Aufsatz - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Sat, 08 Apr 2023 20:45:54 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Aufsatz - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Institut für Bildungsevaluation kommt unter Druck https://condorcet.ch/2023/04/institut-fuer-bildungsevaluation-kommt-unter-druck/ https://condorcet.ch/2023/04/institut-fuer-bildungsevaluation-kommt-unter-druck/#respond Sat, 08 Apr 2023 14:03:38 +0000 https://condorcet.ch/?p=13594

Teile der vierkantonalen Vergleichsprüfung sind inhaltlich praktisch identisch wie eine uralte WBS-Abschlussprüfung. Offensichtlich wurde die Vergleichsprüfung mindestens teilweise aus alten Aufgabenstellungen recycelt und nicht, wie das die Politik erwartet hat, neu entwickelt. Das Institut verkauft den vier Trägerkantonen Baselland, Basel-Stadt, Solothurn und Aargau die sogenannten Check-Prüfungen für teures Geld, schreibt Jürg Wiedemann vom Vorstand Starke Schule beider Basel.

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Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Das allseits hochgelobte Institut für Bildungsevalaution, das in der ganzen Schweiz Testaufgaben entwickelt und keinen Zweifel darüber lässt, wie modern, aktuell und an höchsten Standards orientiert das geschieht, ist dabei erwischt worden, dass in den teuren Checks uralte Proben aus einer WBS-Prüfung enthalten sind. Landrätin Anita Biedert hat im Baselbieter Landrat ein Postulat eingereicht, welches die Bildung eines Kontrollgremiums fordert, welches die Arbeit des Instituts für Bildungsevaluation überprüfen soll. Zusätzlich soll die Bildungsdirektion alternative Anbieter evaluieren, welche künftig die Vergleichsprüfungen für die vier Kantone des Bildungsraums Nordwestschweiz entwickeln könnte.

Gastautor Jürg Wiedemann

Wortlaut des Postulates: “Seit einigen Jahren entwickelt das Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich (IBE) für die vier Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Solothurn und Aargau die Checkprüfungen. Nach der schriftlichen Deutschprüfung der dritten Sekundarklassen wurden der Starken Schule beider Basel (SSbB) von einer Elterngruppe die Prüfung mit den Aufsatzthemen und den dazugehörigen Erläuterungen und Fragestellungen zugestellt.

Damit wurden erstmalig die Aufgabenstellungen der normalerweise geheim gehaltenen Prüfungsaufgaben in einem breiteren Kreis öffentlich. Die Checkprüfung liegt der Postulantin vor.

Die Check S3-Deutschprüfung wurde offensichtlich mindestens teilweise aus alten Prüfungen recycelt.

Auffallend ist, dass Teile dieser Prüfung mit dem entsprechenden Teil einer Abschlussprüfung der ehemaligen Weiterbildungsschule Basel (WBS) inhaltlich weitgehend übereinstimmen. Die Check S3-Deutschprüfung wurde offensichtlich mindestens teilweise aus alten Prüfungen recycelt. Auch die WBS-Prüfung liegt der Postulantin vor.

Die hohen Kosten der Checkprüfungen wurden u.a. auch mit der Entwicklung von neuen Fragen, basierend auf dem aktuell gültigen Lehrplan, begründet. Dies schien auch verständlich, zumal der heute gültige Lehrplan und die neue Unterrichtsphilosophie in einem erheblich grösseren Masse auf Kompetenzen setzt als dies früher der Fall war.

Jährliche Gesamtkosten von rund 4,5 Millionen Franken

Die jährlichen Gesamtkosten der Checks inkl. der Mindsteps-Aufgabensammlung und Weiterbildungsangebote für Lehrpersonen belaufen sich auf rund 4.5 Millionen Franken inkl. MwSt. Dafür trägt der Kanton Basel-Landschaft “aufgrund seines Bevölkerungsanteils 20 Prozent, also ca. Fr. 900’000.-“, wie die BKSD in einem Mail der SSbB schreibt. Die Kosten pro Schüler/-in betragen Fr. 27.- (P3), Fr. 42.- (P5), Fr. 64.- (S2) und Fr. 64.- (S3.).

Dr. Urs Moser, Leiter des Instituts für Bildungsevaluation.

Die Bildung eines Kontrollgremiums, welches die Tätigkeit des IBE beaufsichtigt, wäre schon früher angezeigt gewesen: Zu erwähnen ist an dieser Stelle, dass eine Evaluation der Mathematikaufgaben zur Erhebung der Leistungsstandards, welche die EDK 2016 bei einem luxemburgischen Institut in Auftrag gab, Mängel in der Aufgabenstellung festgestellt hat.

Konsequent ist daher auch die Forderung nach einer Evaluierung alternativer Angebote, die der Kanton künftig für die Durchführung der Checkprüfungen berücksichtigen könnte, um einerseits die Kosten zu senken, andererseits betreffend die Qualität einen exzellenten Standard gewährleisten zu können.”

Die Starke Schule beider Basel begrüsst den Vorstoss und erwartet eine zeitnahe Traktandierung im Landrat. Zurzeit sind entsprechende Vorstösse auch im Kanton Basel-Stadt in Vorbereitung.

Jürg Wiedemann

Vorstand Starke Schule beider Basel

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Hommage an die Jugend https://condorcet.ch/2022/04/hommage-an-die-jugend/ https://condorcet.ch/2022/04/hommage-an-die-jugend/#comments Sat, 02 Apr 2022 15:03:31 +0000 https://condorcet.ch/?p=10748

Der pensionierte Gymnasiallehrer und Condorcet-Autor Georg Geiger hat bei den Aufräumarbeiten einen Text eines ehemaligen Schülers gefunden, den er unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten will. Ein "document humain", wie die Redaktion findet.

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Georg Geiger, Gymnasiallehrer in Basel, Condorcet-Autor: Welch eine poetische Kraft und welche Lebensweisheit steckt doch in diesem Aufsatz!

Seit knapp einem Jahr bin ich pensioniert. Langsam mache ich mich daran, alle meine Plasticmäppchen meiner über 30-jährigen Unterrichtstätigkeit an Volksschule, Gymnasium und Universität zu entsorgen. Übrig bleiben Erinnerungen und eine Wehmut, nicht mehr täglich im Kontakt zu sein mit dem Power der Jugend, der mir so viel gegeben hat. Stellvertretend für alle diese jungen Leute, die ich die Ehre hatte, in Deutsch und Geschichte zu unterrichten, soll ein Text stehen, den ich zum Glück zur Seite gelegt habe: Welch eine poetische Kraft und welche Lebensweisheit steckt doch in diesem Aufsatz! Und ich will nichts weiter dazu sagen. Nicht, wer ihn geschrieben hat. Nicht, in welchen Lebensumständen er entstanden ist. Nicht, was ich für einen Kommentar dazu verfasst habe und schon gar nicht, welche Note ich dem Text gab. Einfach eine Hommage an die Jugend!

 

Wenn am Morgen die Sonnenstrahlen

der stark leuchtenden Sonne

in mein verträumtes Zimmer eintreffen,

so will ich der heutigen Welt

ein Stück Freude von mir geben.

Doch wenn es der heutigen Welt scheint,

dass mein Ich meint bedeutsamer zu sein,

dann trete ich zurück

und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

 

Wenn am Mittag mir der Appetit

nach frisch Gekochtem grösser wird,

so will ich ihn teilen, meinen Appetit.

Der jetzigen Welt nahebringen,

wie gerne ich während dem Essen

«Ballaire-City-Jazz»

hören und dabei die Füsse tanzen lassen würde.

Doch wenn meine Worte in der jetzigen Welt

keine Aufmerksamkeit erhalten,

dann will ich die Musik sprechen lassen,

aber sie ist nicht laut genug

und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

 

Wenn am Nachmittag das Clafoutis au Chocolat

von mir aufgegessen werden will,

ich den schönen Tag mir verschönern will,

so möcht ich teilen, mein Dessert.

Doch seh ich einen Jungen,

der stiehlt ein Gebäck,

läuft davon und wartet nicht auf mein

«nimm doch mein bezahltes Gebäck»

und die Angestellte nichts davon bemerkt,

dann will ich ihr von der untreuen Tat berichten,

doch Empfindsamkeit versetzt mich in die Sicht des Jungen,

wohl hatte er Hunger und kein Geld bekommen.

In Leere alleingelassen schaue ich dem Jungen nach

und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

 

Wenn nach der Arbeit

die tägliche Feier am Abend erscheint,

so möchte ich geniessen meinen Abendwein.

Doch wenn an der Ampel eine ältere Dame

beim Angebot meiner Hilfe, ihre Tasche zu tragen,

meinen müsse, ich sei ein Dieb, der ihr die Tasche nimmt,

dann will ich mit meinem Mundwerk erklären, wer ich bin,

aber rechtfertigen muss ich mich nicht.

Und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

Nicht die Tasche, sondern das Reden über mich.

 

Wenn am Abend die Sonne stirbt

und das Dunkellicht vordringt,

so meine Seele die Ruhe sucht,

dann dem Sternenhimmel die Blicke zuwerfen will.

Doch seh ich auf der Sternenwiese den ganzen

Kummer, Schmerz und die ganze Last,

verdrängt in benutzten Nadeln und kleinen, leeren Tüten,

dann möcht ich nicht schweigen über aller Probleme.

Doch wenns niemanden gibt, der was unternehmen will

und keinen, der hinschaut,

dann vergeht das Licht in meinem Herzen

und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

 

Wenn in der Nacht mein müd’ gewordnes Herz

Sich wieder in seine Hütte verkriecht,

so fragt es den Sternenhimmel im stillen Augenblick,

ob es das Gute noch gibt.

Doch fällt mein Körper kraftlos,

nicht wie am Morgen voller Energie, wieder in sein Schlafnest,

dann wird mir, wie in jener Nacht, wieder bewusst,

dass es kein Gut, kein Böse gibt.

Es lebt in Schwach und Stark,

doch zu welchem gehört das «Es» ?

Meine Nachtgedanken will ich aussprechen,

in diesem stillen Augenblick,

doch weil jeder für sich lebt,

lass ich mich und meine Gedanken still

und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

Wenn ich vom Drang der Entleerung

aus meiner Welt der Träume erwach,

mit noch geschlossenen Augen mich ins Bad fortbeweg

und mit dem Lichtschalter die Dunkelkeit erhell’,

mit den Unterhosen bis zu den Knien runtergezogen

auf dem Klo sitz’,

in meinen Händen Zeitung von gestern halt’,

dann die Meldung seh’,

welche berichtet den Raub der Tasche einer älteren Dame,

den erwischten Täter, der kein Daheim hatte,

den Tod der Obdachlosen wegen Überdosierung,

so will ich reden,

doch erstarren meine müden Augen, mein müder Mund

und in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich»

 

Wenn meine Seele in der Nacht

zurück ins Schlafnest kehren will,

mein Haustelefon am Klingeln ist,

darauf eine unbekannte Nummer steht,

dann nimm ich den Hörer ab,

wobei mir eine Stimme sagt

«Hättest du was gemacht»

Und ich antworten will,

dass reden einfach, jedoch sich selbst teilen schwer ist.

Aber in mir sagts

«Das behalte ich besser für mich.»

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