Maturitätsquote - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Tue, 26 Jul 2022 20:23:48 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Maturitätsquote - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Die Akademisierung nimmt groteske Züge an – ein Interview mit Professor Mathias Binswanger https://condorcet.ch/2022/07/die-akademisierung-nimmt-groteske-zuege-an-ein-interview-mit-professor-mathias-binswanger/ https://condorcet.ch/2022/07/die-akademisierung-nimmt-groteske-zuege-an-ein-interview-mit-professor-mathias-binswanger/#comments Thu, 21 Jul 2022 08:57:30 +0000 https://condorcet.ch/?p=11080

Der BAZ-Journalist Sebastian Briellmann führte mit Professor Mathias Binswanger ein längeres Interview über die Folgen einer Akademisierung unserer Ausbildungsgänge. Mathias Binswanger (59) ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Zusätzlich lehrt er als Privatdozent an der Universität St. Gallen, ist Publizist und Autor mehrerer Bücher. Er hatte seinerzeit auch an der lehrplankritischen Broschüre "Einspruch" mitgewirkt.

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Sebastian Briellmann, Journalist bei der BAZ: Aber was sollen denn Schüler anders tun, als eine Matur zu machen?

Mathias Binswanger, was ist für Sie Mittelmass?

Das Fehlen von Originalität, Fähigkeiten, aber auch von Interesse. Aber ich ahne, auf was Sie hinauswollen …

Sie haben kürzlich gesagt: «Wir machen aus potenziell guten Handwerkern mittelmässige Akademiker.» Was heisst das konkret?

Wir wollen immer mehr Studenten, die dann einen Bachelor- oder einen Masterabschluss machen. Das klappt de facto aber nur, indem wir das Niveau senken. Wir fördern deshalb nicht Exzellenz, sondern Mittelmass. Lehrpläne und Studienpläne strotzen heute von grossartig formulierten Kompetenzen, doch in Wirklichkeit sind das oft leere Worthülsen.

Mathias Binswanger (59) ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Zusätzlich lehrt er als Privatdozent an der Universität St. Gallen, ist Publizist und Autor mehrerer Bücher. Er hat auch in der lehrplankritischen Broschüre “Einspruch” mitgewirkt.

Die Hochschulen sagen aber: Dank unserer Ausbildung fördern wir die Exzellenz …

Natürlich wird an Hochschulen auch Exzellenz gefördert, aber das gilt nicht für die Mehrheit. Es ist ein Trugschluss, wenn man glaubt, dass Bildung allein für gute Leistungen im späteren Beruf ausreicht. Es braucht auch Talent und Fähigkeiten, die nicht alle haben. Erst wenn Bildung auf Fähigkeit und Motivation trifft, kann daraus auch Exzellenz werden.

An einer Hochschule, so mein Verständnis, sollte die Spitze vertreten sein. Was bedingt, dass Akademiker in der Minderheit sein müssen, da dies ein Qualitätsmerkmal ist. Warum wird derart in die Breite verwässert?

Das beginnt schon mit den Fehlanreizen im Bildungssystem. Der Bund zahlt die Universitäten und Fachhochschulen nach Anzahl der Studenten und Abschlüsse. Also geht es diesen darum, möglichst viele Studenten mit möglichst vielen Abschlüssen zu haben. Das klappt aber nur, wenn man weniger streng als die Konkurrenz ist. So nivelliert sich das Niveau nach unten.

Aber ist es nicht ein hehres Anliegen: möglichst viel Bildung für möglichst alle …

Bildung an sich ist etwas Positives. Nur haben wir heute zu viel in die Bildung hineininterpretiert und glauben, alle Probleme mit Bildung lösen zu können. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die sich mit Bildung gut vermitteln lassen: etwa, wie man eine Präsentation macht. Sobald es aber um analytische Fähigkeiten geht, spielen auch die Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. Es gibt heute eine Tendenz, oberflächliche Pseudokompetenz zu vermitteln. Doch kaum fragt man einmal genauer nach, wie man auf bestimmte Resultate kommt oder warum ein bestimmtes Argument gilt, wird das Eis dünn.

Aber was sollen denn Schüler anders tun, als eine Matur zu machen – und danach zu studieren? Es heisst immer: Ohne Hochschulabschluss hat man es auf dem Arbeitsmarkt schwer …

Letztlich befinden wir uns in einem Teufelskreis, den wir selbst geschaffen haben und weiter bewirtschaften. Weil die Anforderungen in vielen Berufen ansteigen, glaubt man, höhere Qualifikationen für ausgeschriebene Stellen verlangen zu müssen. Dies führt dazu, dass sich die Berufschancen für Menschen mit einer Berufslehre verschlechtern. Also streben auch Jugendliche mit guten handwerklichen oder technischen Fähigkeiten eine akademische Ausbildung an. Dadurch verschlechtert sich die Qualität der verbleibenden Lehrlinge, was wiederum dazu führt, dass Unternehmen höhere Bildungsanforderungen bei der Stellenausschreibung setzen.

Das ist doch grotesk. Vertreter aus vielen Ländern strömen seit Jahren in die Schweiz, weil sie sagen: Euer duales System, das ist unsere Idealvorstellung, wir wollen uns mindestens angleichen.

Ja, es ist schizophren. Einerseits sind wir stolz auf unser duales Bildungssystem. Andererseits haben wir Angst, den Anschluss an das Ausland zu verpassen, und befürchten, dass junge Menschen aus der Schweiz ohne akademische Ausbildung keine Chance haben. Diese Angst ist aber verfehlt. Schauen Sie mal, in welchen Berufen zurzeit ein Fachkräftemangel herrscht: Pflegefachpersonal, Elektromonteure, Verkaufsberater, Software-Entwickler, Schreiner, Köche, Gärtner, Polymechaniker. Da braucht es Praktiker mit ganz speziellen Fähigkeiten. Und die eignet man sich am besten «on the job» über eine Berufslehre an.

    «Es zeigt sich, dass vor allem Länder mit hohen Maturitätsquoten eine hohe Jugendarbeitslosigkeit besitzen.»

Heute muss eine angehende Kindergärtnerin allerdings einen «Bachelor of Arts in Preprimary und Primary Education» machen, und ein künftiger Hauswart studiert «Facility Management» …

In gewissen Bereichen nimmt die Akademisierung groteske Züge an. Wer studiert, weiss noch lange nicht, wie man mit kleinen Kindern umgeht. Praxiserfahrung ist da viel wichtiger als das Verfassen einer mit Inhalten aus dem Internet zusammengeschusterten Bachelorarbeit. Und den Dozenten, welche diese Arbeiten betreuen müssen, fehlt die Zeit, sie wirklich zu lesen – weil ihr dafür vorgesehenes Zeitbudget nicht ausreicht. So mühen sich angehende Kindergärtnerinnen in einem Studium ab – statt den Umgang mit Kindern in der Praxis zu erlernen.

Praxiserfahrung ist da viel wichtiger als das Verfassen einer mit Inhalten aus dem Internet zusammengeschusterten Bachelorarbeit. Und den Dozenten, welche diese Arbeiten betreuen müssen, fehlt die Zeit, sie wirklich zu lesen

Viele sind nicht mehr in der Pflege tätig, sondern landen in der Pflegebürokratie.

Diese Fälle sind bekannt. Aber: Sind das Ausnahmen, oder ist das die Regel?

Sie werden immer mehr zur Regel. Und ich erkenne noch einen anderen Nachteil. Nehmen wir das Beispiel des Pflegepersonals: Wie wir seit der Pandemie wissen, ist der Mangel gross. Also versucht man, Abhilfe zu schaffen, indem man bessere Bildungsperspektiven bietet. Doch die Pflegerinnen, die dann einen Bachelor machen, sind danach meist nicht mehr in der Pflege tätig, sondern landen in der Pflegebürokratie. Gleichzeitig bleibt der Mangel an Personal an der Pflegefront bestehen, ohne dass die Löhne wirklich ansteigen.

Mich erinnert dieser Trend immer an südeuropäische Länder mit Maturitätsquoten von 70, 80 Prozent. Wieso eifern wir einem solchen Vorbild nach?

Es zeigt sich, dass vor allem Länder mit hohen Maturitätsquoten eine hohe

Hohe Maturitätsqute = hohe Jugendarbeitslosigkeit

Jugendarbeitslosigkeit besitzen. Das liegt auch daran, dass ein grösserer Teil der Maturanden nachher gar kein Hochschulstudium abschliesst und nicht auf eine praktische Tätigkeit vorbereitet ist. Also enden die Jugendlichen häufig in der Arbeitslosigkeit. Auch bei uns besteht die Gefahr einer Entwicklung in diese Richtung. Wir haben die Tendenz, in der Schweiz Dinge zeitlich verzögert umzusetzen, die sich im Ausland nicht bewährt haben.

Das knüpft an eine feurige Debatte in den letzten Wochen an, über den Wert eines universitären Studiums. Im Fokus standen die Geisteswissenschaften. Nach Kritik einer Dozentin brach ein Shitstorm über sie los, weil sie zugespitzte Aussagen gemacht hat. Aber eine inhaltliche Debatte gab es nicht. Fühlten sich da viele ertappt?

Nein, eine inhaltliche Debatte hat nicht wirklich stattgefunden, da sich die Dozentin zum Teil sehr ungeschickt geäussert hat. Eine generelle Kritik an Studenten von Geisteswissenschaften ist verfehlt. Es ist auch nicht wirklich klar, was Kosten und Nutzen eines bestimmten Studiums sind. Werden der Allgemeinheit Kosten aufgebürdet, wenn Akademiker nach einem Studium der Geisteswissenschaften Teilzeit oder gar nicht arbeiten? Oder geben Teilzeit-Akademiker wichtige Bildung an ihre Kinder weiter, weil sie mehr Zeit für diese haben? Und sparen wir dadurch Kosten für Fremdbetreuung? Das muss man ganzheitlich anschauen.

Wie lautet Ihr inhaltliches Fazit?

Es gibt deutlich mehr Studenten in Geisteswissenschaften als etwa in technischen Studiengängen. Die Anforderungen sind weniger streng. Ein angehender Ingenieur muss ziemlich viel leisten, und das Studium ist hart. Es gibt viel Mathematik und Physik: Fächer, die bei einer Mehrheit wenig Begeisterung hervorrufen. Diese Studiengänge werden dann nur von einer Minderheit absolviert, die auch die entsprechenden Fähigkeiten und das Interesse hat.

   «Eltern mit akademischer Ausbildung schämen sich geradezu, wenn es den eigenen Kindern ‹nur› für eine Lehre reicht.»

Könnte dieser Überhang auch daran liegen, dass viele nach der Matur gar nicht genau wissen, was sie machen sollen? Da bietet sich natürlich zu Recht eher ein Geschichtsstudium an als eines der Nanowissenschaften …

Natürlich, und damit sind wir wieder beim Problem, dass wir immer mehr Jugendliche ans Gymnasium schicken.

Besonders bei Akademikern …

So ist es. Eltern mit akademischer Ausbildung schämen sich geradezu, wenn es den eigenen Kindern «nur» für eine Lehre reicht. Das ist eine Statusfrage. Dahinter verbirgt sich oft auch Unkenntnis über unser heutiges Bildungssystem. Die Entstehung der Fachhochschulen hat die späteren Berufsmöglichkeiten mit einer Lehre stark erweitert. Wer heute nach einer Lehre studieren will, dem stehen über die Berufsmatura und ein Fachhochschulstudium alle Wege offen.

Als mittelmässiger Absolvent eines Wirtschaftsstudiums habe ich mehr Respekt vor einem Handwerker, der danach ein eigenes Geschäft eröffnet. Warum haben wir die Hochachtung vor dem KMU-Unternehmertum verloren? Wir sprechen ja immer noch davon, dass KMU die tragenden Säulen der Schweiz sind.

Wo immer möglich, betont die Politik die Wichtigkeit der KMU für die Schweizer Wirtschaft. Doch im heutigen Bildungsalltag spielen diese oft nur eine untergeordnete Rolle. Wir kreieren einen Hype um Start-ups und Spin-offs von Universitäten – und vergessen dabei, dass gerade die «normalen» KMU in der Schweiz entscheidend zur Innovationsfähigkeit unseres Landes beitragen.

In Wirklichkeit haben die ganzen Reformen vor allem zum Aufbau von Potemkinschen Dörfern und zum Ausbau einer Bildungsbürokratie beigetragen.

Diese ganzen Diskrepanzen, über die wir sprechen: Gründen diese auf politischem Versagen? Die Politik ist es, die die zahlreichen Reformen durchgeboxt hat.

Ja, wie es ein früherer Rektor der Universität St. Gallen einmal formuliert hat: Man muss nicht begründen, wieso man eine Reform macht, sondern, wieso man keine macht. Politiker schwärmen vom Lehrplan 21 oder von der KV-Reform. Man hat das Gefühl, dass man mit Reformen Probleme löst. In Wirklichkeit haben die ganzen Reformen vor allem zum Aufbau von Potemkinschen Dörfern und zum Ausbau einer Bildungsbürokratie beigetragen.

Erzählen Sie.

Wenn ich etwa die im Lehrplan 21 formulierten Kompetenzen für die 7. bis 9. Klasse zum Thema «Märkte und Handel verstehen – über Geld nachdenken» anschaue, dann muss ich sagen: Da wäre ich froh, wenn unsere Studenten an der Fachhochschule diese Kompetenzen hätten. Als Kompetenzen formulierte Lernziele animieren dazu, grossartige Worthülsen zu basteln, um damit neue Bildungsfiktionen zu errichten.

 

Wenn die Maturitätsquote immer weiter steigt, dann werden Aufnahmeprüfungen und Tests unumgänglich – für Maturanden und für Lehrlinge.

Das ist ein genereller Trend. Auch im KV, der beliebtesten Ausbildung der Schweiz, lösen Kompetenzen die Schulfächer ab. Künftig wird Small Talk unterrichtet anstatt Rechnungswesen. Wo soll das enden?

Ich will nicht dramatisieren, im internationalen Vergleich ist das Schweizer Bildungssystem immer noch gut. Aber wir tragen diesem System zu wenig Sorge und werten es klammheimlich selbst immer mehr ab.

Aber es ist doch schon so, dass davon nicht auszugehen ist: Es ist von Bildungsgerechtigkeit die Rede, in Basel-Stadt auch von der Migration …

Das ist so. Unter dem Deckmantel «Bildung für alle» werden die Universitäten immer mehr zu überfüllten Masseninstitutionen. Dies führt dann dazu, dass ein Studium an einer Durchschnittsuniversität nicht mehr viel gilt. Es kommt zur Bildung von Eliteuniversitäten.

Es kommt zur Bildung von Eliteuniversitäten. Wie in den USA.

Wie in den USA?

Genau. Es entsteht dann ein noch viel elitäreres Bildungssystem, bei dem nur noch das Studium an einer Eliteuniversität wirklich zählt.

Die Politik will aber nicht reagieren. Aufnahmeprüfungen für den Übertritt ins Gymi oder ein Numerus clausus bei den meisten Studiengängen: Das ist verpönt.

Solange wir ein bestimmtes Bildungsniveau mit einer Matura garantieren können, brauchen wir das gar nicht. Doch wenn die Maturitätsquote immer weiter steigt, dann werden weitere Prüfungen und Tests sowohl für Maturanden als auch für Lehrlinge unumgänglich. Wir beobachten schon heute, dass Unternehmen ihre Lehrlinge gern aus ländlichen Regionen rekrutieren, wo die Zahl der Gymnasiasten geringer und die Durchschnittsqualität der Lehrlinge besser ist.

Sebastian Briellmann ist Autor der Basler Zeitung. Dieses Interview ist zuerst in der Basler Zeitung erschienen

 

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Grosse Unterschiede bei der Anzahl der Maturabgänger/-innen https://condorcet.ch/2022/03/grosse-unterschiede-bei-der-anzahl-der-maturabgaenger-innen/ https://condorcet.ch/2022/03/grosse-unterschiede-bei-der-anzahl-der-maturabgaenger-innen/#respond Thu, 17 Mar 2022 06:00:39 +0000 https://condorcet.ch/?p=10697

Die Anzahl Schüler/-innen, welche ihre Schulausbildung mit der Matura abschliessen, variiert von Kanton zu Kanton stark: Während beispielsweise im ländlichen Kanton Glarus gerade mal 12.2% die Matura bestehen, sind es im Universitätskanton Basel-Stadt 29.8% und im Baselbiet 22.9%. Spitzenreiter ist Genf mit 33.7%. Saskia Olsson von der Starken Schule beider Basel ordnet diese Zahlen ein.

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Saskia Olsson: Es liegt natürlich nicht an der unterschiedlichen Intelligenz.

Die Unterschiede liegen natürlich nicht daran, dass in gewissen Kantonen prozentual intelligentere Schüler/-innen wohnen, sondern sind abhängig von Aufnahmeprüfungen, der Gestaltung des Unterrichts und den unterschiedlichen Anforderungen, welche die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten erfüllen müssen.

Viele Deutschschweizer Kantone selektionieren früher

In der Deutschschweiz wird oft früher und schärfer selektioniert als in der französisch sprechenden Schweiz. Ziel ist es, nur Schüler/-innen ans Gymnasium zuzulassen, die später auch eher ein Universitätsstudium erfolgreich absolvieren können. So hat beispielsweise Baselland die Aufnahmebedingungen fürs Gymnasium vor wenigen Jahren verschärft. Lernende, denen man ein Studium nicht zutraut, werden entsprechend frühzeitig in ein leistungsschwächeres Niveau eingeteilt.

In der Westschweiz hingegen – wo der Anteil der Maturanden/-innen wesentlich höher ist – wird diese frühe Trennung auf der Sekundarstufe 1 weniger vollzogen. Diese unterschiedliche Denkweise zeigt sich auch daran, dass an Deutschschweizer Universitäten ein Numerus clausus bestanden werden muss, um Medizin zu studieren. In der Westschweiz wird hingegen darauf verzichtet.

Grosse Unterschiede

Gymnasialreform wird zu einer Annäherung führen

Mit der anstehenden Gymnasialreform wird u.a. beabsichtigt, die heute stark unterschiedlichen Quoten durch verbindliche Unterrichtsvorgaben anzunähern. Da das Autonomiebedürfnis der einzelnen Kantone jedoch gross ist, werden die Differenzen wohl nie ganz verschwinden. Obwohl die Unterschiede bei der Aufnahme ans Gymnasium fragwürdig sind, sorgt am Ende trotzdem das System für einen Ausgleich: In Kantonen mit einer hohen Quote brechen viele Studierende ihre Ausbildung vorzeitig ab. In Kantone mit einer tiefen Quote schliessen prozentual mehr Studentinnen und Studenten ihr Studium erfolgreich ab.

Saskia Olsson
Vorstand Starke Schule beider Basel

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Gymnasiale Maturität: Anforderungen modernisieren, nicht verwässern https://condorcet.ch/2021/03/gymnasiale-maturitaet-anforderungen-modernisieren-nicht-verwaessern/ https://condorcet.ch/2021/03/gymnasiale-maturitaet-anforderungen-modernisieren-nicht-verwaessern/#respond Tue, 23 Mar 2021 10:32:46 +0000 https://condorcet.ch/?p=8066

Klare Aussagen des schweizerischen Dachverbandes zur Reform der gymnasialen Maturität. Wir bringen hier eine Zusammenfassung eines längeren Positionspapiers.

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Rudolf Minsch, economiesuisse: Die Erhöhung der Maturitätsquote ist keine gute Idee.

Aktuell finden in verschiedenen Kantonen Aufnahmeprüfungen für die Gymnasien statt, und entsprechend werden auch wieder Stimmen laut, die Maturitätsquote sei schweizweit anzuheben, um die Chancengleichheit zu verbessern. Dies und die laufenden Bemühungen zur Reform der gymnasialen Maturität nimmt economiesuisse zum Anlass, zwei Dossierpolitik vorzulegen, die das Thema
umfassend aufgreifen.

Vor über 25 Jahren wurden die national geltenden Rahmenbedingungen für die Gymnasien das letzte Mal umfassend reformiert. Der universitäre Alltag der Erstsemester-Studierenden war damals ein anderer als heute. Sie hatten oftmals noch keinen E-Mail-Account, und die Universität kommunizierte nur in seltenen Fällen über diesen Kanal. Die Vorlesungsunterlagen mussten im Studentenladen in ausgedruckter Form gekauft werden oder in extra eingerichteten Kopierzimmern vervielfältigt werden. Für Seminararbeiten und Ähnliches wurde vor allem vor Ort in verschiedenen Bibliotheken recherchiert. Recherchieren von zu Hause aus im Internet, das heute in den meisten Studiengängen der Normalfall ist, war die Ausnahme.
Nicht nur im Studium, sondern auch im Alltag hat die Digitalisierung in den letzten 25 Jahren zu massiven Veränderungen geführt. Es ist höchste Zeit, dass die Reglemente und Lehrpläne der Gymnasien an die heutigen Lebensrealitäten angepasst werden, damit die beiden Bildungsziele der Gymnasien – die «allgemeine Studierfähigkeit» und die «vertiefte Gesellschaftsreife» – weiterhin erreicht werden können.

Es geht hinauf

Den prüfungsfreien Hochschulzugang sicherstellen

Das geltende Maturitätsanerkennungsreglement (MAR / MAV) und der Rahmenlehrplan werden momentan von der Schweizerischen Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) und dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) reformiert. economiesuisse begrüsst, dass die Matura an die heutigen Anforderungen angepasst wird. Nur so kann der prüfungsfreie
Zugang aus den Gymnasien zu den Hochschulen erhalten bleiben. Dieser Besonderheit des schweizerischen Bildungssystems muss Sorge getragen werden.

Informatik als Grundlagenfach

Im heute publizierten Dossierpolitik zur Maturitätsreform fordert der Wirtschaftsdachverband unter anderem, dass der Studien- und Berufswahlunterricht in allen Gymnasien verbindlich Einzug halten soll. Zudem soll Informatik ein Grundlagenfach werden. Aber auch auf eine Stärkung der Pflichtfächer legt die Wirtschaft grossen Wert, damit die Basisfähigkeiten gründlich erlernt werden. Demgegenüber sind zum Ende der gymnasialen Ausbildung hin mehr Freiheiten im Unterricht anzustreben, damit auch die Selbst- und Sozialkompetenzen und interdisziplinäres Arbeiten optimal gefördert werden können. economiesuisse fordert ausserdem schweizweit vergleichbare Abschlüsse mit einheitlichen Grundstrukturen und verbindlichen Zielen.

Höhere Maturitätsquote schwächt die duale Berufsbildung

Erhöhung der Maturitätsquote schadet dem dualen System.

Die genannten Reformen sollten nicht zum Ziel haben, die Maturitätsquote zu erhöhen, wie das immer wieder gefordert wird. Denn nicht nur der prüfungsfreie Zugang von den Gymnasien an die Hochschulen ist eine erhaltenswerte Besonderheit des Schweizer Bildungssystems, sondern auch die breite Auswahl an Berufslehren dank der dualen Berufsbildung. Eine Erhöhung der Maturitätsquote wäre keine gute Antwort auf die immer höher werdenden Anforderungen in der Berufswelt. Die exzellente Qualität der Berufsbildung und der weiterführenden Ausbildungen (beispielsweise an Höheren Fachschulen und Fachhochschulen) ist eine zentrale Stütze der Innovationskraft und
Leistungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft, die die Versorgung mit qualifizierten und arbeitsmarktnah ausgebildeten Fach- und Führungskräften sicherstellt.

Die Eltern müssen unbedingt stärker in den obligatorischen Berufswahlunterricht miteinbezogen werden, sowohl an den Sekundarschulen wie auch an den Langzeitgymnasien.

Diese Stärke muss mittels einer stetigen Weiterentwicklung der Berufslehren und der weiterführenden Aus- und Weiterbildungen beibehalten werden. Dazu soll unter anderem die Durchlässigkeit zwischen den Bildungswegen weiter gefördert werden. Ausserdem müssen die Eltern unbedingt stärker in den
obligatorischen Berufswahlunterricht miteinbezogen werden, sowohl an den Sekundarschulen wie auch an den Langzeitgymnasien. Mit diesen und weiteren im neu veröffentlichten Dossierpolitik «Duale Berufsbildung stärken statt Gymnasium verwässern» vorgestellten Massnahmen kann für die Qualität des Schweizer Bildungssystems mehr getan werden als mit einer Verwässerung der Anforderungen an den Gymnasien, die schliesslich den prüfungsfreien Zugang zu den Universitäten infrage stellen.

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