Kybernetik - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Mon, 22 Nov 2021 06:52:10 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Kybernetik - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Kein Mensch lernt digital https://condorcet.ch/2021/11/kein-mensch-lernt-digital/ https://condorcet.ch/2021/11/kein-mensch-lernt-digital/#respond Sun, 21 Nov 2021 17:16:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=9851

Das digitale Lernen wird uns oft als progessiv und zukunftsorientiert verkauft. Condorcet-Autor Ralf Lankau legt uns in seinem Beitrag dar, wie einseitig und rückwärtsgewandt ein auf Algorithmen basiertes Lernen in Wirklichkeit ist.

The post Kein Mensch lernt digital first appeared on Condorcet.

]]>
Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: Warum sind Sie Lehrer geworden?
Bild: Lankau

Notwendige Fragen und sinnvoller Einsatz von Digitaltechnik im Unterricht

Beantworten Sie vor dem Lesen dieses Beitrags bitte ein Frage: Warum sind Sie Lehrerin oder Lehrer, warum Schulleiterin oder Schuleiter geworden? Ihre Antwort präjudiziert Ihre Argumente und Position in der aktuell geforderten digitalen Transformation von Schule und Unterricht.

Ein stetiges Déjà vu der Lernmaschinen

Die aktuellen Diskussionen über den Einsatz von technischen Medien, heute primär Digitaltechnik, in Schulen haben eine lange Vorgeschichte. Im Kern ist es das immer Gleiche: Automatisieren des Beschulens und Prüfens und an die Technik angepasste Lernmethoden. Claus Pias zeigte bereits 2013 die Konstanten der Geschichte der Unterrichtsmaschinen und der dahinterstehenden Theorien auf: „Lerngutprogrammierung, Lehrstoffdarbietungsgeräte und Robbimaten: Die Idee, man müsse die Lehre automatisieren, um sparsamer, effektiver und sachgemäßer zu unterrichten, ist viel älter als das Internet.“ (Pias, 2013) Er zitiert u.a. den Psychologen Pressey, der 1926 eine der ersten Lehrmaschinen konstruierte. Erziehung habe den geringsten Wirkungsgrad aller denkbaren Unternehmungen, so Pressey. Darum müsse der Lehrbetrieb arbeitswissenschaftlich optimiert werden. „Im Klartext: Wie bekommt man mit möglichst wenig Ressourcen möglichst viel Stoff möglichst schnell in die Köpfe?“ (ebda).

Im Kern ist es das immer Gleiche: Automatisieren des Beschulens und Prüfens und an die Technik angepasste Lernmethoden.

Diffuse Notwendigkeitsrhetorik

Die Vorstellung, dass man Parameter der produzierenden Industrie (Prozessoptimierung, Kostenreduktion, Effizienzsteigerung) mit Hilfe entsprechender Psychotechniken der Psycho-Ingenieure (Gelhard, 2011, 31f., hier 50) auf Lernprozesse übertragen könne, wird seit Beginn des 20. Jh. (William Stern u.a.) propagiert. Die gleichen Psycho-Techniken liegen heutigen Angeboten von Lernsoftware zugrunde. Dazu kommen zwei Fraktionen, die seit den 1950er Jahren um die Deutungshoheit der Steuerbarkeit von Menschen streiten : Kybernetiker und Behavioristen. Kybernetiker wie der Namensgeber der Kybernetik, Norbert Wiener, arbeiten mit mathematischen, Behavioristen wie B.F. Skinner mit (verhaltens)biologischen Modellen. Die Gemeinsamkeit ist der Glaube daran, dass der Mensch als (mathematisches resp. biologisches) Regelsystem definiert und mit Hilfe entsprechender Parameter gesteuert werden könne. Messen, Steuern, Regeln als mathematisch-technische, programmiertes Lernen als biologische Variante.

Claus Pias: Die Idee, man müsse die Lehre automatisieren, um sparsamer, effektiver und sachgemäßer zu unterrichten, ist viel älter als das Internet.

Vermessen statt Unterrichten

Die Annahme der Berechenbarkeit und Steuerungsphantasien für soziale Interaktionen wie Lehren und Lernen sind auch die treibende Kraft der digitalen Transformation, aktuell in Bildung und Gesundheit. Dabei kommen technische Entwicklungen zusammen, die man in ihrer Reichweite bislang kaum überschauen und einschätzen kann. Auf der einen Seite das Sammeln und automatisierte Auswerten von Nutzerdaten (Big Data Analysis) durch wenige kommerzielle IT-Monopole, auf der anderen Seite die Beeinflussungs- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer durch Web & App auf Basis ihrer Persönlichkeitsprofile (Nudging und persuasive, d.h. verhaltensändernde Technologien).

Denn alles, was man am Rechner macht, kann aufgezeichnet werden und kann im Sinne der IT-Anbieter und damit auch gegen die Interessen der Probanden verwendet werden. Diese IT-Systeme und Algorithmen sind intransparent: Big Data in der Black Box. Im Kontext Schule ist der Begriff dafür Learning Analytics: die kleinteilige, psychometrische Vermessung der Lernenden per Kamera, Mikrofon und Eingaben per Tastatur oder Touchscreen. Alle Handlungen werden per Mustererkennung und Statistik ausgewertet. Prof. Dirk Ifenthaler (Universität Mannheim) schreibt zum möglichen Umfang der Datensammlung und die Funktion von Learning Analytics, es könnten damit: „datenbasierte Auskünfte über das Lernverhalten, Lernaktivitäten und Einstellungen in Echtzeit während des Lernprozesses erfasst und im weiteren Verlauf berücksichtigt werden. (Ifenthaler, 2016)

Alles, was an Daten über eine Person zusammengetragen werden kann, wird zur Profilierung und Lernprozessoptimierung ausgewertet.

Prozesssteuerung durch Systemoptimierung

Diese personalisierten Lernprozessdaten werden ergänzt um externe Daten (Merkmale der Lernenden, Interesse, Vorwissen, akademische Leistungen wie Testergebnisse usw.). Doch auch soziodemografische Daten wie das soziale Umfeld, persönliche Netzwerke oder Präferenzen hinsichtlich sozialer Medien – Datenspuren aus dem Privatleben, auf die Schulen an sich keinen Zugriff haben sollten – werden einbezogen. Das ist die Logik der Daten-Ökonomie: Alles, was an Daten über eine Person zusammengetragen werden kann, wird zur Profilierung und Lernprozessoptimierung ausgewertet. Doch nicht nur das eigene Verhalten fließt in die Lern- und Persönlichkeitsprofile ein. Auch Lernleistungen anderer Probanden werden zum Vergleich und zur „personalisierten“ Steuerung der Lernenden herangezogen. Christoph Meinel vom Hasso-Plattner-Institut, das die Schulcloud mitentwickelt, schreibt im HPI-Blog-Beitrag zu Bildungsdaten, dass Lernsysteme „… Vergleichsanalysen mit den Verhaltensdaten aller anderen jemals eingeloggten Lerner durchführen und darauf aufbauend die weiteren Interaktionen dem anvisierten Lernziel entsprechend steuern (können).“ (Meinel, 2020)

Lernsysteme würden sich „erinnern“ (genauer: speichern) welche Matheaufgaben nicht richtig gelöst würden, oft sogar die Ursache erkennen. Das System speichert, „welche Vokabeln nicht richtig sitzen und deshalb weiter geübt und trainiert werden müssten“.

Solche kleinteiligen Lernleistungsprüfung könnten Lernmanagement-, genauer: Lernkontrollsysteme, viel besser umsetzen als es Lehrkräften je möglich wäre. Durch „passgenaue Angebote“ (ein beliebtes Wort der Prozessoptimierer) würden Schwächen der Schüler/innen erkannt und überwunden und „zielgenau“ (ein ebenso beliebter Begriff), Stärken individuell gefördert. Die Ziele gibt selbstredend das Lernprogramm vor und sind für Lernende ebenso intransparent wie die Leistungsmessung. Dafür müsse man personenbezogene Daten und Klarnamen speichern. Das System müsse „wissen“, wer vor dem Bildschirm sitzt und dazu alle Interaktionen mit dem System aufzeichnen.

Das System speichert, welche Vokabeln nicht richtig sitzen und deshalb weiter geübt und trainiert werden müssten.

„In dieser Lern‐ und Arbeitsumgebung sind Klarnamen unerlässlich. Lehrer müssen Ihre Schüler erkennen, Schüler ihre Klassenkameraden, Teilnehmer ihre Arbeitsgemeinschaften.“ (Meinel, 2020)

An dieser Stelle könnte ein Exkurs stehen über (Pseudo)Anonymisierung und die einfache Re-Personalisierung von Daten oder die Unmöglichkeit, Rechner im Netz vor Angriffen zu schützen. (Lankau, 2016). Aber das Thema Datenschutz ist so wichtig und komplex, dass hier nur auf die Aktion „Keine Schülerdaten für US-Unternehmen“ (Bündnis, 2020) und auf Digitalcourage verwiesen werden kann, die den Big-Brother-Award 2020 u.a. an die Kultusministerin von Baden-Württemberg für das Beharren auf den Einsatz von US-Software verliehen hat. (Digitalcourage, 2020)

Informatiker denken in Systemstrukturen und Systemlogik. Ziele sind die Optimierung von Prozessen und valide Ergebnisse.

Kontrollphantasien vs. Individualität

Hier geht es um anderes: Informatiker denken in Systemstrukturen und Systemlogik. Ziele sind die Optimierung von Prozessen und valide Ergebnisse. Das funktioniert für technische Systeme. „Digitale Transformation“ von Schule und Unterricht heißt primär, Lernprozesse maschinenlesbar und automatisiert abprüfbar zu machen. Digitaltechnik ist dabei nur die technische Infrastruktur der digitalen Organisation von Schule und Unterricht. Bildungseinrichtungen werden ein Operationsfeld (und Markt) der Daten-Ökonomie. Der übergeordnete Begriff ist „Smart“: Smart Home, Smart City, Smart School, und bedeutet: Kameras, Mikrofone und Sensoren zeichnen menschliches Verhalten auf, werten es mit Hilfe von Datenbanken aus und beeinflussen Menschen in ihrem Verhalten. Daran geknüpft ist das Versprechen, über diese Methoden validierte Ergebnisse, etwa beim Lernen, zu „produzieren“.

Es sind rückwärtsgewandte Theorien, wie auch die Humankapitaltheorie von Gary Becker, Milton Friedman u.a. von der Chicago School of Economics.

Jede Technologie, die für Überwachung und Kontrolle genutzt werden kann, wird auch genutzt.

Nur: Sowohl die Kybernetik wie das „programmierte Lernen“ sind für soziale Prozesse gescheitert, die Professuren wurden in den 1970er Jahren nicht mehr besetzt. Es sind rückwärtsgewandte Theorien, wie auch die Humankapitaltheorie von Gary Becker, Mil- ton Friedman u.a. von der Chicago School of Economics. Sie sind unterkomplex und im Kern falsch, wie man es beim Preisträger des diesjähriger Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Amartya Sen, nachlesen kann. (Sen, 2020). Selbst die technische Entwicklung ist rückwärtsgewandt. Das heute propagierte Cloud-Computing ist im Prinzip das Großrechner-Konzept (Mainframe) der Nachkriegszeit in Rechenzentren bis Angang der 1980er Jahre. Nur stehen die heutigen Rechner nicht mehr vor Ort, sondern werden in Serverfarmen in der „Cloud“ zusammengeschaltet.

Wichtiger noch ist die zugrunde liegende Struktur und Systemlogik von IT-Systemen, die die amerikanische Wissenschaftlerin Shoshana Zuboff bereits 1988 (!) in drei Gesetzen zusammenfasste:

  • Was automatisiert werden kann, wird automatisiert.
  • Was in digitalisierte Information verwandelt werden kann, wird in digitalisierte Information verwandelt.
  • Jede Technologie, die für Überwachung und Kontrolle genutzt werden kann, wird, sofern dem keine Einschränkungen und Verbote entgegenstehen, für Überwachung und Kontrolle genutzt, unabhängig von ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung. (Zuboff 1988)

Die Einschränkung „sofern dem keine Einschränkungen und Verbote entgegenstehen“ sind nach den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 revidiert. Der letzte Satz lautet heute: Jede Technologie, die für Überwachung und Kontrolle genutzt werden kann, wird für Überwachung und Kontrolle genutzt, unabhängig von geltendem Recht und ursprünglichen Zweck. Zuboff hat diese Entwicklung bis in das heutige „Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ fortgeschrieben (Zuboff, 2018). Der Aufbau einer entsprechenden Netzwerk-Infrastruktur in Schulen legt tendenziell die Basis für das automatisierte, digitale Beschulen und Testen per Schulcloud. Wenn Gehorchen und Funktionieren das Ziel von Beschulung ist, kann man mit Lernprogrammen arbeiten. Drill, Lernbulimie und letztlich eine Überwachungspädagogik lassen sich digital ermöglichen.

Sigrid Hartong: Wir brauchen Daten, Daten, bessere Daten!

Datengestützte Schulentwicklung und Metrik statt Pädagogik

Eine datengestützte Schulentwicklung, wie sie Sigrid Hartong in Ihren Aufsatz „Wir brauchen Daten, noch mehr Daten, bessere Daten!“ (2018) formuliert und in ihrer Studie (Hartong 2019) ausführt, verschiebt den Fokus von der pädagogischen Arbeit in Richtung Metrik und Optimierung der Datenerhebung und Auswertung. Statt Lehrkräften werden Test- und Qualitätsmanager, Data Stewards (zur Kontrolle der Dateneingabe), Experten für Error Management u.ä. eingestellt. Der Aufbau einer IT-Infrastruktur bedeutet: Stellen für Systembetreuer/innen.

Der Stellenbedarf für IT-Support berechnet sich nach Anzahl der eingesetzten Endgeräte. Bei laut KMK aktuell knapp 11 Millionen Schülerinnen und Schülern und einem Schlüssel von einer Systembetreuer-Stelle pro 400 Endgeräten kommt man auf einen Bedarf von 27.500 IT-Stellen in Schulen. Bei einem Schlüssel von einer Support-Stelle für 300 Endgeräte (als Betreuungsschlüssel für Schulen realistischer) sind es mehr als 36.600 Stellen – für die Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt fehlen. „Der nicht hinlänglich sichergestellte IT-Support könnte sich als Achillesferse des Digitalpakts erweisen“, so die GEW-Studie (GEW, 2019).

Bei einem Schlüssel von einer Support-Stelle für 300 Endgeräte (als Betreuungsschlüssel für Schulen realistischer) sind es mehr als 36.600 Stelle, die gebraucht werden. Das gibt der Markt gar nicht her und kostet Unsummen.

Auch die Digital-Pakt-Gelder reichen bei weitem nicht. Laut GEW-Studie „Bildung. Weiter denken. Mehrbedarf für eine adäquate digitale Ausstattung der berufsbildenden Schulen“ vom September 2019 (GEW-Studie, 2019) liegen die Kosten um ein Vielfaches höher: Die bislang propagierten 5,5 Milliarden Euro des Digitalpaktes decken laut GEW-Studie nur knapp ein Viertel des Gesamtbedarfs aller Schulen. Allein für die Mindestausstattung der Berufsschulen, die ohne aktuelle Rechner und IT in der Tat nicht ausbilden könne, seien eine Milliarde Euro pro Jahr erforderlich, die Pakt-Gelder damit aufgebraucht. Für allgemeinbildende Schulen würden in den kommenden fünf Jahren weitere 15,76 Milliarden Euro benötigt. Daraus ergebe sich ein Gesamtbedarf von 21,025 Milliarden Euro – eine beachtliche Differenz von rund 15 Milliarden Euro.

Doch wer Pakt-Gelder abruft, sichert die Aktualisierung der Systeme über die Pakt-Laufzeit hinaus zu und muss so den Schuletat auf Jahre hinaus an die IT-Systemhäuser verpfänden. Zudem fehlen laut Bertelsmann-Studie in den nächsten Jahren alleine über 26.000 qualifizierte Grundschullehrerinnen und -lehrer. (Bertelsmann, 2019)

Wir stehen vor grundlegenden Entscheidungen. Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, „Verstehen zu lehren“? (Gruschka, 2011) Oder übernehmen wir Parameter der produzierenden Industrie (Produktion von Humankapital mit validierten Ergebnissen)?

Präsenzunterricht als Normalfall und DSGVO-konforme IT

Die Kosten sind das eine, der Bedarf an IT-Systembetreuern, zusätzlich zu pädagogischen Fachkräften, das andere. Dazu kommen ungeklärte Fragen zum Datenschutz, der nicht Daten, sondern Grundrechte wie das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die Privatsphäre schützt und nicht mal nebenbei außer Kraft gesetzt werden kann!

Prof. Dr. Andreas Gruschka: Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, Verstehen zu lehren?

Wir stehen vor grundlegenden Entscheidungen. Welche Schule wollen wir? Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, „Verstehen zu lehren“? (Gruschka, 2011) Oder übernehmen wir Parameter der produzierenden Industrie (Produktion von Humankapital mit validierten Ergebnissen)? Ist die automatisierte Messbarkeit von Lernleistungen das Ziel oder haben Schulen einen Auftrag für Bildung und Persönlichkeitsentwicklung, der sich nicht utilitaristisch auf Ausbildung verkürzt? Bleiben Schulen soziale Orte, Schutzraum für den Präsenzunterricht und das Lernen in Sozialgemein- schaften? Wird Lehren und Lernen verstanden als soziale Interaktionen auf Basis von wechselseitiger Beziehung, Bindung und Vertrauen zwischen Menschen? Oder etablieren wir einen zunehmend „autonom“ agierenden Maschinenpark zum Beschulen der nächsten Generation? Technisch machbar ist der Aufbau der Infrastruktur für eine Überwachungspädagogik (Burchardt; Lankau 2020). Die Theorien und Methoden für die Automatisierung und Psychologisierung von Unterricht wurden vor mehr als 100 Jahren publiziert. Die Psycho-Technik wurde um 1900 ebenso zur Leitdisziplin des Psycho-Ingenieurs wie die „Lehre der unbegrenzten Formbarkeit des Einzelnen“. (Gelhard, 2011, 100)

Oder fehlt da nicht etwas? Für das Verständnis braucht man den Dialog und ein menschliches Gegenüber. (Lankau, 2020b) Technische Medien sind mögliche, keine notwendigen Hilfsmittel. Jochen Krautz hat in seiner Schrift „Digitalisierung als Gegenstand und Medium von Schule“ (Krautz, 2020) die grundlegenden pädagogischen Prämissen formuliert. In meinem Text „Alternative IT-Infrastruktur für Schule und Unterricht“ wird bis auf Hard- und Software-Ebene skizziert, wie man Digitaltechnik einsetzt, ohne Schülerdaten zu generieren. Der Untertitel präzisiert die Funktion von Medien(technik) in Schulen: „Wie man digitale Medientechnik zur Emanzipation und Förderung der Autonomie des Menschen einsetzt, statt sich von IT-Systemen und Algorithmen steuern zu lassen.“ (Lankau, 2020a) Denn es ist nicht die Technik an sich, die zu Fehlentwicklungen führt, sondern der Missbrauch für Partikularinteressen und/oder Geschäftsmodelle. Als digitale Variante ist der Aufbau eines technologischen Totalitarismus wie in China möglich. (Schirrmacher, 2015). Das gilt es zu verhindern.

Fazit

Aktuell ist es wichtiger denn je, den Einsatz von (Digital-)Technik in Schulen auf den konkreten pädagogischen Zweck und das angestrebte Bildungsziel zu hinterfragen. Schulen sind weder Vermessungsanstalten noch Datensammelstellen der Datenökonomie.

Schulen bereiten junge Menschen auf ein selbständiges und verantwortungsbewusstes Leben in Gemeinschaft vor. Im Mittelpunkt steht der Mensch, nicht (Digital-)Technik.

Zum Autor:

Prof. Dr. Ralf Lankau ist Grafiker und lehrt seit 2002 Digitaldesign, Mediengestaltung und -theorie an der HS Offenburg.


Quellen
:

Bernhardt, Christoph(2018) Die autogerechte Stadt ist eine Untote, in: Tagesspiegel vom23.03.2018; https://www.tagesspiegel.de/wissen/verkehrsplanung-die-autogerechte-stadt-ist-eine-untote/21097930.html (10.3.21)

Bleckmann, Paula (2012). Medienmündig, Stuttgart: Klett

Bowles, Nellie (2018) The Digital Gap Between Rich and Poor Kids Is Not What We Expected. New York Times, Oct. 26, 2018; https://www.nytimes.com/2018/10/26/style/digital-divide-screens-schools.html (12.3.21)

Bündnis (2020): Bündnis für humane Bildung. Keine Schülerdaten für US-Unternehmen, http://www.aufwach-s-en.de/2020/09/keine-schuelerdaten-fuer-us-unternehmen/  (24.10.2020)

Burchardt, Matthias; Lankau, Ralf (2020) Aufruf zur Besinnung. Humane Bildung statt Metrik und Technik, GBW e.BV., https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/humane-bildung-statt-metrik-und-technik.html

Digitalcourage (2020) BigBrother Awards 20202; https://bigbrotherawards.de/2020 und https://media.ccc.de/v/bba20 (24.10.2020)

Engzell, P., Frey, A., & Verhagen, M. D. (2020, October 29). Learning Inequality During the Covid-19 Pandemic. https://doi.org/10.31235/osf.io/ve4z7

GI (2020) Pressemeldung Gesellschaft für Informatik: GI startet „Offensive Digitale Schultransformation“ (18.05.2020), Web: https://offensive-digitale-schultransformation.de/

Gollnick, Ines (2019) VDI-Nachrichten: Willkommen im Autoland Deutschland, VDI-Nachrichten 08. Juli 2019. Das Bonner Haus der Geschichte widmet dem Verhältnis der Deutschen zu ihren Autos eine inspirierende Schau. https://www.vdi-nachrichten.com/karriere/willkommen-im-autoland-deutschland/

Lanier, Jaron (2018a) Anbruch einer neuen Zeit. Wie Virtual Reality unser Leben und unsere Gesellschaft verändert

Lanier, Jaron (2018b) Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst

Lankau, Ralf (2020) „Alternative IT-Infrastruktur für Schule und Unterricht. Wie man digitale Medientechnik zur Emanzipation und Förderung der Autonomie des Menschen einsetzt, statt sich von IT-Systemen und Algorithmen steuern zu lassen, https://bildung-wissen.eu/gbw-flugschriften ; PDF:https://bildung-wissen.eu/wp-content/uploads/2020/09/lankau_flugschrift_web.pdf

Lankau, Ralf (2016) Datenschutz? Gibt’s doch gar nicht. in: Paul Tarmann (Hrsg.) Datenschutz – „Big Data“ als gesellschaftliche und politische Herausforderung. Gesellschaft & Politik. Zeitschrift für soziales und wirtschaftliches Engagement,

Meinel, Christoph (2020a) Im internationalen Vergleich sind wir nicht gut aufgestellt, didacta-Themendienst; https://bildungsklick.de/schule/detail/im-internationalen-vergleich-sind-wir-nicht-gut-aufgestellt (19.2.2020)

Meinel, Christoph (2020b) Bildungsdaten der Schüler schützen (16.9.20) https://blog.hpi-schul-cloud.de/individuelle-foerderung-mit-interaktiven-lernsystemen/  (22.10.2020)

Merkle, Ralf (2020) Lernbegleiter: Synonym für pädagogische Arbeitsverweigerung. Ein Gespräch von Ralf Merkle, Landesgeschäftsführer Realschullehrerverband Baden-Württemberg RLV, mit Prof. Dr. phil. Ralf Lankau zum Titelthema „Digitale Transformation von Schule?“ in: Der Realist Heft 2/2020; S. 8-13 https://futur-iii.de/2020/12/18/lernbegleite-synonym-fuer-paedagogische-arbeitsverweigerung/ (11.03.21)

The post Kein Mensch lernt digital first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2021/11/kein-mensch-lernt-digital/feed/ 0
Das Lernen als Aspekt menschlicher Selbstbestimmung. Eine Antwort an Felix Schmutz https://condorcet.ch/2020/04/das-lernen-als-aspekt-menschlicher-selbstbestimmung-eine-antwort-an-felix-schmutz/ https://condorcet.ch/2020/04/das-lernen-als-aspekt-menschlicher-selbstbestimmung-eine-antwort-an-felix-schmutz/#comments Thu, 09 Apr 2020 13:23:33 +0000 https://condorcet.ch/?p=4648

Professor Dr. Walter Herzog reagiert in seinem Beitrag auf die scharfe Kritik von Felix Schmutz (Pädagogik und Bodenhaftung, 4.4.2020). Die Redaktion ist der Meinung, dass die zugegebenermassen anspruchsvolle Lektüre dieses Diskurses für interessierte Leserinnen und Leser nicht nur spannend und genüsslich, sondern auch lehrreich ist. Damit wird der Blog auch seinem eigenen Anspruch gerecht, das perspektivische Sehen zu fördern.

The post Das Lernen als Aspekt menschlicher Selbstbestimmung. Eine Antwort an Felix Schmutz first appeared on Condorcet.

]]>
Felix Schmutz, BL:
kritisierte die Aussagen von Professor Herzog scharf.

Felix Schmutz ist kein Freund des selbstorganisierten Lernens. Ja, er scheint es regelrecht zu hassen. Anders kann ich seine Kritik («Pädagogik und Bodenhaftung») an meinem jüngsten Blog-Beitrag («Eine Chance für das selbstorganisierte Lernen») nicht verstehen. Mit seinem verbalen Rundumschlag schiesst er jedoch dermassen übers Ziel hinaus, dass er seinem Anliegen einen Bärendienst erweist.

Ich sehe davon ab, dass mir Schmutz Dinge unterschiebt, die  weder von mir vertreten werden noch  aus meinem Beitrag herausgelesen werden können.

Ich sehe davon ab, dass mir Schmutz Dinge unterschiebt, die weder von mir  vertreten werden noch  aus meinem Beitrag herausgelesen werden können. Ebenso sehe ich davon ab, dass Schmutz mehrfach Gedanken entwickelt, die ihn zu Schlüssen führen, die sich in meinem Text in fast gleicher Form finden, ohne dass er darauf verweisen würde. Ich sehe schliesslich auch davon ab, dass Schmutz dreimal aus meinem Text zitiert (jeweils kursiv gesetzt), aber nur an der dritten Stelle klar macht, dass das Zitat von mir stammt, während er an den beiden anderen Stellen den Eindruck erweckt, es handle sich um Zitate aus dem Lehrplan 21. Die panische Reaktion auf meinen Text scheint nicht nur seine Lese-, sondern auch seine Schreibkompetenz beeinträchtigt zu haben.

Wovon ich nicht absehen kann, ist hingegen, dass Schmutz auf die Kernthese meines Beitrags, wonach zwischen selbstorganisiertem Lernen als Lernziel und selbstorganisiertem Lernen als Unterrichtsmethode unterschieden werden sollte, praktisch nicht eingeht. Stattdessen hält er den üblichen Reduktionismus aufrecht und attackiert das selbstorganisierte Lernen als Methode. Dies mit Argumenten, die ich teilweise als fragwürdig, teilweise schlicht als falsch beurteile.

Vier Klarstellungen

Wenn ich alles zurechtrücken wollte, was Schmutz durcheinander gebracht hat, müsste ich noch mehr Raum in Anspruch nehmen, als ich es im Folgenden sowieso schon tun werde. Ich beschränke mich daher auf vier Punkte, die mir persönlich wichtig erscheinen, die aber auch aus sachlichen Gründen einer Entgegnung bedürfen. Es geht erstens um die falsche Gleichsetzung des selbstorganisierten Lernens mit dem «Lernen des Lernens», zweitens um die abwegige Herleitung des selbstorganisierten Lernens aus dem kybernetischen Modell des Regelkreises, drittens um die falsche Behauptung, das selbstorganisierte Lernen sei empirisch widerlegt worden, und viertens um die verquere Demontage der Metapher des Bulimie-Lernens.

1. Es geht nicht um das «Lernen des Lernens»

Schmutz unterstellt mir, ich sei der Auffassung, Selbstdisziplin und Motivation liessen sich explizit lehren. Richtig sei dagegen, dass Einstellungen und Bereitschaften implizit gelernt würden. Gleiches gelte für das Lernen. Das Lernen als solches könne nicht gelernt werden, was allein schon zeige, wie absurd es sei, das selbstregulierte Lernen zu einem Lernziel zu machen.

Wir müssen zwischen materialen (inhaltlichen) und formalen Lernzielen unterscheiden

So plausibel das Argument scheint, so kurzatmig ist es. Schmutz missachtet die gängige Unterscheidung zwischen formalen und materialen Lernzielen. Materiale (inhaltliche) Lernziele, die sich vor allem in Lehrplänen finden, geben vor, welcher Stoff in welchem Fach zu unterrichten ist. Formale Lernziele, die sich eher in übergeordneten Texten wie Schulgesetzen oder Präambeln von Lehrplänen finden, umschreiben, was schulische Bildung darüber hinaus leisten soll, wie insbesondere die Förderung und Stärkung von intellektuellen Kompetenzen (Denkfähigkeit, Problemlösen, geistige Offenheit, gesunder Menschenverstand etc.) oder von Persönlichkeitsmerkmalen (Willenskraft, Charakterstärke, Gewissenhaftigkeit, Zivilcourage etc.). Natürlich lässt sich keines dieser Ziele direkt unterrichten, was ihre Bedeutung für den Bildungsauftrag von Schule und Unterricht aber in keiner Weise schmälert.

Selber saufen und selber lernen

Das Pferd wird zur Tränke geführt, muss aber selber saufen.

Insofern ist fraglich, ob es überhaupt angebracht ist, gegen das «Lernen des Lernens» zu polemisieren, denn die Fähigkeit, über sein Lernen autonom zu verfügen, gehört durchaus auch zu den formalen Zielen schulischer Bildung. Wörtlich genommen, macht der Slogan allerdings tatsächlich keinen Sinn. Denn lernen können die Schülerinnen und Schüler immer schon. Das Lernen ist ein biologisch bestimmter Vorgang, der mit unserer Existenz gegeben ist und nicht erst erworben werden muss. Es verhält sich hier wie mit dem Pferd und der Tränke. Nachdem es zur Tränke geführt wurde, muss das Pferd selber saufen; auf dem Weg zur Tränke kann es jedoch begleitet werden. Auch lernen muss jeder Schüler und jede Schülerin für sich allein. Aber auf dem Lernweg, bevor das Lernen vollzogen wird, kann auch den Schülerinnen und Schülern Beistand geleistet werden.

Das Gleichnis zeigt, dass es beim selbstorganisierten Lernen nicht darum geht, das Lernen zu lernen. Vielmehr sollen die Lernenden befähigt werden, die Umstände des Lernens so weit selber zu gestalten, dass sie die Begleitung auf ihrem Lernweg Schritt um Schritt selber übernehmen können. Wie das Pferd die Tränke irgendwann selber finden wird, nachdem ihm der Weg dorthin häufig genug gezeigt wurde, werden die Schülerinnen und Schüler ihr Lernen sukzessive selber organisieren können, nachdem ihnen ausreichend gezeigt wurde, wie sie dies tun können. Es geht beim selbstorganisierten Lernen weder um das Lernen des Lernens noch um eine besondere Art von Lernen, sondern um die Bedingungen des Lernens, die so weit selber beherrscht werden sollen, dass ein Stück Autonomie erreicht wird.

2. Eine kuriose Herleitung des selbstorganisierten Lernens

Schmutz meint, es sei «leicht zu sehen», wo die Konzepte der Selbststeuerung und Selbstregulierung herkämen, nämlich aus der Kybernetik. Dem ist nicht so. Schmutz ist der semantischen Mehrdeutigkeit der Begriffe zum Opfer gefallen. Nur weil ein Wort gleich lautet, muss es noch nicht dieselbe Bedeutung haben. Bekanntlich ist die Bank, auf der man sitzen kann, nicht auch die Bank, bei der man einen Kredit aufnehmen kann. Gleiches gilt für die Begriffe Selbststeuerung und Selbstregelung.

Anhalten der historischen Zeit

Es trifft zu, dass von Selbstregulierung auch in der Kybernetik die Rede ist, wenn auch die Begriffe der Rückkopplung (Feedback) und des Regelkreises (zirkuläre Kausalität) häufiger verwendet werden. Ein technisches System wie ein Kühlschrank oder eine Zentralheizung reguliert sich selber, wenn es Informationen über seinen aktuellen Zustand mit einem Normwert vergleicht und allfällige Abweichungen autonom korrigiert. Dies ist ein Vorgang, der keinen Eingriff von aussen voraussetzt, wie Schmutz korrekt darstellt. Entscheidend im Hinblick auf das selbstregulierte Lernen ist jedoch, dass das System bei dieser Selbstkorrektur absolut nichts lernt. Ashby (1957) hat dies in seiner Einführung in die Kybernetik prägnant herausgearbeitet. Schmutz stimmt dem zu, wenn er wenig später schreibt: «Selbstregulatorische Prozesse beruhen auf voreingestellten Sollwerten. … Es handelt sich um die Reproduktion des ewig Gleichen.» Ganz genau. In einem sich selbst regulierenden System steht die Zeit still. Genauer gesagt, verstreicht zwar auch in einem Regelkreis Zeit, doch ist es die metrische Zeit der Uhren, die im Unterschied zur historischen Zeit keine Richtung aufweist. Indem der Pfeil der Zeit gebrochen wird, kann sich nichts ereignen. Wo sich nichts ereignet, muss nicht gelernt werden, kann aber auch nicht gelernt werden. Anders ausgedrückt: In einer sich selbst regulierenden kybernetischen Maschine passiert nichts, was Anlass zum Lernen gäbe. Dies allein schon müsste eigentlich genügen, um zu zeigen, dass das selbstregulierte Lernen mit dem kybernetischen Konzept der Selbstregulation nichts zu tun hat.

Steuerung oder Regelung?

Eine fundamentale Differenz zwischen Steuerung und Regelung.

Schmutz unterläuft ein weiterer Fehler: Er unterscheidet nicht zwischen Steuerung und Regelung. Selbst wenn sich ein System selber reguliert, muss ihm, falls es sich um ein technisches System handelt, ein Sollwert vorgegeben werden, und zwar von einem Menschen, der bestimmt, welche Leistung das System erbringen soll. Dafür steht der Begriff der Steuerung. In seiner Einführung in die Systemtheorie umschreibt Norbert Bischof (1995) den Unterschied mit den Begriffen der Konditionalität und der Manipulation. Was in einem Thermostaten abläuft, ist Konditionalität, was ein Mensch, der den Thermostaten kalibriert, tut, ist Manipulation. Die Regelung ist ein interner (automatischer), die Steuerung ein externer (entscheidungsbasierter) Vorgang. Das heisst auch, dass es zwischen einem technischen und einem biologischen System eine fundamentale Differenz gibt. Während bei einem technischen System Steuerung und Regelung von verschiedenen Instanzen realisiert werden, sind sie in einem biologischen System in ein und demselben System (Organismus) integriert. In der neueren Systemtheorie steht dafür der Begriff der Autopoiese (vgl. Maturana, 1998).

Es geht eben nicht um die automatische Regelung des Lernens, sondern um dessen vernunftgeleitete und handlungsorientierte Steuerung.

Franz E. Weinert formulierte den Begriff des selbstgesteuerten Lernens.

Die Unterscheidung von Steuerung und Regelung erklärt, weshalb bisweilen nicht nur gegenüber dem Begriff des selbstorganisierten Lernens, sondern auch gegenüber demjenigen des selbstregulierten Lernens Vorbehalte artikuliert werden und stattdessen dem Begriff des selbstgesteuerten Lernens der Vorzug gegeben wird, wie beispielsweise bei Franz E. Weinert (1982). Es geht eben nicht um die automatische Regelung des Lernens, sondern um dessen vernunftgeleitete und handlungsorientierte Steuerung. Schmutz hält allerdings auch den Begriff der Selbststeuerung für fehl am Platz.

Kybernetik zweiter Ordnung

Die Kybernetik eignet sich aus einem weiteren Grund schlecht zur Diffamierung des selbstorganisierten Lernens. Schmutz erwähnt die Macy-Konferenzen, an denen von 1946 bis 1953 eine «interdisziplinäre Arbeitsgruppe von amerikanischen Forschern» die Grundlagen der Kybernetik gelegt hatte. Pikanterweise waren es aber nicht nur «amerikanische Forscher», sondern auch europäische und in die USA emigrierte Europäer, die an den insgesamt zehn Konferenzen teilnahmen, wie Kurt Lewin, Paul Lazarsfeld, Heinz von Foerster, William Grey Walter, John von Neumann, W. Ross Ashby oder Roman Jakobson. Es ist nicht zuletzt diesen Nicht-Amerikanern, von denen die meisten allerdings später die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen haben, zu verdanken, dass sich die Kybernetik in den 1970er Jahren zu einer Kybernetik zweiter Ordnung weiterentwickelt hat. Die Kybernetik zweiter Ordnung stellt den Versuch dar, den Kybernetiker in die Theorie der Kybernetik einzubeziehen und damit vom Subjekt-Objekt-Schema der klassischen Kybernetik wegzukommen.

Was das heisst, lässt sich am Werk von Gotthard Günther – auch er ein emigrierter Europäer, der jedoch später nach Deutschland zurückkehrte – beispielhaft illustrieren. Von der Bewusstseinsphilosophie herkommend, versteht Günther (2002) unter Subjektivität ein immanentes (weltliches) Phänomen, das er als System umschreibt, das sich von seiner Umgebung abgrenzt und über Selbstreferenz verfügt. Subjektivität ist damit nicht mehr wie im Deutschen Idealismus eine reflexive transzendentale Position und kann auch nicht mehr im Singular begriffen werden, sondern stellt einen Plural dar. Dabei postuliert Günther eine konstitutive Asymmetrie zwischen subjektiver Subjektivität (Ich) und objektiver Subjektivität (Du). Während sich die Subjektivität des Du bis zu einem gewissen Grade objektivieren und technisch realisieren lässt, gilt dies für die Subjektivität des Ich nicht, da uns eine Metasprache fehlt, die uns ermöglichen würde, unser Selbstsein während seines Vollzugs reflexiv einzuholen. Notabene gilt dies auch für das Lernen. Auch auf unser Lernen können wir uns nur vor oder nach dessen Vollzug beziehen, aber nicht während wir lernen. Wenn wir es trotzdem versuchen, verfangen wir uns in eine Paradoxie. Paradoxien verhindern aber die Konstruktion eines technischen Systems.

Denken und Wollen

Menschen sind soziale Wesen, auch und gerade, wenn sie sich als Lehrende und Lernende begegnen.

Aber auch die Du-Subjektivität ist technisch nicht voll substituierbar, da das andere Subjekt nicht nur ein Zentrum des Denkens, sondern auch des Wollens ist. Denken und Wollen sind komplementäre Aspekte menschlicher Subjektivität. Daher können wir bestenfalls eine kognitive Maschine bauen (künstliche Intelligenz), aber nicht auch eine volitive Maschine. Sobald wir unser Gegenüber nicht (nur) als Denk-, sondern (auch) als Willensereignis erfahren, wird es für uns undurchschaubar und unberechenbar. Das aber heißt, dass eine automatische Regulierung von Lernprozessen nur möglich wäre, wenn wir das lernende Individuum als rein kognitives Wesen betrachten und aus seinen sozialen Bezügen herauslösen würden. Wie jede Lehrperson weiss, wäre dies das Ende des schulischen Unterrichts. Denn unter der Voraussetzung eines passiven und willenlosen Gegenübers kann pädagogisch nicht gehandelt werden. Menschen sind soziale Wesen, auch und gerade, wenn sie sich als Lehrende und Lernende begegnen. Sie anerkennen sich in ihrer Subjektivität, und zwar in reziproker Spiegelung von Ich- und Du-Subjektivität.

Eignet sich schon die Kybernetik erster Ordnung nicht, das selbstorganisierte Lernen als technologisches Hirngespinst abzutun, trifft dies auf die Kybernetik zweiter Ordnung erst recht zu. Eventuell liesse sie sich sogar nutzen, um dem selbstorganisierten Lernen eine bessere theoretische Grundlage zu verschaffen.

3. Widerlegt die Forschung das selbstorganisierte Lernen?

Schmutz bedauert, dass wichtige Ergebnisse der psychologischen Forschung «von Erziehungsfachleuten ignoriert werden, so dass immer wieder Ziele aufgestellt und Methoden propagiert werden, deren Wirkungslosigkeit schon lange nachgewiesen ist». Dabei hat er ausdrücklich auch das selbstorganisierte Lernen im Visier. Dieses wurde seiner Meinung nach längst als unwirksam nachgewiesen. Aber auch diese Behauptung hält einer genauen Prüfung nicht stand.

Was Lehrpersonen tun, ist wichtig, aber nicht alles, was Lehrpersonen tun, ist wirksam.

Dabei genügt schon ein Blick in die umfangreiche Aufarbeitung von Meta-Analysen zu den Bedingungen schulischen Lernens, die John Hattie (2009) vorgelegt hat. Seine Botschaft lautet: Was Lehrpersonen tun, ist wichtig, aber nicht alles, was Lehrpersonen tun, ist wirksam. Wirksam ist gemäss Hattie ein Unterricht, für den im Englischen der Begriff der direct instruction verwendet wird, was sich mit «direkte Unterweisung» oder «direkte Instruktion» übersetzen lässt. Charakteristisch für die direkte Unterweisung, die nicht mit dem Frontalunterricht verwechselt werden darf, ist, dass die Lehrperson die Lernziele und Erfolgskriterien des Unterrichts festlegt, diese den Lernenden transparent und verständlich darlegt, durch eigenes Verhalten vormacht, was und wie gelernt werden soll, überprüft, ob die Lernenden verstanden und auch tatsächlich gelernt haben sowie zum Abschluss einer Lehreinheit die Beiträge der Lernenden zusammenführt.

Wenn die Schüler zu ihren eigenen Lehrern werden

Steht Hattie damit auf der Seite von Schmutz? Lehnt er das selbstorganisierte Lernen ab? Mitnichten. Was er ablehnt, sind Unterrichtsformen, bei denen die Schülerinnen und Schüler allein gelassen werden. Insofern könnte man sagen, dass er das selbstorganisierte Lernen als Unterrichtsmethode ablehnt, was aber nicht heisst, dass er es auch als Lernziel ablehnt.

Was Hattie ablehnt, sind Unterrichtsformen, bei denen die Schülerinnen und Schüler allein gelassen werden.

Hattie unterstützt das selbstorganisierte Lernen als Lernziel.

In Hatties (2009) Buch finden sich leicht Stellen, die dem Begriff des selbstorganisierten Lernens praktisch eins zu eins entsprechen, auch wenn der Begriff selber nicht verwendet wird. Zum Beispiel (eigene Übersetzung): «Die Methoden, die gemäss der Synthese der Meta-Analysen am besten funktionieren, führen zu einer sehr aktiven, direkten Beteiligung und einem starken Gefühl der Handlungsfähigkeit im Prozess des Lernens und Lehrens» (S. 244). «Das Ziel ist es, den Lernenden die Fähigkeit zu vermitteln, sich selbst zu unterrichten – ihr Lernen selbst zu regulieren (to get students to learn the skills of teaching themselves – to self-regulate their learning)» (S. 245). «Die grössten Effekte auf das Schülerlernen treten auf, wenn Lehrpersonen in Bezug auf ihr Lehren selber zu Lernenden werden und wenn Lernende zu ihren eigenen Lehrpersonen werden (when students become their own teachers)» (S. 22). Am wirksamsten ist das schulische Lernen also dann, wenn die Schülerinnen und Schüler zu ihren eigenen Lehrern werden! So sehr Hattie das selbstorganisierte Lernen als Unterrichtsmethode ablehnen mag, so sehr stimmt er ihm als Lernziel zu. Zu ergänzen wäre lediglich, dass das Ziel im Kontext institutionalisierten Unterrichts immer nur annäherungsweise erreicht werden kann.

Konstruktivistisches Lernverständnis

Schmutz bezieht sich in seiner Kritik nicht auf Hattie, sondern auf einen Aufsatz von Kirschner, Sweller und Clark (2006), der allerdings auch von Hattie (2009) zitiert wird. Von «einer internationalen, empirisch abgestützten Studie» kann dabei aber nicht die Rede sein, denn die Autoren präsentieren keine noch unveröffentlichten Daten, sondern resümieren ausnahmslos bereits publizierte Forschungsergebnisse. Im Fokus des Aufsatzes steht auch nicht das selbstorganisierte Lernen, sondern die vergleichende Bewertung verschiedener Formen schülerzentrierten Unterrichts (die Autoren sprechen von «unguided or minimally guided instruction»). Wenn überhaupt, dann geht es den Autoren lediglich um das selbstorganisierte Lernen als Methode.

Eine genauere Lektüre seiner Quelle hätte Schmutz auch von den unnötigen Seitenhieben gegen den Konstruktivismus, der von ihm genauso wenig gelitten wird wie das selbstorganisierte Lernen, abhalten können. Ausdrücklich schreiben die Autoren nämlich: «The constructivist description of learning is accurate» (Kirschner, Sweller & Clark, 2006, S. 78)! Was sie kritisieren, ist also nicht das konstruktivistische Verständnis von Lernen (dieses bezeichnen sie ausdrücklich als korrekt), sondern die Konsequenzen, die in pädagogischen Kreisen daraus gezogen werden. Das aber deckt sich völlig mit meiner eigenen Auffassung. Aus einem psychologischen Verständnis von Lernen lässt sich nicht unmittelbar eine Methode zur Gestaltung des Unterrichts ableiten.

4. Können Metaphern falsch sein?

Den letzten Schliff gibt Schmutz seinem Verriss meines Beitrags zum selbstorganisierten Lernen, indem er mich des falschen Metapherngebrauchs bezichtigt. Wie er zu Recht feststellt, bilden Metaphern «die Sache, die sie meinen, jeweils nur unvollständig ab». Damit lässt sich aber keine Pauschalkritik an der Verwendung von Metaphern begründen, denn Metaphern nutzen wir oft dann, wenn uns ein begrifflicher Zugang zu einem Phänomen nicht möglich ist. Sei es, weil das Phänomen noch nicht hinreichend untersucht wurde, sei es, weil es notorisch schwierig sein kann, über gewisse Erfahrungen in klaren Worten zu reden. Metaphern sind deshalb auch in der Wissenschaft nicht nur schmückendes Beiwerk, auf das ohne weiteres verzichtet werden könnte, sondern von erkenntniserschliessender Bedeutung. Indem wir etwas sehen, als ob es etwas anderes wäre, erzeugen wir eine Analogie, die uns hilft, das begrifflich Unfassbare doch noch begreifbar zu machen. Insofern ist eine Metapher ein Medium der Sinnstiftung. Ob die Sinnstiftung selber sinnvoll ist, lässt sich rational nicht entscheiden. Deshalb ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn Schmutz meiner Metaphernwahl mit Skepsis begegnet.

Was aber nicht angeht, ist eine Metaphernkritik, die versucht, die Logik der metaphorischen Sinnstiftung ausser Kraft zu setzen, indem sie nach Entsprechungen sucht, die der Metapher widersprechen. Der Vergleich, der eine Metapher konstituiert, ist immer selektiv, was sich auch so ausdrücken lässt, dass jede Metapher sowohl auf positiven wie auf negativen Analogien beruht. Die positiven Analogien erzeugen den Sinn der Metapher; die negativen Analogien umfassen jene Aspekte des Vergleichs, die für das Verständnis der Metapher irrelevant sind. Wird zum Beispiel der Mensch ein Wolf genannt, so liegt die positive Analogie darin, dass dem Menschen Eigenschaften zugeschrieben werden, die (vermeintlich) auch auf den Wolf zutreffen, wie Bestialität, Feindseligkeit oder Hinterhältigkeit. Zu den negativen Analogien gehört dagegen, dass ein Wolf vier Beine, einen Schwanz und ein Fell hat, alles Merkmale, die auf den Menschen nicht zutreffen und für den Sinn der Metapher belanglos sind.

Ein grotesker Vorwurf

Die Bulimie-Metapher wird bewusst falsch interpretiert.

Während ich in meinem Beitrag darlege, wie ich die Bulimie-Metapher verstanden haben möchte, also die positiven Analogien zwischen Bulimie und Schülerlernen ausführe, verbeisst sich Schmutz in die negativen Analogien und reitet solange darauf herum, bis ich gleichsam mit heruntergelassenen Hosen dastehe. Das ist nicht nur beschämend, sondern auch absurd. Denn die Metapher des Bulimie-Lernens stammt nicht von mir. Selbst bei Wikipedia gibt es mittlerweile einen Eintrag zum Bulimie-Lernen, der zudem den Eindruck erweckt, dass die Metapher bereits zum Begriff geworden ist. Es heisst nämlich: «Unter dem Begriff (!) Bulimielernen … versteht man das kurzfristige Auswendiglernen von Fakten, Formeln, Sachverhalten, Wissen etc. für eine Prüfung, Klausur, Klausurarbeit oder einen Test, die man relativ kurze Zeit danach wieder vergisst und dadurch mangels Übung und tiefgreifenderem Verständnis meist nicht auf ähnliche Probleme anwenden kann» (abgerufen am 1.4.2020). Genau so wird die Bulimie-Metapher von mir verwendet, um genau das zu bezeichnen, was Schmutz nach seiner vernichtenden Kritik als eigene Einsicht ausgibt: «Was nicht genug verarbeitet, nicht oft genug wiederholt wird oder erst gar nicht interessiert, landet nicht im Langzeitgedächtnis.» Es ist in der Tat ein gut bestätigtes Ergebnis der lernpsychologischen Forschung, dass verteiltes Lernen zu besseren Gedächtnisleistungen führt als massiertes Lernen. Aber statt hervorzuheben, dass er in diesem Punkt mit mir übereinstimmt, polemisiert Schmutz gegen meine Verwendung der Bulimie-Metapher und wirft mir zum krönenden Abschluss noch vor, ich wolle «schulische Arbeit als krank machend und nutzlos … diffamieren». Grotesker geht es wahrlich nicht mehr!

Schlussbemerkung

Der Vorwurf fehlender Bodenhaftung und ideologischer Befangenheit erweist sich als hohles Gerede, wenn der Kritiker nicht in der Lage ist, seine vorgeblich auf «Erfahrung und Empirie» beruhende Kritik hinlänglich zu begründen. Aus allen Rohren zu schiessen, im Glauben, eines der Geschosse werde sein Ziel schon treffen, ist eine untaugliche Strategie, um gegen die Fehlinterpretationen des selbstorganisierten Lernens anzukämpfen. Dass es diese Fehlinterpretationen gibt, steht auch für mich ausser Zweifel. Sie bestehen vor allem darin, das selbstorganisierte Lernen um den Zielaspekt zu verkürzen und ohne die Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten als Methode einzusetzen. Kritisieren lässt sich diese Schrumpfvariante des selbstorganisierten Lernens nur auf der Basis gut begründeter und nachvollziehbarer Argumente. Weshalb Schmutz davon nichts wissen will, ist mir ein Rätsel.

Umso mehr, als unsere Positionen, wie schon angedeutet, gar nicht so weit auseinanderliegen. So stimme ich ohne weiteres zu, wenn Schmutz das «Ziel jeder Erziehung und Bildung» dahingehend bestimmt, «ein selbstständiges Leben führen und informierte, autonome Entscheidungen treffen zu können. Dies schrittweise zu ermöglichen, ist die Aufgabe und die Kunst derjenigen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.» Im Unterschied zu Schmutz interpretiere ich dieses Ziel aber nicht so, dass das Lernen davon ausgeschlossen ist, sondern schliesse es ausdrücklich in den Bildungsauftrag der Schule ein. Zu einem selbstbestimmten Leben gehört auch die Fähigkeit, sein Lernen selber gestalten zu können. Dies schrittweise zu ermöglichen, ist eine unverzichtbare, wenn auch anspruchsvolle Aufgabe des schulischen Unterrichts.

Literaturverzeichnis

Ashby, W.R. (21957). An Introduction to Cybernetics. London: Chapman & Hall.

Bischof, N. (1995). Struktur und Bedeutung. Eine Einführung in die Systemtheorie für Psychologen. Bern: Huber.

Günther, G. (32002). Das Bewusstsein der Maschinen. Eine Metaphysik der Kybernetik. Baden-Baden: AGIS.

Hattie, J.A.C. (2009). Visible Learning. A Synthesis of Over 800 Meta-Analyses Relating to Achievement. London: Routledge.

Kirschner, P.A., J. Sweller & R.E. Clark (2006). Why Minimal Guidance During Instruction Does Not Work: An Analysis of the Failure of Constructivist, Discovery, Problem-Based, Experiential, and Inquiry-Based Teaching. Educational Psychologist, 41, 75-86.

Maturana, H.R. (1998). Biologie der Realität. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Weinert, F.E. (1982). Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung, Methode und Ziel des Unterrichts. Unterrichtswissenschaft, 2, 99-110.

 

The post Das Lernen als Aspekt menschlicher Selbstbestimmung. Eine Antwort an Felix Schmutz first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2020/04/das-lernen-als-aspekt-menschlicher-selbstbestimmung-eine-antwort-an-felix-schmutz/feed/ 2
Pädagogik und Bodenhaftung https://condorcet.ch/2020/04/paedagogik-und-bodenhaftung/ https://condorcet.ch/2020/04/paedagogik-und-bodenhaftung/#comments Sat, 04 Apr 2020 13:21:38 +0000 https://condorcet.ch/?p=4540

Condorcet-Autor Felix Schmutz widerspricht den Aussagen von Professor Walter Herzog (Eine Chance für das selbstorganisierte Lernen, condorcet.ch. Link: https://condorcet.ch/2020/03/eine-chance-fuer-das-selbstorganisierte-lernen/) vehement. Er wendet sich in seinem Beitrag sowohl gegen das Konzept der Selbstregulation. Den Begriff "Bulimie-Lernen" sei diffamierend und Selbstorganisiertes Lernen als Lernziel zu betrachten unglücklich. Vor der Veröffentlichung gab es eine intensive Diskussion in der Redaktion. Letztendlich ist der Condorcet-Blog aber dem Diskurs verpflichtet. Wir sind gespannt auf die Reaktionen.

The post Pädagogik und Bodenhaftung first appeared on Condorcet.

]]>
Felix Schmutz, BL:
Herzog ist praxisfern

Die Pädagogik begibt sich stets in Gefahr, Bodenhaftung zu verlieren, wenn sie sich von der Erfahrung und der Empirie entfernt und schulische Programme postuliert, die von Idealvorstellungen ausgehen. Aus Wissenschaft wird dann leicht Ideologie. So zum Teil auch im Beitrag zum «selbstorganisierten Lernen» (SOL) von Walter Herzog, der dieses Konzept als Lernziel und nicht bloss als Methode verstanden haben will.[1]

Er schliesst sich dem Lehrplan 21 an, der erklärt:

 Wer sein Lernen selber regulieren kann, verfügt über eine Reihe von Kenntnissen und Fähigkeiten, die es ihm ermöglichen, die Bedingungen des Lernens zu beeinflussen. Er vermag sich für das Lernen zu motivieren und verfügt über ein Repertoire an Lernstrategien, die sich flexibel einsetzen lassen. etc.

Herzog anerkennt zwar, dass solche Ziele anspruchsvoll sind, geht aber nicht darauf ein, wie dies in Primar- und Sekundarschulen zu erreichen sei und ab welcher Altersstufe solche Fähigkeiten realistischerweise erwartet werden können.

Das Konzept «Selbstregulierung»

Um einen kritischen Blick auf Herzogs Aussagen zu werfen, muss kurz auf den Begriff SOL eingegangen werden. Das Konzept kursiert seit Längerem unter den Namen «selbstgesteuertes» oder «selbstreguliertes» Lernen. Es hat die früheren Begriffe «entdeckendes Lernen», «erweiterte Lernformen», «Planunterricht» etwas verdrängt, die jedoch im Grunde auf dieselben konstruktivistischen Vorstellungen von Unterrichtsreform verweisen, nach denen sich die Lernenden den Schulstoff und die Fertigkeiten individuell in Eigenverantwortung beibringen sollen. Sie sollen gleichzeitig neue Dinge lernen und ganz allgemein die kognitiven, arbeitstechnischen und selbstmotivierenden Fähigkeiten zum Lernen erwerben.

Woher stammt das Konzept “Selbststeuerung”

Metapher stammt aus dem Gebiet der Technik

Woher stammt das Konzept der «Selbststeuerung», der «Selbstregulierung»? Zunächst ist leicht zu sehen, dass es sich um eine Metapher aus dem Gebiet der Technik, genauer: der Kybernetik, handelt. In den Macy-Konferenzen 1946 bis 1953 legte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe von amerikanischen Forschern den Grundstein für eine Entwicklung, die Geräte zunehmend befähigt, «sich selbst zu regulieren». Apparate messen relevante Grössen, die Resultate werden an den Antrieb der Maschine gesendet und setzen diese, je nach dem gemessenen Wert, in Gang oder stellen sie wieder ab. Dies beschert der Welt alle Errungenschaften vom Heizungsregler bis zum selbst einparkenden Auto.[1]

Die Wirkung von Metaphern

Psychologie und Pädagogik bedienen sich gerne solcher Metaphern aus anderen Wissensgebieten. Da es sich jedoch um Metaphern handelt, bilden sie die Sache, die sie meinen, jeweils nur unvollständig ab. Die Gefahr besteht, dass das gewählte Bild für die gemeinte Sache selbst gehalten wird, in unserem Fall für das «Lernen». Kann aber Lernen mit technischer «Selbstregulation» von Heizungsreglern oder computergesteuerten Autos gleichgesetzt werden?

Die Gefahr besteht, dass das gewählte Bild für die gemeinte Sache selbst gehalten wird, in unserem Fall für das «Lernen».

Es handelt sich um die Reproduktion des ewig Gleichen.

Nein, denn es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen Selbstregulation und Lernen. Selbstregulatorische Prozesse beruhen auf voreingestellten Sollwerten: «Wenn Punkt A auf der Skala erreicht wird, schaltet X ein. Wenn B erreicht ist, schaltet X aus.» Auch wenn es gelingt, durch raffinierte Algorithmen veränderbare Grössen und alternative Faktoren in die Prozesse einzubeziehen, können Geräte nur leisten, was in den Steuerungsformeln eingeplant ist. Es handelt sich um die Reproduktion des ewig Gleichen. Das ist auch der Sinn der Selbstregulation, sie soll den Menschen von automatisierbaren Abläufen entlasten.[2]

Menschliches Lernen unterscheidet sich grundsätzlich von Selbstregulation.

Menschliches Lernen unterscheidet sich grundsätzlich von Selbstregulation. Es besteht gerade nicht aus reproduktiver Tätigkeit, aus einem mechanischen Abarbeiten von Programmen mit Messwerten als Feedback. Unbekannt Neues erscheint im Blickfeld. Es muss erkannt, verstanden, gespeichert und verarbeitet werden. Neues bedingt Horizonterweiterung, Veränderung, Anpassung, Vertiefung, Wandel. Um eine technische Metapher zu verwenden: Umprogrammierung, Erweiterung des Speichers, neue Funktionen, neue Apps. Regulieren und Steuern reichen nicht aus, ein neues Gerät muss her, das mehr kann als das alte, die Chips müssen ausgewechselt werden.

Besser geeignet wären Metaphern aus dem natürlichen Umfeld: Z. B. Pflanzen, die mit Nährstoffen versorgt, in vielfältiger Weise erblühen und wachsen, wenn die Umweltbedingungen stimmen.

Das menschliche Gehirn: Grosser Unterschied zum Roboter

Das menschliche Gehirn lässt sich nicht auswechseln. Das Neue muss mit dem alten Gehirn begriffen, behalten und verarbeitet werden. Das ist ein beträchtlicher Aufwand, harte Arbeit! Die Tatsache, dass ein menschliches Gehirn aber über diese Fähigkeit verfügt, unterscheidet es von «selbstregulierten» Robotern. Deshalb sind Begriffe wie «Selbststeuerung», «Selbstregulation» fehl am Platz. Besser geeignet wären Metaphern aus dem natürlichen Umfeld: Z. B. Pflanzen, die mit Nährstoffen versorgt, in vielfältiger Weise erblühen und wachsen, wenn die Umweltbedingungen stimmen.

Das Lob des selbstorganisierten Lernens missachtet auch, dass die mentalen Prozesse der Kinder und Jugendlichen die beziehungsmässige, affektive Stütze der Lehrperson brauchen. Ohne enge Begleitung mehrheitlich dem Computer oder den Arbeitsblättern überlassen, fühlen sich Kinder schnell verloren.[3] Das geschäftige Treiben im Klassenzimmer täuscht darüber hinweg, dass wenig verstanden und kaum etwas gelernt wird.[4]

Methoden und Einstellungen

Herzog meint mit «Selbstregulation» noch etwas anderes, was im Lehrplan anklingt: die «Selbstdisziplin» und die «Motivation», der reife Umgang mit dem Lernprozess. Selbstdisziplin und Motivation sind jedoch anspruchsvolle alters-, erfahrungs-, interesse- und charakterabhängige Konzepte. Es ist zwar richtig, Selbstdisziplin anzustreben und Motivation zu wecken. Allerdings können sie nicht wie Sachwissen oder Fertigkeiten explizit gelernt werden. Es handelt sich um Einstellungen, Bereitschaften, die mit der Erfahrung des kognitiven und praktischen Lernens implizit erworben werden. Implizite Lernziele können deshalb nicht wie Fachlernziele auf Knopfdruck abgerufen werden.

Grundsätzlich ist die Idee, «Selbstregulation» müsse ein Lernziel sein, unglücklich.

Grundsätzlich ist die Idee, «Selbstregulation» müsse ein Lernziel sein, unglücklich. Wie Konrad Paul Liessmann ausführte, kann man nicht «das Lernen lernen», man kann immer nur «etwas Bestimmtes» lernen.[5] Indem man sich mit vielen Lerngegenständen befasst, kann man Erfahrung gewinnen, die es erlaubt, ähnliche Gegenstände leichter zu lernen. Ebenso die Motivation: Eigenes oder von Lehrpersonen geschickt erzeugtes Interesse sowie Erfolgserlebnisse können der Motivation Flügel verleihen. Das Lernen und die Motivation generell lernen und auf alle beliebigen Stoffe anwenden, ist jedoch nicht möglich. Jeder Wissensbereich, jedes Handwerk stellt eigene Anforderungen ans Lernen und an die Motivation.

 Selbstständigkeit und Überforderung

SOL mit Selbständigkeit verwechselt

 

Was SOL-Begeisterte meinen und zu Recht anstreben, ist eigentlich mit den Begriffen «Selbstständigkeit» und «Autonomie» besser zu erfassen. Das Ziel jeder Erziehung und Bildung sollte sein, ein selbstständiges Leben führen und informierte, autonome Entscheidungen treffen zu können. Dies schrittweise zu ermöglichen, ist die Aufgabe und die Kunst derjenigen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Es ist eine Gratwanderung, die Motivierung, Anleitung, Begleitung aus der Distanz und vollständiges Loslassen in der richtigen Dosierung verlangt.

Herzog zitiert eine weitere Passage des Lehrplans 21:

Er ist fähig, nicht nur seinen Lernprozess zu beobachten, zu beurteilen und zu kontrollieren, sondern auch den Lernort festzulegen und die Lernumgebung zu arrangieren.

 

Der Lehrplan will zu viel

Hier schiesst der Lehrplan über das im Volksschulalter Erreichbare weit hinaus. Einiges davon, zum Beispiel die längerfristige Planung des Lernens kann ohne Hilfe noch gar nicht selbstständig geleistet werden, weil die Ausbildung des präfrontalen Kortex, der diese Tätigkeiten steuert, erst beim jungen Erwachsenen erfolgt.[6]

Selbstreflexion als Überforderung

In der zitierten Passage klingt auch das beliebte Konzept der «Selbstreflexion» an, nach dem Lernende über ihr eigenes Lernen nachdenken und bewusst Strategien einsetzen, also auf der Metaebene ihre eigenen kognitiven und motivationalen Prozesse analysieren. Bei diesem Konzept trifft eine psychologische auf eine spirituell gefärbte Metapher. Psychologisch insofern, als eine Kompetenzstruktur des Gehirns gefunden werden soll, und spirituell-pietistisch, als eigenes Denken und Wollen an einem höheren Ideal gemessen werden soll.

Da diese Selbstreflexion eine Überforderung im Schulalter darstellt, mündet sie in der profanen Praxis des Klassenzimmers in das Abarbeiten von Fragerastern zur Selbstbeurteilung. Die Erfahrung zeigt, dass damit auf Dauer kaum ein erkennbarer Effekt erzielt werden kann. Die Antwortkästchen der Raster werden bald als lästige und langweilige Pflichtübung auf die Schnelle irgendwie angekreuzt: l’art pour l’art.

Wichtig und unerlässlich ist hingegen, wenn mit Reflexion Folgendes gemeint ist: Vor einem Test macht die Lehrperson zum Thema, wie man sich den Stoff einprägen könnte, wie ein Spickzettel aussehen müsste, wie man üben könnte, wie man sich Vokabeln merken könnte, welche Verfahren wann sinnvoll eingesetzt werden könnten, wie man die Zeit einteilen könnte, etc. und zwar im gemeinschaftlichen Unterricht (von Schulkritikern abschätzig Frontalunterricht genannt). Eine solche Erörterung und Sammlung von Ideen ermutigt die Lernenden, neue Methoden auszuprobieren, lässt ihnen aber die nötige Autonomie. Das ist allemal wirkungsvoller als ein vorgefertigtes Kompetenzraster.

 Forschung zu SOL

Emer. Professor Walter Herzog, Bern: Seine Forschungen beschränken sich auf das Gymnasium

Sind nun diese kritischen Bemerkungen völlig aus der Luft gegriffen? Nein, die engen Grenzen, die dem nicht angeleiteten Lernen gesetzt sind, stellten schon Kirschner, Sweller und Clark in einer internationalen, empirisch abgestützten Studie (2006) fest. Hier das Abstract:

 Although unguided or minimally guided instructional approaches are very popular and intuitively appealing, the point is made that these approaches ignore both the structures that constitute human cognitive architecture and evidence from empirical studies over the past half-century that consistently indicate that minimally guided instruction is less effective and less efficient than instructional approaches that place a strong emphasis on guidance of the student learning process. The advantage of guidance begins to recede only when learners have sufficiently high prior knowledge to provide “internal” guidance.[7]

 Es ist bedauerlich, dass diese empirischen Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung von Erziehungsfachleuten ignoriert werden, so dass immer wieder Ziele aufgestellt und Methoden propagiert werden, deren Wirkungslosigkeit schon lange nachgewiesen ist.

Prüfungen und Bulimie

Herzog reiht sich zum Schluss noch in die Gruppe jener Schulkritiker ein, die das «Bulimielernen» anprangern. Er sagt:

Da alles auf die Prüfungsleistung anzukommen scheint, wird das Lernen auf die Zeit unmittelbar vor der Prüfung konzentriert. Nach der Prüfung wird dann schnell wieder vergessen, was man sich eingepaukt hat. Gefördert wird ein Bulimie-Lernen, dessen Ineffektivität im Vergleich mit einem zeitlich verteilten Lernen psychologisch längst nachgewiesen ist, von der Schulpraxis aber weiterhin nicht zur Kenntnis genommen wird.

 

Bulimie-Lernen: ein diffamierender Begriff
Bild: Hamburger Abendblatt

Wiederum bedient sich Herzog einer Metapher, diesmal aus dem Bereich der Medizin. Bulimie ist zwanghafte Essgier, die nachher mit künstlich herbeigeführtem Erbrechen wieder gesühnt wird. Die Metapher ist jedoch denkbar ungeeignet im Zusammenhang mit schulischem Prüfungslernen. Lernende, die sich nach obigem Muster verhalten, verspüren keine «Gier», sich den Stoff anzueignen, im Gegenteil: Sie müssen ihn wegen eines äusseren Zwangs lernen oder sie haben trotz Interesse am Stoff die Zeit nicht richtig eingeteilt. Dass das Gelernte nach dem Test wieder vergessen wird, ist nicht willentlich herbeigeführt, sondern eine Funktion des auf falsche Weise befrachteten Gedächtnisses. Was nicht genug verarbeitet, nicht oft genug wiederholt wird oder erst gar nicht interessiert, landet nicht im Langzeitgedächtnis.

Der Vergleich mit Bulimie ist nicht nur unangemessen, er ist auch ein typischer Versuch, schulische Arbeit als krank machend und nutzlos zu diffamieren. Der Vergleich lässt ausser Acht, dass jeder schulische Test eine Vorgeschichte hat: Oft wochenlanges Behandeln eines Stoffes, portionenweises Lernen und Üben im Klassenverband, in Gruppen- oder Partnerarbeit, in Einzelarbeit und bei Hausaufgaben. Wenn sich Schüler(innen) auf einen Test vorbereiten, beginnen sie nicht bei null. Die Vorbereitung von Tests ist eine sehr wichtige Kompetenz, die beim modisch propagierten «lebenslangen Lernen» immer wieder gebraucht wird. Ein Mediziner, der nicht gelernt hat, sich Berge von Wissen anzueignen, wäre bei der Behandlung von Patienten überfordert.

[1] Mathias Burchardt, Wir machen es alleine, Vortragsskript SWR Aula, 13.03.2016. S.4: Das hier verwendete Vokabular entstammt dem technischen Regelkreis der Kybernetik…. Wie ein kleiner Lernroboter navigiert der selbstgesteuerte Lerner über die Klippen der Lernumgebungen, die ihm durch Lernpakete und Wochenpläne Aufgaben mit auf den Weg geben. Er steuert dabei die Ziele an, die im Raster vorgegeben sind. Er vergleicht Ist- und Soll-Werte seiner Kompetenzen, wählt und reflektiert seine Lernstrategien, bis er die Lernziele erreicht.

[2] Immer und überall gelingt dies noch nicht. Noch müssen Menschen am Laufband des Recyclingbetriebs stehen und gewisse Materialien von Hand aussortieren, welche die Sensoren nicht erfasst haben. Noch kommt es vor, dass ein selbst fahrendes Auto in einen Pfosten kracht, wenn die Kamera das Hindernis nicht erfassen konnte.

[3] Allan Guggenbühl, Schule – die Grenzen des selbsttätigen Unterrichts, nzz 26.04.2019, Link: https://www.nzz.ch/meinung/schule-die-grenzen-des-selbsttaetigen-unterrichts-ld.1471661

[4] Nicole Vidal, Selbstgesteuertes Lernen – Ein fragwürdiges pädagogisches Konzept?, Vortragsmanuskript, SWR Aula, 30.09.2018.

[5] «Ein … verbreiteter Irrtum besteht darin zu glauben, man könne … sich einfach auf das Lernen des Lernens beschränken, um später dann alles Mögliche lernen zu können. Es gibt aber kein Lernen ohne Inhalte. Die Forderung nach dem Lernen des Lernens ähnelt dem Vorschlag, ohne Zutaten zu kochen.» Konrad Paul Liessmann, Theorie der Unbildung. Die Irrtümer der Wissensgesellschaft, Wien 2014, S. 35.

[6] https://www.dasgehirn.info/grundlagen/anatomie/der-frontallappen

[7] Kirschner, Paul A.; Sweller, John; Clark, Richard, E.: Why Minimal Guidance During Instruction Does Not Work: An Analysis of the Failure of Constructivist, Discovery, Problem-Based, Experiential, and Inquiry-Based Teaching, in: EDUCATIONAL PSYCHOLOGIST, 41 (2), 75-86, 2006. Link: https://www.researchgate.net/publication/27699659_Why_Minimal_Guidance_During_Instruction_Does_Not_Work_An_Analysis_of_the_Failure_of_Constructivist_Discovery_Problem-Based_Experiential_and_Inquiry-Based_Teaching

(Obwohl unbegleitete oder minimal angeleitete Lernverfahren sehr populär und aus sich heraus reizvoll erscheinen, stellen die Autoren fest, dass diese Verfahren sowohl die Strukturen, welche die kognitive menschliche Architektur ausmachen, als auch die Belege aus der empirischen Forschung der letzten fünfzig Jahre ignorieren, obwohl diese konsequent darlegen, dass minimal angeleitete Instruktion weniger erfolgreich und weniger wirksam ist als instruktive Verfahren, die den Lernprozess der Lernenden stark steuern. Der Vorteil der Anleitung beginnt erst nachzulassen, wenn Lernende genügend gute Vorkenntnisse haben, um sich innerlich selbst anzuleiten.)  Übersetzung F. Schmutz

[1] Walter Herzog, Eine Chance für das selbstorganisierte Lernen, condorcet.ch. Link: https://condorcet.ch/2020/03/eine-chance-fuer-das-selbstorganisierte-lernen/

The post Pädagogik und Bodenhaftung first appeared on Condorcet.

]]>
https://condorcet.ch/2020/04/paedagogik-und-bodenhaftung/feed/ 1