Misere an unseren Schulen bedeutend weniger Aufmerksamkeit zuteil wird, als etwa dem Zustand der Schweizer FussballNationalmannschaft.
Die schrillen Weckrufe haben hektische Aktivitäten ausgelöst. Auf Initiative des Schweizerischen Lehrervereins (LCH) werden in verschiedenen  Kantonen politische Vorstösse für ein Monitoring zur Sicherstellung von ausreichendem und qualifiziertem Lehrpersonal eingereicht. Im Kanton BaselLandschaft denkt eine Arbeitsgruppe der Bildungsdirektion über kurz, mitt‚el und langfristige Massnahmen zur Behebung des Missstandes nach.

Jahrzehntelange Versäumnisse
Ein Blick weit in die Vergangenheit zurück offenbart schwere Versäumnisse der verantwortlichen Bildungsbürokratien. Vor über 20 Jahren, im Jahre 2001, startete das Basler Erziehungsdepartement das Projekt «hot help our teachers», dessen Anliegen es war, an der Verbesserung der Arbeitssituation der Baselstädtischen Lehrkräfte zu arbeiten und diese zu realisieren.
Die Schulen und ihre Lehrkräfte hatt‚en eine Phase permanenter Reformen hinter sich.

 

Die Fragestellung des Zürcher Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung lässt sich nach Aussagen der Wissenschaftler auf die gesamte schweizerische Schullandschaft übertragen und gilt unverändert bis zum heutigen Tag: Zu dieser Zeit, so die damalige Ausgangslage, befand sich das Schulsystem zusehends im Spannungsfeld von innerem Druck und äusserer Kritik. Die Schulen und ihre  Lehrkräfte hatt‚en eine Phase permanenter Reformen hinter sich. Die Überlastung der Lehrkräfte war bereits seit längerem ein unüberhörbares Thema. Gleichzeitig erfuhr der Lehrerberuf einen laufenden Imageverlust in der Öffentlichkeit. Die Schule stand zusehends in der öffentlichen Kritik als eine Institution, die ihren Auftrag nicht zufriedenstellend erfüllen kann. 2022 also wie 2001.
Die Ergebnisse der Untersuchung von Arbeitsbedingungen, Belastungen und Ressourcen der Lehrerinnen und Lehrer waren wenig überraschend. Ein paar Gespräche in der Kaffeepause in einem beliebigen Lehrerzimmer hätten die gleichen Erkenntnisse schneller und preisgünstiger zu Tage befördert. Sie sind (leider) unverändert auch nach über zwanzig Jahren aktuell.

Interessanterweise spielte die Forderung nach einer besseren Entlöhnung keine prioritäre Rolle; ein klarer Hinweis darauf, dass die Berichtersta‚ttung der letzten Wochen in den Medien mit dem Schwerpunkt «Lohn» an den tatsächlichen Sorgen der Lehrerschaft vorbeigeführt hat.

Als besonders belastend wurden folgende Punkte festgestellt:

  1. ausgeprägte Merkmale emotionaler Erschöpfung
  2. Verhalten «schwieriger» Schülerinnen und Schüler
  3. Heterogenität der Klasse
  4. Administrative Pflichten
  5. Ausserunterrichtliche Verpflichtungen
  6. Berufliches Image und Prestige
  7. Koordination von beruflichen und ausserberuflichen Verpflichtungen
  8. Zeitdruck bei der Arbeit
  9. Klassengrösse
  10. Neuerungen, Veränderungen im Schulsystem

Interessanterweise spielte die Forderung nach einer besseren Entlöhnung keine prioritäre Rolle; ein klarer Hinweis darauf, dass die Berichtersta‚ttung der letzten Wochen in den Medien mit dem Schwerpunkt «Lohn» an den tatsächlichen Sorgen der Lehrerschaft vorbeigeführt hat.

Aufblähung der Bildungsbürokratien
Kein einziges der in der Untersuchung von 2001 beschriebenen Probleme wurde seither entschärft. Im Gegenteil: Die Aufblähung der Bildungsbürokratien hat den administrativen Aufwand («Papierkrieg») massiv erhöht, die überstürzt durchgezwängte Einführung der integrativen Schule mit der Abschaffung der Kleinklassen hat die Heterogenität in den Klassen noch zusätzlich verstärkt. Das Image und die Autorität der Lehrkräfte haben weiter geli‚tten, die Ansprüche der Gesellschaft steigen stetig an. Das eigentliche Kerngeschäft wird immer weiter in den

Immer wieder genannt: zu viel Bürokratie!

Hintergrund gedrängt. Bereits 1999 hat die Studie von Hermann J. Forneck, dem ehemaligen Direktor der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz, die strukturell bedingten Überzeiten von Lehrpersonen der Volksschule bestätigt: zu wenig Zeit für den Kernauftrag des Unterrichtens, zu viel Aufwand für zusätzliche Aufgaben, oft auch Nebensächliches.
Die fahrlässige Missachtung der Probleme durch die politisch Verantwortlichen über Jahrzehnte hat die Flucht aus dem Schulzimmer gefördert. Denn eigentlich besteht überhaupt kein Lehrermangel. Die Zahl der Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen hat sich innert 15 Jahren mehr als verdoppelt. Auch Heilpädagoginnen und Heilpädagogen werden in genügender Zahl ausgebildet. Wir haben also nicht zu wenig Lehrkrätfe, sondern zu viele Lehrer und Lehrerinnen, die zu wenig unterrichten. Von den Zürcher Lehrerinnen und Lehrer unterrichten 80 Prozent in einen Teilzeitpensum. Im Durchschni‚tt beträgt ihr Arbeitspensum 69 Prozent eines regulären Pensums. Heilpädagogen arbeiten häufig nur wenige Stunden. Es gibt Schulleitungen, die können ihre Ressourcen nicht nutzen, weil die passenden Lehrer nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Mit mehr Geld ist diesen Schwierigkeiten nicht beizukommen.

Die vielen Teilzeitstellen führen nicht nur zu «Lehrermangel», sondern fördern auch die unselige Entwicklung, dass die Kinder bereits in der Primarschule mit mehr als einem halben Dutzend Lehrkräften konfrontiert sind.

Verzett‚elung, Unruhe, Hektik
Die vielen Teilzeitstellen führen nicht nur zu «Lehrermangel», sondern fördern auch die unselige Entwicklung, dass die Kinder bereits in der Primarschule mit mehr als einem halben Dutzend Lehrkräften konfrontiert sind. Ein sogenannter Klassenlehrer mit den Fächern Turnen
und Französisch ein paar Stunden wöchentlich ist keine Ausnahme mehr. Diese Verzett‚elung führt zusätzlich auch noch zu Stundenplänen, die in ihrer Unübersichtlichkeit an ein Maislabyrinth erinnern. Das produziert Unruhe und Hektik. Eine Lösung wäre, eine minimale Stundenzahl für die Lehrkräfte festzulegen, Kleinstpensen also zu verbieten. Die Forderung ist nicht populär, in linken Kreisen sowieso nicht, kein Weg aber führt daran vorbei. Es ist einfach nicht zu verantworten, dass die Gesellschaft Jahr für Jahr Tausende Lehrkräfte ausbildet und diese dann ihre Fähigkeiten den Schulen nur in homöopathischen Dosen zur Verfügung stellen. Voraussetzung allerdings ist, dass die Rahmenbedingun- gen der Lehrtätigkeit verbessert werden. Auch eine Entschlackung der Bildungsbürokratie (schlanker Staat nennen das die Bürgerlichen in der Theorie) hätt‚e positive Auswirkungen auf den Schulalltag, insbesondere auf den administrativen Aufwand für die Werktätigen an der «Front». Und nicht zuletzt: Die Wiedereinführung der Kleinklassen ist unerlässlich.

Roland Stark, 42 Jahre lang Lehrer in Kleinklassen in Pra‚tteln und Basel, Heilpädagoge

The post Ein Gespenst geht um in Europa – der Lehrermangel first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2022/06/ein-gespenst-geht-um-in-europa-der-lehrermangel/feed/ 1