Primarschule - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Wed, 03 May 2023 18:35:36 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Primarschule - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Hausaufgaben – Selbständig oder gar nicht https://condorcet.ch/2023/05/hausaufgaben-selbstaendig-oder-gar-nicht/ https://condorcet.ch/2023/05/hausaufgaben-selbstaendig-oder-gar-nicht/#comments Tue, 02 May 2023 15:10:57 +0000 https://condorcet.ch/?p=13801

Die Hausaufgabenforschung stellt Erkenntnisse zur Verfügung, welche Lehrerinnen und Lehrer praktisch anwenden können. Eine solche Handhabung der Hausaufgaben ist für alle Beteiligten ein Gewinn und eine Entlastung. Ein Beitrag von Gastautor Lukas Fürrer.

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Mit Blick auf einige Ergebnisse der Hausaufgabenforschung lassen sich vorab drei Aussagen machen. Erstens ist der Gegenstand in seiner Untersuchung nicht einfach, gerade wenn beispielsweise die Auswirkungen von Hausaufgaben auf die Schulleistung nachgewiesen werden sollen. Die Hausaufgabenforschung kommt aber durchaus zu konsistenten Befunden. Zweitens lassen sich einige Erkenntnisse aus der Forschung ziehen, welche jede Lehrperson praktisch in ihren Unterricht integrieren kann. Drittens sind Hausaufgaben ein emotionales Thema. Der Gegenstand eignet sich deshalb nicht für Revolutionen (Abschaffung), sondern für Evolutionen — ganz im Sinne der hier diskutierten Ergebnisse.

Lukas Fürrer, Generalsekretär Direktion für Bildung und Kultur Kanton Zug
Lukas Fürrer, Generalsekretär der Direktion Bildung und Kultur des Kantons Zug

Oberstufe: Positive Wirkung

In einer Studie von Ulrich Trautwein et al. von 2001 zum Thema «Hausaufgaben und die Entwicklung von Leistung und Interesse im Mathematik-​Unterricht der 7. Jahrgangsstufe» kommen die Autoren zum Schluss, dass regelmässige Hausaufgaben einen förderlichen Einfluss, lange Hausaufgaben allerdings einen gegenteiligen Effekt hätten. Dass lange Hausaufgaben zu einer beobachtbaren Reduktion der Leistungsunterschiede innerhalb einer Klasse führen würden, sei zwar ersichtlich, doch sei dies dem Umstand geschuldet, dass eine Leistungshomogenisierung mehrheitlich zu Lasten der starken Schüler ginge, die von langen Hausaufgaben nicht profitierten. Sprich: Lange Hausaufgaben führten zu einer Nivellierung nach unten. Und eine weitere Erkenntnis: Würden die Eltern oder andere Familienangehörige die Hausaufgaben beaufsichtigen, hätte dies ebenfalls einen nachteiligen Effekt auf den Lernfortschritt.

Lange Hausaufgaben führten zu einer Nivellierung nach unten.

Insgesamt belegt die Studie die positiven Wirkungen von häufigen Hausaufgaben und die negativen Wirkungen von umfangreichen Hausaufgaben. Das Ergebnis, so die Autoren, dass umfangreichere Hausaufgaben in den untersuchten Klassen mit weniger Lernfortschritt einhergingen, sei als Aufruf zu verstehen, die Art und Qualität von Hausaufgaben sowie die verfolgten Ziele genauer zu untersuchen. Und weiter: Wiederholt sei in diesem Kontext auch darauf hingewiesen worden, dass die beobachtbare Planung und Gestaltung der Hausaufgaben durch die Lehrpersonen wiederum eine Folge von Defiziten bei der Lehrerausbildung sein könnte.

Aufgrund dieser Studie – im Bericht dazu werden zahlreiche weitere Studienergebnisse zum Thema diskutiert – lassen sich vier praktische Schlüsse ziehen:

  • Regelmässige Hausaufgaben sind richtig.
  • Umfangreiche Hausaufgaben sind falsch.
  • Hausaufgaben, welche nicht selbständig gelöst werden können, sind falsch.
  • Die korrekte Handhabung der Hausaufgaben muss Gegenstand der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sein.

Primarschule: Wirkung beinahe null

In einem Interview mit BBC Radio 4 äusserte sich John Hattie zum Thema Hausaufgaben. Die Wirkung von Hausaufgaben in der Primarschule sei, so Hattie, beinahe null, auf der Sekundarstufe grösser. Es könne aufgrund dieser Erkenntnis aber nicht darum gehen, die Hausaufgaben in der Primarschule abzuschaffen. Viele Eltern würden die Qualität einer Schule nach wie vor mit dem Vorhandensein von Hausaufgaben verbinden. Aber es lohne sich, gerade im Bereich der Primarschule, die Frage nach der Wirkung von Hausaufgaben zu stellen. Hattie empfiehlt, die Null-​Wirkung als Anlass für eine Verbesserung der Situation und nicht für die Abschaffung zu nehmen. Er sei aber klar der Ansicht, dass wir es mit den Hausaufgaben übertreiben würden. Fünf bis zehn Minuten hätten die gleiche Wirkung wie eine oder zwei Stunden. Die schlechteste Lösung aus Sicht Hatties: den Kindern Projekte als Hausaufgaben geben. Die beste Lösung: Die Hausaufgaben sollen bei der Vertiefung von etwas bereits Gelerntem helfen.

Lieber oft als viel

Die Erkenntnisse von Trautwein et al. widersprechen den Erkenntnissen der Metastudie (Untersuchung zahlreicher Studien) von Hattie nicht. Richtig umgesetzt, beeinflussen Hausaufgaben die Schulleistungen auf der Oberstufe positiv. Beim Umfang ist allerdings auch auf der Oberstufe Zurückhaltung angezeigt. Trautwein et al. liefern dazu eine einprägsame Hausaufgabenformel: Lieber oft als viel. Müssen Eltern bei den Hausaufgaben helfen, verpufft der positive Effekt.

Das Einüben der selbständigen Tätigkeit muss das Ziel sein, nicht eine grosse Verarbeitungsmenge.

In der Primarschule ist Zurückhaltung bei der Hausaufgabenmenge Pflicht. Eine Abschaffung der Hausaufgaben auf dieser Stufe würde sich nicht negativ auf die Schulleistungen auswirken. Allerdings: Wenn Hausaufgaben auf der Oberstufe einen positiven Effekt haben, dann macht es durchaus Sinn, das selbständige Vertiefen zu Hause schon in der Primarschule einzuüben. Bei der Hausaufgabenmenge dürfen und sollen sich Primarlehrpersonen allerdings getrost zurückhalten. Das Einüben der selbständigen Tätigkeit muss das Ziel sein, nicht eine grosse Verarbeitungsmenge. Für alle Lehrpersonen gilt: Die Schülerinnen und Schüler müssen die Hausaufgaben zwingend selbständig lösen können.

 

Quellen:
Trautwein, Ulrich / Köller, Olaf / Baumert, Jürgen (2001): Lieber oft als viel: Hausaufgaben und die Entwicklung von Leistung und Interesse im Mathematik-​Unterricht der 7. Jahrgangsstufe. In: Zeitschrift für Pädagogik, 47, 5, S. 703-724. Online abgerufen am 24.03.2015.

John Hattie auf BBC Radio 4. Online abgerufen am 24.3.201

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Frühfranzösisch an den Primarschulen ist gescheitert https://condorcet.ch/2023/03/fruehfranzoesisch-an-den-primarschulen-ist-gescheitert/ https://condorcet.ch/2023/03/fruehfranzoesisch-an-den-primarschulen-ist-gescheitert/#comments Thu, 16 Mar 2023 18:19:50 +0000 https://condorcet.ch/?p=13432

Eine breit angelegte Umfrage der Starke Schule beider Basel (SSbB) betreffend «Frühfranzösisch an den Primarschulen» sowie «Einführung von Förderklassen für dauernd störende Schüler/-innen» zeigt ein klares Bild: Eine überwiegende Mehrheit der Teilnehmenden kritisiert das heutige Konzept mit Frühfranzösisch ab der dritten Klasse. An der Umfrage nahmen 507 Personen (82.9% Lehrpersonen, 5.8% Eltern von schulpflichtigen Kindern, 11.3% andere Bildungsinteressierte) aus den beiden Basler Halbkantonen teil. Damit ist sie aussagekräftig.

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Alina Isler

Heute lernen die Primarschüler/-innen ab der dritten Klasse Französisch. Viele Eltern und Lehrpersonen kritisieren diesen frühen Start. Die Schulkinder seien überfordert und demotiviert, der Nutzen sei sehr bescheiden.

Auch zu diesem Thema wurden in mehreren Kantonen politische Vorstösse eingereicht oder sind in Planung, welche eine Evaluation oder Überarbeitung des Konzepts Frühfranzösisch fordern. Die im Baselbieter Landrat eingereichte Motion fordert, auf die Fremdsprache Französisch auf Primarstufe zu verzichten. Stattdessen sollen die Schulkinder mehr Deutsch, Mathematik sowie musische und kreative Fächer erhalten. Zur Kompensation soll auf der Sekundarstufe 1 die Anzahl Französischlektionen erhöht werden.

53 Prozent möchten lieber Englisch als einzige Fremdsprache

Auch hier zeigt sich gemäss der Umfrage der SSbB ein interessantes Bild: 62.8% der Teilnehmenden sind der Meinung, dass die Primarschüler/-innen im Fach Französisch überfordert sind, 28.3% sehen dies nicht so. Die Aussage «Französisch wird für viele Primarschüler/-innen zum Frustfach» befürworten gar 67%. Lediglich 17.3% halten diese Aussage für falsch. Mit 15.8% konnte oder wollte ein beachtlicher Teil diese Fragestellung nicht beantworten. Brisant ist auch die zweite Frage: Mit 79.1% der Teilnehmenden ist eine überwiegende Mehrheit der Meinung, dass die Primarschüler/-innen im Fach Französisch bis zum Ende der Primarschule «sehr wenig» können.

Obwohl inhaltlich das heute Konzept für Frühfranzösisch sehr deutlich kritisiert wird, ist der Anteil derjenigen, welche auf der Primarstufe nicht auf Französisch verzichten wollen, mit 40.4% relativ gross. Eine Mehrheit von 52.6% sehen Vorteile, wenn Englisch die einzige Fremdsprache ist. 7% wollten oder konnten die Frage nicht beantworten.

Alina Isler

Vorstand Starke Schule beider Basel

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