Protest - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Sun, 24 Sep 2023 17:44:06 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Protest - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Brennende Schulen und Proteste gegen Sexualkunde-Unterricht https://condorcet.ch/2023/09/brennende-schulen-und-proteste-gegen-sexualkunde-unterricht/ https://condorcet.ch/2023/09/brennende-schulen-und-proteste-gegen-sexualkunde-unterricht/#respond Sun, 24 Sep 2023 17:44:06 +0000 https://condorcet.ch/?p=15002

Nachdem in Belgien bereits die sechste Schule gebrannt hat, sollen Terrorexperten die Lage analysieren. Denn der Verdacht liegt nahe, dass es einen Zusammenhang mit der Einführung des Sexualkundeunterrichts gibt. Islamistische Gruppen hatten dagegen protestiert. Wir bringen einen Bericht der dpa, der in der "Welt" publiziert worden ist.

The post Brennende Schulen und Proteste gegen Sexualkunde-Unterricht first appeared on Condorcet.

]]>

Die belgische Regierung hat nach einer Serie von Brandstiftungen in Schulen einen verstärkten Polizeieinsatz angekündigt. “Wir greifen unsere Schulen nicht an”, schrieb Innenministerin Annelies Verlinden am Freitag auf der früher als Twitter bekannten Plattform X. Sie habe die Bundespolizei angewiesen, die örtlichen Behörden zu unterstützen und eine Eskalation zu vermeiden.

Kurz zuvor war in Charleroi zum sechsten Mal in dieser Woche eine Schule angezündet worden. Auch in Brüssel wurde Feuer gelegt. In Lüttich wurden Medien zufolge zwei Schulen verwüstet. An mehreren Tatorten sind Protestzeichen gegen das Sexualkundeprojekt Evras gefunden worden, das im neuen Schuljahr in Brüssel und der Wallonie erstmals verpflichtend ist. Die Staatsanwaltschaft Charlerois erklärte Medienberichten zufolge, Ermittlungen hätten bislang keinen Zusammenhang zwischen den Brandstiftungen in der Stadt ergeben.

“Wir werden niemals hinnehmen, dass unsere Schulen zur Zielscheibe gemacht werden.”

Alexander De Croo, Ministerpräsident von Belgien

 

Ministerpräsident Alexander De Croo sagte, er habe die für Terror zuständigen Sicherheitsbehörden gebeten, die Lage zu analysieren. “Wir leben in einem Land der Toleranz, und Toleranz bedeutet, dass wir debattieren und unterschiedliche Standpunkte vertreten können, aber das darf niemals zu Gewalt führen, insbesondere nicht an Orten, die unsere Kindern nutzen”, sagte er. “Wir werden niemals hinnehmen, dass unsere Schulen zur Zielscheibe gemacht werden.”

Das Programm gibt es seit vier Jahren. Bislang war die Teilnahme freiwillig.

Im Übrigen gebe es Sexualkunde in Belgien schon seit 50 Jahren. “Unsere Schulen müssen ein sicherer Ort für alle unsere Kinder sein”, sagte De Croo bereits Donnerstag in einem auf Facebook veröffentlichten Video.

Anfang des Monats hatte das Parlament der französischsprachigen Regionen Belgiens einen Vorschlag für verpflichtende Sexualkunde für Schüler angenommen, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Bei Evras handelt es sich um insgesamt vier Stunden Unterricht zum Beziehungs-, Gefühls- und Sexualleben für Elf- bis Zwölfjährige beziehungsweise für 15- bis 16-Jährige. Das Programm gibt es seit vier Jahren. Bislang war die Teilnahme freiwillig.

Diese Graffitis wurden an einer Schule in Charleroi entdeckt (Bild: picture alliance/dpa/Belga)

Im Internet kursierten Gerüchte über den Unterrichtsinhalt. In Brüssel haben mehrere Hundert Menschen gegen das Programm protestiert. Islamistische Gruppen verurteilten Evras, weil sie befürchteten, es fördere eine “Hypersexualisierung” von Kindern. Bei den Bränden, die in der Nacht zum Mittwoch gelegt wurden, sehen die Ermittler demnach einen Zusammenhang mit Protesten gegen die neue Regelung, da an den Tatorten Graffitis mit Slogans gegen die Reform gefunden wurden. Bei einer Schule, die in der Nacht zum Donnerstag brannte, wurden keine derartigen Slogans entdeckt, wie der Sender RTBF berichtete. Angaben zu möglichen Verletzten und Schäden gab es zunächst nicht.

“Der Zugang zur Sexualerziehung darf nicht infrage gestellt werden. Sie macht unsere Kinder widerstandsfähig und ist die Grundlage für eine gute sexuelle Gesundheit.”

Alexander De Croo, Ministerpräsident von Belgien

 

Die wallonische Bildungsministerin Caroline Desir rief zur Besonnenheit auf. Es seien eine Menge Lügen über Evras im Umlauf, sagte sie. “Nein, es wird kein pädophiles System vorbereitet. Nein, es ist nicht geplant, Kinder dazu zu bringen, das Geschlecht zu wechseln. Nein, es ist nicht geplant, Kindern beizubringen, wie man sexuelle Aktivitäten betreibt”, betonte Desir.

“Der Zugang zur Sexualerziehung darf nicht infrage gestellt werden. Sie macht unsere Kinder widerstandsfähig und ist die Grundlage für eine gute sexuelle Gesundheit”, sagte de Croo.

The post Brennende Schulen und Proteste gegen Sexualkunde-Unterricht first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2023/09/brennende-schulen-und-proteste-gegen-sexualkunde-unterricht/feed/ 0
Von Langnau nach Spiez: Lehrer Aebi teilt aus – und zieht weiter https://condorcet.ch/2023/07/von-langnau-nach-spiez-lehrer-aebi-teilt-aus-und-zieht-weiter/ https://condorcet.ch/2023/07/von-langnau-nach-spiez-lehrer-aebi-teilt-aus-und-zieht-weiter/#respond Tue, 11 Jul 2023 12:57:38 +0000 https://condorcet.ch/?p=14531

Irgendwie passt es zu ihm, dem Reformkritiker, der vor zwanzig Jahren kantonsweit in Erscheinung trat. Kurz vor Schluss nochmals ein bisschen Action. Nochmals ein bisschen Wirbel. Statt den 37 Jahren als Sekundarlehrer in Langnau noch eine gemütliche Ehrenrunde folgen zu lassen, wechselt Andreas Aebi, Condorcet-Autor, ein Jahr vor der Pensionierung an die Schule in Spiez. Dreimal pro Woche wird er ab nächstem Schuljahr mit dem Zug von der Ilfis an den Thunersee pendeln. Ein Bericht von Tamedia-Journalist Dölf Barben.

The post Von Langnau nach Spiez: Lehrer Aebi teilt aus – und zieht weiter first appeared on Condorcet.

]]>

Mit der Art und Weise, wie das neue, durchlässige Oberstufenmodell umgesetzt wird, habe er sich nicht anfreunden können: So wird sein vorzeitiger Abgang in der Langnauer Dorfzeitung begründet. Daneben wird Aebi gepriesen für seinen Ideenreichtum, sein Engagement, seinen begeisternden Unterrichtsstil. “Andreas, wir danken dir für alles, was du für die Schulen Langnau geleistet hast”, schreibt der zuständige Gemeinderat.

Das war offensichtlich nicht wenig: Aebi war Klassenlehrer, Schulleiter und zuletzt Fachlehrer. Er hat Theaterstücke aufgeführt, die er selbst geschrieben hat. Er verfasste ein Buch über die Schule, eine regelrechte Liebeserklärung an den Beruf. Er werde vermutlich bis zum letzten Schultag mit einem Kribbeln im Bauch zum Schulhaus radeln, stellte Aebi einmal fest und verriet, wie das Unterrichten ihm Seelenglück beschert.

    “Ich war nicht nur Opfer, sondern auch Täter.”

Andreas Aebi über die jüngste Vergangenheit in Langnau

 

Sich vorzeitig von der Langnauer Schule zu verabschieden, war nicht einfach. Daraus macht er kein Geheimnis. Er verschweigt auch nicht, dass es Streit gegeben hat und es zu Verletzungen kam. Er ist aber nicht der Typ, der nun alles richtigstellen und recht haben will. “Ich war nicht nur Opfer, sondern auch Täter.”

Bis zum letzten Schultag ein Kribbeln im Bauch

Er bestätigt lediglich, was in der Dorfzeitung stand: Dass es die Umsetzung war, die ihm nicht passte, nicht das neue Oberstufenzentrum an und für sich. Langnau habe mit dem Wechsel auf ein durchlässiges Modell in erster Linie sparen wollen – “man wollte eine Änderung zum Lidl-Tarif –, das ist das Problem”.

Ohne die ganze Geschichte aufrollen zu wollen: Was sagt Gesamtschulleiter Markus Brandenberger zu diesem einen Punkt? Er widerspricht. Selbstverständlich dürfe man ökonomische Überlegungen nie ausser Acht lassen, sagt er, aber bei diesem Modellwechsel “stand sehr schnell die Durchlässigkeit zwischen den Klassen im Zentrum”.

“Man wollte eine Änderung zum Lidl-Tarif -, das ist das Problem.”

Diese jüngste Episode allein böte Stoff genug für einen Zeitungsartikel. Der Grund, über Andreas Aebi zu schreiben, ist aber ein anderer. Es ist seine Bekanntheit, die er vor Jahren schon als sogenannter Reformkritiker erlangte. Und seine besondere Persönlichkeit.

Leute, die ihn kennen, bezeichnen ihn als “Bilderbuchlehrer”, als spannenden, witzigen Gesprächspartner, aber auch als “absolutes Alphatier”. Wenn ihm etwas nicht passe, könne es schon einmal “chrisasten”, also laut werden. Handkehrum sei er nicht nachtragend.

Freistösse aus 18 Metern

Aebi ist zudem mit dem ausgeprägten Bedürfnis ausgestattet, seine Gedanken zu teilen; er tut es auf originelle Weise und nicht ohne Selbstironie. Auf seiner reich bestückten Website schreibt er beispielsweise unter dem Stichwort Begabung Folgendes: Vor 35 Jahren sei er als Fussballer spezialisiert darauf gewesen, Freistösse aus 18 Metern mit dem linken Fuss ins Lattenkreuz zu schiessen.

Die Freude am Fussball hat ihm übrigens zu einem weiteren Standbein verholfen: Er war Fussballtrainer von Frauenteams – zunächst in Langnau, später bei den Young Boys. Und schliesslich war er Ressortleiter Frauenfussball beim Fussballverband Bern-Jura.

Diese Geschichte wird erst vollständig verständlich, wenn man weiss, dass eine seiner beiden Töchter Fussballerin ist. Und zwar nicht irgendeine: Lia Wälti – sie trägt den Nachnamen von Aebis Ehefrau Monika Wälti – ist eine der bekanntesten Profispielerinnen der Schweiz. Sie ist Kapitänin der Nationalmannschaft und steht beim englischen FC Arsenal unter Vertrag. Die ersten Dribblings machte sie in einem von ihrem Vater trainierten Juniorinnenteam.

Lia Wälti hat erreicht, wovon ihr Vater womöglich träumte: Tore schiessen für das Fussball-Nationalteam. Foto: Christian Merz (Keystone)

In der Bildungsszene ging sein Stern als Reformkritiker vor zwanzig Jahren auf. Andreas Aebi war Initiant und Koordinator der Aktion “SchüBe Halt”. SchüBe stand für Schülerbeurteilung Bern. Für ihn war es “nicht normal”, wie mit diesem System Schulkinder ausgemessen werden sollten. Viele andere Lehrerinnen und Lehrer dachten gleich. Das Vorhaben wurde gebodigt. Damit habe er sich bei der damaligen Erziehungsdirektion einen gewissen Respekt verschafft, sagt Aebi heute.

“Beim Lehrplan 21 waren wir da ziemlich extrem.”

Zehn Jahre später war er wieder an vorderster Front dabei, um “die Protestkeule zu schwingen” – diesmal gegen den neuen Lehrplan. Die Gruppe, die sich formierte, trug den einprägsamen Namen “550 gegen 550”. Was so viel bedeutete wie 550 Lehrerinnen und Lehrer gegen einen Lehrplan, den Aebi mit seinen 550 Seiten als viel zu dick empfand. Schliesslich waren es über 1400 Lehrkräfte, die das Anliegen unterstützten und eine “umfassende Überarbeitung” des “monumentalen Regelwerks der Bildungsbürokratie” forderten.

Die Aktion entwickelte zwar nicht die gleiche Durchschlagskraft wie bei “SchüBe”. Aebi aber wurde von der Bildungsdirektion als Praktiker eingeladen, wurde angehört und konnte bei der Überarbeitung direkt Einfluss nehmen.

Emmentaler Pendant zu Alain Pichard

Da war Aebi längst zum Emmentaler Pendant des Bieler Lehrers und Schulkritikers Alain Pichard geworden. Die beiden haben öfters zusammengearbeitet. Beide sind Spezialisten darin, sich pointiert zu äussern, gar zu provozieren – so sehr, dass sie für manche Berufskolleginnen und -kollegen zuweilen bloss noch hochdrehende Nervensägen sind. Selbst wenn sie in der Sache recht haben.

Das Spiel mit der Sprache hat System. Früh habe er gelernt, sagt Aebi, dass man bei einer Diskussion “hineinfahren” müsse. “Wenn du es nicht tust, hört dich niemand.” Und die leichte Übertreibung gehöre ebenso in den Werkzeugkasten eines Kritikers. “Beim Lehrplan 21 waren wir da ziemlich extrem”, erzählt er.

Aebis Freude am Formulieren ist unverkennbar: Wäre bei anderen die Rede von Bildungsexperten, die sich bitteschön etwas mehr mit der Praxis befassen sollten, spricht er von “Kompetenz-Gurus auf fliegenden Teppichen, die man auf den Boden der Realität zurückholen muss”. Mit solchen Sätzen liess er sich vor zehn Jahren im “Bund” zitieren.

Auf den Teppich der Praxis herunterholen

Und weil es so schön war, variierte er solche Sätze und liess im nächsten Text “Missionarinnen des Lehrplans 21 vom siebten Himmel auf den Teppich der Praxis herunter holen” – zum Beispiel vom damaligen Bildungsdirektor Bernhard Pulver, den er zuweilen hemmungslos lobte, etwa “als Meister des Machbaren” oder als “Fahnenträger der pädagogischen Freiheit”.

Mit dem Theaterstück “Life is a Magic Cube”, das er mit seiner letzten Deutschklasse aufführte, hat sich Andreas Aebi als Lehrer von Langnau verabschiedet. Foto: Nicole Philipp

Die Zusammenarbeit mit Alain Pichard hatte für Aebi jedoch Grenzen. Als der Bieler vermehrt in der rechtsbürgerlichen “Weltwoche” Präsenz markieren konnte, schreckte Aebi zurück. Eine Koalition mit der SVP, die beim Lehrplan 21 den “Übungsabbruch” anstrebte, kam für ihn als Linken nicht infrage. Ein Linker war er zweifellos; in den 1990er-Jahren sass er im Langnauer Gemeindeparlament – als Parteiloser zwar, aber als Mitglied der SP-Fraktion.

“Eifach Schuel gä!”

Doch worum geht es Andreas Aebi in der Schule? Liest man seine Texte, scheint alles auf einen Punkt zuzulaufen. Den Lehrerinnen und Lehrern soll genug Raum bleiben fürs Eigentliche: für das Unterrichten. “Eifach Schuel gä!”, nennt Aebi das.

Als “alter Fuchs” möchte er junge Berufsleute ermutigen und stark machen: Damit sie sich vom “immer noch viel zu dicken Lehrplan” und all den administrativen Pflichten nicht erdrücken lassen.

Klage über notorische Verweigerung von gründlichen Debatten

Erstaunlich aber bleibt, dass es ihm selbst letztlich nicht gelingen wollte, mit den Veränderungen an der eigenen Schule zurechtzukommen – sodass der Abgang unvermeidlich wurde.

Vielleicht ist es das Schicksal von Menschen, die gern Kritik üben und dies auch noch lustvoll und in geschmeidigen Sätzen tun: Wenn die Leute, von denen sie Antworten erwarten, stumm bleiben, kann es schnell still werden um sie.

Womöglich geht es genau darum: In seiner letzten Kolumne im Parteiblatt der Langnauer SP beklagte sich Aebi über das “notorische Verweigern von gründlichen Debatten” in der Lokalpolitik. Dabei sei es stets sein Ziel gewesen, mit seinen Texten zumindest “Gegenattacken” auszulösen, sagt er. “Aber die kamen nicht.”

The post Von Langnau nach Spiez: Lehrer Aebi teilt aus – und zieht weiter first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2023/07/von-langnau-nach-spiez-lehrer-aebi-teilt-aus-und-zieht-weiter/feed/ 0
Lehrer verbrennt Abi-Klausuren aus Protest vor Schule https://condorcet.ch/2023/05/lehrer-verbrennt-abi-klausuren-aus-protest-vor-schule/ https://condorcet.ch/2023/05/lehrer-verbrennt-abi-klausuren-aus-protest-vor-schule/#respond Sun, 14 May 2023 12:58:38 +0000 https://condorcet.ch/?p=13917

An einer Pariser Berufsschule hat ein Englischlehrer 63 Abitur-Klausuren verbrannt. Dabei handelte es sich um eine Protestaktion gegen das französische Schulsystem, da keiner seiner Schüler in der Lage gewesen sei, Englisch zu sprechen.

The post Lehrer verbrennt Abi-Klausuren aus Protest vor Schule first appeared on Condorcet.

]]>

Aus Protest gegen Schwächen im französischen Schulsystem hat ein Lehrer Dutzende Abitur-Klausuren vor einem Pariser Berufsgymnasium verbrannt. In einem Metalleimer zündete der Englischlehrer am Dienstag die Englischklausuren von 63 Schülerinnen und Schülern an, berichtete die Zeitung „Le Parisien“ am Mittwoch.

Keiner seiner Schüler sei in der Lage gewesen, Englisch zu sprechen, was zeige, dass der Unterricht der vergangenen sieben Jahre nichts tauge, sagte der Aushilfslehrer. Deshalb habe er seiner Klasse die Prüfungsaufgaben verraten. Als dies aufflog und es andere Aufgaben gab, habe er sich zu der spektakulären Aktion entschieden, die von der Zeitung gefilmt wurde.

Von den 63 Arbeiten, die er verbrannt habe, sei die große Mehrheit seiner Meinung nach katastrophal gewesen, sagte der Lehrer. Das zeige, dass es nicht am mangelnden Lernwillen einiger Schüler gelegen haben könne.

Wie die Schulbehörde der Zeitung sagte, sei Anzeige gegen den Aushilfslehrer erstattet worden, dessen Vertrag nicht verlängert werde. Es seien Vorkehrungen getroffen worden, damit die Schüler beim Abitur nicht benachteiligt werden. Ob sie die Prüfung wiederholen müssen, wurde nicht gesagt.

The post Lehrer verbrennt Abi-Klausuren aus Protest vor Schule first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2023/05/lehrer-verbrennt-abi-klausuren-aus-protest-vor-schule/feed/ 0
Zur 76sten Ausgabe von WIDERSPRUCH: Jugendliche stellen Ordnung in Frage https://condorcet.ch/2021/05/zur-76sten-audgabe-von-widerspruch-jugendliche-stellen-ordnung-in-frage/ https://condorcet.ch/2021/05/zur-76sten-audgabe-von-widerspruch-jugendliche-stellen-ordnung-in-frage/#comments Sun, 09 May 2021 07:48:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=8501

Julia Klebs ist Lehrerin in Basel und Redakteurin der Zeitschrift Widerspruch. Der Widerspruch sieht sich seinerseits als ein wichtiger Ort kritischer Reflexion und gesellschaftlicher Analyse. Er bezeichnet sich als eine konstante Stimme in der Diskussion für eine soziale und gerechte Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Julia Klebs, im Condorcet-Blog keine Unbekannte, stellt in diesem Beitrag die neuste Ausgabe, das Heft 76 vor. Es geht um die Jugend, um ihre Perspektiven, ihre Herausforderungen und um Bildungspolitik. Dabei sind auch kritische linke Töne zu den aktuellen Schulreformen rund um PISA zu vernehmen.

The post Zur 76sten Ausgabe von WIDERSPRUCH: Jugendliche stellen Ordnung in Frage first appeared on Condorcet.

]]>
Julia Klebs, Lehrerin, Redaktorin von Widerspruch: Wir brauchen mehr Protest.

«Das Traurige ist, dass wir uns beim Heranwachsen nicht nur an die Gesetze der Schwerkraft gewöhnen. Wir gewöhnen uns gleichzeitig an die Welt selber.» (Gaarder, Sophies Welt, 1993, 12)

Nummer 76 der Zeitschrift Widerspruch trägt den Titel «Jugend – aufbrechen, scheitern, weitergehen». Das Heft fragt nach Lebensrealitäten, Wünschen und Ängsten heutiger Jugendlicher in einer Zeit grosser Ein- und Umbrüche unter dem Vorzeichen multipler Krisen: Klimakrise, Coronakrise, Finanzkrise etc. Krisen sind Situationen der Entscheidung und dies beinhaltet auch das Nachdenken über Möglichkeiten: über das, was kommt und kommen soll, über die Zukunft und ihre Bedeutung für heutige Jugendliche.

Jugend, das ist traditionell der Übergang zwischen zwei Welten: Wir verlassen die Kindheit und werden zu Erwachsenen. Es ist eine Phase, in der Jugendliche aufbrechen, Erfahrungen machen, sich selbst definieren wollen. Mitunter befinden sie sich in einer sensiblen und turbulenten Phase. Die Adoleszenz kann alle bisherigen Sicherheiten über den Haufen werfen und zu mannigfaltigen Bruchlinien führen, im eigenen Körper wie im familiären und sozialen Umfeld (Bischof). Gegenwärtig treffen persönliche Sensibilitäten und Stimmungsschwankungen auf gesellschaftliche Unwägbarkeiten.

Unter Verknappungsbedingungen besteht indessen die Gefahr, dass Jugendliche – bei all ihrer Kreativität und Unbekümmertheit – das Primat des Geldverdienens relativ früh verinnerlichen.

Die aktuellste Ausgabe des Widerspruch beschäftigt auch mit der Bildungspolitik

Jugendliche Entwicklungswege lassen sich auch als Wagnis verstehen, Neues wird ausprobiert, es wird viel lustiger Blödsinn gemacht und nebenbei sollen Weichen für die Zukunft gestellt werden. Unter Verknappungsbedingungen besteht indessen die Gefahr, dass Jugendliche – bei all ihrer Kreativität und Unbekümmertheit – das Primat des Geldverdienens relativ früh verinnerlichen. Selbsterkundungen, Umwege und Ausprobieren können riskant werden, denn Fehler oder Misslingen haben mitunter schwer zu korrigierende Auswirkungen. Mit diesem Druck gehen Jugendliche in der Schweiz unterschiedlich um. Gemäss der Juvenir-Studie 2015 berichten 46 Prozent der Lernenden von Stress, Leistungsdruck und Überforderung, der in Schule und Ausbildung entstehe. Noch werden Jugendliche in der Schweiz von keiner Jugendpolitik unterstützt, die über die Bedingungen nachdenken und die Zeit und den Vertrauensvorschuss einfordern würde, die für das Ausbilden von eigenständigen Persönlichkeiten notwendig sind (Düggeli).

Stellenwert der Berufslehre

Schweizer Jugendpolitik müsste auch eine Diskussion um den Stellenwert der Berufslehre umfassen. Sie ermöglicht das praktische und theoretische Erlernen von komplexen Fähigkeiten und Kompetenzen, steht gegenwärtig aber unter dem Druck eines enger werdenden Arbeitsmarktes und einer auf breiter Basis wirksamen Aufwertung akademischer Ausbildungsgänge. Für die Lehre gilt gegenwärtig genau so wenig wie für die vorangehende Schule, dass sie unter humanistischen Vorzeichen der Selbstverwirklichung stehen würde. Stattdessen müssen sich die Bedürfnisse der Subjekte denjenigen des Arbeitsmarktes unterordnen, was auch die individuelle Bewältigung struktureller Problematiken (Diskriminierungen, Weiterbildungsdruck oder ein durch Covid-19 erschwerter Einstieg ins Berufsleben) umfasst (Racine / Ziltener).

Diese doppelte Ausrichtung führt zu Widersprüchen zwischen integrativ gedachten Schulen und den Erfordernissen einer auf Konkurrenz beruhenden Leistungsgesellschaft.

Ökonomisch gerahmter Kompetenzdiskurs

Ein weiteres dem Thema Jugend zugehöriges Feld ist die Bildungspolitik. Mit dem 2004 in einer Abstimmung angenommenen Bildungsartikel wurden das Schuleintrittsalter, die Dauer und die Ziele der Bildungsstufen gesamtschweizerisch harmonisiert. Die Abstimmung stand unter dem Vorzeichen zweier übergeordneter Entwicklungen. Zum einen sind das die Bestrebungen nach Inklusion und Integration, den beiden Leitbegriffen moderner Pädagogik. Folgt man ihnen, so zeigt sich, dass eine frühe schulische Selektion zu einer Benachteiligung unterprivilegierter Schüler*innen führt. Sie bewirkt unterschiedlich förderliche Lern- und Sozialisationsbedingungen entlang von (De-) Privilegierungsfaktoren wie soziale und ethnische Herkunft, finanzielle und kulturelle Ressourcen des Elternhauses oder Geschlecht (Sagelsdorff / Simons). Die andere Entwicklungslinie bezieht sich auf den ökonomisch gerahmten Kompetenzdiskurs, der im Zuge von internationalen Schulleistungs-

Hysterisierte Analysen, widersprüchliche Wirkung

Vergleichsstudien, namentlich den PISA-Studien, auf zentrale Prüfungen und Testergebnisse sowie auf eine primäre Anbindung von Bildung an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes setzt. Diese doppelte Ausrichtung führt zu Widersprüchen zwischen integrativ gedachten Schulen und den Erfordernissen einer auf Konkurrenz beruhenden Leistungsgesellschaft (Crain). Letztlich produzieren die Widersprüche auch Bildungsverweiger*innen, die erkennen, dass schulische Anstrengung sich für sie ohnehin nicht lohnt, und deren Rebellion das Schulsystem zu überfordern droht. Immer wieder finden sich unter den Jugendlichen aber auch widerständige Persönlichkeiten, die sich trotz widriger Umstände ihren Weg bahnen, mitunter indem sie die Ränder des Berufsbildungssystems, etwa zahlungspflichtige, berufsbildende Privatschulen, für sich zu nutzen wissen (Preite).

Solche Ordnungen stellen Jugendliche weltweit in Frage, radikaler und risikobereiter als Erwachsene.

Massive Politisierung der Jugend

Die unsichere Grundstimmung führt aber nicht nur zu Ängsten und Ohnmachtserfahrungen. Sie birgt auch Fragen nach dem Werden und den Möglichkeiten sowie ein grosses Mobilisierungspotential. Nicht nur vor unserer Haustüre erleben wir eine massive Politisierung von Jugend, sondern mehr noch im globalen Massstab. In den letzten Jahren fand dies in weltweiten Protesten Ausdruck. Aufstände, an deren Spitze Jugendliche stehen, erstrecken sich von Chile bis Hongkong, vom Libanon und von Algerien bis Haiti (Zellhuber). Sie richten sich gegen eine Realpolitik, die die Realität, nämlich die Dringlichkeit des Wandels, ignoriert und einer Machbarkeits- und Verwertungslogik verhaftet bleibt. Solche Ordnungen stellen Jugendliche weltweit in Frage, radikaler und risikobereiter als Erwachsene. Wie sähen Gesellschaften aus, die mit weniger Rohstoffverbrauch und ohne Ausbeutung von Mensch und Natur ein gutes Leben für alle ermöglichen würden? Junge Menschen werden in unseren Breitengraden oft für ihre Radikalität belächelt. Es fragt sich jedoch, wie lange noch. Die Worte einer 21-jährigen Klimaaktivistin erinnern daran, dass Grundsätzliches zu verändern ist: «Wir wollen und müssen anecken. Bitten, Fordern und jene Wege gehen, welche die institutionelle Politik anbietet, reicht offensichtlich nicht aus, um echte Veränderung herbeizurufen. Wir brauchen deshalb nicht nur mehr Geschichten und mehr Demokratie, sondern auch mehr Protest.» (Hess)

200 Seiten, 14.8 × 21.0 cm, Broschur. ISBN 978-3-85869-921-3, 1. Auflage

CHF 25.-, EUR 18.-

Zu bestellen unter:

 

 

 

 

 

 

The post Zur 76sten Ausgabe von WIDERSPRUCH: Jugendliche stellen Ordnung in Frage first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2021/05/zur-76sten-audgabe-von-widerspruch-jugendliche-stellen-ordnung-in-frage/feed/ 1