IfM - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Fri, 24 Jul 2020 12:51:57 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png IfM - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Offener Brief zum Passepartout-Debakel: Genug ist genug! https://condorcet.ch/2019/10/offener-brief-zum-passepartout-debakel-genug-ist-genug/ https://condorcet.ch/2019/10/offener-brief-zum-passepartout-debakel-genug-ist-genug/#comments Thu, 17 Oct 2019 15:34:05 +0000 https://condorcet.ch/?p=2421

Nachdem Condorcet-Autor Felix Schmutz die vernichtende Evaluation von «Mille feuilles» durch das Institut für Mehrsprachigkeit (IfM) auf dem Condorcet-Blog publik gemacht hatte (siehe https://condorcet.ch/2019/09/das-unruehmliche-schicksal-von-passepartout/ 2.10.19), war klar, dass die Befürworter der Lehrmittelreihe die nun bereits vierte miserable Evaluation entgegennehmen mussten. Das daraufhin folgende Versteckspiel, die immer noch geäusserten Durchhalteparolen und das Relativieren der Ergebnisse haben nun aber Lehrerinnen und Lehrer, welche mit den neuen Lehrmitteln unterrichten mussten, und Bildungspolitiker, die schon lange auf die Missstände hingewiesen haben, zu einem offenen Brief veranlasst, den die Redaktion des Condorcet-Blogs hiermit veröffentlicht! In ihrem durchaus gemässigten Schreiben verlangen die Unterzeichnenden nicht einen Verzicht auf die Passepartout-Lehrmittel, aber die Möglichkeit, alternative Lehrmittel einzusetzen. Ausserdem werden drängende Fragen zum ganzen Projekt gestellt.

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An die Bildungsdirektorinnen und Bildungsdirektoren der sechs Passepartout-Kantone BE, BL, BS, FR, SO und VS

 Oktober 2019

Offener Brief zum Passepartout-Debakel: Genug ist genug!

 Die Französischlehrmittel «Mille feuilles» und «Clin d’oeil» des Fremdsprachenprojekts «Passepartout» wurden mit dem Versprechen eingeführt, ein besseres Verständnis und eine erfolgreichere Anwendung der französischen Sprache zu vermitteln. Allerdings wurden sie nicht empirisch erprobt, sondern auf Anhieb flächendeckend eingeführt. Gegenwärtig dienen 120’000 SchülerInnen ungefragt als ProbandInnen.

Mit der von den sechs Passepartout-Kantonen beim Institut für Mehrsprachigkeit (IfM) der Universität Fribourg in Auftrag gegebenen Studie wird nun abermals bestätigt, was Lehrkräfte seit der Einführung der besagten Lehrmittel immer wieder beanstanden: Mit «Mille feuilles» und «Clin d’oeil» werden die Lernziele nicht annähernd erreicht! Es handelt sich dabei bereits um die vierte wissenschaftliche Untersuchung, welche dem Passepartout- Konzept ein schlechtes Zeugnis ausstellt. [1]

Entgegen der Versprechungen, den Ergebnissen solcher Evaluationen offen zu begegnen, geben die Passepartout-Verantwortlichen Durchhalteparolen aus, relativieren die Untersuchungsergebnisse und verlangen nach noch mehr (!) Geld für die Überarbeitung ihrer Lehrmittel. Dass die letzte Studie des IfM nicht veröffentlicht, sondern fast unauffindbar auf kaum konsultierten Webseiten versteckt wurde, ist bezeichnend. Die Krönung der Intransparenz: Aus fadenscheinigen Gründen soll die für 2021 angekündigte Evaluation von «Clin d’oeil» nun gar nicht mehr durchgeführt werden!

Völlig inakzeptabel ist zudem die durch Passepartout ausgelöste Materialschlacht. Jahr für Jahr füllen sich Müllcontainer mit Tonnen von weggeworfenen Einweg-Plastik-Dossiers. Es handelt sich in der Summe um die teuersten Lehrmittel, die es je gegeben hat.

Die Unterzeichnenden fordern daher von den kantonalen Behörden:

  1. Die Abschaffung des Lehrmittelobligatoriums und die freie Wahl alternativer, auf dem Markt längst verfügbarer Französischlehrmittel, die international gesicherte didaktische Erkenntnisse umsetzen.
  2. Antworten auf folgende Fragen:
    • Wie hoch sind die Gesamtkosten der missglückten Reform des Fremdsprachenunterrichts mit der Einführung der Passepartout-Lehrmittel plus Zusatzmaterialien inklusive der obligatorischen Fortbildungskurse für die Lehrkräfte und aller Personalkosten?
    • Wie viel kostet die Anschaffung der Bücher pro SchülerIn im Laufe der sieben Jahre Französischunterricht unter Einbezug aller nachgelieferten Zusatzmaterialien?
    • Wer ist dafür verantwortlich, dass eine kleine sogenannte «Expertengruppe» ein im internationalen Vergleich absonderliches Konzept ohne Wirksamkeitsnachweis flächendeckend einführen konnte?
    • Welche Massnahmen werden ergriffen, um ein solches Debakel künftig zu verhindern?

Keinesfalls darf dem Ruf der Passepartout-Verantwortlichen gefolgt werden, noch mehr Mittel für weitere Anpassungen der verfehlten Lehrwerke zu sprechen, denn was im Kern nichts ist, kann nicht erfolgreich ergänzt werden. Eine weitere Ressourcenverschwendung dieser Grössenordnung kann sich die öffentliche Schule nicht leisten!

 

[1] siehe dazu:

Susanne Zbinden (2017): Leseverstehen mit altem und neuem Lehrmittel im Vergleich
Eine empirische Studie über das Verstehen von französischen Texten auf der Sekundarstufe 1, Masterarbeit, Universität Freiburg (CH).
http://www.starke-schule-beider-basel.ch/Libraries/Unterschriftenbogen/Masterarbeit_Zbinden.sflb.ashx
Empfehlungen für den Französischunterricht mit dem Lehrmittel “Clin d’oeil” auf der Realstufe
https://schuleschweiz.blogspot.com/2017/12/empfehlungen-fur-den.html

Erhebung am Gymnasium Solothurn
http://www.institut-mehrsprachigkeit.ch/sites/default/files/documents_projets/20180517_bericht_vorbereitung_lehrmittelobligatorium_sekp_solothurn_endfassung_2.pdf

Überprüfung der Grundkompetenzen ÜGK
http://www.edk.ch/dyn/12928.php

«Ergebnisbezogene Evaluation des Französischunterrichts in der 6. Klasse in den sechs Passepartout-Kantonen»
https://nwedk.ch/sites/default/files/upload/190513_Passepartout-Evaluation_Kurzbericht_def_0.pdf
https://nwedk.ch/sites/default/files/upload/Passepartout%20Schlussbericht_2019.pdf

 

Erstunterzeichnende

Aebi Andreas, Lehrer Sekundarstufe I, Schulleiter, Langnau, BE

Aeschbacher Annemarie, Lehrerin Sekundarstufe 1, Utzenstorf, BE

Amstutz Hans-Peter, pens. Lehrer Sekundarstufe 1, Fehraltdorf, ZH

Burger Markus, Lehrer Sekundarstufe I, Basel, BS

Bossard Carl, ehem. Rektor PH Zug, Stans, NW

Bütikofer Fabian, Lehrer Sekundarstufe I, Bern, BE

Christ Katja, Grossrätin GLP, Basel, BS

Cruz Ariana, Lehrerin Sekundarstufe I, Port, BE

Dähler Markus, Integrationslehrer, Port, BE

Dillon Pascal, Lehrer Sekundarstufe I, Orpund, BE

Fehlmann Ursula, Lehrerin Sekundarstufe 1, Cortébert BE

Goepfert Daniel, pens. Gymnasiallehrer, ehem. Grossrat SP, Basel, BS

Güdel Martin, Lehrer Sekundarstufe I Burgdorf, BE

Guggisberg Urs, Lehrer Sekundarstufe I , Merzligen, BE

Hirt Nicole, Lehrerin Sekundarstufe I, Kantonsrätin GLP, Solothurn, SO

Hoffmann Felix, Lehrer Sekundarstufe I, Himmelried, SO

Joss Hans, ILF-Lehrer, ehem. Präsident von Lesen u. Schreiben für Erwachsene, ehem. wissenschaftlicher Leiter von Langzeitforschungen bei der ERZ/PH, Bern BE

Kalberer Urs, Lehrer Sekundarstufe I, Linguist, Malans, GR

Kehrwand Claudia, Lehrerin Sekundarstufe I, Grossaffoltern, BE

Kocher Tom, Lehrer Sekundarstufe I, Gelterkinden, BL

Laffer Michel, Lehrer Sekundarstufe I, Biel-Bienne, BE

Lindt Regula, Heilpädagogin, Schulleiterin, Bern BE

Loretz Philipp, Lehrer Sekundarstufe I, Mitglied der Geschäftsleitung des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland LVB, Seewen SO

Loretz Vera, Lehrerin Sekundarstufe I, Seewen, SO

Lovens Barbara, Lehrerin Sekundarstufe I, Scheuren, BE

Müller Markus, ehem. Direktor der Real- und Weiterbildungsschulen in Basel, Allschwil BL

Mumenthaler Stephan, Grossrat BS, Basel BS

Patuto Gianpiero, Lehrer Sekundarstufe I, Basel BS

Perrenoud Rebecca, Lehrerin Sekundarstufe I, Diesse, BE

Pichard Alain, Lehrer Sekundarstufe I, Biel-Bienne, BE

Schaad Bruno, Lehrer Sekundarstufe I, Grenchen, SO

Schmutz Felix, pens. Lehrer Sekundarstufe I, Allschwil, BL

Schneeberger Christoph   Lehrer, Sekundarstufe I, Nidau, BE

Staehelin Christine , Primarlehrerin, Basel, BS

Studer Maria, Lehrerin Sekundarstufe I,Biel-Bienne, BE

Völlmin Stephan, Lehrer Sekundarstufe I, Nidau, BE

Wiederkehr Ruth, Lehrerin Sekundarstufe I, Biel BE

Wiedemann Jürg, Lehrer Sekundarstufe I, Mitglied Starke Schule beider Basel, Birsfelden BL

Zaugg Christoph, Gymnasiallehrer Burgdorf, BE

Zimmerli Christoph, Gymnasiallehrer, Echanges francophones, Kontaktperson SLB, Burgdorf, BE

Weitere Unterzeichner

Marcel Feder, Mitglied Elterninitiative Schule, Bildung, Zukunft e.V., Deutschland
Bianca Ball, Elternteil der im Homeschooling unterrichtet, Bern
Buchs Michael, Vater, Freiburg
Astrid Schmid, Mutter, Basel
Manuela Varga, Reallehrerin, Herzogenbuchsee
Di Pietro Antonia, Lehrerin Sek I, Herzogenbuchsee
Hunziker Elsbeth, Reallehrerin, Herzogenbuchsee
Moor Esther, Lehrerin Sekundarstufe, Herzogenbuchsee
Caroline Rothacher, Lehrerin Sek 1, Herzogenbuchsee
Rohrbach Peter, Reallehrer, Herzogenbuchsee
Walter Rohner, Pens. Mittelschullehrer, Winterthur
Nathalie Buchs, Mutter, Freiburg
Hurter, Mutter, Riehen
Kathrin Kasper, Mutter, Riehen
Andrea Bischof, Mutter, Riehen
Flüeler Nicole, Mutter, Riehen
Adler Claudia, Mutter, Personalfachfrau, Riehen
Esther Wagner, Mutter, Bettingen
Clauss Caroline, Sekundarlehrerin, Bern
Ackermann Jean-Claude, pens. Sekundarlehrer, Ochlenberg
Simon Mosimann, Sekundarlehrer, Bern
Aikaterini und Patrick Oliver Flad-Agoropoulou, Eltern einer Maturandin nach altem System und von einem 3. Sek Schüler, für den der Abbruch des Experimentes leider zu spät kommt., Basel-Stadt
Moser Sabine, , Fribourg
Martin Brettenthaler, Vater, Riehen
Nicole Eichenberger, Primarlehrerin, Basel
Jinsu Ahn, Vater, Riehen
Kim Kiyoung, Mutter, Riehen
Boris Kraft, , Basel
Priska Bosshard-Rast, Mutter, Riehen
Sandra Brettenthaler, Mutter, Betriebsökonomin, Riehen
Gerber Eymann Brigitte, Lehrerin, Primar- und Sekundarstufe I, Signau
Ingrid Schmid, Großmutter und Französischlehrerin, Konstanz
Bettina Schmid, Mutter, Riehen
Roland Schmid, Vater, Riehen
Patrick Weber, Ökonom und Vater, Riehen
Kohler Sandra, Mediatorin, Riehen
Garcia Martinez, Bettina, Mutter, Riehen
Giorgini Deborah, Mutter, Hägendorf
Anja Petersen Coerper, Mutter, Riehen
Zobel, Primarlehrerin, Bellach
Wassilis Karanatsios, CIO, JSD BS, Bettingen
Franziska Rüegg Weber, Mutter, Riehen
brigitta gerber, ehm. Grossrätin BS, Basel
Tschanz Peter, , Trimbach
Carrara Claudia, Schulhaussekretärin, Riehen
Kissling Katja, Mutter, Riehen
Elser Mario, Sekundarlehrer Sekundarstufe I, Starke Schule beider Basel, Allschwil
Werthmüller Regina, Vorstand Starke Schule beider Basel, Landrätin (parteilos), Sissach
Lander Marianne, Mitglied Starke Schule beider Basel, Ettingen
Vuilliomenet Daniel, Mitglied Starke Schule beider Basel, Ettingen
Isabelle Bachor, Mutter, Gerzensee
Pereira Marques Nathalie, Mutter, Marly
Nicola Ferrari, Psychotherapeut, Wetzikon
Billy Husmann, , Fribourg
Barbara Bulambo-Marthaler, Mutter, Fribourg
Hunziker Müller Taina, Lehrerin Sekundarstufe I, Courtelary BE
Bruno Dudli, Kantonsrat, Sonnental/SG
Roland Stark, Heilpädagoge, Basel
María, López, BS
Thomas Lüthi, Vater, Jugendarbeiter, Birsfelden
Peter Klingler, Gemeinderat, Himmelried
Bischoff Fabian, Sozialpädagoge, Bern
Schrenk Ruth, Sozialpädagogin/Erwachsenenbilderin, Riehen
Aline Müller, Mutter und Gymnasiallehrerin, Olten
Meier Brigitte, Lehrerin Sekundarstufe I, Duggingen
Stefanie Weber, Mutter, Riehen
Peter Brotschi, Kantonsrat/Gemeinderat, Grenchen
Gabriele Zückert, Kindergärtnerin, Mitglied Geschäftsleitung LVB, Liestal
Steiner René, Alt-Kantonsrat, Olten
Susanne Stettler, Journalistin, Elternrätin, Mutter, Riehen
Rappo Evelyn, Lehrerin Sekundarstufe, Arlesheim
Froelicher Irene, alt Kantonsrätin SO, Lommiswil
Edwin Rupf, Sekundarlehrer, Madetswil
Christoph Nyffeler, Lehrer Sekundarstufe I Sek B mit Integration und Spezieller Förderung, Grenchen
André Wyss, Kantonsrat SO, 4655 Rohr
Daniela Marti, Primarlehrerin, Riehen
Rebekka Kaufmann, Assistentin und Mutter, Riehen
Christian Lauper, Primarlehrer, BL
Anna Zangger, Mutter einer 3. Klässlerin, Basel
Stephanie Mumenthaler – Grisard, Mutter, Kunsthistorikerin, Riehen
Therese, Benkert, Riehen
Matthias Heinicke, Stationsleiter und Vater einer 3.Klässlerin, Riehen
Katrin Amstutz, Schulleiterin und Berufsschullehrerin, Riehen
Simon Küpfer, Gymilehrer, Bern
Peter Helfer, Senior System Engineer Datacenter, Riehen
Anja Wenk, Mutter/Elternrätin, Riehen
Silvia Merkle, Einwohnerrätin Riehen Glp, Maklerin, Riehen
Prepoudis Susanne, Rechtsanwältin, Schulrätin, Mutter von 5 Kindern, Riehen
Thomas Mauerhofer, Klassenlehrer 4. – 6. Klasse, Trubschachen
Sandra Bothe, Geschäftsleiterin Privatschule und KiTa, Basel
Roland Meyer, Lehrer Sekundarstufe 1, Sissach
Elfy Roca, Heilpädagogin, Fahrweid
Thomas Anderegg, Gemeinderat SVP, Langendorf
Thomas Notz, Gymnasiallehrer, Fachdidaktiker, Biberstein
Anja Jutzi, Sekundarlehrerin, Langendorf
Willin Urs, IT-Fachmann, Basel
Wenger Magdalena, Heilpädagogin Sekundarstufe 1, Biel-Bienne
Thomas Eugster, Landrat und Einwohnerrat FDP, Liestal
Brunnschweiler Thomas, ehem. Gymnasiallehrer, Dr. phil., Reinach BL
Kehrwand Claudia, Fachlehrerin Sek 1, Orpund
Barbara Rötheli, Lehrperson Sekundarstufe 1, Oensingen
Jäger, Gian-Andrea, Sek. 1 M, GG, Ch und Vater eines 6.Klässlers, 4462 Rickenbach
Klesse Marlies, Komitee “Gute Schule Graubünden”, Fanas
Halal Anissa, Sekundarlehrerin, BS
Daniel Gerber, Sekundarstufe 1, Subingen
Heri Patrick, Klassenlehrer Sek I, Subingen
Mana Larissa, Lehrperson Sekundarstufe 1, Birsfelden
Dennis Engelenburg, Lehrer Sekundarstufe 1, 3800 Unterseen
Loretz Peter, Grossvater und pens. Primarlehrer, Bellach
Wilde Anna, pens. Sekundarlehrerin WBS Basel-Stadt, Riehen
Hennig Weber Marie-Helen, Sekundar- und Berufsschullehrerin Basel-Stadt/Aarau, Aarau
Walter Vreni, pens. Co-Schulleiterin WBS Mücke BS, Basel
Bächle Peter, pens. Co-Schulleiter WBS Mücke BS, Basel
Wälti Claudia, Lehrerin Sekundarstufe 1, Biel-Bienne
Martina von Wartburg, Mutter, Hägendorf
Adank stefan, Lehrperson sek 1, Utzenstorf
Oberli Serge, Lehrer Sekundarstufe 1, Utzenstorf BE
Judith Guntern, Sekundarlehrerin seit 33 Jahren, Liestal
STUDER Christoph, Pens. Lehrer Sekundarstufe 1, Frenkendorf
Boegli Françoise, Französisch Lehrerin, Subingen
Biberstein Pascal, Lehrer Sekundarstufe 1, Subingen, SO
Nicole Schär, Sekundarlehrperson I, Subingen
Moser Christine, Lehrerin sekundarstufe 1, Liestal
Krummenacher Isabelle, Klassenlehrerin Sek 1, Subingen, SO
Riccardo Romeo, Französisch-Lehrperson, Sek.II, Basel
Tamara Schwob, Schüler, Reinach Baselland
Raphael Bichsek, Heilpädagoge, Langendorf
Eva Eugster, Lehrerin Sekundarstufe 1, Liestal
Michael Miedaner, Sekundarlehrer, Oberwil BL
Robequin Michaël, Fachlehrer Sprachen, 3860 Meiringen
Ruwen Kronenberg, Instrumental- und Primarlehrer, Grenchen
Barbey, Sekundarlehrer, Grenchen
Hannes Geiges, ehemaliger Co-Präsident Kinderärzte Schweiz, Rüti / ZH
Schinzel Marc, Landrat FDP, Binningen
Loretz Christof, Lehrer Sekundarstufe I, Langendorf SO
Philippe von Escher, Französisch-Lehrperson Zyklus 3, Worb
Nicole Stampfli, Sekundarlehrerin, Frenkendorf
Brunner Esther, Sekundarlehrerin, BL
Annemarie Aeschbacher, Lehrerin Sek.Stufe 1, Utzenstorf
Uli Dammer, Lehrer und Vater, Liestal
Sascha Thommen, Sekundarlehrer / Vater, Füllinsdorf
Pedrazzi Michael, Sekundarlehrer, Allschwil
Büchi Liana, Lehrerin Sekundarstufe I, Oberdorf BL
Ladhari Fayçal, pens. Lehrer Sekundarstufe 1, Aesch
Yasemin Dinekli, Mittelschullehrerin, Zürich
Zogg David, Sekundarlehrer, Frenkendorf
Nicole, Lehrperson, Hölstein
Schläfli Peter, Lehrer Sek. Stufe 1, Arlesheim
Scheiwiller Othmar, LP Sek. 1, 4144 Arlesheim
Amstutz Hanspeter, pensionierter Sekundarlehrer, 8320 Fehraltorf
Nico Studer, Sekundarlehrer, Frenkendorf
Maneva Tafanalo Salaam, Sekundarlehrerin, BL
Leu Beatrice, Lehrerin Sekundarstufe I, Burgdorf
Rüegger Sonja, Primarlehrerin, Langenthal
Beat Kissling, Gymnasial-/Hochschullehrer, Pfäffikon/Schwyz/Wädenswil
Kim Thurnherr, Einwohnerrat SP, Reinach BL

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Wenn Bildungsidee und pädagogische Wirklichkeit nicht übereinstimmen https://condorcet.ch/2019/10/wenn-bildungsidee-und-paedagogische-wirklichkeit-nicht-uebereinstimmen/ https://condorcet.ch/2019/10/wenn-bildungsidee-und-paedagogische-wirklichkeit-nicht-uebereinstimmen/#comments Wed, 09 Oct 2019 15:37:49 +0000 https://condorcet.ch/?p=2359

Die Primarschule hat viele neue Aufgaben übernommen – weggenommen wurde wenig. Manches kann darum gar nicht genügend geübt werden. Das gilt insbesondere fürs Frühfranzösisch. Doch die Behörden verdrängen die Schulzimmerrealität, schreibt Condorcet-Autor Carl Bossard.

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Carl Bossard
Bild: fabü

Wer in den Unterricht hineinzoomt, der sieht, dass hier vieles geschieht – zum Beispiel in der fünften und sechsten Primarklasse des Kantons Zürich: Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik, Mensch-Natur-Gesellschaft (MNG), Religionen, Kulturen, Ethik (RKE), Bildnerisches sowie Technisches und Textiles Gestalten, Musik, Bewegung und Sport, Medien und Informatik. Für diese Bereiche sind 30 Lektionen eingesetzt, zehn allein für die drei Sprachen. Zur Fächeraddition der letzten Jahre kommen die Integration und als Folge die verstärkte Individuation. Beides absorbiert Zeit und erhöht den Anspruch an die Lehrerinnen und Lehrer.

Die Fülle fordert und überfordert

Erfahrene Lehrkräfte wissen es schon lange: Wer addiert, muss reduzieren. Wer die Fächerfülle maximiert, muss beim Üben und Automatisieren minimieren. Es fehlt die Zeit zum Konsolidieren. Das ist schlichte Proportionenrechnung und hat nichts mit Ideologie zu tun. Kein wirksames Lernen kann ungestraft gezieltem und systematischem Wiederholen ausweichen.

Darum haben langjährige Pädagoginnen und Pädagogen vor zwei Fremdsprachen in der Primarschule gewarnt: Das Konzept überfordere lernschwächere und mittelmässige Schüler – und oft auch Kinder mit Migrationshintergrund. Denn zu vieles müsse heute in zu kurzer Zeit erarbeitet werden – und zwar oft von den Kindern selber. Eigenverantwortet und selbstgesteuert.

Ernüchternde Resultate

Wie sehr diese erfahrenen Stimmen recht behalten, hat eine repräsentative Studie von 2016 in der Zentralschweiz an Tag gelegt. Sie schockierte. Die Sprachkenntnisse der Schülerinnen und Schüler lagen weit unter dem versprochenen Erfolg: Nur jeder 30. Achtklässler sprach lehrplangerecht Französisch, nicht einmal jeder zehnte erreichte die Ziele im Hörverstehen. Etwas besser, aber immer noch unbefriedigend, waren die Resultate beim Lesen und Schreiben. Untersucht wurden 3’700 Schüler der 6. und 8. Klasse.

Bild: lvb.inform

Nicht zufriedenstellend, wenn auch leicht günstiger, sahen die Ergebnisse im Kanton Zug aus. Hier haben die Schüler bis zum achten Unterrichtsjahr insgesamt zwei Wochenlektionen mehr Französisch als in den Nachbarkantonen. Und doch erreichte eine deutliche Mehrheit der Zuger Schülerinnen und Schüler die Lehrplanziele nicht

Man weiss es; die Studie zeigt es: Der Frühfranzösisch-Unterricht in der Primarschule führt unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht weit. Doch Konsequenzen gab es keine; Korrekturen sind kaum in Sicht. Die Karawane zieht einfach weiter.

Die Bildungsbehörden verschweigen die Wirklichkeit

Wenn Bildungsidee und Wirklichkeit nicht übereinstimmen, leidet bloss die Wirklichkeit. Doch diese Schulzimmerrealität wird ausgeblendet, obwohl man sie über Evaluationen kennt. „Was tut man, wenn man eine Studie in Auftrag gegeben hat, deren Ergebnisse unbefriedigend ausfallen?“, fragt der Tages-Anzeiger sibyllinisch.[1] Und er fügt bei: „Man kann sie zum Beispiel einer breiteren Öffentlichkeit gar nicht vorstellen und nur auf ein paar Internetseiten aufschalten, die kaum konsultiert werden.“ Das erinnert an Christian Morgensterns messerscharfen Schluss, dass „nicht sein kann, was nicht sein darf“.

Diesem Prinzip folgen die Bildungsbehörden der sechs Kantone Bern, Solothurn, Freiburg, Wallis und beider Basel. Sie halten die Ergebnisse einer Studie zum Frühfranzösisch weitgehend verborgen, obwohl sie seit Mitte April dieses Jahres vorliegt.[2] Warum wohl?, fragt sich der Beobachter. Weil Resultate und Erwartungen deutlich differieren? Weil „ein beachtlicher Teil der Schülerinnen und Schüler […] am Ende der Primarstufe auch ein elementares Niveau bei den Sprachkompetenzen nicht [erreicht]“?[3] Denn nur gerade knapp elf Prozent (!) erfüllen beim interaktiven Sprechen das Lernziel. Beim Leseverstehen sind es lediglich 33 Prozent, während beim Hörverstehen immerhin 57 ein positives Resultat erreichten. Untersucht wurden über 1000 Sechstklässlerinnen und Sechstklässler an 193 Schulen. Sie alle lernen seit der dritten Klasse Französisch.

Heime Studie, Tagesanzeiger

Jeder konstruiert sich seine Welt

Die Studie des Instituts für Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg evaluierte den Lernfortschritt der Kinder unter dem Einfluss des sogenannten Passepartout-Lehrplans. Obligatorische Grundlage bildet das Lehrmittel „Mille feuilles“. „Passepartout“ heisst der Zusammenschluss der sechs Kantone, welche die Unterrichtsmittel für die Primarschule generierten.

Das Sprachmodell „Passepartout“ basiert auf einem konstruktivistischen Lernverständnis. Dieser Ansatz geht davon aus, dass sich jedes Subjekt lernend seine Welt konstruiert. Gerade für jüngere Lernende sei das schwer umsetzbar, weil es ein hohes Mass an Selbstorganisation und selbstverantwortetem Lernen verlange, erklärt der Studienleiter Professor Thomas Studer.[4]

Warum nicht offenlegen, dass die Grammatik, vor allem die Morphosyntax, schwierig ist – und gerade darum ein systematisches Lernen und Üben der massgebenden Grundstrukturen notwendig wird?

Das Sprachbad ist illusionär

Das Konzept von „Mille feuilles“ verfolgt die Didaktik des Sprachbads. Die Kinder probieren die Sprache spielerisch aus. Sie tauchen in die Sprache ein. Im Direktkontakt mit französischen Texten und Sachthemen sollen sie Wortschatz und Grammatik lernen – sozusagen en passant. Auf den systematischen Aufbau grammatikalischer Strukturen wird im Lehrmittel bewusst verzichtet; das Konjugieren der Verben „être“ und „avoir“ beispielweise kommt nicht vor.

Die Studienergebnisse erstaunen darum nicht. Ob die Probleme aber am richtigen Ort gesucht werden? Warum nicht offenlegen, dass die Grammatik, vor allem die Morphosyntax, schwierig ist – und gerade darum ein systematisches Lernen und Üben der massgebenden Grundstrukturen notwendig wird? Das Sprachbad mit drei Wochenlektionen bleibt eine Illusion. Viele Schülerinnen und Schüler lernen erfolgreicher mit Anschluss an bereits Bekanntes, also Deutsch. Sie verfügen über einen eher analytischen Zugang zur Sprache. Das wissen viele Lehrerinnen und Lehrer. Sie lassen ihre Schulkinder die Sprache so lernen – aber sie bleiben nicht dabei stehen. Wenn die Strukturen gefestigt sind, kann man die Kenntnisse kommunikativ einbetten, möglichst unter Einbezug der vier Sprachkompetenzen. Dazu braucht es Zeit. Und die steht in der Primarschule neben all den vielen andern Fächer kaum bereit.

BUND-Artikel 2017

Die Behörden beschwichtigen

Die Studie der Universität Freiburg war bekannt, das enttäuschende Resultat ebenfalls. Und doch liess die grüne Berner Erziehungsdirektorin Christine Häsler die Öffentlichkeit wissen, man befände sich beim Frühfranzösisch auf dem richtigen Weg.

50 Millionen Projektinvestitionen in das neue Sprachenkonzept Passepartout wiegen wohl schwerer als die Wahrheit – und das Können der Kinder. Oder darf über die entscheidenden Sinntiefen offenbar gar nicht debattiert werden?

 

[1] Stefan von Bergen, Die geheime Frühfranzösisch-Studie, in: Tages-Anzeiger, 28. September 2019.

[2] Eva Wiederkeller, Peter Lenz (2019), Kurzbericht zum Projekt ,Ergebnisbezogene Evaluation des Französischunterrichts in der 6. Klasse (HarmoS 8) in den sechs Passepartout-Kantonen’, durchgeführt von Juni 2015 bis März 2019 am Institut für Mehrsprachigkeit der Universität und der Pädagogischen Hochschule Freiburg im Auftrag der Passepartout-Kantone. Freiburg.

[3] Ebda, S. 4, 9.

[4] von Bergen, a.a.O.

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Das unrühmliche Schicksal von Passepartout https://condorcet.ch/2019/09/das-unruehmliche-schicksal-von-passepartout/ https://condorcet.ch/2019/09/das-unruehmliche-schicksal-von-passepartout/#comments Tue, 17 Sep 2019 04:58:58 +0000 https://condorcet.ch/?p=2228

Condorcet-Autor Felix Schmutz beschreibt in seinem Beitrag wohl das nahende Ende eines der düsterten Kapitels "neureformerischer" Irrläufer, das Passepartout-Konzept.

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Felix Schmutz, BL

Geringes Medienecho zum Abschluss

Mit überraschend geringem Medienecho endete das sechskantonale Fremdsprachenprojekt Passepartout, mit dem ganz neue Unterrichtskonzepte samt den dazu entwickelten Lehrmitteln Mille feuilles, Clin d’oeil und New World obligatorisch implementiert wurden. Der Abschlussbericht des Projektleiters Reto Furter[1] fand ebenso wenig Beachtung wie die umfangreiche und lang angekündigte Evaluation des IfM (Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg) von 2019[2].

Wieso diese Zurückhaltung? Furter schreibt dazu im Abschlussbericht:

Im Frühling 2018 beschloss die Steuergruppe, keine gemeinsame Medienkonferenz zum Abschluss des Projekts durchzuführen. Es sei zu exponiert, zu stark in der Kritik, um öffentlich eine positive Bilanz zu ziehen. Zudem liegen die Ergebnisse im Rahmen der ÜGK (der EDK) nicht wie geplant bereits im Juni vor. Eine Verschiebung zu kommunizieren wäre Wasser auf die Mühlen der kritischen Medien giessen. (Furter, S. 26)

Kritische Stimmen wurden stets auf die Evaluation vertröstet. Die Verantwortlichen nahmen an, dass damit der Erfolg der neuen Methode und die Tauglichkeit der Lehrmittel bewiesen und alle Befürchtungen der Unzufriedenen beseitigt werden könnten. Blind vertrauten sie darauf, mit dem neuen Unterrichtskonzept markante Verbesserungen zu erzielen. In einem ersten Schritt wurden deshalb 2017 die Kenntnisse nach vier Jahren Primarschulunterricht in Französisch evaluiert, und zwar in Kombination mit der EDK-Überprüfung der Grundkompetenzen in der ersten Fremdsprache (ÜGK).

Während die Ergebnisse des EDK-Tests im Mai 2019 ausführlich kommuniziert wurden, blieb es um die gleichzeitig veröffentlichten, ergänzenden Resultate der IfM-Studie auffällig still. Die Passepartout-Steuergruppe beschloss sogar im Juni 2019 endgültig, die Evaluation der Sekundarstufe, deren Ergebnisse für 2021 angekündigt waren, gar nicht mehr durchführen zu lassen. Man begnüge sich mit der dann fälligen Überprüfung der gesamtschweizerischen Grundkompetenzen der EDK, ohne die Passepartout-Didaktik und das Lehrmittel Clin d’oeil speziell zu untersuchen.

Der Glaube an die Wirksamkeit ist ins Wanken geraten

Der Verdacht liegt nahe, dass der kleinlaute Umgang mit der Evaluation und der Verzicht auf weitere IfM-Studien ein Zeichen dafür sind, dass der tiefe Glaube an die Wirksamkeit der «neuen Didaktik» doch etwas ins Wanken geraten ist. Offen zugeben kann man das noch nicht, es gilt, das Gesicht zu wahren, besonders auch wegen des vielen Geldes, das man in das Projekt gesteckt hat.

Ergebnisse stellen das Unterrichtskonzept in Frage

Warum wurde nun aber der Bericht zur Evaluation des IfM nicht breiter bekannt gemacht? Zu lesen war lediglich von den Ergebnissen der EDK-Überprüfung der Grundkompetenzen, denn das war die gute Nachricht: 62% schafften die Grundkompetenz A1.2 im Lese-, 88% im Hörverstehen. Für die Passepartout-Kantone galt allerdings als Grundanforderung nach 4 Jahren Französisch das Niveau  A2.1. Dort sah es nicht mehr so rosig aus: Nur 33% schafften das Leseverstehen und 57% das Hörverstehen. Richtig niederschmetternd waren hingegen die nur vom IfM geprüften Sprechkompetenzen: Ganze 42,5 % schafften das Niveau A1.2 und gar nur 11 % das von Passepartout anvisierte Niveau A2.1.

Eine gigantische Materialschlacht die jedes Jahr im Müll landet!

Eine Didaktik, die sich dezidiert der Förderung der Kommunikation und den Strategien des Leseverstehens verschrieben hat, ist als gescheitert anzusehen, wenn sie nach 4 Jahren Unterricht mit einem derart bescheidenen Resultat aufwarten muss.

Das IfM, das streng die Fragen klärte, die von der Projektleitung gestellt wurden, rührt noch an einem weiteren Credo der neuen Didaktik, der «Sprachbewusstheit», mit anderen Worten: am Kern der Mehrsprachigkeitstheorie, der besagt, dass «Die Sprachen … nicht mehr isoliert gelernt [werden]. Es werden Bezüge zwischen Deutsch, Französisch und Englisch hergestellt, damit die Kinder von bereits Gelerntem profitieren und schon erworbene Lernstrategien anwenden können.»[3]. Dazu das IfM:

Wichtig ist jedoch zu sagen, dass der Zusammenhang zwischen der Arbeit an der Sprachbewusstheit und dem Aufbau der kommunikativen Sprachkompetenzen ungeklärt ist, d.h. dass mehr Arbeit an der Sprachbewusstheit sicherlich ein spezifisches Ziel für sich sein kann, dass sie aber nicht zwingend zu besseren rezeptiven und/oder produktiven Sprachkompetenzen führt.[4]

Damit weist das IfM auf das Problem hin, wie deklaratives (theoretisches) Sprachwissen in prozedurales (automatisch abrufbares) Sprachwissen überführt werden kann. Empirisch wurde nachgewiesen, dass dies nur mit grossem Übungsaufwand möglich ist.

Das IfM untersuchte per Fragebogen auch Motivation und Interesse an Französisch. Die Ergebnisse sind wiederum enttäuschend:

Ein Vergleich der Motivation zum Lernen der ersten Fremdsprache auf Basis der Schülerfragebogenitems über die Sprachregionen hinweg zeigt deutlich, dass die Motivation zum Französischlernen im Passepartout-Raum generell eher tief ist. Der Umstand, dass nur knapp die Hälfte der Schüler/innen die Themen und Texte bzw. die Aufgaben (tâches) im Lehrmittel (eher) interessant findet, kann durchaus eine Rolle für die Motivation spielen.

Zudem findet nur ca. die Hälfte der Schüler/innen den Französischunterricht interessant. [5]

Damit stellt das IfM das didaktische Konzept von Passepartout in drei zentralen Punkten in Frage:

  1. Leseverstehen und vor allem Sprechen werden mit dieser Didaktik zu wenig gefördert.
  2. Die Betonung von Sprachvergleichen und das gleichzeitige Lernen mehrerer Sprachen fördert die Kommunikationskompetenz nicht.
  3. Der Fokus auf Inhalte und Sprachverwendung wirkt sich auf die Motivation der Lernenden nicht förderlich aus.

Grundsätzliche Kritik zu wenig ernst genommen

Ob diese Feststellungen bei den Verantwortlichen gehört werden, ist aber fraglich. Der Umgang mit Kritik scheint ein Kernproblem des Passepartout-Projektes zu sein. Es gilt dabei zu unterscheiden zwischen grundsätzlichen Zweifeln am neuen Konzept und den in der Praxis festgestellten Mängeln der Lehrmittel:

Der Umgang mit Kritik scheint ein Kernproblem des Passepartout-Projektes zu sein.

Auf Letztere wurde zeitnah reagiert, indem Zusatzressourcen geschaffen wurden, die zum Teil noch immer in Arbeit sind: Differenzierungshilfen für Lernschwächere, Alltagswortschatz, Wörterbücher, Grammatik zum Nachschlagen, zusätzliche Übungsmaterialien, Umsetzungshilfen, On-Line-Angebote, Überarbeitung der Bände 5 und 6 von Mille feuilles, etc.

Clin d’oeil Schülerbox, Kostenpunkt: 35 CHF

Hingegen zeigten die Verantwortlichen keinerlei Musikgehör gegenüber der Kritik an der neuen Didaktik. Die theoretischen Grundlagen der Lehrmittel gelten bis heute als sakrosankt und unfehlbar, als stünden diese in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den Mängeln der Lehrmittel und den nun offenkundig enttäuschenden Ergebnissen der Evaluation. Da man die Projektverantwortlichen als intelligente Menschen ernst nehmen möchte, erstaunt es doch sehr, dass sie sich nicht selbst die Frage stellen, ob die «neue Didaktik» nicht zumindest teilweise für die Beanstandungen an den Lehrmitteln mitverantwortlich sein könnte.

Auch wissenschaftliche Beiträge, die das Konzept seit 2016 in Zweifel zogen, werden in Furters Bericht schlicht übergangen. So die Clearing-House-Studie zur Frage, wie sich das Lernen mehrerer Fremdsprachen im Primarschulalter unter definierten Bedingungen auswirkt[6], die Untersuchung von Simone Pfenninger zum Nutzen des Frühenglischen[7] oder die Masterarbeit von Susanne Zbinden, die in einer mit summa cum laude bewerteten Vergleichsstudie zwischen Passepartout und dem Vorgängerlehrmittel Bonne Chance das signifikant schlechtere Abschneiden der Lernenden mit dem neuen Französischlehrmittel offenlegte und bereits die Empfehlungen abgab, welche die IfM-Evaluation zum Teil auch aufgegriffen hat:

  • Wortschatz- und Grammatikkenntnisse sind entscheidend fürs Leseverständnis
  • Strategien sind vor dem Niveau C1 wirkungslos für das Leseverständnis
  • Authentische Texte sind als didaktischer Einstieg nicht geeignet [8]

Theorie bestimmt Praxis oder «It’s the didactics, stupid!»

Die Passepartout-Verantwortlichen schienen nicht zu bemerken, dass mit den Zusatzmaterialien bereits tüchtig an der «reinen Lehre» gekratzt wurde:

  • Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten benötigen für die Konsolidierung mehr Bearbeitungszeit, mehr Lernzeit, mehr Übung und mehr Wiederholung;
  • Die Lernenden sind auf eine gute Vorentlastung angewiesen. Es fehlt oftmals das Vorwissen für die Themen bzw. Inputs in den Lehrmitteln. Deshalb werden für die Texterschliessung zusätzliche Lernaufgaben zur Verfügung gestellt;
  • Für das Verstehen der Aufträge in den «activités» brauchen die Lernenden Sprachunterstützung und eine Verringerung des Abstraktionsgrads, damit sie autonomer arbeiten können;
  • Für die Sprechanlässe werden zusätzliche Sprachmittel zur Verfügung gestellt;
  • Für die Schreibaufträge werden zusätzliche Strukturierungshilfen angeboten. (Furter, S.14/15)

 Dies sind didaktisch-methodische Prinzipien, die jeder Lehrperson, unabhängig vom Fach, als professionelle Verfahren geläufig sind. Passepartout tat mit diesen Korrekturen nichts anderes, als die neuen Lehrmittel schrittweise den bewährten alten anzunähern.

Warum haben die Autoren diese selbstverständlichen Grundsätze nicht von Anfang an berücksichtigt? Ganz einfach, weil sie im Widerspruch zu den Theorien der neuen Didaktik standen. So sollte «der Hauptakzent auf der kommunikativen Handlungsfähigkeit» liegen. «Entscheidend ist, dass die Kommunikation funktioniert und gelingt». «In Zukunft sollte der Unterricht stark anwendungs- und inhaltorientiert sein.» «Sinnvolle und motivierende Aufgaben sind der Motor des Lernens und dienen dem Kompetenzaufbau.» (Furter, S. 5)

Diese Aussagen spiegeln deutlich die konstruktivistische Hypothese, dass sich der Spracherwerb autogenetisch und ohne die bewährten didaktischen Hilfestellungen einstellen werde. Die neue Didaktik propagierte den Spracherwerb zunächst idealistisch als Selbstläufer.

Grammatik wurde als Popanz aufgebaut

Verhängnisvoll wirkte sich dabei aus, dass die «funktionale Mehrsprachigkeit» von Anfang an Mühe im Umgang mit der Grammatik und dem Wortschatz bekundete. Grammatik wurde als Popanz aufgebaut. Neu sollten «Grammatik, Wortschatz und Orthografie … kein Selbstzweck [sein], sondern Mittel zur Bewältigung sprachlicher Herausforderungen. Sie … ergeben sich aus den Aufgaben und sprachlichen Aktivitäten.»[9] Das heisst, ein systematischer Aufbau der sprachlichen Mittel ist nicht vorgesehen. Stattdessen werden bei jeder Aufgabe die jeweils benötigten Wörter und Strukturen als Liste angeboten, aus der sich die Lernenden ihr Sprachhandeln ad hoc zusammenstellen. Diese eklektische Methode ist allerdings lerntechnisch viel zu anspruchsvoll unter den zeitlich begrenzten, schulischen Bedingungen.

Die in ideologischem Eifer geschmähte «Korrektheit» ist in Wahrheit konstituierend für das Gelingen der Kommunikation.

Bei der Arbeit an Themen, die nach Furter «interessant, wichtig und bedeutsam sind», und für «sinnvolle und motivierende Aufgaben»[10] braucht es sehr schnell einen entsprechend elaborierten Sprachcode, der sich nicht einfach nebenbei ergibt. Sprache ist ein komplexes symbolisches Zeichensystem mit interner Struktur. Diese Struktur ist bedeutungstragend, historisch gewachsen und konventionell vereinbart. Struktur und Kommunikation sind zwei Seiten ein- und derselben Medaille. Deshalb ist ein systematischer Aufbau der Sprachmittel aus lerntechnischen Gründen ebenso notwendig wie die Anwendung in kommunikativen Situationen, wenn die Sprachkompetenz transferierbar und ausbaufähig sein soll. Die in ideologischem Eifer geschmähte «Korrektheit» ist in Wahrheit konstituierend für das Gelingen der Kommunikation.

Diese weiteren Beispiele von Grundwidersprüchen (Didaktisierung der Kurse und Umgang mit sprachlichen Mitteln) zeigen zusammen mit den vorher genannten, warum die Lehrmittel von Anfang an nicht praxistauglich waren. Die verfehlte Theorie stand dem didaktisch Notwendigen im Weg. Oder in Abwandlung des Spruches von Bill Clinton an seinen Vorgänger: It’s the didactics, stupid!

Gescheitert sind nicht die Lehrkräfte, gescheitert sind FachhochschuldozentInnen

Gescheitert sind nicht die Primarschullehrkräfte, die sich ohne fachliche Ausbildung in die Vorbereitung stürzten und viele Stunden Weiterbildung auf sich nahmen. Gescheitert sind nicht die Autorinnen und Autoren, die nach den Vorgaben Lehrmittel ausbrüteten, die jetzt nicht genügen, sondern die Fachhochschuldozentinnen und  -dozenten, die Konzepte entwickelten, die von der internationalen Spracherwerbsforschung längst widerlegt oder relativiert wurden, die empirisch nicht abgesichert sind oder auf Fehlinterpretationen der Hirnforschung beruhen.[11] Auf Reto Furters Einsicht in diese Zusammenhänge muss man aber noch lange warten, liest man sein Kapitel mit dem Ausblick, was bei künftigen Projekten besser zu machen wäre und wie man die neue Didaktik noch radikaler und effizienter gegen renitente Ungläubige an der Sekundarstufe durchstieren solle.

 

Zitierte Literatur:

Reto Furter (2018): Abschlussbericht zum Projekt Passepartout, Freiburg, August 2018
https://nwedk.ch/sites/nwedk.d-edk.ch/files/Passepartout%20Schlussbericht_2019.pdf

Eva Wiedenkeller, Peter Lenz (2019): Schlussbericht zum Projekt ‚Ergebnisbezogene Evaluation des Französischunterrichts in der 6. Klasse (HarmoS 8) in den sechs Passepartout-Kantonen‘ durchgeführt von Juni 2015 bis März 2019 am Institut für Mehrsprachigkeit der Universität und der Pädagogischen Hochschule Freiburg im Auftrag der Passepartout-Kantone
https://www.nwedk.ch/sites/nwedk.d-edk.ch/files/upload/190513_Passepartout-Evaluation_Schlussbericht_def.pdf

Eva Wiedenkeller, Peter Lenz (2019): Kurzbericht zum Projekt ‚Ergebnisbezogene Evaluation des Französischunterrichts in der 6. Klasse (HarmoS 8) in den sechs Passepartout-Kantonen‘
https://www.nwedk.ch/sites/nwedk.d-edk.ch/files/upload/190513_Passepartout-Evaluation_Kurzbericht_def.pdf

Dyssegaard, C.B., Egeberg, J. de H., Sommersel, H.B., Steenberg, K., & Vestergaard,  (2015) A systematic review of the impact of multiple language teaching, prior language experience and acquisition order on student’s language proficiency in primary and secondary school. Copenhagen: Danish Clearinghouse for Educational Research, Department of Education, Aarhus University

Simone E. Pfenninger (2014): The literacy factor in the optimal age discussion:
a five-year longitudinal study, International Journal of Bilingual Education and Bilingualism, DOI: 10.1080/13670050.2014.972334

Susanne Zbinden (2017): Leseverstehen mit altem und neuem Lehrmittel im Vergleich: Eine empirische Studie über das Verstehen von französischen Texten auf der Sekundarstufe 1, Masterarbeit, Universität Freiburg (CH).

Rod Ellis, Understanding Second Language Acquisition, Second Edition, Oxford 2015, Kindle-Edition

 

[1] Reto Furter (2018): Abschlussbericht zum Projekt Passepartout, Freiburg, August 2018
https://nwedk.ch/sites/nwedk.d-edk.ch/files/Passepartout%20Schlussbericht_2019.pdf

[2] Eva Wiedenkeller, Peter Lenz (2019): Schlussbericht zum Projekt ‚Ergebnisbezogene Evaluation des Französischunterrichts in der 6. Klasse (HarmoS 8) in den sechs Passepartout-Kantonen‘ durchgeführt von Juni 2015 bis März 2019 am Institut für Mehrsprachigkeit der Universität und der Pädagogischen Hochschule Freiburg im Auftrag der Passepartout-Kantone
https://www.nwedk.ch/sites/nwedk.d-edk.ch/files/upload/190513_Passepartout-Evaluation_Schlussbericht_def.pdf

[3] Furter, S. 5

[4] Evaluation IfM, S. 52

[5] Evaluation IfM, S. 91

[6] Dyssegaard, C.B., Egeberg, J. de H., Sommersel, H.B., Steenberg, K., & Vestergaard, S. be cited as (2015)  A systematic review of the impact of multiple language teaching,  prior language experience and acquisition order on student’s language proficiency in primary and secondary school. Copenhagen: Danish Clearinghouse for Educational Research, Department of Education, Aarhus University

[7] Simone E. Pfenninger (2014): The literacy factor in the optimal age discussion: a five-year longitudinal study, International Journal of Bilingual Education and Bilingualism, DOI: 10.1080/13670050.2014.972334

[8] Susanne Zbinden (2017): Leseverstehen mit altem und neuem Lehrmittel im Vergleich: Eine empirische Studie über das Verstehen von französischen Texten auf der Sekundarstufe 1, Masterarbeit, Universität Freiburg (CH).

[9] Furter, S. 5

[10] ebd.

[11] Dazu Rod Ellis (2015) Understanding Second Language Acquisition, der alle Theorien und die empirische Forschung dazu unter die Lupe nimmt.

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