Bildungsstandards - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Tue, 05 Jul 2022 12:36:20 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Bildungsstandards - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 IQB-Vergleichstest: Gravierende Mängel https://condorcet.ch/2022/07/iqb-vergleichstest-gravierende-maengel/ https://condorcet.ch/2022/07/iqb-vergleichstest-gravierende-maengel/#respond Tue, 05 Jul 2022 08:17:46 +0000 https://condorcet.ch/?p=11024

Das IQB (Institut für Qualitätsentwicklung) bzw. die IQB-Vergleichstests in Deutschland entsprechen unseren ÜGK (Überprüfung der Grundkompetenzen). Erste Auswertungen zum IQB-Bildungstrend 2021, die vor den Sommerferien im Jahr 2021 durchgeführt wurden, zeigen für Deutschland insgesamt ungünstige Entwicklungen in den erreichten Kompetenzen von Viertklässler:innen in den Fächern Deutsch und Mathematik.

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Klarer Befund, umstrittene Gründe.

Im Auftrag der Kultusministerkonferenz hat das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) von April bis August 2021 in einer großen Stichprobe 26.844 Viertklässler aus allen Bundesländern auf ihre Leistungen in Deutsch und Mathematik getestet.

Durch das standardisierte Verfahren erlaubt der IQB-Bildungstrend 2021 direkte Rückschlüsse zu den Vergleichsjahren 2011 und 2016. Das niederschmetternde Ergebnis: Der Anteil der Kinder, die die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz verfehlen, ist sprunghaft angestiegen, die sozialen und zuwanderungsbezogenen Disparitäten haben sich noch weiter verstärkt.

„Im Vergleich zum Jahr 2016 entsprechen die Kompetenzrückgänge etwa einem Drittel eines Schuljahres im Lesen, einem halben Schuljahr im Zuhören sowie jeweils einem Viertel eines Schuljahres in der Orthografie und im Fach Mathematik.“ Zudem habe ein signifikant höherer Anteil der Schüler die Mindeststandards verfehlt. In Mathematik, Lesen und Zuhören erreichte jedes fünfte Kind nicht die Mindeststandards, in Orthografie sogar fast jedes dritte.

Besonders zurückgefallen sind demnach Kinder mit Migrationshintergrund, vor allem aus der ersten Einwanderergeneration. Auch der Zusammenhang zwischen dem Kompetenzniveau der Kinder und dem sozioökonomischen Status ihrer Familien hat in allen Bereichen signifikant zugenommen, heißt es in dem Bericht weiter. Die ohnehin oft fruchtlosen Bemühungen, mehr Chancengerechtigkeit herzustellen, sind also offenbar in der Pandemie vollkommen gescheitert.

Inwieweit dieser niederschmetternde Befund nur auf die Schulschliessungen während der Pandemie zurückzuführen sind, ist derzeit Gegenstand einer heftigen Debatte (vgl. nachfolgenden Artikel: Stellungnahme des Philologenverbands in Rheinland-Pfalz).

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Kritik am Condorcet-Blog! https://condorcet.ch/2020/03/kritik-am-condorcet-blog/ https://condorcet.ch/2020/03/kritik-am-condorcet-blog/#comments Thu, 19 Mar 2020 17:12:04 +0000 https://condorcet.ch/?p=4332 Die Aufschaltung des Artikels von Olaf Köller, der ja zuvor in der FAZ erschienen war (siehe https://condorcet.ch/2020/03/sorgenkind-mathematik/) hat wieder einmal für böse Kommentare gesorgt. Die Redaktion des Condorcet-Blogs ist nicht der Meinung des Autors. Der Text wurde uns aber von einem deutschen Leser zugeschickt, und wir hielten es für wichtig, diese Sicht der Dinge, auch wenn wir sie nicht teilen, zu publizieren. Das sieht man nicht überall so.

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Olaf Köller, Psychologe, Direktor des Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel.

Olaf Köller kritisiert in seinem Artikel die Ursachenforschung im Brandbrief unserer Mitstreiterin Astrid Baumann und ihrer über 300 Kolleginnen und Kollegen als naiv. (Den Brandbrief können Sie hier finden: https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/mathematik-zweiter-brandbrief-gegen-bildungsstandards.html)

Er ortet die Probleme in der Unterrichtsqualität und nicht in den Standards und der Kompetenzorientierung und er setzt sich für noch mehr empirische Forschung ein. Es ist dies die Rhetorik der Empiriker und Kompetenztheoretiker.

Bandelt: Köller sieht die Mathematik höchstens durch die didaktische Brille.

Keine mathematische Ausbildung

Unser Mitstreiter Professor Bandelt kritisierte uns denn auch, dass es der Intention des Blogs widerspreche, direkt eine Stellungnahme eines “Offiziellen” aus Deutschland abzudrucken. Olaf Köller sei ein deutscher Psychologe, also kein Mathematiker. Von der Mathematik, die er bestenfalls durch eine didaktische Brille sieht, verstehe er schon alleine aufgrund seiner Ausbildung zu wenig:

2001 Habilitation in Psychologie, Universität Potsdam, 1997 Promotion in Psychologie, Christian-Albrechts-Univerität zu Kiel, 1991 Diplom in Psychologie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 1984 – 1991 Studium der Fächer Psychologie, Anthropologie und Philosophie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Professor Köller  habe noch nicht einmal Mathematik bis zum Diplom oder Vordiplom studiert, wie dies andere Psychologen durchaus gemacht haben. Und Köller wirkte 2004 – 2009 als Gründungsdirektor des IQB. Bandelt: «In Deutschland schreiben also Psychologen vor, was unter Mathematik zu verstehen ist. Und was dabei herausgekommen ist, sehen wir ja allenthalben.»

Astrid Baumann, Initiantin des Brandbriefes. Warnt schon seit Jahren vor der Mathematikschwäche in Deutschland.
Hans-Peter Klein: In einem Punkt hat er recht.

Bandelt fügte seinem Schreiben noch eine sarkastische Warnung hinzu: «Ich fürchte, Sie sind in der Schweiz auf dem besten Weg, einen kompetenzorientierten “Lehrplan 27” für die Sekundastufe I (Schuljahre 5 bis 10) verpaßt zu bekommen. Und da ist das Zünden von Nebelkerzen keine gute Strategie dagegen.»

In einem Punkt hat Köller recht

Auch der Frankfurter Professor Hans-Peter Klein hält den Diskurs mit Leuten wie Köller für sinnlos. Man komme da nicht weiter. Immerhin habe Herr Köller in einem Punkt recht: «Wenn die Politik nun mal die Abiturientenquote innerhalb der letzten 20 Jahre verdoppelt hat, muss logischerweise gerade das fachliche Niveau entsprechend gesunken sein. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der IQ sich in der Bevölkerung entsprechend nach oben bewegt hat, ganz im Gegenteil. Und das der Unterricht doppelt so erfolgreich in seinen fachlichen Ergebnissen ist wie vor 20 Jahren, widerlegen rund 100% der Lehreraussagen, die das sicherlich besser beurteilen können als jede Empirik. Was man aber kritisch einwenden muss ist, dass die kompetenzorientierten Standards das Vehikel dazu waren, die fachlichen Ansprüche entsprechend abzusenken bei gleichzeitiger Außendarstellung der Erhöhung des Outputs als vermeintliches Qualitätsmerkmal.»

Wir führen das weiter und sind gespannt auf die Reaktionen aus der Schweiz!

Alain Pichard für die Redaktion

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Geheimsache Schwellenwerte https://condorcet.ch/2019/05/geheimsache-schwellenwerte/ https://condorcet.ch/2019/05/geheimsache-schwellenwerte/#respond Thu, 09 May 2019 22:14:17 +0000 https://lvb.kdt-hosting.ch/?p=817

In Kürze wird die EDK die Ergebnisse zur Überprüfung der Grundkompetenzen der Schülerinnen und Schüler in Mathematik (per Ende der obligatorischen Schule), Schulsprache und erster Fremdsprache (jeweils per Ende der Primarschule) bekannt geben. Da die Daten bereits 2016 und 2017 erhoben wurden, fragt es sich, was die Gründe für deren verzögerte Publikation sind.

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Rein wissenschaftliche Gründe können es kaum sein. Denn die Methoden solcher Studien sind aufgrund der in den letzten Jahrzehnten stark expandierenden Schulleistungs- und Schulevaluationsforschung gut entwickelt und bereiten den Forschenden keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Das Problem dürfte vielmehr darin liegen, dass die Vorgaben für die Testentwicklung zu ungenau sind, um eine standardisierte Überprüfung von Schülerleistungen zu ermöglichen.

Erinnern wir uns: Im Rahmen des Konkordats zur interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) haben die Kantone beschlossen, leistungsbezogene Bildungsstandards festzulegen, die gesamtschweizerisch vorgeben, was Schülerinnen und Schüler während der obligatorischen Schulzeit zu lernen haben. Das HarmoS-Konkordat bestimmt fünf Bereiche der Grundbildung, von denen bisher in zwei Bereichen (Sprachen sowie Mathematik und Naturwissenschaften) Bildungsstandards entwickelt und in Form von Grundkompetenzen festgelegt wurden. Die Standards und Grundkompetenzen in den beiden genannten Fachbereichen wurden von der EDK am 16. Juni 2011 beschlossen und – wie es im EDK-Jargon heisst – zuhanden der Umsetzung in den Kantonen freigegeben. Das Hauptinstrument zu deren Umsetzung bilden die Lehrpläne, die gemäss HarmoS-Konkordat sprachregional einheitlich sein müssen. Aktuell bestehen ein Lehrplan für die französischsprachige Schweiz (Plan d’études romand), ein Lehrplan für die deutschsprachige Schweiz (Lehrplan 21) und ein Lehrplan für den Kanton Tessin (Piano di studio). Die nationalen Grundkompetenzen sind in diese Lehrpläne eingeflossen. Sie bilden die Mindestanforderungen, an denen das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler während der obligatorischen Schulzeit gemessen wird. Die Erwartung ist, wie die EDK deutlich macht, dass unser Bildungssystem gewährleistet, «dass praktisch alle Schülerinnen und Schüler diese Mindestanforderungen … erreichen» (EDK 2011, S. 78).

Die Überprüfung der Grundkompetenzen müsste damit eigentlich eine triviale Angelegenheit sein. Stellt man in Rechnung, dass die Vorzüge eines kompetenzorientierten Unterrichts sowohl im Rahmen des HarmoS-Projekts wie im Lehrplan 21 unter anderem damit begründet werden, dass Kompetenzen transparent, klar und verständlich beschreiben, was gelernt werden muss, dann dürften sich den Forscherinnen und Forschern bei der Operationalisierung der Grundkompetenzen zum Zweck ihrer Messung kaum grössere Probleme stellen. Was gibt es Schöneres in der Wissenschaft als ein Forschungsobjekt, das so klar vorstrukturiert ist, dass gleichsam nur noch zur Kenntnis genommen werden muss, wie es beschaffen ist?

Wo liegt die Grenze zur Inkompetenz?

Wer sich die von der EDK verabschiedeten Grundkompetenzen allerdings einmal genauer anschaut oder den Lehrplan 21 etwas genauer durchsieht, bei dem wird sich bald die Vermutung einstellen, dass der Hase genau hier im Pfeffer liegt, sprich: dass die Kompetenzbeschreibungen in beiden Dokumenten viel zu vage und zu allgemein gehalten sind, als dass eine problemlose Ummünzung in Messoperationen möglich wäre. Es scheint, dass der Evaluationsgegenstand doch nicht so offen zu Tage liegt, wie die Rede von den klaren, verständlichen und eindeutigen Kompetenzbeschreibungen suggeriert. Dass hier ein Problem vorliegt, zeigt die Notwendigkeit der Bestimmung von Schwellenwerten. Im Konzeptpapier der EDK zur Überprüfung der Grundkompetenzen wird ein Schwellenwert definiert als «Wert auf der numerischen Messskala, der die Grenze zwischen erreichten Grundkompetenzen und nicht erreichten Grundkompetenzen markiert» (EDK 2013, S. 14). Abgesehen davon, dass nicht gerade klar ist, was eine numerische Messskala ist (auch eine Rangskala ist numerisch), scheint es darum zu gehen, dass die EDK bei ihrem Beschluss über die Grundkompetenzen nicht festgelegt hat, wo genau die Grenze zwischen Kompetenz und Inkompetenz liegt.

Obwohl man im Rahmen des HarmoS-Projekts die Begrifflichkeit von Diane Ravitch übernommen hat (vgl. EDK 2004, S. 6 und 10), scheint man nicht realisiert zu haben, dass zur Definition von Leistungsstandards die Angabe eines Kriteriums (cut-score) gehört, das genügende von ungenügenden Leistungen abgrenzen lässt. «Performance standards … answer the question: ‹How good is good enough?› Performance standards describe what kind of performance represents inadequate, acceptable, or outstanding accomplishment» (Ravitch 1995, S. 12f.). Offensichtlich lassen es die Vorgaben der EDK nicht zu, die Skalen zur Überprüfung der Grundkompetenzen so zu entwickeln, dass der Messvorgang eindeutig ist, d.h. vorweg festgelegt werden kann, wann die Leistung eines Schülers oder einer Schülerin als kompetent oder inkompetent zu beurteilen ist. Die Eindeutigkeit muss im Nachhinein durch Festlegung von Schwellenwerten auf den psychometrischen Skalen erst erzeugt werden!

In dem Konzeptpapier der EDK zur Überprüfung der Grundkompetenzen heisst es, die Festlegung darüber, «welcher Schwellenwert auf einer Fähigkeitsskala den von der EDK definierten Grundkompetenzen entspricht» (EDK 2013, S. 11), erfolge «in einem fachlichen (fachdidaktischen und psychometrischen) Aushandlungsprozess, der von der Koordinationsstelle Überprüfung der Erreichung der Grundkompetenzen im GS [Generalsekretariat, W.H.] EDK organisiert und angeleitet wird» (ebd.). In wissenschaftlichen Ohren tönt dies gelinde gesagt seltsam. Zwar ist von einem fachlichen Aushandlungsprozess die Rede, was darauf schliessen lässt, dass es die Forscherinnen und Forscher sind, welche die Schwellenwerte festlegen. Aber weshalb muss der Aushandlungsprozess – eine Bezeichnung, die schon als solche Fragen aufwirft, da sie eher an diplomatische denn wissenschaftliche Umgangsformen denken lässt – unter der Leitung des EDK-Generalsekretariats stehen? Die Vermutung liegt nahe, dass es nicht um die Klärung eines forschungsmethodischen Problems geht, sondern um politische Entscheidungen, die damit zu tun haben, dass man nicht will, dass zu viele oder zu wenige Schülerinnen und Schüler als inkompetent bezeichnet werden. Denn je nachdem wo der Schwellenwert zu liegen kommt – höher oder tiefer – ergeben sich mehr oder weniger Schülerinnen und Schüler, welche die Grundkompetenzen nicht erreichen. Da es bei der nationalen Überprüfung der Grundkompetenzen auch um kantonale Vergleiche geht, kann man sich leicht ausmalen, wie brisant das Thema ist.

Eine zusätzliche Dimension gewinnt das Problem dadurch, dass die nationalen Bildungsstandards die Schulrealität erst vermittelt über die sprachregional unterschiedlichen Lehrpläne und Lehrmittel erreichen. Wenn man nicht wie im Falle der PISA-Tests die Lehrpläne einfach ignorieren will, dann muss man entweder bei der Entwicklung der Testinstrumente die sprachregional bedingten Unterschiede zwischen den Lehrplänen berücksichtigen oder man muss die Unterschiede – wie es den Anschein macht – nachträglich austarieren. Zwar böte die Kompetenzorientierung der Lehrpläne eine elegante Lösung, weil sich Kompetenzen ohne Bezug auf spezifische Inhalte definieren lassen. Der Clou des Kompetenzbegriffs liegt ja genau darin, dass wir sprachlich, mathematisch oder technisch kompetent sein können, ohne dass eine genaue Angabe erforderlich ist, in welchen Inhaltsbereichen dies der Fall ist. Doch würde dies voraussetzen, dass die drei sprachregionalen Lehrpläne erstens tatsächlich konsequent an Kompetenzen ausgerichtet sind und zweitens dieselben Kompetenzen beinhalten. Weder das eine noch das andere ist jedoch der Fall (zum Lehrplan 21 vgl. meine Analyse in: Herzog 2018).

Blasierte EDK

Die verzögerte Veröffentlichung der Ergebnisse zur schweizweiten Überprüfung der Grundkompetenzen der Schülerinnen und Schüler scheint also mit Interferenzen zwischen Forschung und Politik zu tun zu haben, die sich einer ungenügend präzisen Festlegung der nationalen Grundkompetenzen durch die EDK verdanken. Was damals versäumt wurde, muss nun nachgeholt werden. Normalerweise würde man erwarten, dass die Forscherinnen und Forscher – wie im Falle anderer Schulleistungsvergleichsstudien – frei sind, ihre Daten zu erheben, zu analysieren und zu publizieren, ohne dass sie von der Politik an die Kandare genommen werden. Im vorliegenden Fall ist es offenbar anders. Nicht nur müssen im Nachhinein Schwellenwerte unter Beteiligung eines politischen Gremiums festgelegt werden, die Einmischung der Politik geht noch weiter. Die Ergebnisse des Aushandlungsprozesses müssen nämlich der EDK-Plenarversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden! So steht es im genannten Konzeptpapier der EDK, und so wird es in einem Beschluss der EDK-Plenarversammlung vom 22. März 2018 nochmals bestätigt (vgl. EDK 2018).

Nicht nur als Wissenschaftler, auch als Bürger dieses Landes fragt man sich, was hier los ist. Demokratiepolitisch ist das Vorgehen der EDK äusserst fragwürdig. Bedenkt man, dass die EDK ihre Entscheidungen nicht nur ohne Beteiligung, sondern geradezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit trifft – auch die Protokolle zu ihren Sitzungen gibt die EDK nach wie vor nicht frei –, steht zu befürchten, dass wir nie erfahren werden, wie die Schwellenwerte bestimmt wurden. Das würde bedeuten, dass die Ergebnisse zur Überprüfung der Grundkompetenzen auf eine Art und Weise politisch eingefärbt sein könnten, die ein objektives Urteil über die Qualität unseres Bildungssystems nicht zulassen. In ihrer Blasiertheit legt die EDK nicht nur fest, wie unser Schulsystem zu reformieren ist, sondern beschliesst auch gleich noch selber, wie gut ihr die Reform gelungen ist.

Nachbemerkung: Von Seiten der EDK waren keine Informationen zum Vorgehen bei der Überprüfung der Grundkompetenzen erhältlich. Die vorausgehende Analyse stützt sich daher ausschliesslich auf die wenigen offiziellen Dokumente, die zum Thema vorliegen. Insofern könnte sich herausstellen, dass die geäusserten Befürchtungen unbegründet sind. Dies wäre dann der Fall, wenn die EDK entgegen aller Erwatung offen darlegen würde, wie die Schwellenwerte im Rahmen des so genannten Aushandlungsprozesses zwischen Wissenschaft und Politik bestimmt wurden. Ich lasse mich gerne überraschen.

 

Walter Herzog

Literaturverzeichnis

EDK (2004). HARMOS. Zielsetzungen und Konzeption. Juni 2004. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Download: https://edudoc.educa.ch/static/web/arbeiten/harmos/weissbuch_d.pdf [07.05.2019]

EDK (2011): Die interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) vom 14. Juni 2007. Kommentar, Entstehungsgeschichte, Instrumente. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Download: www.edk.ch/dyn/23211.php [07.05.2019]

EDK (2013): Überprüfung der Erreichung der Grundkompetenzen. Konzept. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Download: https://edudoc.ch/record/107770/files/PB_grundkompetenzen_d.pdf [07.05.2019]

EDK (2018): Medienmitteilung zur Verschiebung des Publikationstermins der Ergebnisse zur Überprüfung der Grundkompetenzen. Bern: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Download: https://edudoc.ch/record/130617/files/pb_ugk_verschiebung_publikationstermin_d.pdf [07.05.2019]

Herzog, Walter (2018): Kompetenzen für die Zukunft? Eine Kritik am Lehrplan 21. In: Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften, 40, S. 503-519.

Ravitch, Diane (1995): National Standards in American Education. A Citizens’ Guide. Washington: The Brookings Institution.

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