Ralf Lankau - Condorcet https://condorcet.ch Bildungsperspektiven Sat, 25 Nov 2023 21:20:42 +0000 de-DE hourly 1 https://condorcet.ch/wp-content/uploads/2019/05/favicon-100x100.png Ralf Lankau - Condorcet https://condorcet.ch 32 32 Einseitige Fixierung auf Digitaltechnik in Kitas und Grundstufe stoppen https://condorcet.ch/2023/11/einseitige-fixierung-auf-digitaltechnik-in-kitas-und-grundstufe-stoppen/ https://condorcet.ch/2023/11/einseitige-fixierung-auf-digitaltechnik-in-kitas-und-grundstufe-stoppen/#respond Wed, 22 Nov 2023 19:55:10 +0000 https://condorcet.ch/?p=15338

Digitalisierung gilt derzeit im Bildungsbereich für alle Altersstufen als zeitgemässe Lösung von Bildungsfragen. Tatsächlich sind die Wirkungen und Nebenwirkungen digitaler Medien auf Entwicklungs-, Lern- und Bildungsprozesse wissenschaftlich oft ungeklärt. Condorcet-Autor Ralf Lankau hat einen Aufruf mitinitiiert, der aufgrund der neusten Studien und Erkenntnisse ein Moratorium einer einseitigen Fixierung auf die Digitaltechnik fordert.

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Digitalisierung gilt derzeit im Bildungsbereich für alle Altersstufen als zeitgemäße Lösung von Bildungsfragen. Tatsächlich sind die Wirkungen und Nebenwirkungen digitaler Medien auf Entwicklungs-, Lern- und Bildungsprozesse wissenschaftlich oft ungeklärt. Vielmehr verdichten sich die wissenschaftlichen Hinweise auf enorme Nachteile und Schäden für die Entwicklungs- und Bildungsprozesse von Kindern und

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau, Condorcet-Autor und einer der Initiatoren des Aufrufs Bild: Lankau

Jugendlichen durch digitale Medien. Im Sinne der Fürsorgepflicht öffentlicher Bildungseinrichtungen fordern wir daher ein Moratorium der Digitalisierung insbesondere der frühen Bildung bis zum Ende der Unterstufe (Kl. 6): Es müssen zuerst die Folgen der digitalen Technologien abschätzbar sein, bevor weitere Versuche an schutzbefohlenen Kindern und Jugendlichen mit ungewissem Ausgang vorgenommen werden. Diese haben nur ein Leben, nur eine Bildungsbiografie und wir dürfen damit nicht sorglos umgehen. Zu untersuchen sind insbesondere Fragen der medizinisch-psychologischen, der pädagogisch-didaktischen und der politisch-demokratietheoretischen Implikationen. Zu den wissenschaftlich fundierten Einsprüchen zählt etwa die Stellungnahme von fünf Professorinnen und Professoren des schwedischen Karolinska-Instituts. Sie warnen vor negativen Auswirkungen von Bildschirmmedien auf das Lernen und die Sprachentwicklung von Kindern. Der U.S. Surgeon General warnt vor den Folgen für die generelle mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen durch längere Nutzungsdauer und das immer frühere Einstiegsalter bei Bildschirmmedien. Das korrespondiert mit Untersuchungen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Empfehlungen von Kinderärzten und Psychologen. Die UNESCO kritisiert im „2023 Global Education Monitor“ darüber hinaus, dass bei aktuellen IT-Konzepten für Bildungseinrichtungen nicht das Lernen und der pädagogische Nutzen im Mittelpunkt stünden, sondern wirtschaftliche Interessen. Dazu kommen immer mehr Datenverarbeitungssysteme, die als „Künstliche Intelligenz“ (KI) automatisiert beschulen und testen sollen, um fehlende Lehrkräfte zu ersetzen. Dabei hat zuletzt die Corona-Pandemie das Scheitern solcher Ersatzsysteme belegt. Der

Vielmehr verdichten sich die wissenschaftlichen Hinweise auf enorme Nachteile und Schäden für die Entwicklungs- und Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien. Im Sinne der Fürsorgepflicht öffentlicher Bildungseinrichtungen fordern wir daher ein Moratorium der Digitalisierung insbesondere der frühen Bildung bis zum Ende der Unterstufe.

Deutsche Ethikrat warnt daher in seinen Empfehlungen zur „KI und Bildung“ explizit vor der Ersetzung der Lehrkräfte durch Computerprogramme, die UNESCO empfiehlt den Umgang mit KI erst ab 13 Jahren. Es ist daher dringend notwendig, die einseitige Fixierung auf Digitaltechnik in KITAs und Schulen zu revidieren, um interdisziplinär und wissenschaftlich fundiert, mit Fokus auf Entwicklungs-, Lern- und Bildungsprozesse über IT und KI in Bildungseinrichtungen zu diskutieren. Bei Erziehung und Unterrichten muss das Wohl der Lernenden und die Wirksamkeit pädagogischen Handelns im Mittelpunkt stehen. Dazu fordern wir ein Moratorium und den öffentlichen Diskurs über die notwendigen pädagogischen Prämissen des Einsatzes digitaler Medien in Bildungseinrichtungen.

Prof. Dr. Volker Bank, Technische Universität Chemnitz, Professur für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, Chemnitz

Prof. Dr. med. Jürg Barben, Leitender Arzt Pneumologie/Allergologie, Ostschweizer Kinderspital, St. Gallen

Prof. Dr. Peter Bender, Universität Paderborn, Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik, Paderborn

Prof. em. Dr. Carl Bossard, Gründungsrektor Pädagogische Hochschule PH Zug

Dr. Jutta Breithausen, Bergische Universität Wuppertal, Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften,Institut für Erziehungswissenschaft, Wuppertal

Prof. Dr. Ute Büchter-Römer, apl. Professorin an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln

Prof. Dr. Thomas Damberger, Bildungs- und Erziehungswissenschaften im Kontext der Digitalisierung, Freie Hochschule Stuttgart

Prof. Dr. Karl-Heinz Dammer, Pädagogische Hochschule Heidelberg, Institut für Erziehungswissenschaft

Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs, Karl-Jaspers-Professor für Philosophie und Psychiatrie, Psychiatrische Universitätsklinik, Heidelberg

Dr. med. Dr. h.c. Michaela Glöckler, Kinder-und Jugendärztin

Prof. Dr. Johannes Grebe-Ellis, Universitätsprofessur für Physik und ihre Didaktik, Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften, Bergische Universität Wuppertal

Prof. Dr. Bernhard Hackl, Karl-Franzens-Universität Graz, Institut für Schulpädagogik, Abteilung Schulpädagogik, Graz

Prof. Dr. Gaby Herchert, Universität Duisburg-Essen, Fakultät für Geisteswissenschaften,Germanistik, Duisburg

Prof. Dr. Norbert Hungerbühler, Departement Mathematik, ETH Zentrum, HG E63.1, Rämistrasse 101, CH-8092 Zürich

Universitätsprofessor a.D., Dr. rer. pol. Hans-Carl Jongebloed, Universität Kiel, Institut für Pädagogik, Lehrstuhl für Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Prof. Dr. Rainer Kaenders, Mathematisches Institut, Hausdorff Center for Mathematics, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn

Dr. Beat Kissling, Psychologe und Erziehungswissenschaftler/Gymnasiallehrer, Zürich

Prof. em. Dr. Hans Peter Klein, Didaktik der Biowissenschaften, Goethe Universität Frankfurt

Prof. Dr. Jochen Krautz, Bergische Universität Wuppertal, Fakultät für Design und Kunst

Prof. em. Dr. Hans-Dieter Kübler, Professor für Sozial-, Kultur- und Medienwissenschaften, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg

V.i.S.d.P.: Gesellschaft für Bildung und Wissen e.V., Web: https://bildung-wissen.eu Wissenschaftler fordern Moratorium der Digitalisierung in KITAs und Schulen 3 | 9

PD Dr. Axel Bernd Kunze (Univ. Bonn)

Prof. Dr. Volker Ladenthin, Arbeitsbereich Bildungswissenschaft, Lehrstuhl für Historische und Systematische Erziehungswissenschaft, Bonn

Prof. Dr. phil. Ralf Lankau, Fakultät Medien, HS Offenburg

Hon.Prof. Dr. Christoph Möller, Chefarzt, Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Psychotherapie und Psychosomatik, Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover

Prof. Dr. Jürgen Rekus, Institut für Allgemeine Pädagogik, Universitätsbereich im Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe

Prof. Dr. Ingo Reuter, Kulturwissenschaften, Univ. Paderborn

Prof. i. R. Dr. Christian Rittelmeyer, Professor für Erziehungswissenschaft am Pädagogichen Seminar der Universität Göttingen

Dr. Klaus Rodens, Kinder- und Jugendarzt, Angertorstr. 6, 89129 Langenau

Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski, Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht, Universität zu

Köln, Köln

Prof. Dr. Thomas Sonar, Institut Computational Mathematics, AG Partial Differantial Equations PDE, Technische Universität Braunschweig, Braunschweig

Prof. Dr. med. Dr. phil. Manfred Spitzer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III

Prof. Dr. Gertraud Teuchert-Noodt, Neurobiologin, ehem. Universität Bielefeld

Prof. Dr. Christoph Türcke. em. Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig

Prof. Dr. Anke Wegner, Institut für Germanistik, Didaktik der deutschen Sprache/Deutsch als Zweit- und Fremdsprache, Universität Trier

Prof. Dr. Ysette Weiss, Institut für Mathematik, AG Fachdidaktik Mathematik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz

Prof. em. Dr. Dr.h.c Erich Ch.Wittmann, Projekt Mathe 2000, Technische Universität Dortmund

Prof. Dr. Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik, Universität

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Und wieder ruft der (Ro)Bot, grüßt das Murmeltier https://condorcet.ch/2023/04/und-wieder-ruft-der-robot-gruesst-das-murmeltier/ https://condorcet.ch/2023/04/und-wieder-ruft-der-robot-gruesst-das-murmeltier/#comments Sat, 08 Apr 2023 15:26:33 +0000 https://condorcet.ch/?p=13646

Im November 2022 hat das US-Unternehmen OpenAI den Textgenerator ChatGPT frei zugänglich ins Netz gestellt. Seither wurde ein regelrechter Hype um diese und vergleichbare Anwendungen inszeniert. Im März 2023 veröffentlichten mehr als 1000 Experten und Wissenschaftler aus der Tech- und KI-Forschung einen Offenen Brief, der ein Moratorium und den sofortigen Stopp der öffentlichen Experimente mit KI-Bots wie ChatGPT, Dall-E-2 und ähnlichen Bots fordert. Condorcet-Autor Ralf Lankau nimmt diesen Aufruf zur Kenntnis, kann ihm auch einiges abgewinnen, deckt aber auch die grundsätzlichen Widersprüche dieser kritischen Stimmen auf.

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Seit ein paar Monaten scheint es in der Netzwelt und bei ihren Apologeten und Propagandisten, aber auch in den Medienkanälen nur noch ein Thema zu geben: (Ro)Bots wie ChatGPT oder Bard, Dall-E 2, Stable Diffusion und ähnliche Programme, die automatisiert Texte, Bilder, Präsentationen oder Videos anhand von Sprach- oder Texteingaben (sogenannten „Prompts“) generieren. Generative KI bedeutet, kurz gefasst, dass IT-Systeme mit vorhandenen Daten (Texte, Audiodateien, Bildern etc.) trainiert werden, darin Muster erkennen und mit Hilfe vom Mustererkennung, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik (das ist die Basis von KI) digitale Artefakte generieren, das heißt aus vorhandenen Bausteinen Neues zusammenstellen. Die Ergebnisse sind ähnlich zu dem, was Menschen erzeugen. Zum Teil sind die automatisierten Ausgaben der Programme nur schwer oder gar nicht von dem zu unterscheiden, was Menschen machen, wie z.B. die Diskussionen zu automatisiert generierten Prüfungsleistungen in (Hoch)­Schulen zeigen.

Hier geht es um das Prinzip. Statt selbst etwas zu schreiben oder zu gestalten, gibt man nur noch Anweisungen. Ein Programm liefert vermeintlich gültige Ergebnisse.

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: Es werden Doppelstrukturen geschaffen.
Bild: Lankau

Das gelingt, weil menschliche Zeichensysteme wie z.B. Verbal- oder Programmiersprachen, Kompositionstechniken der Musik oder der visuellen Gestaltung Regelsysteme sind, die sich auf den Ebenen von Syntax (Regelsystem für den Sprachaufbau), Grammatik (systematische Analyse der Struktur des Zeichensystems und Regeln für die Kombinatorik der Elemente zu korrekten Sätzen, Aussagen oder Kompositionen) und Semantik (Bedeutungslehre der Zeichen) analysieren lassen. Die Regelhaftigkeit medialer Systeme ist die notwendige Voraussetzung, um sie digital abzubilden. Regeln lassen sich mathematisch formulieren und hierarchisieren. Mit Hilfe solcher Regelsysteme lassen sich Texte, Code oder audiovisuelle Kompositionen berechnen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit „echt“ wirken. Technische Details sind vielfach beschrieben. (1) Hier geht es um das Prinzip. Statt selbst etwas zu schreiben oder zu gestalten, gibt man nur noch Anweisungen. Ein Programm liefert vermeintlich gültige Ergebnisse. Begeistert wird über Leistungsfähigkeit und das Leistungsspektrum dieser Anwendungen berichtet (was der Bot alles kann), über technische Parameter (Terrabyte an Trainingsdaten, eine Billion und mehr Parameter etc.) und behauptet, dass jetzt endlich der Durchbruch der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ gelingen könne.

Endlich vor allem, weil die IT-Monopole des Silicon Valley dringend etwas Neues brauchen, dass man den Nutzerinnen und Nutzern verkaufen, mit dem man sie noch fester an sich binden kann.

Endlich, weil es bereits der dritte Versuch ist, mathematischen Modelle als Intelligenz zu etablieren.(2) Auf den Hype folgt regelmäßig die Ernüchterung (die sogenannten KI-Winter). Endlich vor allem, weil die IT-Monopole des Silicon Valley dringend etwas Neues brauchen, das man den Nutzerinnen und Nutzern verkaufen, mit dem man sie noch fester an sich binden kann. Der Offene Brief kritisiert daher nicht die Prinzipien und Anwendungen der KI, sondern die vorzeitige Kommerzialisierung ohne existierende Regelwerke für den Einsatz und die notwendige Begrenzung von KI-Anwendungen. Die Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 folgte ja der Logik des Wettbewerbs. Microsoft versucht, durch die Integration von ChatGPT in seine Suchmaschine „Bing“ Google Marktanteile bei Werbeplätzen abzunehmen.

Die Suche nach dem New Big Thing heißt: Das erste Smartphone kam 2007 auf den Markt, der mittlerweile selbst mit Zweit- und Drittgeräten gesättigt ist. Es gibt Millionen von Apps, für jede nur denkbare Aufgabe ein paar hundert oder tausend Lösungen. Auch das Geschäft mit nur “sozial” genannten Medien, das Nutzerdaten sammelt, um Werbung zu schalten und vor allem die Betreiber der Plattformen reich macht, stagniert. Es fehlen neue Ideen. Jetzt sollen diese Bots die User wieder an die Bildschirme bringen. Und es funktioniert. Wer hat noch nicht mit ChatGPT gechattet, sich Texte oder Gedichte schreiben lassen, Bilder mit Dall-E oder Stable Diffusion generiert?

Diese Techniken und ihre Anwendungen werden durch den Offenen Brief nicht generell in Frage gestellt, sondern nur der „unsachgemäße Umgang“ als Kehrseite der Medaille thematisiert.

Die KI-Leitsätze von Asilomar

Ausgerechnet jetzt gibt es aber Einspruch, zudem von Menschen, die diese Techniken entwickeln und ihre Potentiale als zukunftsweisend propagieren. Diese Kritiker sind keine Ludditen (Maschinenstürmer), sondern überzeugte Entwickler und Nutzer moderner Technologien. Viele sind assoziiert mit dem Future of Life-Institute, das sich laut Homepage zur Aufgabe macht, „transformative Technologien weg von extremen, groß angelegten Risiken und hin zum Nutzen des Lebens zu lenken.“ Drei Technologien hätten „weitreichende Folgen für alles Leben auf der Erde“: Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und die Kerntechnik. Diese Techniken und ihre Anwendungen werden durch den Offenen Brief nicht generell in Frage gestellt, sondern nur der „unsachgemäße Umgang“ als Kehrseite der Medaille thematisiert:

„Bei richtiger Handhabung könnten diese Technologien die Welt in einer Weise verändern, die das Leben wesentlich verbessert, sowohl für die heute lebenden Menschen als auch für alle, die noch geboren werden müssen. Sie könnten eingesetzt werden, um Krankheiten zu behandeln und auszurotten, demokratische Prozesse zu stärken und den Klimawandel abzumildern oder sogar aufzuhalten.

Bei unsachgemäßem Umgang könnten sie das Gegenteil bewirken. Sie könnten zu katastrophalen Ereignissen führen, die die Menschheit in die Knie zwingen und uns möglicherweise sogar an den Rand des Aussterbens treiben.“ (https://futureoflife.org/about-us/)

Die Kritiker berufen sich mit ihrem Brief auf die 2018 formulierten KI-Leitsätze von Asilomar, bei denen in 27 Punkten Richtlinien formuliert wurden. (3) Diese Grundsätze formulieren eine Ideologie des Technikdeterminismus und Utilitarismus, die vom Glauben an Fortschritt und Machbarkeit geprägt sind. Malte Rehbein (2018) und die Vereinigung Deutscher Wissenschaft haben in einer Stellungnahme zu ethischen, politischen und rechtlichen Fragen der Erforschung, Entwicklung und Anwendung von KI die Grundsätze als nicht weitreichend genug kritisiert.

„Unsere Prüfung der Prinzipienkatalogen hat ergeben, dass diese der Logik einer erfolgreichen Gefahrenabwehr nicht gerecht werden. Würde die Einhegung der K.I. lediglich der Expertise der Asilomar-Prinzipien folgen, würde aus unserer Sicht, ein Risiko in existentieller Größenordnung in Kauf genommen, welches zu anderen Gefährdungen der Menschheit gleichrangig zu sehen ist und für die die Notwendigkeit und Logik unbedingter präventiver Gefahrenabwehr bereits akzeptiert ist.“ (VDW 2018, S. 2)

Im Silicon Valley herrscht typischerweise eine positivistische Philosophie des Solutionism (vom englisch „Solution“ für Lösung).Versprochen wird „Weltverbesserung“ durch Big Data und IT. Alle gegenwärtigen und sogar die Probleme zukünftiger Generationen ließen sich mit KI lösen.

Die gegensätzlichen Positionen (Asilomar Grundsätze zu KI vs. Stellungnahme der VDW) charakterisieren prototypisch gegensätzliche Sichtweisen und Wissenschaftskulturen. Im Silicon Valley herrscht typischerweise eine positivistische Philosophie des Solutionism (vom englisch „Solution“ für Lösung ).Versprochen wird „Weltverbesserung“ durch Big Data und IT. Alle gegenwärtigen und sogar die Probleme zukünftiger Generationen ließen sich mit KI lösen. Die Studiengruppe der VDW fordert hingegen eine „breite, zielgerichtete, gesellschaftliche und wissenschaftliche Diskussion“ in der Tradition der Technikfolgeabschätzung (TA), bei der nicht nur Befürworter und deren Verbände und Unternehmen zu Wort kommen, sondern die notwendige Multiperspektivität und eine qualifizierte, mehrheitliche, nicht zuletzt demokratisch legitimierte Zustimmung, Vorsorge und letztlich auch die notwendige Kontrolle sicher zu stellen  sei:

“Als problematisch wird von der VDW-Studiengruppe vor allem angesehen, dass die Prinzipien auf Basis einer (impliziten) exklusiven Utopie-Prämisse entstanden sind, die davon ausgeht, dass grundsätzlich eine grenzenlose Technologieentwicklung bzw. -anwendung möglich ist, die nur in Einzelfällen einer Regulierung bedarf. (…)

Es bedarf effektiver staatlicher (und multilateraler) Strukturen und Sanktionsmechanismen, um sicherzustellen, dass K.I. jederzeit kontrollierbar ist. Dies gilt für alle Phasen von F+E und Anwendung. Vor allem Markteinführungen dürfen erst nach Abschluss hinreichender Sicherheitsbewertungen erfolgen. Hierbei sind beispielsweise umfangreiche Prüfungen in lebensnahen Szenarien notwendig. Technische Expertise ist dabei unterstützend erforderlich, darf aber ebenso wenig wie wirtschaftliche Interessen maßgeblichen Einfluss in Regulierungsfragen haben. Auch bedarf es einer technisch informierten, umfassenden, weltweit funktionierenden, demokratischen Kontrolle von Forschung und Entwicklung in diesem Bereich.“ (VDW 2018, 26ff)

Was Deutschland (und Europa) derzeit fehlt, ist der ergebnisoffene, interdisziplinäre Diskurs anstelle des fortschrittsgläubigen Technikdeterminismus und Utilitarismus.

Interdisziplinäre Diskussion

Was Deutschland (und Europa) derzeit fehlt, ist der ergebnisoffene, interdisziplinäre Diskurs anstelle des fortschrittsgläubigen Technikdeterminismus und Utilitarismus. KI kann demokratische Gesellschaften und Strukturen untergraben und manipulieren, wie der Einfluss von digitalen Medien als Propagandainstrument beim Brexit oder den US-Wahlkämpfen (Stichwort Cambridge Analytics) gezeigt hat oder aktuell der Einsatz von TikTok als Propagandainstrument im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine belegt.

In demokratischen Staaten entscheiden (noch?) die gesetzgebenden Institutionen darüber, welche Techniken eingesetzt und wie deren Einsatz beschränkt werden muss. Investoren wie Peter Thiel fordern dagegen gewohnt marktradikal und libertär die Abschaffung der staatlichen Einrichtungen und Demokratie.  „I no longer believe that freedom and democracy are compatible“(4). Stattdessen sollen IT-Unternehmen die Gesellschaft steuern (die Daten dafür haben sie, mehr als jede rechtsstaatliche Institution sammeln darf). Die Reduktion von Freiheit auf unternehmerische Freiheit war schon 2009 Thiels Credo und korrespondiert mit Aussagen von Larry Page, der fordert, IT-Unternehmen müssten über dem Gesetz stehen dürfen:

“Es gibt eine Menge Dinge, die wir gern machen würden, aber leider nicht tun können, weil sie illegal sind. Weil es Gesetze gibt, die sie verbieten. Wir sollten ein paar Orte haben, wo wir sicher sind. Wo wir neue Dinge ausprobieren und herausfinden können, welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft haben.” (Larry Page, zit. n. Keese 2014, S. 219 f.)

Rechenzentren als schwimmende Städte in internationale Gewässer  auslagern, wo nur noch internationales Seerecht gilt?

Der Vorschlag, Rechenzentren als schwimmende Städte in internationale Gewässer auszulagern, wo nur noch internationales Seerecht statt nationalstaatlicher Gesetze gelten, wurde bislang nicht realisiert. Dafür experimentieren Microsoft und OpenAI derzeit mit ChatGPT und anderen Bots in einem offenen Feldversuch, welche Auswirkungen durch KI sich beobachten lassen. Die Bevölkerungen werden zu Beta-Testern, ohne Rücksicht auf die Folgen für Individuen wie Gemeinschaft. Daher der Ruf nach einem Moratorium und die Diskussionen über Regeln und Grenzen für solche Anwendungen.

Diskussionsbedarf und Gegenstimmen

Einige Stimmen gibt es bereits. Der Deutsche Ethikrat hat sich aktuell für die strikte Begrenzungen bei der Verwendung von Künstlicher Intelligenz u.a. in Medizin (Kap.5) und Bildung (Kap. 6) ausgesprochen. KI dürfe den Menschen nicht ersetzen, der Einsatz von KI müsse menschliche Entfaltung erweitern, nicht vermindern. Softwaresysteme verfügten weder über Vernunft noch würden sie selbst handeln und könnten daher auch keine Verantwortung übernehmen, so Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. (Ethikrat 2023).

Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie und Technikethik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestags, sprach schon 2019 von der „Gretchenfrage“, die zu stellen sei, und fordert zur reflektierten Gegenwehr gegen Machtbestrebungen auf:

»Wir müssen ernsthaft die Frage stellen: Wer sind die Macher der KI, wer verbreitet die Erzählungen und wer will hier eigentlich seine Werte und Interessen hinter einem vermeintlichen Technikdeterminismus verstecken? Denn auch in der Welt mit KI dient Technikdeterminismus einer Ideologie der Mächtigen. Er verschleiert, dass jede KI gemacht wird, von Menschen in Unternehmen und Geheimdiensten, nach deren Interessen, Werten und Weltanschauungen« (Grunwald 2019)

Italien sperrt als erstes europäisches Land ChatGPT im Netz.

Italien sperrt als erstes europäisches Land ChatGPT im Netz und lässt selbst für Erwachsene nur noch eine eingeschränkte Nutzung  zu. Der Grund: Verstöße gegen den Daten- und Jugendschutz. Es gäbe keine angemessenen Filter oder Sperren für Kinder unter 13 Jahren, die selbst nach den Geschäftsbedingungen des Anbieters die Software nicht nutzen dürfen. Auch würde Nutzerinnen und Nutzern nicht mitgeteilt, welche Informationen über sie gespeichert würden. Das seien eklatante Verstöße gegen die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO), die mit einer Strafe von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes geahndet werden könne.  Die italienischen Behörden haben eine Frist von 20 Tagen zur Behebung der Missstände gesetzt.(5) Die Datenschutzverordnung gilt seit Mai 2018 in allen Ländern der EU, auch in Deutschland.

Ex-Präsident Obama: Der Staat ist aufgefordert, IT-Konzerne in die Pflicht zu nehmen.

Selbst der ehemalige amerikanische Präsident, Barack Obama, der für seine Wahlkämpfe um das Amt des US-Präsidenten in den Jahren 2008 und 2012 sehr erfolgreich Facebook nutzte, referierte im April 2022 (nach vier Jahren Regierung Trump, in denen das destruktive Potential von Fake-News und populistischen Medien zum Sturm auf das Parlament in Washington geführt hatte), vor Studierenden in Stanford über ausgeblendete Folgen der Netztechnologien. Desinformation durch Social Media-Kanäle sei eine Bedrohung für die Demokratie. Der Staat sei aufgefordert, IT-Konzerne in die Pflicht zu nehmen und zum Wohl und Schutz der Bevölkerung zu regulieren, übrigens auch zum Nutzen der Unternehmen selbst.

„Während sich die Unternehmen anfangs immer beschweren, dass die Vorschriften die Innovation abwürgen und die Industrie zerstören, ist es in Wahrheit so, dass ein gutes regulatorisches Umfeld in der Regel die Innovation fördert, weil es die Messlatte für Sicherheit und Qualität höher legt.“ (Obama, 2022)

Der Gouverneur von Utah, Spencer Cox, hat zwei Gesetze unterzeichnet, die die Social-Media-Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen stark einschränken. Die beiden Gesetze (Senate Bill 152 und House Bill 311) definieren u.a. ein Nutzungsverbot zwischen 22.30 Uhr und 6.30 Uhr, verlangen Altersnachweise, verbieten Werbung an Minderjährige und die Verwendung von Designelementen oder Funktion, die bei Minderjährigen eine Abhängigkeit von (Social)Media-Plattformen verursachen. Die Sperrung von Konten von Minderjährigen in Suchergebnissen wird ebenso Pflicht wie das Verbot von Direktnachrichten von Externen an Kinder, zwei Funktionen, die zur Kontaktaufnahme mit Kindern missbraucht werden.

„Wir sind nicht länger bereit, zuzulassen, dass Social-Media-Unternehmen die psychische Gesundheit unserer Jugend schädigen. (…) Utah ist führend, wenn es darum geht, Social-Media-Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen – und wir werden in nächster Zeit nicht nachlassen. (…)  Helfen Sie uns, unsere Kinder vor den Gefahren der sozialen Medien zu schützen.“ (Utah 2023) (https://socialmedia.utah.gov/; dt. siehe Lankau 2023).

In Deutschland hingegen hat sich in der Ampelkoalition die kleinste Fraktion mit ihrer vernunftfreien Parole des „Digital first. Bedenken second“ durchgesetzt.

Deutschland im Vernunft-Winter (6)

In Deutschland hingegen hat sich in der Ampelkoalition die kleinste Fraktion mit ihrer vernunftfreien Parole des „Digital first. Bedenken second“ durchgesetzt. Auf 177 Seiten des Koalitionsvertrags vom Dezember 2021 steht fast 270 Mal der Begriff „digital“ in allen nur denkbaren Varianten, ohne auch nur zwischen Infrastruktur, Diensten und Folgen für den Einzelnen wie die Gemeinschaft zu differenzieren. Es ist die gleiche Naivität und Unbedarftheit, die unter dem Begriff der „Technologieoffenheit“ Deutschlands Ansehen in Brüssel beschädigt, um einer sehr kleinen Gruppe von sehr wohlhabenden Autofahrern das Fahren mit Verbrennungsmotoren und E-Fuels zu ermöglichen. Klientelpolitik schlägt Verantwortung für Gemeinschaft und Gemeinwohl. Das konsequente Ausblenden der technischen wie wirtschaftlichen Zusammenhänge beim Auf- und Ausbaus der IT-Infrastruktur und Netzwerke ist offenbar die Konstante einer Technikbegeisterung, die sich von einer „Bundesagentur für Sprunginnovationen“ (7) bis zu bloggenden Lehrern aufzeigen lässt, die mal schnell vom „Ende vom Lernen wie wir es kennen“ (8) phantasieren und publizieren, „warum und wie Lehrkräfte das Tool [ChatGPT; RL] schon jetzt für den Unterricht und für ihre Vorbereitungen nutzen können“.

Es wird ignoriert, dass eine Applikation mit intransparenter, sich permanent ändernder Datenbasis und ebenso intransparenten Algorithmen für die Auswahl und Zusammenstellung der automatisierten Antworten als Lehr- und Lernmedium ungeeignet ist. Schülerinnen und Schüler haben ein Recht darauf, in der Schule Fakten und Zusammenhänge zu lernen, die sich nicht zufällig nach Datenbestand und derzeitigen Parametern von Algorithmen ändern und bei denen sich Inhalte nach den jeweiligen Interessen der Anbieter ein- und ausblenden und beliebig in Rankings verschieben lassen. Solche Bots eignen sich im Unterricht allenfalls als Anschauungsmaterial für das Generieren von nur nach Wahrscheinlichkeitsparametern berechneten, eben: generischen Inhalten. Neben falschen Antworten halluzinieren (erfinden) aktuelle Bots Fakten und Daten, wenn sie keine Antwort geben können statt die Antwort zu verweigern. (Menge-Sonnentag 2022; Weiß 2023 u.a.) Das sind Logik- und Programmierfehler, wobei die Entwickler dieser komplexen Systeme oft selbst nicht mehr wissen, was die Programme tun. Es ist das bekannte Phänomen des Zauberlehrlings, der etwas anstößt und nicht mehr stoppen kann, einer der Gründe für die Forderung nach einem Moratorium.

Wer (noch) nichts weiß, kann nicht wissen, ob etwas richtig oder was falsch ist.

ChatGPT & Co. sind Beispiele dafür, welche Form von Applikationen sich weder für die Recherche noch für das Lehren und Lernen eignen. In Bildungseinrichtungen wird ja erst die Basis für valides Wissen gelegt. Wer (noch) nichts weiß, kann nicht wissen, ob etwas richtig oder was falsch ist. Das ist so selbstverständlich wie trivial. Lassen Sie sich probeweise einen Text von einem sehr guten Übersetzungsprogramm wie Deep-L in ein Sprache übersetzen, die Sie nicht beherrschen. Wie wollen Sie das Ergebnis überprüfen? Es gilt das Matthäus-Prinzip: Wer (Vorwissen) hat, dem wird (ein hilfreiches Werkzeug) gegeben. Aber nur Wissende können das Ergebnis fachlich beurteilen und ggf. korrigieren. Alle anderen müssen: glauben.

Zu vermitteln ist daher in Bildungseinrichtungen der Umgang mit seriösen Informationsbeständen in analogen wie digitalen (Fach)Bibliotheken, das Arbeiten mit relevanten Fachinformationsdiensten und mit Medien von Bildungsservern, Fachverlagen und Berufsverbänden. Nicht das technische Format der Materialien und Medien ist entscheidend, sondern die Seriosität der Anbieter. Für Schulen kommt ohnehin nur von Fachleuten erstelltes und von den Kultusministerien der Länder für den Unterricht freigegebenes Material in Frage.

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, mit der sie entstanden sind“

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, mit der sie entstanden sind“ soll Albert Einstein gesagt haben. Es bedeutet, dass man die Frage, wie mit IT und KI umgegangen werden soll, nicht (nur) Informatikern, Ingenieuren und Technikern überlassen darf, die diese Systeme und Infrastruktur entwickelt haben.(9) Gefragt sind interdisziplinäre ethische, gesellschaftliche und politische Diskussion, wer Techniken wie KI und Bots für was einsetzen darf, wer die Grenzen des Zulässigen definiert, wer die Einhaltung der Regeln kontrolliert und ggf. sanktioniert. Das sind in demokratischen Staaten die verfassungsgemäßen Organe, an die sich auch international agierende IT-Unternehmen halten müssen. Andernfalls bestimmen sehr wenige, sehr reiche Männer mit ihren Partikularinteressen und ihrem autokratischen, zum Teil irrationalen Verhalten, wie gesellschaftsverändernde Technologien das Zusammenleben bestimmen (sollen).

Hier sei daher in aller Deutlichkeit formuliert: Wir müssen aufhören, von Digitalisierung, digitaler Transformation und Digitalität zu sprechen als sei (Digital)Technik etwas, was man notwendig nutzen, an das man sich anpassen und deren Logik man sich unterordnen müsse. Diese Form des Fatalismus, exemplarisch vermittelt unter dem Stichwort „Kultur der Digitalität“ (Stalder 2016) blendet vorsätzlich und wissentlich aus, dass hinter den Entwicklungen von „smarten“ (d.h. datenbasierten) Technologien Menschen und Unternehmen mit konkreten wirtschaftlichen Interessen stehen.

„Ganz konkret ist, frei nach Immanuel Kant, das Austreten aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit des Nachplapperns technikdeterministischer Erzählungen angesagt“ (Grunwald 2019).

Die Aufgabe demokratischer Staaten, ihrer Institutionen und der Bürgerinnen und Bürger ist es, die rechtlichen, kulturellen, sozialen und technischen Rahmenbedingungen für eine (digitale) Souveränität zu erarbeiten. Das Erfreuliche: Es gibt Alternativen. Für das Web hat das der „Vater des Web“ und Professor am MIT in Massachusetts, Tim Berners-Lee, bereits 2019 mit seinem „Contract for the Web“ (10) formuliert, der alle Beteiligten in die Pflicht nimmt:

„Das Web wurde entwickelt, um Menschen zusammenzubringen und Wissen frei verfügbar zu machen. Jeder Mensch hat die Aufgabe, sicherzustellen, dass das Web der Menschheit dient. Indem sie sich den folgenden Grundsätzen verpflichten, können Regierungen, Unternehmen und Bürger weltweit dazu beitragen, das offene Web als öffentliches Gut und Grundrecht für jeden Menschen zu schützen. (https://contractfortheweb.org/de/252-2/)

Für KI und Bots sind solche Prämissen erst zu formulieren. Das fordert das Moratorium, dabei helfen Stellungnahmen des Ethikrats und der VDW, ergänzt um weitere Positionen aus Politik, Kultur und Wissenschaft. Das ist anstrengend und erfordert einen intensiven, interdisziplinären Diskurs. Aber genau das ist notwendig und konstituierend für den Einsatz von Technologien in Demokratien.

 

Anmerkungen

1    Z.B. Helmut Linde (2023) Künstliche Intelligenz: So funktioniert ChatGPT, Golem, veröffentlicht am 6.2.23; https://www.golem.de/news/kuenstliche-intelligenz-so-funktioniert-chatgpt-2302-171644.html und Thomas van Bosch (2023) From Eliza to ChatGPT: the stormy development of language models; https://communities.surf.nl/en/artificial-intelligence/article/from-eliza-to-chatgpt-the-stormy-development-of-language-models (5.2.2023); Thomas van Osch (2022) Artificial Intelligence (Latest update: 17 januari 2023); From Eliza to ChatGPT: the stormy development of language models;  https://communities.surf.nl/en/artificial-intelligence/article/from-eliza-to-chatgpt-the-stormy-development-of-language-models (1.4.2023)

2    Kybernetik (Norbert Wiener) und Artificial Intellgence (John McCarthy und Dartmour-Conference, 1956), Expertensysteme in den 1980er Jahren,  KI-Systeme und Bots heute.

3    AI Principles, https://futureoflife.org/open-letter/ai-principles/; deutsch: https://futureoflife.org/open-letter/ai-principles-german/ (31.3.23)

4    Thiel, Peter (2009) The Education of a Libertarian, April 13, 2009; http://www.cato-unbound.org/2009/04/13/peter-thiel/education-libertarian (1.4.23)

5    Tagesschau (2023) Künstliche Intelligenz: Italien sperrt ChatGPT; https://www.tagesschau.de/ausland/europa/italien-chatgpt-ki-101.html (31.3.23)

6    KI-Winter werden die Phasen genannt, in denen Kybernetik und KI nicht promotet, Professuren nicht mehr besetzt, Inhalte nicht oder unter anderen Titeln gelehrt werden.

7    Siehe: https://www.sprind.org/de/ Lesen Sie den “Leitfaden Sprunginnovationen” (https://www.sprind.org/cms/uploads/Leitfragen_Sprunginnovationen_2022_DE_79a6003f75.pdf) und beantworten Sie mit dem Onlineformular für Förderanträge (https://www.sprind.org/de/neues-projekt/) die Fragen 1-17, darunter die Frage 3: „Wie würde eine Welt aussehen, in der Ihre potentielle Sprunginnovation erfolgreich umgesetzt wurde? Inwiefern verändert sich z.B. unser Leben oder das bestehende Marktgefüge?“ Wichtig: Nur vollständig ausgefüllte Formulare werden bearbeitet!Das ist keine Persiflage. Es ist das Resultat, wenn eine Bundesagentur den Silicon-Valley-TedTalk-StartUp-Slang kopiert. Zugleich entlarvt die Frage in nur einem Satz die „bessere Welt“-Propaganda als kommerziell und marktgetrieben

8    https://deutsches-schulportal.de/kolumnen/chatgpt-das-ende-vom-lernen-wie-wir-es-kennen/ (1.4.23)

9    Die Corona-Pandemie hat exemplarisch gezeigt, wie einseitig auch die wissenschaftlich fundierte Beratung durch Experten ist, wenn nur z.B. Virologe und Epidemiologen befragt werden und die Expertise über die Bedeutung von Kontaktverboten, Schulschließungen durch Pädiater, Psychologen, Soziologen u.a. ausbleibt.

10 Contract for the Web: https://contractfortheweb.org/

Literatur und Quellen

Ethikrat (2023) Veröffentlichung der Stellungnahme ‚‚Mensch und Maschine – Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz“ mit PDF-Downloads der Empfehlung, Illustration, Statements und PM, 20. März 2023, https://www.ethikrat.org/pressekonferenzen/veroeffentlichung-der-stellungnahme-mensch-und-maschine/  (20.03.2023)

Future of life-Institute (2023)Pause Giant AI Experiments: An Open Letter; https://futureoflife.org/open-letter/pause-giant-ai-experiments/

Grunwald, Armin (2019) Gretchenfrage 4.0, in: SZ vom 26.12.2019, S. 9

Keese, Christoph (2014) Silicon Valley. Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt, München: Penguin

Lankau, Ralf (2023) Die Botschaft des Gouverneurs; https://xn--die-pdagogische-wende-91b.de/die-botschaft-des-gouverneurs/ ; Originaltext engl.: https://socialmedia.utah.gov/ (24.3.23)

Menge-Sonnentag, Rainald (2022) Kommentar: ChatGPT – keine Intelligenz, keine Panik!, Heise online: “Sprachmodelle neigen zum Halluzinieren: Was sie nicht wissen, erfinden sie. Meta musste Galactica schon nach kurzer Zeit wieder zurückziehen, da das mit 48 Millionen Abhandlungen und Forschungsdokumenten trainierte Modell überzeugende, scheinbar wissenschaftliche Texte erzeugt hatte, die jedoch frei erfunden waren.”, https://www.heise.de/meinung/Kommentar-zu-ChatGPT-Keine-Intelligenz-keine-Panik-7392906.html (2.4.23)

Obama, Barack (2022)  Disinformation Is a Threat to Our Democracy. Tech platforms need to recognize that their decisions have an impact on every aspect of society; Vortrag am 21.4.2022, Stanford University; https://news.stanford.edu/2022/04/21/disinformation-weakening-democracy-barack-obama-said/ (24.4.2022)

Rehbein, Malte (2018) Die „Asilomar AI Principles“ zu Künstlicher Intelligenz, in: Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V., Heft 1/2018, S. 24-26; https://www.fiff.de/publikationen/fiff-kommunikation/fk-2018/fk-2018-1/fk-2018-1-content/fk-1-18-p24.pdf (31.3.2023)

Seising, Rudolf (2021) Es denkt nicht. Die vergessene Geschichte der KI, Frankfurt: Büchergilde

Stalder, Felix (2016) Kultur der Digitalität, Berlin: Suhrkamp

Utah 2023: Utah Protecting Minors Online,  (https://socialmedia.utah.gov/; (dt. und Kommentar siehe Lankau 2023, https://die-pädagogische-wende.de/die-botschaft-des-gouverneurs/ (2.4.23)

Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW 2018) Stellungnahme zu den Asilomar-Prinzipien zu künstlicher Intelligenz. Studiengruppe Technikfolgenabschätzung der Digitalisierung; https://vdw-ev.de/wp-content/uploads/2018/05/Stellungnahme-SG-TA-Digitalisierung-der-VDW_April-2018.pdf  (30.3.2023)

Weiß, Eva Maria (2023) Google Suche: Mehr Funktionen, Informationen zu verifizieren. Google möchte Nutzern mehr Möglichkeiten an die Hand geben, Fakten von Fiktion zu unterscheiden. Ein Seitenhieb auf die KI-Halluzinationen? Heise, https://www.heise.de/news/Google-Suche-Mehr-Funktionen-Informationen-zu-verifizieren-8321045.html (2.4.23)

Wiener, Norbert (1948) Cybernetics or Control and Communication in the animal and the machine (dt.: Kybernetik. Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der Maschine, 1963)

 

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Der Elfenbeinturm hisst die weisse Fahne https://condorcet.ch/2023/02/der-elfenbeinturm-hisst-die-weisse-fahne/ https://condorcet.ch/2023/02/der-elfenbeinturm-hisst-die-weisse-fahne/#comments Tue, 07 Feb 2023 20:00:48 +0000 https://condorcet.ch/?p=13077

Condorcet-Autor und Professor Ralf Lankau berichtet uns über unglaubliche Entwicklungen in Sachen Digitalisierung der Schulen in Deutschland. Zu welchen Fehlentscheidungen eine reduzierte statt multiperspektivische Sicht auf Bildungseinrichtungen und die Beteiligten führt, hat man zuletzt in voller Schärfe bei der Corona-Pandemie gesehen.

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Mangelverwaltung statt wissenschaftliche Expertise

Condorcet-Autor Professor Ralf Lankau, Offenburg (D).

Im Frühjahr 2021 hat die Kultusministerkonferenz eine „Ständige Wissenschaftliche Kommission“ berufen, die die Kultusministerien in allen Fragen beraten soll: von der frühkindlichen Bildung bis zur beruflichen Weiterbildung. Berufen wurden ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter der empirischen Bildungsforschung, eine Einseitigkeit, die dem Anspruch des Wissenschaftlichen kaum gerecht wird. Daher verwundert es nicht, dass Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Disziplinen in einem gemeinsamen „Positionspapier zur Weiterentwicklung der KMK-Strategie ‹Bildung in der digitalen Welt›“ ein Gutachten der Kommission zur Digitalisierung kritisierten:

„Die tatsächliche Vielfalt an Forschungsbefunden zur Digitalisierung in Bildung bleibt entsprechend systematisch unberücksichtigt. Dazu zählen, um nur einige Beispiele zu nennen, Beiträge aus der Medienpädagogik, der Bildungsinformatik, der kulturellen und politischen Bildung, der Medienethik, der Kindergesundheitsforschung, der Techniksoziologie oder der Datafizierungsforschung, die insgesamt ebenso zum Feld der für Politik relevanten Bildungsforschungsbereiche gezählt werden müssen.” [1]

Zu welchen Fehlentscheidungen eine reduzierte statt multiperspektivische Sicht auf Bildungseinrichtungen und die Beteiligten führt, hat man zuletzt in voller Schärfe bei der Corona-Pandemie gesehen. Für die Entscheidungsgrundlagen kamen überwiegend Experten der Virologie und Epidemiologie zu Wort, was nicht nur zu massiven Lerndefiziten und psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen führte. Im Nachhinein erwiesen sich auch die empfohlenen Schulschließungen als falsch und unbegründet, vor der nicht nur Pädagogen gewarnt hatten. Die Vielfalt der wissenschaftlich begründeten Perspektiven auf das Schulsystem fehlt auch in der Stellungnahme “Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel“. Sie hat nicht nur zu teils wütenden – gleichwohl berechtigten – Protesten der Lehrerverbände geführt, sondern rein verwaltungstechnische Empfehlungen formuliert.

Schulpolitisches Versagen unter Einfluss der Think Tanks

Das schulpolitische Versagen der Kultusministerien unter dem Einfluss der Think Tanks diverser Stiftungen in den letzten 20 bis 30 Jahren kann man der Kommission nicht anlasten. Aber für die die vorgeschlagenen Verwaltungsakte braucht es keinerlei wissenschaftliche Expertise. Es gibt zu wenig Lehrkräfte an Schulen? Hier die Vorschläge der Kommission:

  • Erschließung von Beschäftigungsreserven bei qualifizierten Lehrkräften, dazu gehört die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung in Anlehnung an das Konzept der Vorgriffsstunden. Angesichts eines prognostizierten Lehrermangels für die nächsten 20 Jahre (!) wirft das die Frage auf, wann die vorgegriffenen Überstunden ausgeglichen werden sollen.
  • Verzicht auf die Reduktion der Unterrichtsverpflichtung aus Altersgründen, und Reduktion der Möglichkeiten zu Teilzeitbeschäftigungen (unabhängig davon, ob verkürzte Arbeitszeit dazu dienen, eigene Kinder oder Angehörige zu betreuen oder beruflichen Belastung geschuldet sind).
  • Abordnung von Lehrkräften an Dienststellen mit besonderem Bedarf. Das fordert von den Lehrkräften nicht nur längere Fahrtzeiten und ggf. Umzüge und soziale Neuorientierung. Zudem unterläuft es das pädagogische Grundprinzip von Beziehung und Vertrauen als Basis von Unterricht in einer Klassen- als Sozialgemeinschaft.
  • Hybridunterricht, bei dem ein Teil der Schülerinnen und Schüler vor Ort ist, während andere Schülerinnen und Schüler, auch aus anderen Schulen, per Video zugeschaltet werden. Dabei hat der durch Corona erzwungen Fernunterricht doch gerade in der Praxis gezeigt, dass diese Form des Unterrichts die schlechteste Variante überhaupt ist. (Sinnvoller sind Präsenzunterricht in kleiner Gruppe im Wechsel oder Online-Sitzungen für alle.)
  • Die Entlastung und Unterstützung qualifizierter Lehrkräfte durch Studierende für das Lehramt. Der Vorschlag ist an sich richtig. Sie sollte aber zu Ende gedacht werden zu einem Dualen Studium mit Unterrichtsbesuchen vom ersten Semester an (Hospitation) und zunehmend eigenverantwortlichen Unterrichtseinheiten (Assistenz und eigene Kleingruppen), damit man in Schulen auf formal nicht (vollständig) qualifizierte Personen und vor allem Quereinsteiger verzichten kann, die in Berufsschulen möglicherweise eine Hilfe sind, in Grundschulen aber ein bereits erkanntes Problem.
  • Erhöhung der Selbstlernzeiten von Schülerinnen und Schüler. Der Vorschlag ignoriert belegte Fakten. Danach sind nur wenige, vor allem ältere Schülerinnen und Schüler dazu überhaupt in der Lage, und für den Lernerfolg kommt es entscheidend darauf an, ob sie zu Haue von einem Elternteil betreut werden können oder nicht. Diese Form von Nicht-Unterricht ist vor allem die effektivste Verstärkung der sozialen Spaltung zu Lasten der Kinder und Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern und/oder mit Migrationshintergrund.
  • Weiterqualifizierung von Gymnasiallehrkräften für andere Schulformen sowie Nachqualifizierung in Mangelfächern. Das schränkt die an sich freie Berufs- und Fächerwahl spätestens dann ein, wenn die (Weiter-)Beschäftigung an den Fachwechsel gebunden wird.
  • Anpassung der Klassenfrequenzen. h. Erhöhung der Klassenstärke, wohl wissend, dass große Klassen anstrengender zu unterrichten sind, Gruppenarbeiten mit vielen Gruppen schwieriger zu betreuen und der Unterricht daher notwendig stärker lehrerzentriert und frontal ausgerichtet sein muss (wie bei Hochschul-Vorlesungen mit hohen Teilnehmerzahlen).
  • Und zu guter Letzt Maßnahmen zur Gesundheitsförderung per Internet: Achtsamkeitstraining und eMental-Health-Angebote.

Ist das noch eine Empfehlung oder bereits Zynismus? Über die Erleichterung über im Ausland erworbene Abschlüsse für das Lehramt kann man streiten, die Entlastung der Lehrkräfte von Organisations- und Verwaltungsaufgaben ist unbedingt zu begrüßen. Allerdings sind gerade diese Aufgeben der empirischen Bildungsforschung, der „datengestützten Schulentwicklung“ und ihrem ständigen Datenhunger geschuldet.[2]

Im Wesentlichen laufen die Vorschläge der Kommission darauf hinaus, dass die heute aktiven Lehrerinnen und Lehrer mehr und länger arbeiten, (noch) größere Klassen betreuen, auf Teilzeit und Stundenreduktion im Alter verzichten und zur Manövriermasse werden, die bei Bedarf abgeordnet werden kann.

Aktive Lehrerinnen und Lehrer als Manövriermasse

Im Wesentlichen laufen die Vorschläge der Kommission darauf hinaus, dass die heute aktiven Lehrerinnen und Lehrer mehr und länger arbeiten, (noch) größere Klassen betreuen, auf Teilzeit und Stundenreduktion im Alter verzichten und zur Manövriermasse werden, die bei Bedarf abgeordnet werden kann. Dafür gibt es bei Überlastung dann ein Online-Achtsamkeitstraining und Supervisionsangebote. Ob man so den Lehrberuf für die nachfolgende Generation attraktiv macht, darf bezweifelt werden.

Als jemand, der selbst fast 40 Jahren in verschiedenen Kontexten von (Hoch)Schule unterrichtet, kann ich mich nur wundern über die einseitige Ausrichtung der Empfehlungen der – akademisch ohne Frage qualifizierten – Kommissionsmitglieder. Neben der fehlenden Unterrichtspraxis der Mitglieder fällt vor allem die Distanz zur Schulpraxis und der heutigen Probleme auf. Seien es die fehlende personelle und sachliche Ausstattung, marode Bauten und Renovierungsstau oder die zunehmende soziale Spaltung durch Armut, Bildungsferne und Medienmissbrauch, (ja, der sozialen Medien), soziales Fehlverhalten u.v.m.

Olaf Köller: Die Kommission befiehlt, die Ministerien folgen.

Dazu kommt Hybris. Die Vorsitzende Felicitas Thiel kann sich nicht vorstellen, dass „Minister die Vorschläge der Kommission einfach ignorieren könnten“. Der Vorsitzende Olaf Köller beharrt darauf, dass die Kommission den Ministern die Themen vorgeben können müsse. Die Ministerien würden „daran gemessen werden, wie frei sie die Kommission arbeiten lassen und was sie aus den Empfehlungen machen. Die erste Stellungnahme, die von den Ministern zerrissen werde, sei das Ende der Idee“, so Köller (zit. nach Schmoll, 2021)[3]. Widerspruch von Seiten der Ministerien ist ebenso wenig vorgesehen wie Kritik von anderen Fachdisziplinen, Verbänden oder Interessenverbänden derjenigen, die in Kitas, Schulen oder Weiterbildungseinrichtungen arbeiten?

Kommission auflösen und Vertreter anderer Professionen berufen

Eine sachliche Bestandsaufnahme der Arbeit der Kommission und der publizierten Papiere lässt zumindest mich zu einem anderen Schluss kommen: Die einzige Empfehlung, die man zu dieser Kommission geben kann, ist, sie in der aktuellen Form aufzulösen und stattdessen Vertreterinnen und Vertreter der unterschiedlichen Professionen (Pädagogen und Medienpädagogen, Sozialarbeiter, Kinder- und Jugendpsychologen, Pädiater, Soziologen, Informatiker u.a.) zu berufen. Und die Kommissionsmitglieder sollten durchaus die Praxis kennen. Die Diskussion in einer multiperspektivisch besetzten Kommission werden sicher anstrengender, aber nur interdisziplinär besetzt kann so eine Kommission in Anspruch nehmen, wissenschaftlich vielfältig zu argumentieren und vor allem ergebnisoffen zu arbeiten. Nur dann kann sie praxisrelevante und praxistaugliche Empfehlungen aussprechen.

27.01.2023: Stellungnahme “Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel”

Der Lehrkräftemangel stellt in den nächsten Jahren eine besondere Herausforderung für die Unterrichtsversorgung und -qualität dar. Vor diesem Hintergrund hat die Kultusministerkonferenz die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) gebeten, Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel vorzulegen. In ihrer Stellungnahme empfiehlt die SWK, den Einsatz qualifizierter Lehrkräfte zu verbessern und den Bedarf zu senken. Die Empfehlungen konzentrieren sich einerseits darauf, das Potenzial qualifizierter Lehrkräfte auszuschöpfen, etwa Teilzeitarbeit zu begrenzen, Lehrkräfte im Ruhestand einzusetzen und Lehrer:innen von Aufgaben jenseits des Unterrichts zu entlasten. Für die Senkung des Lehrkräftebedarfs empfiehlt die Kommission u. a. die Ausweitung von Hybridunterricht und Selbstlernzeiten in der Oberstufe sowie den flexiblen Umgang mit Klassengrößen ab der Sekundarstufe I. Langfristig sind neue Formen der Unterrichtsorganisation und der Ausbildung sowie der Gewinnung von Lehrkräften notwendig, welche die zuvor skizzierten, zeitlich befristeten Notmaßnahmen ablösen sollten.

Download der Stellungnahme als PDF: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2023/SWK-2023-Stellungnahme_Lehrkraeftemangel.pdf

Erfolgreiche individuelle Entwicklungsprozesse über die Lebensspanne sind aus heutiger Sicht ohne die kompetente Nutzung digitaler Medien in Schule, Freizeit und Beruf nahezu unmöglich.

19.09.2022: Gutachten “Digitalisierung im Bildungssystem: Handlungsempfehlungen von der Kita bis zur Hochschule”

Computer in der Kita sind unverzichtbar

Erfolgreiche individuelle Entwicklungsprozesse über die Lebensspanne sind aus heutiger Sicht ohne die kompetente Nutzung digitaler Medien in Schule, Freizeit und Beruf nahezu unmöglich. Das Gutachten „Digitalisierung im Bildungssystem“ der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) beleuchtet für zentrale Bildungsetappen – frühe Bildung in der Kindertagesstätte, allgemeinbildende Schule, berufliche Bildung, Hochschule und daraus folgend für die Lehrkräftebildung – welche Maßnahmen und Strategien in den kommenden Monaten und Jahren umgesetzt werden müssen, um erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse und eine erfolgreiche Teilhabe in einer von Digitalisierung geprägten Lebens- und Arbeitswelt zu ermöglichen. Aus einer Situationsanalyse und der Aufarbeitung des Forschungsstands leitet das Gutachten insgesamt 14 Handlungsempfehlungen ab.

Download Gutachten als PDF: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2022/SWK-2022-Gutachten_Digitalisierung.pdf

Download Zusammenfassung als PDF: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2022/SWK-2022-Gutachten_Digitalisierung_Zusammenfassung.pdf

 

[1]Braun, Tom, Andreas Büsch, Valentin Dander, Sabine Eder, Annina Förschler, Max Fuchs, Harald Gapski, Martin Geisler, Sigrid Hartong, Theo Hug, Hans-Dieter Kübler, Heinz Moser, Horst Niesyto, Horst Pohlmann, Christoph Richter, Klaus Rummler, und Gerda Sieben. 2021. «Positionspapier zur Weiterentwicklung der KMK-Strategie ‹Bildung in der digitalen Welt›». MedienPädagogik, (Statements and Frameworks), 1–7. https://doi.org /10.21240/mpaed/00/2021.11.29.X
[2]Hartong, Sigrid (2018): „Wir brauchen Daten, noch mehr Daten, bessere Daten!“ Kritische Überlegungen zur Expansionsdynamik des Bildungsmonitorings; in Pädagogische Korrespondenz, Heft 58, S. 15 – 30
[3]Schmoll, Heike (2021) Unbequem sollen sie sein. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission soll sich der großen ungelösten Fragen im gesamten Bildungssystem annehmen – obwohl Widerstand der Kultusminister droht. Von Heike Schmoll, FAZ vom 27.05.2021, S. 6; https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/einberufung-der-staewiko-unbequem-sollen-sie-sein-17359753.html (5.2.23)

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Die Welt ist (k)eine Scheibe, Pixel sind kein Pigment oder: Über die Rückbesinnung auf die sinnliche Welt (aisthesis) zur Rückgewinnung der Handlungsfähigkeit in der Realwelt https://condorcet.ch/2022/10/die-welt-ist-keine-scheibe-pixel-sind-kein-pigment-oder-ueber-die-rueckbesinnung-auf-die-sinnliche-welt-aisthesis-zur-rueckgewinnung-der-handlungsfaehigkeit-in-der-realwelt/ https://condorcet.ch/2022/10/die-welt-ist-keine-scheibe-pixel-sind-kein-pigment-oder-ueber-die-rueckbesinnung-auf-die-sinnliche-welt-aisthesis-zur-rueckgewinnung-der-handlungsfaehigkeit-in-der-realwelt/#respond Sat, 08 Oct 2022 14:04:22 +0000 https://condorcet.ch/?p=11808

„Medien strukturieren unsere Wirklichkeitserfahrung.“[1] Von der Schrift über Gutenbergs Buchdruck bis zu Web&App verändern (anfangs immer) „neue“ Medien kommunikative und soziale Strukturen. Aktuell sind für viele Menschen mobile Endgeräte, Web und Apps das „Fenster zur Welt“ – allerdings um den Preis des permanenten Rückkanals für personalisierte Daten[2]. Aus einer technischen Infrastruktur zur Datenübertragung, Kommunikation und Kriegsführung (!) wird ein Kontroll- und Steuerungsinstrument für die Zivilgesellschaft.[3] Weder der „unbeschränkte Digitalkapitalismus nach amerikanischem Vorbild“ noch die „orwellianische Staatsüberwachung“ wie in China[4] sind eine Option für Europa, schon gar nicht für Bildungseinrichtungen. Doch der dominante, vor allem manipulative Einfluss medialer, meist audiovisueller Kommunikation per Web ist als Teil heutiger Lebenswirklichkeit ein notwendiges Thema im Unterricht. Dabei sind Gestaltungsfächer ideal dafür geeignet, übergreifende Bildungsziele wie (Medien-)Mündigkeit, Reflexionsvermögen und Selbstverantwortung zu vermitteln, weil durch die Analyse medialer Artefakte und eigene Gestaltungspraxis der Wechsel von einer passiven Konsumhaltung in den aktiven, diskursiven und emanzipierenden Gestaltungsmodus gelingt.

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau

Fischer oder Fisch im Netz?

Der israelische Historiker Yuval Noah Harari wurde in einem Interview zum Jahreswechsel 2021/22 gefragt, warum er kein Smartphone habe. Die Antwort des Wissenschaftlers, der sich mit den Folgen der Algorithmisierung und Datafizierung menschlichen Verhaltens und den Folgen für Individuum wie Sozialgemeinschaft befasst, ist eindeutig. Er sei nicht naiv und wisse, dass er in einer zunehmend smarten Umwelt[5] auch ohne Smartphone verfolgt werden könne. Es gehe um mehr.

“Der Hauptpunkt ist, Ablenkungen fernzuhalten. Ich weiß, wie schwierig es ist, den Geist zu kontrollieren, konzentriert zu bleiben. Und außerdem: Die Menschen auf der anderen Seite des Smartphones – die klügsten Menschen der Welt – haben in den vergangenen 20 Jahren gelernt, wie man das menschliche Gehirn durch das Smartphone hacken kann. Denen bin ich nicht gewachsen. Wenn ich gegen die antreten muss, werden sie gewinnen. Also gebe ich ihnen nicht meinen Bildschirm, gewähre ihnen keinen direkten Zugang zu meinem Gehirn.”[6]

Der Überwachungskapitalismus ist ein Geschäftsmodell, bei dem Nutzerinnen und Nutzer für angeblich kostenlose Dienste mit ihren Daten zahlen.

Das Einstiegsalter sinkt kontinuierlich.

Das ist eine dystopische, zugleich realistische Feststellung, die von ehemaligen Managern aus dem Silicon Valley von Tristan Harris bis zuletzt Francis Haugen und den Facebook-Files immer wieder bestätigt werden.[7] Die Anbieter kommerzieller digitaler Kanäle arbeiten mit allen erdenklichen Psychotricks, um Nutzerinnen und Nutzer möglichst lang an Display oder Touchscreen zu halten. Nur dann kann personalisierte Werbung geschaltet, das Nutzerverhalten für weitere Einflussnahme ausgewertet und damit Geld verdient werden. Die Mechanismen, die dieses Suchtverhalten generiert, sind ebenso wenig transparent wie die Kriterien, nach denen Inhalte selektiert und angezeigt werden. Die amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff nennt diese Strukturen Zeitalter des Überwachungskapitalismus.[8] Es ist ein Geschäftsmodell, bei dem Nutzerinnen und Nutzer für angeblich kostenlose Dienste mit ihren Daten zahlen. Die Kunden der Big Five der IT des Westens (Alphabet/Google, Amazon, Apple, Meta/Facebook und Microsoft) sind Werbetreibende und politische Parteien, denen ein personalisiertes und dadurch möglichst verlustfreies Schalten von Werbung versprochen wird.[9]

Schlafwandelnd in die Unmündigkeit

Das ist nicht neu. Die Einflussnahme auf Menschen ist das generelle Ziel von Medien, ob Erbauungsschrift, Propagandaplakat oder Lehrfilm. Nur adressiert man heute keine anonymen Zielgruppen, die anhand statistischer Parameter wie Alter, Bildungs- oder Sozialstatus klassifiziert werden, sondern einzelne Personen, deren Verhältnisse, Persönlichkeit, Beruf, Verhalten und Vorlieben man im Detail kennt. Das ist in den USA mittlerweile so perfektioniert, dass sogar Personen im gleichen Haushalt unterschiedliche Wahl- oder Werbespots angezeigt bekommen, nachdem sie an ihren Endgeräten identifiziert wurden. „Wir schlafwandeln in die Überwachung“ resümiert der emeritierte Direktor des Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Gerd Gigerenzer[10] zu dadurch möglichen Social Scoring-Systemen. Wir werden durch “passgenaue Angebote“ sehr gut unterhalten, zugleich medial sediert und infantilisiert, da immer öfter Algorithmen bestimmen, was der oder die Einzelne sieht, liest und hört. Das greift massiv in die Selbstbestimmung des Menschen ein, weshalb der Bundespräsident bereits 2019 auf dem Kirchentag in Dortmund fragte:

“Was bleibt vom Menschen, wenn neue Technologien immer tiefer in unsere Entscheidungen eingreifen, unser Denken lenken, unsere Wünsche formen? Und wie soll Gesellschaft funktionieren, wenn jede Faser von Individualität – längst nicht mehr nur jede Abweichung von der Norm – als Datenpunkt erfasst und in neuen Zusammenhängen verarbeitet wird – bei den einen vom Staat, bei den anderen von privaten Datenriesen?”[11]

Mittlerweile besitzen nahezu 100 Prozent der Kinder und Jugendlichen ein eigenes Handy oder Smartphone.

Die „Rückgewinnung des politischen Raumes, gegen die Verrohung und Verkürzung der Sprache und der Debatten, aber auch gegen die ungeheure Machtkonzentration bei einer Handvoll von Datenriesen aus dem Silicon Valley sei die drängendste Aufgabe“ so Steinmeier. Rückgewinnung bedeutet, dass der politische Raum bereits verloren ist.[12] Für die pädagogische Arbeit ist die Auseinandersetzung mit Strukturen, Mechanismen und Angeboten der Datenökonomie zwingend notwendig, weil mittlerweile nahezu 100 Prozent der Kinder und Jugendlichen ein eigenes Handy oder Smartphone besitzen und selbst Grundschulkindern zumindest stundenweise an Displays spielen oder im Netz surfen.[13] Zudem haben sich die Bildschirmzeiten in der Pandemie deutlich verlängert[14], das Einstiegsalter sinkt kontinuierlich. Übermäßige Mediennutzung führt zu körperlichen und psychischen Fehlverhalten auch im Schulalltag (aggressives Sozialverhalten, Depressionen, Konzentrationsstörungen, Suizidgefährdung, Übergewicht, u.a.[15])

Metrik statt Pädagogik

Überwachungspädagogik: eine Kombination aus digitalen Endgeräten, Netzdiensten und Learning Analytics.

Die am häufigsten konsumierten Dienste sind Videoplattformen, Messenger-Dienste und Computer-Spiele. Diese Anwendungen prägen die Mediennutzung junger Menschen und ihre Anspruchshaltung, etwa die Erwartung sofortiger Rückmeldung des Systems bei korrekten Eingaben (instant gratification[16]). Geprägt werden ebenso Ästhetik, Vorstellungswelten und Wünsche. Die gleichen Mechanismen und digitale Infrastrukturen, die aus Konsumgesellschaften einen Überwachungskapitalismus machen (Netzdienste mit Rückkanal, um Nutzerprofile zu generieren und zu erwünschtem Verhalten zu führen), führen in Schulen zur Überwachungspädagogik: einer Kombination aus digitalen Endgeräten, Netzdiensten und Learning Analytics (Burchard, Lankau 2020). Der Vorsitzende der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (StäWiKo), der Psychologe Olaf Keller, erklärt z.B. im Interview, dass in Kiel eine Software entwickelt werde, die Deutschaufsätze korrigieren könne. „Der Computer wertet automatisch aus, gibt Rückmeldung an Schüler und auch an die Lehrer, denen der Aufsatz mit vorgeschlagenen Lernhilfen zugeleitet wird.[17] Eine Deutschlehrerin oder ein Deutschlehrer wäre entsetzt, wenn alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Aufsätze schrieben. Das wäre Standardisierung des Denkens, wo Phantasie und Gestaltungswille gefordert sind. Es zeigt exemplarisch den Gegensatz zwischen empirischer Bildungsforschung von (meist) Psychologen, die möglichst normierte Lernsettings generieren und automatisiert messen möchte, und pädagogischer Arbeit im Unterricht, die z.B. im Deutsch- und Kunstunterricht eine Vielfalt an unterschiedlichen Ergebnissen als erfolgreiche pädagogische Arbeit betrachtet.

Hier kann (und muss) Gestaltungsunterricht der Gegenpol zur Normierung sein, indem Pluralität und Ergebnisoffenheit für entstehende Arbeiten als Qualität vermittelt wird. Das gilt nicht nur für den Kunstunterricht, sondern gleichermaßen für die Interpretation von Texten oder die Entwicklung von Beurteilungskriterien für Musik- oder Tanz usw. So, wie sich die Sinne nur entwickeln können, wenn sie Unterschiedliches sehen, hören, riechen, schmecken, so kann sich das auch Denken, Bewerten und Urteilen nur entwickeln, wen man sich mit Unterschiedlichem, vielleicht sogar Gegensätzlichem, auseinandersetzt, dafür Begriffe findet und den Diskurs sucht. Die Schulung der Sinne ist zugleich eine Schulung des Differenzierungsvermögen an sich und kann, wenn sich Wortschatz und Reflexionsvermögen begleitend entwickeln, auf Medien oder andere Werke übertragen werden.

Konstruktiver Widerstand

Hier setzt der Kunstunterricht an, der, wie die klassischen Print- und audiovisuellen Medien, das ganze Repertoire an Medienbausteinen (Text, Grafik, Bilder, Audio, Video) nutzt. Strukturen und Mechanismen medialer Kommunikation werden durch die Analyse vorhandener und die Gestaltung eigener Projekte transparent gemacht und von der Ideenfindung bis zur Produktion als gestaltbar erlebt. Dabei sind analoge wie digitale Techniken Werkzeug, Gestaltungsmittel und Zweck. Im Kunstunterricht werden eigene Bild- und Vorstellungswelten mit analogen (und später digitalen) Techniken entwickelt. Der kreative Prozess selbst ist an das Individuum und/oder die Gruppe gebunden. Es wird über Ideen und Entwürfe diskutiert und reflektiert. Die eigene konzeptionelle und praktische Arbeit sensibilisiert für Struktur, Funktion und Botschaften medialer Welten und ist ein emanzipierender Schritt in der Medienrezeption. Gestalten ist eine Form des Erkennens durch das eigene Tun.[18]

Dabei wechselt man bei der Nutzung von Computern zwangsläufig in den „Maschinenmodus“, das heißt, man folgt der Logik von Datenverarbeitungssystemen, sobald man den Rechner einschaltet, Software startet, Werkzeugeinstellungen konfiguriert etc. Das Zeichnen mit einem dünnen oder dicken Pinsel unterscheidet sich am Tablet nur in der eingestellten Pixelzahl für die Werkzeugspitze, nicht in der Größe oder dem Gewicht des Pinsels oder in den Eigenheiten beim Pinselschwung. Pixel sind kein Pigment, haben weder eine physische Konsistenz noch Materialeigenschaften wie Kreide, Gouache oder Öl. Auch das Gefühl für Formate geht verloren, da Briefmarke und Großflächenplakat am gleichen Screen oder Tablet bearbeitet und nach Belieben groß oder klein skaliert werden können. Im Agenturalltag druckt man daher z.B. alle Printpublikationen zur Beurteilung in Originalgröße aus.

Bildbearbeitungs- oder Grafik-Software sind leistungsfähige Werkzeuge für die Produktion. Wer das Handwerk des Gestaltens beherrscht, kann auch mit digitalen Werkzeugen eigene Ideen und Vorstellungen umsetzen, aber es hat eine stark technische Determinante. Wie bei Musikinstrumenten gilt: Man muss damit spielen können, um zu musizieren. Kreativ ist nicht nur der Mensch vor dem Bildschirm. Wer Vorstellungskraft, Phantasie, Spielfreude und Experimentiergeist besitzt, kann analoge wie digitale Werkzeuge und Techniken nutzen, um eigene Ideen zu realisieren. Je höher die Vorbildung im manuellen Gestalten, je ausgeprägter das eigene sinnliche Sensorium, desto eigenständiger setzt man analoge wie digitale Werkzeuge ein. Zugleich führt die eigene gestalterische Arbeit idealiter zu einem Verständnis für Medienwirkungsmechanismen und letztlich Medienmündigkeit.[19]

Perspektiven für eine (Kunst-)Pädagogik nach der Pandemie

Gestaltungsfächer bilden den notwendigen Gegenpol zu den stark utilitaristischen Zielen der empirischen Bildungsforschung.

Die Perspektiven für eine (Kunst)Pädagogik nach der Pandemie ergeben sich somit aus spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die ästhetische Erziehung und musische Bildung vermitteln. Gestaltungsfächer (Kunst, Musik, Theater, Tanz) sind Schulfächer, die besonders stark von Gemeinschaft und Kooperation, von Kommunikation, Kreativität und einer konstruktiven Fehlerkultur leben. Dadurch vermitteln sie Lebens- und Sozialkompetenzen, die in einer komplexen und technisierten Lebenswelt benötigt werden.[20] Gestaltungsfächer bilden zugleich den notwendigen Gegenpol zu den stark utilitaristischen Zielen der empirischen Bildungsforschung, die seit Mitte der 1990er Jahre die Bildungspolitik dominiert und das Lernen vermessen und methodisch systematisieren will: Metrik statt Pädagogik mit dem Ziel der Prognostik zur Lernsteuerung und Prozessoptimierung. Kunstunterricht entzieht sich der Standardisierung und Normierung von Unterricht bereits vom Prinzip her. Der Beruf der Kunstpädagogin bzw. des Kunstpädagogen ist laut Job-Futuromat des IAB zu 0 Prozent (!) automatisierbar[21] und verhindert durch ergebnisoffene Prozesse die Normierung. Weder das Unterrichten noch das Gestalten können digital substituiert und automatisiert werden. Die musisch-ästhetische Erziehung und Bildung stärkt so das Individuum in seiner Eigenart wie die demokratische Gemeinschaften als ein Miteinader in Vielfalt.

Technisch gibt es für alle Unterrichtszwecke, nicht nur für den Kunstunterricht, jede benötigte Software, die sich lokal im Netzwerk und/oder auf Schul-Laptops installieren lässt.[22] Das Akronym für lizenzfreie Software (an Schulen sind Kosten immer ein Argument) heißt „FOSS“: Free and Open Source Software. „Open Source“ bedeutet, dass der Quellcode zugänglich ist (open source) und man nachlesen kann, was die Software genau macht, welche Daten gespeichert und  an wen sie gesendet werden. Das ist bei herstellergebundener (proprietärer) Software nicht möglich.[23]

Nutzerdaten sind zu einer eigenen Währung geworden, mit der man handeln oder nach entsprechenden Hacks Unternehmen oder Individuen erpressen kann.

Entscheidend ist daher ein an sich einfacher, wenn auch radikaler Schnitt: Schulen gehen offline und arbeiten nur im lokalen Intranet (Edge-Computing). Es gibt keinen Rückkanal für Schülerdaten ins Netz, da alle Rechner in der Schule über einen eigenen Server (vor Ort oder beim Provider) verbunden sind und alle Daten auf diesem Server bzw. einem Bildungsserver des Bundeslandes liegen, auf den über eine verschlüsselte Verbindung (Virtual Private Network; VPN) zugegriffen wird kann. Für eventuell notwendige Recherchen im Internet stehen separate Rechner bereit, mit denen man, durch eine Firewall und White List geschützt, nur vorab definierte Onlineadressen aufrufen kann. Was zunächst seltsam klingt – geschlossene und dadurch geschützte digitale Räume, auf die nur die beteiligten Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte Zugriff haben und in denen sie arbeiten können, ohne dass Daten abfließen – ist die notwendige Gegenwehr und Sicherheitsinfrastruktur in einer immer stärker vernetzten Welt. Nutzerdaten sind zu einer eigenen Währung geworden, mit der man handeln oder nach entsprechenden Hacks Unternehmen oder Individuen erpressen kann. Als geschlossenes Netzwerk war und ist z.B. das Apple Design Lab organisiert, damit Apple selbst bestimmen kann, wann neue Produkte gezeigt werden. So sollte auch die Infrastruktur an Schulen organisiert sein.

Lehrkräfte, Präsenz und Dialog statt Kennzahlen

Weitere Parameter sind: Es werden nur absolut notwendige Daten erhoben, gespeichert und nach Nutzung wieder gelöscht. Während Vertreter der Datenökonomie möglichst viele Daten von allen möglichst zentral speichern möchten, haben die Stellschrauben einer nachhaltigen IT im 21. Jh. das Ziel größtmöglicher digitaler Souveränität: dezentrale und datensparsame Datenhaltung, Datenhoheit vor Ort, Transparenz der Algorithmen und sofortige Löschoption nicht mehr benötigter Daten. Wir müssen IT neu denken, heißt das, bevor wir sie in Schulen einsetzen können. Das aktuelle Bildungssystem krankt an den Prämissen der (Daten-)­Ökonomie, dem Ausrichten an Kennzahlen und der Verkürzung auf technisch-informatisches (binäres) Denken. Wer aber den Menschen als nach Bedarf zurichtbares Humankapital oder berechenbares, programmierbares Objekt definiert, verabschiedet sich aus dem bildungspolitischen, demokratischen und humanen Diskurs.

Statt Behaviorismus, Kybernetik und empirischer Bildungsforschung müssen Bildungseinrichtungen sich wieder auf ihre Kernaufgabe des Lehrens und Lernens besinnen, auf Gemeinschaft, Bindung und Vertrauen als Basis pädagogischer Arbeit.

Ziele des Schulleitungssymposiums Schweiz: „eine stärkere Perspektivenorientierung auf Persönlichkeitsentwicklung, Mündigkeit, Förderung von Gemeinschaftssinn, Selbstverantwortung, verantwortungsvolle Partizipation an der Demokratie und achtungsvoller Umgang mit der fragilen Umwelt“

Wir brauchen einen generellen Paradigmenwechsel: Statt Behaviorismus, Kybernetik und empirischer Bildungsforschung (Vermessen statt Unterrichten; Burchardt, Lankau 2020) müssen Bildungseinrichtungen sich wieder auf ihre Kernaufgabe des Lehrens und Lernens besinnen, auf Gemeinschaft, Bindung und Vertrauen als Basis pädagogischer Arbeit. Was dabei auf allen Ebenen fehlt, sind fachlich qualifizierte Lehrkräfte, Schulpsychologinnen, Sozialarbeiter. Wir müssen darum in qualifiziertes Personal und dessen Ausbildung investieren. Auf einem Schulleitungssymposium in der Schweiz wurden bereits 2017 als bildungspolitische Ziele Kriterien einer adäquaten Bildung für eine offene Zukunft formuliert: „eine stärkere Perspektivenorientierung auf Persönlichkeitsentwicklung, Mündigkeit, Förderung von Gemeinschaftssinn, Selbstverantwortung, verantwortungsvolle Partizipation an der Demokratie und achtungsvoller Umgang mit der fragilen Umwelt“.[24] Dazu braucht es ein direktes Gegenüber und den konstruktiven Dialog statt Kompetenzvermessung in den Nachkommastellen.

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, mit der sie entstanden sind.“, hat Albert Einstein formuliert und das bedeutet heute, dass weder neoliberale noch informatische oder psychologische Modelle und Methoden das Unterrichten bestimmen dürfen. Der Mensch muss wieder als Subjekt (nicht Muster) mit seinen konkreten Bedürfnissen und seinem individuellen Anspruch auf Bildung und Einbindung in die Sozialgemeinschaft im Mittelpunkt stehen (Bündnis 2017, Lankau 2021). Konkrete pädagogische und technische Forderungen sind anderweitig praxiskonform ausformuliert (Lankau 2020). Übergeordnet ist hier und jetzt die Forderung einer pädagogischen Wende zugunsten des Lehrens und Lernens in Gemeinschaft. Andernfalls gibt es womöglich ein unsanftes Erwachen, wie es der israelische Historiker zu Covid-19 als Möglichkeit formulierte:

„In 50 Jahren werden sich die Menschen gar nicht so sehr an die Epidemie selbst erinnern. Stattdessen werden sie sagen: Dies war der Moment, an dem die digitale Revolution Wirklichkeit wurde. (…)  Im schlimmsten Fall werden sich die Menschen in 50 Jahren daran erinnern, dass im Jahr 2020 mithilfe der Digitalisierung die allgegenwärtige Überwachung durch den Staat begann.“ (Lüpke, Harms, 2020)

 

Fussnoten

[1] So der Buchwissenschaftler Dietrich Kerlen, Einführung in die Medienkunde; Kerlen, 2003, 13

[2] Rückkanal für personalisierte Daten bedeutet, dass alle Aktionen der Nutzerinnen und Nutzer im Netz aufgezeichnet werden: jede besuchte Webseite, jeder Mausklick, jedes Scrollen oder Klicken.

[3] Zuboff, 2018

[4] Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, Rede auf dem Kirchentag 2019 in Dortmund; Steinmeier, 2019

[5] Smart ist ein Synonym für die Allgegenwart von Kameras, Mikrofonen und Sensoren, die permanent Daten aus dem öffentlichen wie privaten Raum aufzeichnen (Internet of Things; IoT). Menschliches Verhalten wird ebenso protokolliert wie der Verkehrsfluss oder Wetterdaten etc. Alle Daten werden in Datenzentren nach für Nutzerinnen und Nutzer intransparenten Kriterien ausgewertet.

[6] Matthes, 2021, 18

[7] Siehe z.B. den Podcast von Sam Harris mit Tristan Harris #71 What is Technology doing tu us? April, 2017; https://www.samharris.org/podcasts/making-sense-episodes/71-technology-us (8.8.2022); auch andere ehemalige Manager aus dem Silicon Valley wie Sean Parker, Tim Kendall und zuletzt Francis Haugen (Facebook Files: https://www.wsj.com/articles/the-facebook-files-11631713039) kritisieren die Methoden der Social Media-Kanäle, mit denen Menschen durch persuasive (verhaltensändernde) Technologien manipuliert werden.

[8] Zuboff, 2018

[9] In China bieten staatlich kontrollierte Unternehmen wie Weibo, WeChat u.a. vergleichbare Dienste an, gekoppelt an ein Sozialpunktesystem (Socials Scoring) zur Verhaltenssteuerung.

[10] Zit. n. Kreye 2022, 9

[11] Steinmeier, 2019

[12] Die Rückgewinnung des politischen Raums gelingt nur auf parlamentarisch diskursiver und juristischer Ebene, nicht der technischen. Erste „Rückeroberungen“ sind mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO), dem Digital Market ACT (DMA) und Digital Services Act (DSA) eingeleitet bzw. rechtsgültig; https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/eu-regeln-online-plattformen-1829232 (8.8.2022)

[13] Zur Ausstattung von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Endgeräten siehe die regelmäßigen Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbands Südwest, gestaffelt nach Alter: JIM-Studie (12.19-Jährige), KIM-Studie (6-13-Jährige), Mini-KIM 2020 (2–5-Jährige), (FIM-Studie, Familien); http://www.mpfs.de/startseite/ (6.8.2022)

[14] Zdrazil 2021, 51f.

[15] Andresen et.a.l 2021; WHO 2022; Mayerle 2022, 15

[16] Instant gratification beschreibt Mechanismen der sofortige Belohnung oder Befriedigung von (vermeintlichen oder tatsächlichen) Wünschen. Das korrumpiert das Belohnungssystem bei z.B. Lern­anwendungen, wenn nicht mehr aus Fach- oder Erkenntnisinteresse gelernt wird, sondern für die Gratification wie z.B. bei Antolin, einem digitalen Leseförderprogramm.  Durch das lesen und Beantworten von Fragen werden Punkte gesammelt, was dazu führt,dass kluge Kinder sich die einfachen Bücher aussuchen und bearbeiten, um schnell und ohne großen Aufwand an möglichst viele Punkte zu kommen. Leseförderung im Sinne von Lesebegeisterung aufgrund der Inhalte und Geschichten sieht anders aus!

[17] Olaf Köller (IQB). zit. n. Ebbinghaus 2020

[18] Lankau 2014

[19] Bleckmann 2015

[20] Gardner, 2009; Zierer 2022

[21] Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Job-Futoromat: Werden digitale Technologien Ihren Job verändern?; Suchanfrage Kunstpädagoge/-pädagogin: Keine der 7 Kerntätigkeiten in diesem Beruf ist – Stand heute – automatsiierbar. https://job-futuromat.iab.de/; (3.8.2022)

[22] Ein Projekt für den Bildungsbereich ist das „Netzwerk Freie Schulsoftware“ des Vereins Digitalcourage e.V., wo Open Source-Software und Praxisbeispiel mit Ansprechpartnern gelistet werden. Web: https://digitalcourage.de/ und https://digitalcourage.de/netzwerk-freie-schulsoftware

[23] Das Verbot von Microsoft-Office-Programme und MS Teams an Schulen basiert z.B. auf dieser Intransparenz des Datenabflusses in die USA in Verbindung mit dem US Cloud Act, der alle US-amerikanischen Anbieter von Software verpflichtet, Kundendaten herauszugeben, wenn einer der US-Dienste anfragt, unabhängig  davon, wo diese Daten gespeichert sind.

[24] Simanowski, 2021, S. 92

 

Literatur und Quellen

Andresen, Sabine; Heyer, Lea; Lips, Anna; Rusack, Tanja; Schröer, Wolfgang; Thomas, Severine; Wilmes, Johanna (2021): Das Leben von jungen Menschen in der Corona-Pandemie. Erfahrungen, Sorgen, Bedarfe; hrsg. v. d. Bertelsmann-Stiftung; https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/
files/Projekte/Familie_und_Bildung/Studie_WB_Das_Leben_von_jungen_Menschen_in_der_Corona-Pandemie_2021.pdf
  (6.8.2022)

Bleckmann, Paula (2012): Medienmündig. Wie unsere Kinder selbstbestimmt mit dem Bildschirm umgehen lernen. Stuttgart : Klett-Cotta

Bündnis für humane Bildung (2017): Sieben Forderungen für eine neue Bildungspolitik – „Der Mensch ist des Menschen Lehrer“, https://www.aufwach-s-en.de/2017/10/sieben-forderungen-fuer-eine-neue-bildungspolitik-der-mensch-ist-des-menschen-lehrer/ (8.8.2022)

Burchardt, Matthias; Lankau, Ralf (2020): Aufruf zur Besinnung: Humane Bildung statt Metrik und Technik; https://bildungsklick.de/schule/detail/aufruf-zur-besinnung-humane-bildung-statt-metrik-und-technik  (5.8.2022)

Ebbinghaus, Uwe (2020): Mint-Schwäche in Schulen:Ist Lernsoftware besser als ein schlechter Mathelehrer?, in FAZ vom 23.6.2020; https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/klassenzimmer/mint-schwaeche-in-schulen-bringt-corona-die-mathe-software-voran-16828246.html (8.8.2022)

Kerlen, Dietrich (2003): Einführung in die Medienkunde, Stuttgart: Reclam

Kreye, Andrian (2022): Digitale Sozialkreditsysteme: Wir schlafwandeln in die Überwachung, in: SZ vom 26.7.2022, S. 9; https://www.sueddeutsche.de/kultur/sozialekreditsysteme-zustimmung-in-deutschland-1.5627964 (30.7.2022)

Lankau, Ralf (2021): Werkzeug im Unterricht statt Allheilmittel. Alternative IT Konzepte für Schulen, in: ders.: Autonom und mündig am Touchscreen. Für eine konstruktive Medienarbeit in der Schule, S.169-184, Weinheim: Beltz

Lankau, Ralf (2020): Alternative IT-Infrastruktur für Schule und Unterricht. Wie man digitale Medientechnik zur Emanzipation und Förderung der Autonomie des Menschen einsetzt, statt sich von IT-Systemen und Algorithmen steuern zu lassen. GBW-Flugschrift 2, PDF: https://bildung-wissen.eu/wp-content/uploads/2020/10/krautz_flugschrift_digitalisierung.pdf  (4.8.2022)

Lankau, Ralf (2014): Gestalten als Form des Erkennens. Kreativität und (Digital-)Technik in Kunstpädagogik und Mediengestaltung, München: kopaed

Matthes, Sebastian (2021): Sie haben gelernt,unser Gehirn zu hacken; Interview mit dem Historiker Yuval Noah Harari; in: Handelsblatt vom 30. Dezember 2021 bis 2. Januar 2022, Nr. 253, S. 16-18

Mayerle, Robert (2022): Auswirkungen der Pandemie-Folgen für Kinder und Jugendliche. In: Gruppenanalyse 1/2022: 14-19.

Simanowski, Roberto (2021): Digitale Revolution und Bildung. Für eine zukunftsfähige Medienkompetenz, Weinheim: Beltz Juventa

Steinmeier, Frank (2019): Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier zur Eröffnung der Podiumsdiskussion “Zukunftsvertrauen in der digitalen Moderne” beim 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag am 20. Juni 2019 in Dortmund; https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/
bulletin/rede-von-bundespraesident-dr-frank-walter-steinmeier-1640914
  (5.8.2022)

WHO (2022) World Health Organization: Mental health. Studie World Health Organization: The WHO special initiative for mental health (2019-2023): Universal health coverage for mental health; https://apps.who.int/iris/handle/10665/310981 (6.8.2022)

Zdrazil, Tomàš (2021): Was die Jugend jetzt braucht. In: Erziehungskunst, 12/2021: 51-54.

Zuboff, Shoshana (2018): Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Frankfurt: Campus

 

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Zwei Studien der Kaufmännische Krankenkasse (KKH) von 2020 und 2022 über Zeiträume von jeweils zehn Jahren belegen die zunehmenden Sprachdefizite und Sprechstörungen von Kindern und Jugendlichen. Diese Schwächen verhindern die persönliche Entwicklung und erschweren Bildungsprozesse, weil das Sprechen unsere primäre Form der Kommunikation und Grundlage der Teilhabe an der Gemeinschaft ist. Ein Beitrag von Condorcet-Autor Ralf Lankau.

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau

Immer mehr Kindern fehlen die Worte – lautete die Überschrift der KKH-Studie über die Zunahme von Sprach- und Sprechstörungen von Kindern und Jugendlichen für den Zeitraum von 2009 bis 2019 (KKH 2020). Zwei Jahre später und für den untersuchten Zeitraum von 2011 bis 2021 sind noch mehr Kinder und Jugendliche betroffen. „Sprachtherapie statt Spiel, Sport und Spaß“ lautet die Überschrift nun (KKH 2022). Die steigenden Zahlen sind bedrückend, das Therapieren der Kinder greift zu kurz.

Im Jahr 2021 wurden bei 8,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen Sprachdefizite[1] festgestellt, gegenüber 7,4 Prozent im Jahr 2019 und 5,2 Prozent im Jahr 2011. Der Anteil der Betroffenen in den verschiedenen Altersgruppen lag 2021 bei den 6- bis 10-Jährigen bei 16,0 Prozent (2019: 14,7), bei den 11- bis 14-Jährigen bei 5,5 Prozent (2019: 4,9) und bei den 15- bis 18-Jährigen bei 2,4 Prozent (2019: 2,0). Das mag man für relativ wenig halten, aber es bedeutet, dass acht Prozent der Kinder und Jugendlichen im vergangenen Jahr unter nicht altersgerechter Sprachbeherrschung litten, jeder zehnte Junge und jedes 16. Mädchen.[2] Wichtiger als absolute Zahlen sind Tendenzen. Die Zahl der betroffenen 11- bis 14-Jährigen mit mangelnden Sprachkompetenzen stieg von 2011 auf 2021 um rund 107 Prozent, bei den 15- bis 18-Jährigen um 151 Prozent.

Sprechen und Verstehen (können) sind die Grundlage für eine qualifizierte berufliche Zukunft.

Zu den typischen Sprachdefiziten gehören ein begrenztes Vokabular und ein geringer Wortschatz, Probleme bei der Artikulation von Lauten oder der Satzbildung sowie Grammatikschwächen. Sprachvermögen und Artikulationsfähigkeit sind elementare Bedingungen für die Entwicklung der Persönlichkeit[3], für das Sozialverhalten innerhalb von Gemeinschaften und für eigenständiges Denken. Sprachbeherrschung ist ebenso Bedingung für einen reflektierten und selbstbestimmten Umgang mit Medien. Ein qualifizierter Wortschatz und ein gutes Sprachverständnis sind die Grundlage für Lernen und Bildungsprozesse, die überwiegend sprachlich vermittelt werden. Sprechen und Verstehen (können) sind die Grundlage für eine qualifizierte berufliche Zukunft. Wer sich nicht mitteilen, wer nicht mitreden kann, muss schweigen und wird zum Hörigen, wie es Günter Anders formulierte und ist zudem schnell Ziel von Hänseleien, Mobbing und sozialer (Selbst)Isolation mit allen möglichen Folgen psychischer Belastung. Schweigenmüssen aus Mangel an Sprache ist für kommunikative Wesen wie den Menschen eine Strafe.

(Un-)Geteilte Aufmerksamkeit

Regelmäßiges Üben hilft, fördert und trainiert.

In seltenen Fällen sind Hörprobleme oder genetische Veranlagungen Ursachen für Defizite bei der Sprechentwicklung. In Zeiten der Pandemie waren dies vor allem fehlende Sozialkontakte zu Lehrkräften und Gleichaltrigen und damit die fehlenden üblichen Gelegenheiten außerhalb der eigenen Familie, die die Grundlage für den Spracherwerb legt. Die meisten Kinder beginnen mit ein- bis anderthalb Jahren die ersten Wörter zu sprechen, manche bereits im Alter von neun bis zwölf Monaten. Ein paar Kinder lassen sich deutlich mehr Zeit und beginnen erst mit zwei oder zweieinhalb Jahren.[4] Mädchen sprechen i.d.R. etwas früher als Jungen. Auch der aktive Wortschatz variiert bei Kindern stark und kann bei 20 Monate alten, sich “normal” entwickelnden Kindern zwischen 50 und ca. 200 Wörtern liegen. Diese Varianz erklärt sich aus der individuellen Entwicklung des Kindes und der gezielten Förderung durch Sprechanlässe. Regelmäßiges Üben hilft, fördert und trainiert.

Sprechen Sie darüber, was Sie sehen. Vom Sehen alleine lernt man nicht Sprechen.

Dazu kommen mit zunehmendem Alter mehr Außenkontakte beim gemeinsamen Spielen, später beim Lernen, beim Sport oder auch beim Streiten. Sprechen lernt man nur mit einem direkten Gegenüber – von Angesicht zu Angesicht und wenn man aufeinander konzentriert ist. Das reine Hörverstehen ohne Blickkontakt setzt ein Sprachverständnis und den entsprechenden Wortschatz ja bereits voraus, weshalb Kinder z.B. erst mit sieben oder acht Jahren telefonieren lernen. Bastian Resch, Mediziner der KKH, forderte deshalb in der ersten Studie von 2020: „Fördern Sie die Sprachkompetenz Ihres Kindes in allen Altersstufen kontinuierlich und aktiv. Lächeln Sie Ihr Kind an, wenn es anfängt zu brabbeln oder durch Mimik und Gestik mit Ihnen Kontakt aufnimmt. Dadurch bestärken Sie Ihren Nachwuchs, mit Ihnen zu kommunizieren. Lesen Sie Ihrem Kind viel vor, wenn es noch klein ist. Führen Sie Gespräche mit Ihren Kindern über unterschiedliche Themen und sorgen Sie so für ausreichend Sprachreize.“ Ebenso wichtig: Lassen Sie Kinder zuhören (Radio, Märchen CDs), lesen Sie vor und schauen Sie gemeinsam Bilderbücher. Sprechen Sie darüber, was Sie sehen. Vom Sehen alleine lernt man nicht Sprechen.

Steigende Bildschirmzeiten

Sprechanreize sind das eine. Bei älteren Kindern und Jugendlichen, deren Sprachentwicklung zwar nicht abgeschlossen ist, weil sich Sprache, Wortschatz und Artikulationsfähigkeiten lebenslang entwickeln (können), kommen weitere Faktoren dazu. Die Pandemie führte durch das Schließen von Bildungs- und Sozialeinrichtungen wie Kitas, Schulen, Sportvereinen, Spielplätzen und Jugendzentren sowohl zu fehlenden Sozialkontakten wie zu fehlenden Sprechanlässen. Das hatte beinahe zwangsläufig deutlich erhöhte Bildschirmzeiten an TV, Smartphone oder Tablet zur Folge, auch um die außerfamiliäre Kommunikation mit Freunden aufrecht zu erhalten.[5] Wenn dann Distanzunterricht und Lernapp oder Home Office noch auf den gleichen Geräten laufen wie YouTube und Instagram (bzw. bei den jungen Leuten TikTok), bedarf es einer ausgeprägten (Selbst-)Disziplin, die Zeit am Bildschirm mit konzentrierter Arbeit und Lernen zu verbringen statt mit per Klick erreichbaren Unterhaltungsmedien.

Social Media-Kanäle lenken Aufmerksamkeit, Konzentration und Kommunikation ins Netz. Zugleich wird das Belohnungssystem korrumpiert.

Social Media-Kanäle lenken Aufmerksamkeit, Konzentration und Kommunikation ins Netz.

Hinzu kommt: Die Oberflächen und interaktiven Elementen der Apps sind so gestaltet, dass sie unsere volle Aufmerksamkeit und Konzentration beanspruchen. Der Mensch kann seine Aufmerksamkeit nicht teilen, er ist nicht multitaskingfähig und kann immer nur eine Sache konzentriert machen. Social Media-Kanäle lenken Aufmerksamkeit, Konzentration und Kommunikation ins Netz. Zugleich wird das Belohnungssystem korrumpiert. Das primäre Bedürfnis des Menschen ist es, wahrgenommen zu werden und Zuwendung zu bekommen. Dafür schauen Menschen alle paar Minuten aufs Display. Neugier und die Erwartung einer Reaktion mischt sich mit der Angst, etwas zu verpassen (FoMo – Fear of Missing out). Dabei ist es egal, ob es ein echtes oder computergeneriertes Feedback ist. Ein Like oder ein belangloser Retweet genügen. Das wird durch automatisiertes Feedback geschickt ausgenutzt, um User länger an den Displays zu halten.

Mit solchen aus der Psychologie abgeleiteten Tricks  wird unser Verhalten gesteuert und gezielt Suchtverhalten ausgelöst und aufgebaut. Die Begriffe dafür sind „persuasive, d.h. verhaltensändernde Technologien“ und „affective computing“, Techniken, die durch dein Einsatz von sogenannter „Künstlicher Intelligenz“[6] menschliche Affekte und Emotionen erkennen und durch gezielte Interaktionen steuern (sollen). Dabei bleibt man im behavioristischen Reiz-Reaktions-Schema des Vorbewussten. Gesprochen wird eher selten. Man klickt Buttons und schickt Emojis und schaut weiter Videos und Werbung. So funktionieren die Geschäftsmodelle der Datenökonomie. Nur wenn wir auf Bildschirme schauen, kann man dort Werbung schalten und verkaufen. Und Menschen aller Altersstufen verbringen Stunde um Stunde am Display.

(Un-)Geteilte Aufmerksamkeit

Logopädische (sprachtherapeutische) Behandlungen bei Kindern sind bereits eine Reaktion auf Entwicklungsdefizite durch zu wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung beim Sprechenlernen im familiären und später im schulischen Kontext.

Wer auf ein Display oder Touchscreen schaut, kann nicht gleichzeitig Blickkontakt mit einem realen Gegenüber halten. Aufmerksamkeit für und Konzentration auf mein Gegenüber ist aber die notwendige Voraussetzung für gelingende Kommunikation und einen im Wortsinn zwischenmenschlichen Dialog. Es wird niemand bestreiten, dass sich das Kommunikationsverhalten der meisten Menschen durch Smartphones und Tablets stark verändert hat. Auch wird niemand bestreiten, dass gerade Kinder und Jugendliche besonders offen sind für neue Medienformen. Alles aber, was wir intensiv und mit großer emotionaler Beteiligung tun, verändert unsere Persönlichkeit und unser (Sozial-)­Verhalten. Jeglicher Medienkonsum prägt unser Leben, unsere Erwartungshaltung und unsere Weltsicht. Wenn nun smartphonesüchtige Eltern „keine Zeit“ finden, ihren Kindern das Sprechen beizubringen, weil sie aufs Display starren, muss man mit der Therapie bei ihnen beginnen. Logopädische (sprachtherapeutische) Behandlungen bei Kindern sind bereits eine Reaktion auf Entwicklungsdefizite durch zu wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung beim Sprechenlernen im familiären und später im schulischen Kontext.

Der immer frühere Einsatz von digitalen Endgeräten (mittlerweile in der Kita) und steigende Bildschirmzeiten bei Kindern und Jugendlichen wirken sich negativ auf Aufmerksamkeitsspannen, Konzentrationsfähigkeit, motorische, kognitive und sprachliche Fertigkeiten aus.

Solche Erkenntnisse sind nicht neu. Erinnert sei an die BLIKK-Studie von 2018[7] oder die regelmäßigen IQB-Bildungstrends und Ländervergleiche[8], die über immer größere Kohorten von Viertklässlern berichten, die nach vier Schuljahren die Mindeststandards im Lesen, Schreiben und Rechnen nicht erreichen. Die gleiche negative Tendenz zeigen die Ergebnisse von VERA (VERgleichsArbeiten in der 3. und 8. Jahrgangsstufe, VERA-3 und VERA-8). Bei allen Unterschieden der Untersuchungen und Studien ist als Gemeinsamkeit festzustellen, dass der immer frühere Einsatz von digitalen Endgeräten (mittlerweile in der Kita) und steigende Bildschirmzeiten bei Kindern und Jugendlichen sich negativ auf Aufmerksamkeitsspannen, Konzentrationsfähigkeit, motorische, kognitive und sprachliche Fertigkeiten auswirken. Man kann das als Korrelation verharmlosen und Kausalitäten leugnen. Richtig ist, dass immer viele Ursachen bei solchen Entwicklungen zusammenspielen. Doch alleine die täglichen Bildschirmnutzungszeiten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen (!) sind ein eindeutiges Signal für die immense Bedeutung und damit Einflussmacht, die die Anbieter von Netzdiensten mittlerweile auf den Alltag und das Erleben der meisten Menschen haben. Auch die Gegenmittel sind, zumindest für Bildungseinrichtungen, bekannt: Präsenzunterricht und direkter Dialog, das Lernen und Arbeiten in der Klassen- als Sozialgemeinschaft und das direkte, kommunikative Miteinander. Ob dabei ergänzend und/oder begleitend Digitaltechnik eingesetzt wird, ist nachgeordnet.

 

Quellen

Anders, Günter (1985): Die Antiquiertheit des Menschen, 1985, Bd. 1, S. 107: „ Da die Geräte uns das Sprechen abnehmen, ver­wandeln sie uns in Unmündige und Hörige.“

KKH (2022): Vor allem ältere Kinder haben häufiger Sprachdefizite / Corona schuld? Hannover, 22.09.2022, https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/sprachdefizite

KKH(2020) Sprach- und Sprechstörungen bei Jungen häufiger – Erhöht Corona-Krise das Risiko?, https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/immer-mehr-kindern-fehlen-die-worte

dbl (o.J.)  Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.: Sprachentwicklung https://www.dbl-ev.de/kinder-und-jugendliche/sprachentwicklung (26.9.2022)

Kindergesundheitsinfo (2020): Grundzüge der Sprachentwicklung (0-6 Jahre);  https://www.kindergesundheit-info.de/themen/entwicklung/entwicklungsschritte/sprachentwicklung/

[1] Lispeln, Lallen oder Hörprobleme sind Beispiele für medizinische Probleme für Sprachdefizite. Deutlich häufiger sind soziale Ursachen, etwa mangelhafte Deutschkenntnisse bei Kindern mit Migrationshintergrund oder dass Eltern zu wenig und zu selten mit den Kindern das Sprechen üben.

[2] Zur Sprachentwicklung bei Kindern siehe die weiterführenden Links am Ende des Textes.

[3] Der ICD 11, die 11. Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, differenziert in rezeptive und expressive Sprachstörungen. Die expressive Sprachstörung (F80.1) bedeutet, dass die Fähigkeit zu sprechen unterhalb des Intelligenzniveaus (IQ im Normbereich) des Kindes bleibt. Typische Merkmal sind eine reduzierte expressive Sprachfertigkeit und ein eingeschränktes Vokabular. Bei der rezeptiven Sprachstörung (F80.2) bleibt das Sprachverständnis des Kindes unterhalb des Intelligenzniveaus (IQ im Normbereich).

[4] Der Beginn des raschen Spracherwerbs heißt Wortexplosion. Wer mit 2 Jahren noch keine 50 Worte spricht (etwa 20% der Kinder) hat ein Risiko von 50%, eine Sprachentwicklungsstörung zu entwickeln. Wer mit 2 Jahren 50 Worte spricht, hat ein Risiko von 10%, eine Sprachentwicklungsstörung zu entwickeln. Früh reden ist extrem wichtig!

[5] Zum Mediennutzungsverhalten von Kindern, Jugendlichen siehe die nach Altersstufen gegliederten Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest: https://www.mpfs.de/startseite/.

[6] Künstliche ist keine Intelligenz, sondern es sind mathematische Modelle der Mustererkennung, Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung, um z.B. menschliches Verhalten zu prognostizieren und über entsprechende Angebote und/oder Anreize zu steuern.

[7] Abschlussbericht Bundesgesundheitsministerium: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Berichte/Abschlussbericht_BLIKK_Medien.pdf bzw. https://www.stiftung-kind-und-jugend.de/projekte/blikk-studie/ (28.9.2022)

[8] https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/

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Sind MS-365 und Teams in Schulen datenschutzkonform? https://condorcet.ch/2022/09/sind-ms-365-und-teams-in-schulen-datenschutzkonform/ https://condorcet.ch/2022/09/sind-ms-365-und-teams-in-schulen-datenschutzkonform/#respond Wed, 14 Sep 2022 20:30:33 +0000 https://condorcet.ch/?p=11583

Die Frage, ob sich Microsoft-Produkte in Bildungseinrichtungen datenschutzkonform einsetzen lassen, diskutieren die Datenschutzbeauftragten der Länder kontrovers. Mit einer interessanten Argumentation versucht Microsoft Deutschland jetzt, die Zweifel zu entkräften – und bestätigt damit einmal mehr, dass und warum US-Software in Schulen nicht eingesetzt werden darf. Condorcet-Autor Lankau über eine «Never-ending-Story».

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: US-Recht bricht EU-Recht.

Der datenschutzkonforme Einsatz von US-Software in Europa ist laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH; Schrems II) nicht möglich. Der Grund dafür ist, „dass das von der EU-Kommission mit den USA ausgehandelte Privacy Shield-Abkommen EU-Bürger nicht wirksam davor schützt, dass US-Geheimdienste anlasslos, zeitlich unbegrenzt und ohne wirksame Zweckbindung Daten von Europäern bei als Dienstleistern fungierenden US-Unternehmen abgreifen können“ (LfDI 2022a). Dagegen wehrt sich Microsoft mit einer Stellungnahme, die allerdings von falschen Voraussetzungen ausgeht (Datenschützer würden besonders Microsoft kritisieren) und letztlich als Polemik (die EU-DSGVO sei technologiefeindlich) endet (Microsoft 2022).
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs richtet sich nicht gegen einzelne Unternehmen, sondern adressiert alle US-Unternehmen, die Software und/oder z.B. Clouddienste anbieten. Das betrifft Amazon Web Services (AWS) genauso wie Google- oder Microsoft-Clouddienste oder jede andere Software von US-Unternehmen. Denn sobald eine US-Behörde Daten von einem US-Unternehmen anfordert, muss diese personenbezogene Daten herausgeben, auch wenn die Daten in Europa gespeichert sind und durch dort geltende Verträge die Herausgabe von Daten „an sich“ untersagt ist. US-Recht bricht EU-Recht. Da Unternehmen und/oder Behörden in Deutschland oder Europa „Dienstleister wie Microsoft, Zoom und Co. nicht dazu bringen [können; rl], die Daten auf Servern in den EU-Mitgliedstaaten wirksam vor dem Zugriff der US-Behörden zu schützen, dürften sie diese Dienstleister nicht mehr nutzen“ (LfDI 2022a).

Richtig und falsch
Das bestreitet Microsoft auch gar nicht, sondern argumentiert informatisch binär mit „Richtig“ (Seite 1) und „Falsch“ (Seite 2 und 3) sowie mit Marketing-Phrasen, wenn es z.B. heißt „Microsoft bietet zukunftsweisende Technologien mit branchenführendem Sicherheitsstandard“ (1.1), „Microsoft ist ein zuverlässiger und verantwortungsbewusster Partner. Unser Unternehmensziel ist es, jede Person und jede Organisation zu befähigen, mehr zu erreichen.“ (1.2) oder “Microsoft ist im Bereich der Cybersecurity führend und hat eine Vielzahl technischer Maßnahmen implementiert, um Kundendaten vor Cyberattacken zu schützen.” (1.6). Das bestreitet niemand, ist aber nicht das Thema. (Die Zahlen nennen die Seite und den jeweiligen Unterpunkt.)

Das EuGH-Urteil bestätigt, dass Microsoft die Anforderungen des geltenden Datenschutzrechts nicht sicherstellen kann, weil jedes US-Unternehmen dem US-Recht unterworfen ist und Daten auf Anfrage herausgeben muss.

Entscheidend ist anderes. Unter Punkt 1.3 etwa steht bei Microsoft als “Richtig”, ist aber laut EuGH-Urteil falsch: “Alle Microsoft Produkte und Dienste können in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Sektor (z.B. an Schulen) datenschutzkonform eingesetzt werden und sind auch selbst datenschutzkonform. Microsoft hält die Anforderungen des geltenden Datenschutzrechts ein.” Das EuGH-Urteil bestätigt, dass Microsoft genau das nicht sicherstellen kann, weil jedes US-Unternehmen dem US-Recht unterworfen ist und Daten auf Anfrage herausgeben muss. Es ist zwar richtig, dass Microsoft mehrmals dagegen geklagt und die Kunden nachträglich informiert hat (2.2). Aber die Daten wurden und werden an US-Behörden weitergereicht.

Europäische Dienstleister müssen sich überlegen, wie sie sich den US-Behörden und dem US-Recht entziehen können.

Spannend ist die Argumentation im nächsten Punkt (2.2), wenn es heißt: „Die pauschale Empfehlung seitens einzelner Behörden, nur Anbieter aus der EU zu nutzen, verkennt im Übrigen, dass auch Anbieter mit Stammsitz innerhalb der EU US-Überwachungsgesetzen unterliegen können, z.B. durch eine Präsenz in oder minimalen Kontakt mit den USA.“ Es stimmt, dass europäische Unternehmen mit Niederlassungen und/oder Kontakten mit den USA aus Sicht der US-Regierung ebenfalls dem US-Recht unterliegen und laut US-Jurisdiktion europäisches Recht nicht gilt. Das dürfte sehr viele EU-Unternehmen betreffen. Nur leuchtet die Logik von Microsoft nicht ein, als Lösung das Speichern von Daten „weitgehend regional in Rechenzentren in der EU“ anzubieten, „obwohl es keine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt“. (1.5) Das nützt doch gar nichts, da US-Behörden überall Zugriff auf Daten haben. Europäische Dienstleister müssen sich überlegen, wie sie sich den US-Behörden und dem US-Recht entziehen können.

Ein Interesse von US-Behörden z.B. an Daten aus einem Schulunterricht in Deutschland kann nicht ernsthaft behauptet werden.

Welche Daten fliessen überhaupt ab, wer hat Zugriff darauf und wofür werden diese Daten genutzt?

Kein Interesse an Nutzerdaten?
Die Behörden hätten doch gar kein Interesse, heißt es im MS-Papier weiter. “Ein Interesse von US-Behörden z.B. an Daten aus einem Schulunterricht in Deutschland kann nicht ernsthaft behauptet werden.” (2.2) Eines der führenden IT-Unternehmen für Betriebssysteme und Office-Programme, behauptet, dass US-Behörden gar kein Interesse an Nutzerdaten hätten? Als bestünde nicht das gesamte Fundament der Daten-Ökonomie aus Nutzerdaten. In der US-Version von MS-Office sind z.B. Tools zur Workplace Surveillance (Arbeitsplatzüberwachung) integriert, die alle Aktionen der Mitarbeiter aufzeichnen. Für wen und zu welchem Zweck? (In Europa ist diese Funktion aus Rechtsgrün-
den deaktiviert.) Arbeitet Microsoft als Unternehmen, das Software gezielt an Schulen vertreibt, nicht mit Learning Analytics, einer Technik, um personalisierte Daten erfassen und für individualisierte Angebote auswerten zu können? Das ist weltweit die Basis der Global Education Industrie (GEI), eines milliardenschweren Bildungs-Marktes, in dem Microsoft mit MS365, Teams und Clouddiensten aktiv ist. Der Einsatz dieser Software wurde in einigen Bundesländern untersagt, da bei Pilotinstallationen nicht geklärt werden konnte, welche Daten überhaupt abfließen, wer Zugriff darauf hat und wofür diese Daten genutzt werden (LfDI 2022b; Pagalski 2022; rnd 2022).

Die Aussage, dass es “keinen Anhaltspunkt dafür [gebe; rl], dass die US-Regierung §702 FISA nutzt, um (i) Industriespionage zu betreiben oder US-amerikanische wirtschaftliche Interessen zu verfolgen oder (ii) Regierungen im Europäischen Wirtschaftsraum ins Visier zu nehmen“ widerspricht sowohl der Aufgabenbeschreibung der US-Dienste wie der Praxis, wenn man sich an die Abhörskandale „unter Freunden“ erinnert.

Mit Hilfe von Section 215 Patriot Act bzw. Section 501, 502 FISA könne “die Herausgabe jeglicher Unterlagen, inklusive Daten auf Servern, verlangt werden.”

Patriot act: Der Staat kennt keine Grenzen mehr.

Man auch kann behaupten, dass die US-Regierung §702 FISA „im Wesentlichen zur Sammlung von Informationen für Ermittlungen zu schwerwiegenden Bedrohungen der nationalen Sicherheit, wie Terrorismus, Cybersecurity-Angriffe und Waffenproliferation“ nutzt. (2.2) Man sollte dann aber ergänzen, was der wissenschaftliche Dienst des Bundestages zu USA Patriot Act, USA Freedom Act, Cloud Act und Section FISA 207 schreibt. „Durch die weitreichenden Änderungen an FISA durch den Patriot Act wurden die zuvor ohnehin nach FISA bestehenden Eingriffsmöglichkeiten stark ausgeweitet. (WD 2020, 1) Section 702 FISA diene „der Überwachung von Nicht-US-Bürgern, die sich außerhalb des US-Territoriums aufhalten. Danach dürfte alle elektronische Kommunikation von und zu der Zielperson sowie über die Zielperson abgefangen werden.“
Mit Hilfe von Section 215 Patriot Act bzw. Section 501, 502 FISA könne “die Herausgabe jeglicher Unterlagen, inklusive Daten auf Servern, verlangt werden.” (ebda S. 6) Wie üblich bei Geheimdiensten weiß man nicht, was davon bereits praktiziert wird. Alles nur zu wessen Bestem? Interessant ist auch die Aussage, dass Diagnosedaten notwendig seien, um Produkte und Dienste sicher und stabil zu betreiben, um die Anfälligkeit für Fehler und die Wahrscheinlichkeit von Sicherheitsrisiken zu verringern. (3.4)

Es ist höchste Zeit, dass die europäischen Länder eine eigene Infrastruktur aufbauen und digital souverän werden.

Das mag man so sehen, aber warum sind dann Umfang und Inhalt dieser Diagnosedaten intransparent statt öffentlich? Auch die Aussage „Die technische Verbindung zwischen Nutzer und Microsoft (z.B. über Server und Rechenzentren) ist in vielen Fällen zwingende Voraussetzung für die vertraglich geschuldete Diensterbringung. Nichts davon kann als ein Ausspähen von Kunden angesehen werden.“ (5.3) träfe nur zu, wenn klar belegt wäre, welche Daten für welche Zweck übertragen, gespeichert, ausgewertet und nach dem Einsatz auch wieder gelöscht werden. Zu fragen ist zudem, nicht nur für Bildungseinrichtungen, welche Dienste überhaupt in der Cloud gespeichert werden sollten und was man – schon als Schutz vor immer umfangreicheren Angriffen aus dem Netz – besser lokal installiert und verwaltet. Cloud-Computing ist zwar ein profitables Geschäftsfeld der IT, schafft aber mindestens so viele Probleme wie es Lösungen anbietet, wenn man die Jahresberichte des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BIS) studiert.

Dann bleibt es immer noch schwierig genug, sich gegen die massiven Angriffe aus dem Netz zur Wehr zu setzen, aber anders als von Microsoft behauptet, sind die dafür notwendigen Strukturen nicht Zentralisierung, sondern Datensparsamkeit, Dezentralisierung, Transparenz der Algorithmen und Separierung der Nutzer in geschützte und geschlossene Teil- und Unternetze (Edge-Computing).

Zum Ende wird das Microsoft-Papier polemisch. „Eine Analyse jedes einzelnen Prozesses eines Diensts durch den Verantwortlichen/Nutzer ist datenschutzrechtlich weder erforderlich noch geboten und geht weit über die Rechenschaftspflichten unter Art. 5 DSGVO hinaus“, heißt es zum Schluss, das „Errichten solcher Hürden“ sei „unrealistisch und technologiefeindlich“. Hier wird versucht, technischen Fortschritt, der als positiv nur behauptet wird, gegen demokratische Strukturen und Grundrechte der Menschen (informationelles Selbstbestimmungsrecht, Privatsphäre) auszuspielen. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Demokratische Rechtsstaaten und z.B. die EU legen juristisch fest, welche Daten erhoben und ausgewertet werden dürfen, Unternehmen haben sich danach zu richten. Grundrechte sind wichtiger als technische Möglichkeiten und Geschäftsmodelle. Wenn US-Unternehmen die Einhaltung dieser Rechtsgrundlagen nicht gewährleisten können, weil die US-Regierung EU-Recht außer Kraft setzt, dürfen US-Dienste in der EU nicht genutzt werden. Das ist die Logik von Rechtsstaatlichkeit. Daher ist es höchste Zeit, dass die europäischen Länder eine eigene Infrastruktur aufbauen und digital souverän werden.

Intelligent und ehrlich wäre, wenn Unternehmen wie Microsoft deutlich machen würden, dass auch sie der Paranoia der US-Regierung nach 9/11 unterliegen, nach der die mehr als 30 US-Dienste auf alle nur erdenklichen Daten zugreifen, wie es Edward Snowden öffentlich gemacht hat.

Dann bleibt es immer noch schwierig genug, sich gegen die massiven Angriffe aus dem Netz zur Wehr zu setzen, aber anders als von Microsoft behauptet, sind die dafür notwendigen Strukturen nicht Zentralisierung, sondern Datensparsamkeit, Dezentralisierung, Transparenz der Algorithmen und Separierung der Nutzer in geschützte und geschlossene Teil- und Unternetze (Edge-Computing). Die digital vernetzte technische Infrastruktur ist schon heute, neben, Land, Wasser und Luft das vierte Schlachtfeld für Konflikte, angegriffen wird die Zivilbevölkerung.

Intelligent und ehrlich wäre, wenn Unternehmen wie Microsoft deutlich machen würden, dass auch sie der Paranoia der US-Regierung nach 9/11 unterliegen, nach der die mehr als 30 US-Dienste auf alle nur erdenklichen Daten zugreifen, wie es Edward Snowden öffentlich gemacht hat (Snowden 2019). Die Frage, die auch Microsoft&Co. beantworten sollten, ist, wie man überhaupt weiter mit Informationstechnik und Netzwerken arbeiten kann, wenn schon heute wenigstens 10% der Investitionskosten in Unternehmen für IT-Security aufgewendet werden müssen und es immer mehr, zudem automatisierte Angriffe aus dem Netz gibt. Google etwa hat am 19. August 2022 erfolgreich einen DDOS-Angriff abgewehrt, bei dem mit bislang nicht vorstellbaren 46 Millionen https-Anfragen in einer Sekunde versuchte wurde, eine Serveranwendung zu blockieren (Sokolov 2022). Je vernetzter die Geräte des Internet of Things (IoT) werden, desto höher sind Aufwand und Kosten, diese Infrastruktur zu schützen.

Statt die Wege der Vernetzung immer weiter zu gehen, wäre es intelligenter zu fragen, was überhaupt im Netz erreichbar sein muss und welche Anwendungen lokal laufen können. Intelligent wäre, sich neue Strukturen für eine digitale Souveränität in Europa zu überlegen, um Datensicherung und Datenschutz nach dem EU-Rechtssystem gewährleisten zu können statt zu behaupten, dass die bisherigen Systeme die Bedingungen doch erfüllen würden – was laut EuGH-Urteil definitiv nicht stimmt. „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, mit der sie entstanden sind.“, hat Albert Einstein formuliert, und das bedeutet, dass man Lösungen eher nicht von Anbietern erwarten darf, deren Geschäftsmodell auf den bisherigen Strukturen basieren.

 

Quellen
LfDI (2022a) Verunsicherung nach Schrems II-Urteil: LfDI Baden-Württemberg bietet Hilfestellung an
(24.8.2020); https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/verunsicherung-nach-schrems-ii-urteil-lfdi-baden-wuerttemberg-bietet-hilfestellung-an/ (16.8.2022)

LfDI (2022b) Nutzung von MS 365 an Schulen. Ab dem kommenden Schuljahr ist die Nutzung von MS 365 an Schulen zu beenden oder deren datenschutzkonformer Betrieb ist von den verantwortlichen Schulen eindeutig nachzuweisen. https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/nutzung-von-ms-365-an-schulen/ (16.8.2022)

Microsoft (2022) Stellungnahme von Microsoft Deutschland zur Datenschutzkonformität von Microsoft
365 und Microsoft Teams; https://news.microsoft.com/wp-content/uploads/prod/sites/40/2022/08/ Microsoft-Statement_Datenschutzkonformitaet-von-Microsoft-365-und-Microsoft-Teams.pdf
(16.8.2022)

Pakalski, Ingo (2022) Bedenken beim Datenschutz: Schulen dürfen Teams bald nicht mehr nutzen, in:

https://www.golem.de/news/bedenken-um-datenschutz-schulen-duerfen-teams-bald-nicht-mehr-nutzen-2206-166424.html (16.8.2022)

Pressemitteilung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 28.07.2020;https://datenschutzkonferenz-online.de/medi/pm/ 20200616_pm_schrems2.pdf  (16.8.2022)

Snowden, Edward (2019) Permanent record. Meine Geschichte.


Sokolov, Daniel AJ (2022) Rekord-Angriff mit DDoS auf Layer 7 scheitert an Google;

https://www.heise.de/news/Rekord-DDoS-auf-Layer-7-Google-wehrt-ab-7235554.html (20.8.2022)

rnd (2022) Redaktionsnetzwerk Deutschland: Strengerer Datenschutz bei Kindern. Microsoft Teams ist
an Schulen in Rheinland-Pfalz bald nicht mehr erlaubt; https://www.rnd.de/digital/microsoft-teams-ist-an-schulen-in-rheinland-pfalz-bald-nicht-mehr-erlaubt-FSFYEY4K7UEMEFWMER2LA7DJU4.html (16.8.2022)

MD (2020) US-Datenrecht: Zugriff US-amerikanischer Behörden auf Daten,
https://www.bundestag.de/resource/blob/796102/ea53ffe8e08a9ab11e270719263d8c53/WD-3-181-20-pdf-data.pdf (16.8.2022)

MD (2019) Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Datenübermittlung an US-Ermittlungsbehörden auf Grundlage des CLOUS Acts im Geltungsbereich des EU-Datenschutzrechts, AD
3 – 3000 – 205/19 vom 20. August 2019;
https://www.bundestag.de/resource/blob/662608/67dbc571f4d96be9adddcac99f016eb6/WD-3-205-19-pdf-data.pdf (16.8.2022)

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Digitalpakt Schule: Heiße Luft und hohe Kosten https://condorcet.ch/2022/08/digitalpakt-schule-heisse-luft-und-hohe-kosten/ https://condorcet.ch/2022/08/digitalpakt-schule-heisse-luft-und-hohe-kosten/#comments Mon, 29 Aug 2022 09:03:18 +0000 https://condorcet.ch/?p=11244

Wer sich an die vollmundigen Versprechen der damaligen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka zum Digitalpakt Schule 2016 erinnert oder die Pressemeldung Nr. 16 ihrer Nachfolgerin aus dem März 2022 liest, dürfte vom Bericht des Bundesrechnungshofes überrascht sein, der ein Ende dieser Ausgaben fordert. Condorcet-Autor Ralf Lankau berichtet.

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: Es werden Doppelstrukturen geschaffen.
Bild: Lankau

Ein Fünf-Milliarden-Euro-Programm für „digitale Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), verteilt auf fünf Jahre, sollte im Jahr 2016 die etwa 40.000 Schulen in Deutschland flächendeckend mit digitaler Ausstattung (Breitbandanbindung, WLAN, Endgeräte) versorgen. Zwar ist der Bund durch das Kooperationsverbot von Bund und Ländern im Schulbereich gar nicht zuständig, aber Artikel 91c des Grundgesetzes erlaube eine Zusammenarbeit im Bereich Informationstechnik ohne Grundgesetzänderung, so das BMBF damals. Geld vom Bund gebe es aber nur, wenn sich die Länder verpflichten, pädagogische Konzepte, Aus- und Fortbildung von Lehrern und gemeinsame Standards für Digitaltechik umzusetzen. Auch müssten die Länder und Schulen zusichern, Folgeinvestitionen nach Auslaufen des Paktes zu übernehmen, eine Festlegung von Schuletats über den Förderzeitraum des Pakts hinaus. Gedauert hat die Umsetzung länger als geplant. Im Jahr 2016 durch das Finanzministerium blockiert, im Wahlkampf 2017 ausgespart, stand der Digitalpakt Schule erst 2018 wieder auf der Agenda des Bundestages und wurde 2019 in Kraft gesetzt.

Der 2019 gestartete „Basis-Digitalpakt Schule“ für den Ausbau der Infrastruktur in Schulen wurde mittlerweile auf 6,5 Milliarden Euro erweitert. 500 Millionen Euro stehen ab Juli 2020 bereit für ein Sofortausstattungsprogramm für Endgeräte, die an Schülerinnen und Schüler ausgeliehen werden

Weit hinter den Erwartungen.
Bild: AdobeStock

können. Ebenfalls 500 Millionen Euro standen ab Januar 2021 zur Verfügung, um Leihgeräte für Lehrkräfte zu beschaffen. Noch einmal 500 Millionen Euro kamen im November 2020 dazu, um Administratoren zu fördern, die sich um die digitale Technik kümmern. Die Länder stocken diese Beträge um zehn Prozent Eigenanteil auf, daraus ergibt sich eine Gesamtsumme von 7,15 Milliarden Euro. Seit Beginn der Pakt-Laufzeit 2019 seien mittlerweile 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau der digitalen Infrastruktur an Schulen ausgegeben, laufende Projekte im Umfang von 2,4 Milliarden Euro bewilligt, so das BMBF im März 2022. „Auch wenn der Digitalpakt Fahrt aufnehme, blieben die Zahlen hinter den Erwartungen zurück, eine weitere Beschleunigung sei dringend nötig“, so die derzeitige Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (Pressemeldung No. 16 vom 4. März 2022).

Die Mittelverteilung in den 16 Bundesländern würde von insgesamt 38 Behörden und Investitionsbanken verwaltet, die Verfahren seien kleinteilig und intransparent, das Nachweisverfahren lückenhaft. Auch seien weder der pädagogische Nutzen noch Lernerfolge ersichtlich.

Der Bundesrechnungshof widerspricht vehement. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO über die Prüfung länderübergreifender Maßnahmen im Zusammenhang mit dem „DigitalPakt Schule“ fordert er stattdessen das Ende des Digitalpakts Schule . Der Bund sei gar nicht zuständig für die IT-Ausstattung der Schulen. Das sei Ländersache und damit außerhalb des verfassungsmäßigen Aufgabenbereichs des Bundes. Gelder würden anhand fester Schlüssel statt nach Bedarf verteilt. Es werde nicht berücksichtigt, dass in einigen Ländern und Schulen bereits ausreichende IT-Ausstattung zur Verfügung stehe, stattdessen würden Doppelstrukturen geschaffen. Die Mittelverteilung in den 16 Bundesländern würde von insgesamt 38 Behörden und Investitionsbanken verwaltet, die Verfahren seien kleinteilig und intransparent, das Nachweisverfahren lückenhaft. Auch seien weder der pädagogische Nutzen noch Lernerfolge ersichtlich. Aufgrund der beschränkten Steuerungs- und Kontrollrechte des BMBF sollten die Finanzhilfen im Rahmen des Pakts eingestellt, auf die Verlängerung des Pakts verzichtet werden.

Er sieht die erhebliche Gefahr von Förderruinen, für deren Weiterbetrieb es keine Perspektiven gibt.

Scheitern mit Ansage

Das gelte auch für die darüber hinaus finanzierten Projekte. Für die vom BMBF mit 630 Mio. Euro entwickelte Bildungsplattform fehle die Wirtschaftlichkeitsprüfung, die Finanzierungskompetenz und die Abstimmung mit den Ländern. „Der Bundesrechnungshof hält es für grob fahrlässig, dass das BMBF die Wirtschaftlichkeit und Tragfähigkeit erst im laufenden Prozess klären will. Er sieht die erhebliche Gefahr von Förderruinen, für deren Weiterbetrieb es keine Perspektiven gibt.“ Die vom BMBF finanzierte HPI-Schulcloud, auch als Bundes-Schulcloud bekannt und mittlerweile in „dBildungscloud“ umbenannt, wurde den Ländern 2018 ohne Bedarfserhebungen der schulischen IT-Infrastruktur angeboten. Sie war selbst als kostenfreie „Bundes“-Schulcloud in Ländern mit eigenen Clouds kaum nachgefragt noch förderwürdig. „Ende 2018 prüfte das BMBF, wie es den Aufbau einer allgemeinen, überregionalen Schulcloud forcieren konnte. Ergebnis war, dass es den Betrieb einer überregionalen Schulcloud nicht fördern darf.“ (S.20) Das BMBF habe die weitere Entwicklung dennoch unterstützt, ohne Interesse von Seiten der Länder an einer Bundesschulcloud. Wer hat das Projekt trotzdem forciert?

Gleiches gilt für die Pseudonymisierung, das sogenannte ID Management über die HPI-Schulcloud. Ende 2018 stand eine Lösung für ein übergreifendes ID-Management als freie Software-Lösung („Open Source“) zur Verfügung. Nur stellte das BMBF auch hier fest, dass auf Länderseite dafür das Interesse fehlte (S. 23). Der Bundesrechnungshof zeigt sich ob solcher Fehlplanungen deutlich irritiert:

Wirkung mehr als fraglich

„Weder bei den Projekten zur Schulcloud noch zum ID-Management und zur Lehrerfortbildung hat das BMBF vorab den Bedarf und die Notwendigkeit seiner Zuwendungen untersucht. Dies ist insbesondere auch deshalb nicht hinnehmbar, weil es sich nicht um ergebnisoffene Forschungsprojekte handelte, sondern um Projekte mit denen das BMBF strategisch zentrale Bereiche der Digitalisierung der Schulen an sich ziehen wollte.“ (29)

Planungen und Absichten zu Begleitprojekten im schulischen Bereich seien vom BMBF nicht transparent gemacht worden. Wechselnde Veranschlagung in unterschiedlichen Haushaltskapiteln und thematisch nicht präzise gefasste Bezeichnungen in Einzelplänen hätten gegen den Grundsatz der Haushaltsklarheit verstoßen. Planungsmängel hätten sich in länderübergreifenden Maßnahmen innerhalb des „DigitalPakts Schule“ fortgesetzt. Die Bemühungen des BMBF um bundesweite Maßnahmen und einheitliche Standards für die Digitalisierung der Schulen sei generell gescheitert und wäre vermeidbar gewesen, „wenn sich das BMBF konsequent mit dem Handlungsrahmen und den Entwicklungen der Länder auseinandergesetzt und darauf verzichtet hätte, am Bedarf vorbei Parallelangebote zu schaffen.“ (31)

Schulen sind unterfinanziert und unterbesetzt. Nur müssen Gelder auch an den Schulen ankommen und es muss dort entschieden werden können, wofür sie sinnvoll und notwendig eingesetzt werden: für qualifizierte Lehrkräfte, Mentoren und Tutoren, für Schulsozialarbeiter und Psychologen.

Bundesrechnugshof übt massive Kritik: Keines der Projekte wird sich realisieren lassen.

„Das BMBF hat ohne eigene Zuständigkeit versucht, strukturbildend und übergreifend die Digitalisierung an den Schulen zu fördern. Es hat dabei versäumt, mit den Ländern den Bedarf und die gemeinsamen Voraussetzungen für übergreifende IT-Infrastrukturen zu klären. Hierdurch ist es schon bei der Vorbereitung des „DigitalPakts Schule“ nicht gelungen, technische Synergien, z.B. über gemeinsame Cloud Strukturen, zu realisieren. Da alle Länder im Rahmen ihrer Möglichkeit bemüht sind, ihren Aufgaben gerecht zu werden, geht der Bundesrechnungshof davon aus, dass sich keines der BMBF eigenen Projekte durchsetzen wird. (…) Die Bemühungen des BMBF, bundesweit übergreifende Maßnahmen und einheitliche Standards für die Digitalisierung der Schulen zu befördern, hält der Bundesrechnungshof für gescheitert. Von weiteren eigenen Strategien und Begleitprojekten zur Digitalisierung der Schulen außerhalb des „DigitalPakts Schule“ muss das BMBF absehen. Es fehlt ihm hierfür nicht nur die Zuständigkeit. Seine Initiativen führen vielmehr zu Angeboten, die redundant zu denen der Länder und damit unwirtschaftlich sind.“ (Zusammenfassung)

Man kann die Lektüre des Berichts des Bundesrechnungshofes all denen empfehlen, die über die Finanzierung von Bildungseinrichtung entscheiden. Schulen sind unterfinanziert und unterbesetzt. Nur müssen Gelder auch an den Schulen ankommen und es muss dort entschieden werden können, wofür  sie sinnvoll und notwendig eingesetzt werden: für qualifizierte Lehrkräfte, Mentoren und Tutoren, für Schulsozialarbeiter und Psychologen. Das ist das zentrale Ergebnis der Studien aus der Pandemie. So aber ist der Digitalpakt Schule nur ein weiteres Beispiel für Dilettantismus und versuchten Dirigismus aus Berlin samt erfolgreicher Lobbyarbeit der IT-Wirtschaft für ihre Partikularinteressen. Und es geht weiter, immer weiter …

„Mit der Nationalen Bildungsplattform, für die 630 Mio. Euro aufgewandt werden sollen, deutet sich ein erneutes Scheitern des BMBF bei einem bundesweiten Infrastrukturprojekt an.“ (70)

Quellen

Bundesrechnungshof (2022) Länderübergreifende Maßnahmen im Zusammenhang mit dem „DigitalPakt Schule“.

Zusammenfassung: Länderübergreifende Maßnahmen im Zusammenhang mit dem „DigitalPakt Schule“

Der Gesamt-Bericht als PDF: Länderübergreifende Maßnahmen im Zusammenhang mit dem „DigitalPakt Schule“

Pressemitteilung BMBF Nr. 16 (04.03.2022): Stark-Watzinger/Prien: Weitere Beschleunigung des Digitalpakts nötig. Fast die Hälfte der Gesamtmittel wurden verplant, etwa ein Fünftel der 6,5 Milliarden Euro ausgegeben.

Unterberg, Swantje (Spiegel online 13.8.2022) Kritik an Milliardenausgaben des Bundes: Bundesrechnungshof fordert Ende des Digitalpakts Schule

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Was Hänschen nicht lernt … https://condorcet.ch/2022/03/was-haenschen-nicht-lernt/ https://condorcet.ch/2022/03/was-haenschen-nicht-lernt/#respond Sun, 13 Mar 2022 12:14:29 +0000 https://condorcet.ch/?p=10648

Seit mehr als 30 Jahren wiederholen sich Diskussionen über Sinn und Unsinn von Informationstechnik in Bildungseinrichtungen. Die Pandemie mit Kontaktsperren und Schulschließungen hat die Diskussion beschleunigt. Digitaltechnik wurde in Coronazeiten ohne Diskussion flächendeckend eingesetzt. Jetzt soll daraus das „neue Normal" werden, möglichst ab der Kita. Je früher desto besser – oder nicht? Ein kritisches Statement zur Digitalisierung an der Grundschule von Condorcet-Autor Ralf Lankau.

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: Daten über menschliches Verhalten werden maschinenlesbar gemacht.
Bild: Lankau

Von Digitalisierung und digitaler Transformation zu Digitalität

Die Definition wichtiger Begriffe ist Voraussetzung für das Verstehen der Zusammenhänge. Digitalisierung als Substantiv, digitalisieren als Verb bedeutet, beliebige Information maschinenlesbar zu machen. Ob Text oder Bild, Mimik oder Gestik, Raumtemperatur oder Luftfeuchtigkeit: Alles wird durch entsprechende Sensoren, Kameras oder Mikrofone aufgezeichnet und technisch zu Daten und Datensätzen konvertiert. Diese Digitalisate werden anschließend nach der Logik von Datenverarbeitungssystemen – alle Rechner sind Datenverarbeitungssysteme  – mit Hilfe entsprechender Programme be- und verarbeitet. Algorithmen sind Handlungsanweisungen (Operationsbefehle), wie Rechner Daten verarbeiten.

Spricht man von Digitalisierung im Kontext von Sozialsystemen (Arbeit, Bildung, Gesundheit), bedeutet Digitalisierung, dass Daten über menschliches Verhalten, seine Psyche und Emotionen (5-Faktorenmodell, s.u.) aufgezeichnet und maschinenlesbar gemacht werden. Digitale Transformation bezeichnet die Forderung der IT- und Wirtschaftsverbände, zunehmend alle menschlichen Lebensbereiche nach den Parametern und Anforderungen von Datenverarbeitungssystemen der Datenökonomie umzustrukturieren und der Logik von Algorithmen und Berechenbarkeit anzupassen. Die Konsequenz: Es zählt nur noch, was als Daten erfasst (datafiziert) und algorithmisch berechnet und gesteuert werden kann. Denn das ist

Shoshana Zuboff, US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin und emeritierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Harvard Business School in Cambridge, Massachusetts: Der Dreisatz der Digitaltechnik: Automatisieren, Digitalisieren, Kontrollieren.

(Zuboff 1988) Nicht mehr der Mensch mit seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt technischer Anwendungen, sondern die Effizienz und Optimierung der Datenverarbeitungssysteme. Die Leitdisziplin der Digitalisten ist Big Data oder – da Big Data sehr nach Big Brother klingt – die vermeintlich objektivierenden Data Sciences.

Der relativ neue Begriff Digitalität soll die digital codierte Verbindung zwischen Menschen, zwischen Menschen und Objekten und zwischen den Objekten des „Internet of Things (IoT) umfassen. Statt der eher technischer Definitionen der Digitalisierung sollen mit dem Kunstbegriff der Digitalität soziale und kulturelle Praktiken beschrieben werden, ähnlich dem (ebenso ungenauen) „digital lifestyle“. Der Begriff beschreibt de facto die Akzeptanz der Allgegenwart und permanenten Interaktion von Menschen mit digitalen Endgeräten und Dominanz netzbasierter Diensten. Es ist, getarnt als Fortschritt, die Zustimmung zur Selbstentmündigung und Steuerung menschlichen (Lern)Verhaltens durch Software, wenn „KI-basierte Avatare als empathische Lernbegleiter“ Lehrkräfte ersetzen (Herkersdorf, 2020) oder digitale Endgeräte von einem Schulleiter (!) zu „Lernbegleitern“ geadelt werden, um Lehrkräfte zu sparen. (Lebert 2021)

Damit wird im Gewand einer kulturwissenschaftlichen Diskussion der Raum für das bereitet, was Marc Zuckerberg (Meta, vormals Facebook) als kommerzielles Metaverse (dt. Metaversum) auf den Markt bringen will: Das Verschmelzen von realer und virtueller Welt als neuer Geschäftsbereich und das Interagieren mit virtuellen statt realen Personen. Eingeführt hat den Begriff Virtual Reality der Science-fiction-Autor Neal Stephenson 1992 in seinem Roman „Snow Crash“ – eine Dystopie. Die Story: In den USA herrschen nach einer schweren Wirtschaftskrise hohe Arbeitslosigkeit, Armut und Gewalt. Viele Menschen flüchten daher in virtuelle Scheinwelten.

Für alle drei Digital-Begriffe wird Alternativlosigkeit behauptet, der Mensch als selbstbestimmt handelndes Subjekt negiert.

Vermessen statt Unterrichten

Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildungseinrichtungen.

Für alle drei Digital-Begriffe wird Alternativlosigkeit behauptet, der Mensch als selbstbestimmt handelndes Subjekt negiert. Für den Bildungssektor forcieren Akteure der Global Education Industries (GEI) und StartUps der eLearning- und EdTech-Branche (Education Technologies) den Einsatz von Digitaltechnik, neben den bekannten (formal gemeinnützigen) Stiftungen. Damit verbunden ist ein Paradigmenwechsel, der aus dem angelsächsischen Raum massiv nach Europa drängt: Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildungseinrichtungen. Bildung wird zum Geschäftsfeld. Wer „Bildung“ als Dienstleistung verkaufen will, muss Bildungsprozesse als steuer- und messbar behaupten und Erfolgskontrollen per Qualitätsmanagement (QM) garantieren. Dafür müssen Lernprozesse standardisiert und kleinteilig mess- prüfbar werden. Das ist das Feld der empirischen Bildungsforschung als Teildisziplin der Psychologie. Das Ergebnis: Messmethoden für Lernleistungen statt Pädagogik und Didaktik.

Auch Emotionen sind nach diesem Verständnis Kompetenzen, die man trainieren und zur Selbstoptimierung verändern kann.

Derlei Ideen sind nicht neu.Vorläufer und Impulsgeber war z.B. William Stern, Vordenker der Allgemeinen Psychologie. Er prognostizierte bereits im Jahr 1900 die „Psychologisierung des gesamten menschlichen Lebens“. Stern und Kollegen wie Hugo Münsterberg postulierten 1912 als psychotechnische Maxime: „Alles muss messbar sein.“ Dafür entwickelten Psycho-Ingenieure passende Psycho-Techniken. Darauf baut die „Lehre der unbegrenzten Formbarkeit des Einzelnen“ auf . (Gelhard, 2011, 100) Der Psychologe David McClelland leitete daraus sogar das „pädagogische Versprechen einer umfassenden Formbarkeit des Menschen“ ab. (ebda., 120).

Auch Emotionen sind nach diesem Verständnis Kompetenzen, die man trainieren und zur Selbstoptimierung verändern kann. Dazu dient u.a. das Fünf-Faktoren-Modell (engl. OCEAN) nach Louis Thurstone, Gordon Allport und Henry Sebastian Odbert. Die Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extrovertiertheit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität ergeben in der jeweiligen Stärke und wechselseitigen Abhängigkeiten präzise Abbilder der Persönlichkeitsstruktur, der mentalen und psychischen Belastbarkeit, des emotionalen wie sozialen Verhaltens, der sexuellen Präferenzen u.v.m. Der Mensch und seine Psyche werden transparent, das Individuum steuerbar.

Automatisierte Beschulung wird zur algorithmisch berechneten Prognostik, um Probanden zum Erreichen extern vorgegebener Lernziele zu führen.

Datafizierung und Datenbanken statt Dialog

Dazu muss man personalisierte Daten erfassen und auswerten. Das ermöglichen digitale Endgeräte. Die Identifikation der Probanden erfolgt durch Login und Nutzerverhalten. Die personalisierten Daten werden zu Profilen mit charakteristischen Merkmalen von Personen kondensiert – die sogenannten digitalen Zwillinge. Menschliches Verhalten wird per Web und App modifiziert (Nudging, Selftracking) oder manipuliert (Influencing, Propaganda, Werbung). Automatisierte Beschulung wird zur algorithmisch berechneten Prognostik, um Probanden zum Erreichen extern vorgegebener Lernziele zu führen. Software mit vergleichbaren Aufzeichnungs- und Steuerungspotentialen kommen aktuell verstärkt als Lernsoftware, Serious Games und Virtual Reality (VR)-Anwendungen in die Bildungseinrichtungen, bereits an der Kita.

John Hattie: IT hat nur eine geringe Effektstärke.

Bloss: Medientechnik als Ersatz der Lehrkräfte scheitert seit mehr als 30 Jahren regelmäßig. Nutzen und Mehrwert digitaler Medien für Lernprozesse sind nicht nachgewiesen. Im Gegenteil. John Hattie weist in seiner Meta-Analyse „Visible Learning“ nur einen geringen Nutzen von IT im Unterricht aus. (Hattie, 2009; aktualisiert durch Hattie; Zierer, 2016; Zierer 2020) Der OECD-Bericht „Students, Computers and Learning: Making the Connection“ (2015) zeigt: Die verstärkte Nutzung digitaler Medien führt nicht zu besseren Leistungen von Schülerinnen und Schülern. Das gleiche Ergebnis zeigte ein BYOD Projekt in Hamburg , Kammerl 2016) und die OECD-Studie zu Resilienz und Bildungsgerechtigkeit. Daher gehört es mittlerweile zur Strategie der Digitalbefürworter, bereits die Frage nach dem Nutzen und Mehrwert von Medientechnik im Unterricht als bewahrpädagogisch und überflüssig zu delegitimieren.(Krommer 2020) Der Trick: Krommer, Wampfler &Co. fragen nicht nach dem möglichen Nutzen oder Mehrwert von digitaler Medien im Unterricht, sondern fordern umgekehrt „Unterricht unter Bedingungen der Digitalisierung“. (ebda.) Wer Digitaltechnik als Prämisse setzt, muss deren Einsatz nicht begründen. Nur sagt diese Setzung gerade nichts über Nutzen, Sinn oder Unsinn von Technik im Unterricht aus, sondern nur über die Setzung.. Technikeinsatz alleine ist kein pädagogisches Konzept.

Präsenzunterricht als Normalfall

Wir stehen vor grundlegenden Entscheidungen. Welche Form von Unterricht, Lehre und Bildung wollen wir?

Prof. Dr. Andreas Gruschka: Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, Verstehen zu lehren?

(Gruschka, 2011) Oder bestimmen Parameter der produzierenden Industrie (Produktion von Humankapital mit validierten Ergebnissen) und der Daten-Ökonomie das Lehren und Lernen? Ist die automatisierte Messbarkeit von Lernleistungen das Ziel oder haben Bildungseinrichtungen einen übergeordneten Auftrag für Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung, der sich nicht utilitaristisch auf Ausbildung und Kompetenzen verkürzen lässt? Bleiben Lehranstalten soziale Orte und Schutzraum für Präsenzunterricht und das Lernen in Sozialgemeinschaften? Wird Lehren und Lernen verstanden als soziale Interaktionen auf Basis von wechselseitiger Beziehung, Bindung und Vertrauen zwischen Menschen? Oder etablieren wir einen zunehmend „autonom“ agierenden Maschinenpark zum Beschulen und Testen der nächsten Generation?

Der Mensch ist des Menschen Lehrer(in)

Zum Denken lernen als Ziel von Lehre und Unterricht brauchen wir ein menschliches Gegenüber, den direkten Dialog. So jedenfalls Immanuel Kant im Text “Was heißt: sich im Denken orientieren?” (1786). Sonst bekämen wir nur leere Köpfe, die zwar das Repetieren (heute: Bulimie-Lernen) trainieren, aber nicht selbständig denken und Fragen stellen könnten. Für Dialog und Diskurs, für das Nach-, Mit- und Selbstdenken brauchen wir echte Begegnungen. Lernen ist ein individueller und sozialer Prozess, der nicht digital kompensiert werden kann, wenn Verstehen das Ziel ist, nicht nur Repetition. Medien und Medientechnik können Lernprozesse partiell unterstützen, aber wir lernen durch das Miteinander (Lankau 2020a)

In der Flugschrift „Alternative IT-Infrastruktur für Schule und Unterricht“ (Lankau, 2020b) wird bis auf Hard- und Software-Ebene skizziert, wie man Digitaltechnik einsetzt, ohne Nutzerdaten zu generieren. Der Untertitel präzisiert die Funktion von sinnvoller Medientechnik in Lehr- und Lernprozessen: „Wie man digitale Medientechnik zur Emanzipation und Förderung der Autonomie des Menschen einsetzt, statt sich von IT-Systemen und Algorithmen steuern zu lassen.“ Das heißt: Der Einsatz von Digitaltechnik muss überdacht werden im Hinblick auf die Frage, was der „Normalfall Unterricht“ sein soll. Bleiben Bildungseinrichtung Lernorte für das Individuum oder werden es Lernfabriken für die zunehmend algorithmisierte Steuerung von Menschen mit dem Ziel des messbaren Kompetenzerwerbs, samt absehbarer Konsequenzen für das Individuum wie die Gemeinschaft? Das ist ja eine der Lehren aus Corona: Präsenz ist nicht zu ersetzen, in keiner Schulform und in keinem Lebensalter. Ob wir dabei analoge und/oder digitale Medien als Ergänzung zum Unterricht einsetzen bleibt nachgeordnet. Denn es sollte zu denken geben, was der israelische Historiker Harari zu Covid-19 im Interview formulierte:

„In 50 Jahren werden sich die Menschen gar nicht so sehr an die Epidemie selbst erinnern. Stattdessen werden sie sagen: Dies war der Moment, an dem die digitale Revolution Wirklichkeit wurde. (…)  Im schlimmsten Fall werden sich die Menschen in 50 Jahren daran erinnern, dass im Jahr 2020 mithilfe der Digitalisierung die allgegenwärtige Überwachung durch den Staat begann.“(Lüpke, Harms, 2020)

 

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Deine Daten sind der Preis: Medienmündigkeit im Netz oder der Blick hinter das Display auf Big Data und Datenökonomie https://condorcet.ch/2021/11/deine-daten-sind-der-preis-medienmuendigkeit-im-netz-oder-der-blick-hinter-das-display-auf-big-data-und-datenoekonomie/ https://condorcet.ch/2021/11/deine-daten-sind-der-preis-medienmuendigkeit-im-netz-oder-der-blick-hinter-das-display-auf-big-data-und-datenoekonomie/#respond Mon, 29 Nov 2021 06:43:25 +0000 https://condorcet.ch/?p=9942

Für Condorcet-Autor Ralph Lankau gehören Digitaltechnik, Netzwerke und Datenschutz notwendigerweise zusammen, da man Online- und Webtechnologien nur dann verantwortungsvoll nutzen kann, wenn man über ein Grundverständnis über Funktionsweisen der Digitaltools verfügt. Der Begriff dafür ist Medienmündigkeit statt Medien(bedien)kompetenz und bedeutet, dass man einschätzen und entscheiden kann, ob und ggf. welche Medien man nutzt und was man besser nicht im Netz macht. Das zugrundeliegende Ziel ist, sich den Datensammlern der IT-Monopole und der Daten-Ökonomie zu widersetzen, ohne auf sinnvolle Dienste zu verzichten.

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Social Media-Aktivitäten als Spiegel der Persönlichkeit

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: Wir müssen uns stattdessen überlegen, für was wir wirklich online sein müssen.
Bild: Lankau

Das Mediennutzungsverhalten hat sich durch Digital- und Webtechnologien in den letzten 20 Jahren stark verändert. Internetdienste wie Amazon und Google (mit YouTube) oder Social Media-Plattformen wie Facebook (mit WhatsApp und Instagram) haben heute Reichweiten, die weit über Printpublikationen oder TV-Kanäle hinausgehen. Mit Smartphones (ab 2007) und Tablets (ab 2010) wurden mobile Geräte und Dienste ständige Begleiter. Der entscheidende Unterschied zu bisherigen Medienkanälen ist der permanente Rückkanal für personenbezogene (personalisierte) Daten. Gerätehersteller und Diensteanbieter wissen, wer wir sind und was wir im Netz tun. „Mit jedem Klick im Netz hinterlassen Menschen digitale Spuren. Aber auch wer das Handy unbenutzt in der Tasche mit sich herumträgt, verrät viel über sich selbst. Denn die Bewegungen des Benutzers, die ein Smartphone mit seinen Inertialsensoren erfasst, ermöglichen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit der Nutzer.“ (Siegle, 2019)

Eine aktuelle Studie bestätigt, dass sich aus Aktivitäten in sozialen Medien weitreichende Schüsse auf den Charakter der Nutzerinnen und Nutzer schließen lassen. Eine Forschergruppe um Clemens Stachl warnt im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) vor möglichen Einschränkungen der Privatsphäre, da personenscharfe Profile die gezielte Beeinflussung ermöglichen. (Stachl, 2020)

Eine aktuelle Studie bestätigt, dass sich aus Aktivitäten in sozialen Medien weitreichende Schüsse auf den Charakter der Nutzerinnen und Nutzer schließen lassen.

Allein über die Bewegungen mit Smartphones verraten Nutzer ihre alltäglichen Gewohnheiten.

Denn Smartphones zeichnen Nutzerdaten auf, aus denen sich die fünf Dimensionen des “Big Five”-Modells der Persönlichkeitspsychologie (Ocean-Methode; Tab. 1) vorhersagen lassen. Das sind die Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extrovertiertheit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität sowie deren Ausprägung. Das ergibt, zusammen mit Bewegungs- und Kommunikationsprofilen, sehr präzise Abbilder der Persönlichkeitsstruktur, der mentalen und psychischen Belastbarkeit (z.B. Stressresistenz) und des emotionalen wie sozialen Verhaltens. Allein über die Bewegungen mit Smartphones verraten Nutzer ihre alltäglichen Gewohnheiten, den Aktionsradius und direkte Kontakte. Das lässt zuverlässige Rückschlüsse auf die Persönlichkeit und erwartbares Verhalten zu (Prognostik). Das Sammeln von Nutzerdaten hat als Ziel ja die Voraussage des wahrscheinlichen Verhaltens, um entsprechende Angebote zu machen und/oder passende Werbung zu schalten. Das ist schließlich die Geschäftsgrundlage der digitalen Plattform-Ökonomie: „Kostenlose“ Angebote gegen Nutzerdaten, Werbung und auch (politische) Propaganda.

Tab. 1: Die Big Five der Persönlichkeitspsychologie (dt.: Fünf-Faktoren-Modell, FFM)

Kürzel/Faktor schwach ausgeprägt stark ausgeprägt
O / openness to experience

(Offenheit für Erfahrungen)

konservativ, vorsichtig erfinderisch, neugierig
C / conscientiousness

(Gewissenhaftigkeit)

unbekümmert, nachlässig effektiv, organisiert
E / extraversion

(Extraversion)

zurückhaltend, reserviert gesellig
A / agreeableness

(Verträglichkeit)

wettbewerbsorientiert, antagonistisch kooperativ, freundlich, mitfühlend
N / neuroticism

(Neurotizismus)

selbstsicher, ruhig emotional, verletzlich

 

Trump und das Beispiel TikTok

Der erste, der diese Persönlichkeitsprofile für personalisierte Wahlwerbung erfolgreich eingesetzt hat, war Barack Obama mit seiner „Yes, we can“-Kampagne, mit der er vor allem junge Wählergruppen aktivieren konnte. Manipulationstechniken der medialen Kommunikation sind allerdings für beliebige Ziele einsetzbar, wie es Edward Bernays bereits in seinem Buch „Propaganda oder die Kunst der Public Relations“ von 1928 publizierte. Ob man Wahlkampf für Auto- oder Demokraten macht, ist auf der analytischen und (werbe)psychologischen Ebene egal, nur Botschaften und Bildsprachen variieren, die Methoden sind identisch. Die Basis dafür sind Psychotechniken, die William Stern u.a. um 1900 entwickelt hatten. (Gelhard, 2011, 100f) Der Brexit wie der letzte amerikanische Präsidentenwahlkampf dürften unter starkem Einfluss von personalisierten Social Media-Aktionen gestanden haben, wie es Christopher Wylie, ehemaliger Mitarbeiter von Cambridge Analytica (CA), in seinem Buch „Mind F*ck“ beschreibt.

Shoshana Zuboff, US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin und emeritierte Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Harvard Business School in Cambridge, Massachusetts, spricht von Überwachungskapitalismus.

Das Grundprinzip der Plattform-Ökonomie sind international identisch. Unternehmen wie Facebook oder Google bzw. ihre chinesischen oder russischen Pendants stellen die technische Infrastruktur zur Verfügung. Die Nutzer entwickeln unentgeltlich die Inhalte (Content) und laden sie auf diese Plattformen hoch, um sich zu präsentieren. Die Plattformbetreiber verkaufen die Werbeplätze und sichern den Werbetreibenden zu, passende Anzeigen zum jeweiligen Nutzerprofil zu schalten. Zeitalter des Überwachungskapitalismus nennt Shoshana Zuboff dieses Prinzip, bei dem Nutzerinnen und Nutzer als Datenspender sich selbst als Konsumenten profilieren. (Zuboff 2018)

Bislang waren die Big Five der IT: Amazon, Alphabet (Google), Apple, Facebook und Microsoft auch in Europa führend. (Europa ist diesbezüglich eine digitale Kolonie des US-Marktes). Mit Android und Mac OS stellten zwei US-Firmen sogar die Betriebssysteme und App-Stores für annähernd alle Smartphones. Dummerweise hat China mittlerweile nicht nur das chinesische (staatlich zensierte) Netz gegen Konkurrenz aus dem Westen abgeschottet und für alle digitalen Dienste eigene Alternativen entwickelt (WeChat, Weibo, Baidu, AliBaba usw.). Mit Apps wie TikTok haben chinesisches Unternehmen auch zunehmend Erfolg auf dem amerikanischen Markt.

Trumps Wahlauftritt in Tulsa: leere Ränge.

Hier überkreuzen sich zwei Ereignisse. Zum einen haben TikTok-Nutzer die Auftakt-Wahlveranstaltung von Donald Trump in Tulsa boykottiert, in dem sie sich massenhaft angemeldet haben, aber nicht erschienen sind. Den großspurigen Ankündigungen des Trump-Teams über hohe Teilnehmerzahlen standen Fernsehbilder von leeren Rängen gegenüber. (Tulsa, 2020). Der Zorn des Narzissten war erwartbar. Zu Recht weist die amerikanische Regierung allerdings darauf hin, dass Daten, die ein chinesisches Unternehmen über amerikanische Nutzer sammelt, dem chinesischen Staat zur Verfügung stehen. Ein staatstotalitäres System wie in China schottet ja nicht nur das eigene Netz gegen Externe ab, sondern hat Zugriff auf alle Daten chinesischer Unternehmen.

Ein staatstotalitäres System wie in China schottet ja nicht nur das eigene Netz gegen Externe ab, sondern hat Zugriff auf alle Daten chinesischer Unternehmen.

Ein staatstotalitäres System

Fairerweise müsste die US-Regierung aber dazu sagen, dass sie selbst so agiert, wie es die Enthüllungen von Edward Snowden 2013 gezeigt haben und er es in seinem Buch „Permanent Record“ beschreibt. Die amerikanische Gesetzgebung nach dem Anschlag von 9/11 führt dazu, dass von Datenschutz und Datensicherheit auch in Europa nicht mehr gesprochen werden kann. Laut US Cloud Act haben amerikanische (Geheim)Dienste auf alle Daten von europäischen Kunden auf Antrag Zugriff, selbst wenn diese in Europa gespeichert sind und EU-Recht unterliegen. US-Recht bricht EU-Recht, egal, welche Verträge man mit amerikanischen Unternehmen abschließt. Das hat der europäische Gerichtshof (EuGH) sowohl mit dem Safe Harbour-Urteil von 2015 wie mit dem aktuellen Urteil zum Privacy Shield von 2020 bestätigt. (Lijnden, 2020, 4)

Datenschutz schützt keine Daten, sondern Grundrechte wie das informationelle Selbstbestimmungsrecht, das Recht auf Privatsphäre oder das Recht, eine Zustimmungen zum Datensammeln zu widerrufen und das Löschen der Daten einzufordern.

Umso wichtiger ist die im Mai 2016 beschlossene und im Mai 2018 in Kraft getretenen EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO). Sie regelt das Speichern und Verarbeiten personenbezogener Daten für alle (!) Unternehmen, die innerhalb der EU aktiv werden wollen. Wer personenbezogen Daten speichern und auswerten will, muss vorher von den betroffenen Personen ein schriftliches Einverständnis einholen. Hier ist nicht der Ort, juristische Details oder mögliche Verbesserungen zu erörtern, sondern deutlich zu machen: Datenschutz schützt keine Daten, sondern Grundrechte wie das informationelle Selbstbestimmungsrecht, das Recht auf Privatsphäre oder das Recht, eine Zustimmungen zum Datensammeln zu widerrufen und das Löschen der Daten einzufordern. Die EU-DSGVO gibt Nutzern ihre Rechte an eigenen Daten zurück.

Die Pflicht, vor dem Speichern um Erlaubnis zum Speichern personenbezogener Daten zu bitten, gilt selbstredend auch für Software, die in Schulen eingesetzt wird.

Learning Analytics an Schulen

Peter Hense, Rechtsanwalt aus Sachsen (D): Man scheut sich vor der konsequenten Anwendung geltenden Rechts.

Die Pflicht, vor dem Speichern um Erlaubnis zum Speichern personenbezogener Daten zu bitten, gilt selbstredend auch für Software, die in Schulen eingesetzt wird. Daher werden Eltern von Minderjährigen unter 16 Jahren derzeit bundesweit aufgefordert, entsprechende Nutzungsvereinbarungen zu unterschreiben. Tun Sie es nicht. Auf die Frage, ob die Kultusministerien in Baden-Württemberg und Bayern ihr vorläufiges Okay für Microsoft-Produkte an Schulen zurückziehen sollten, antwortet der Jurist Peter Hense im Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Sollten? Sie müssen. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet. Ohne eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Datentransfer in die USA und andere Drittstaaten, denen ein angemessenes Schutzniveau fehlt, sind diese Produkte nicht genehmigungsfähig.“ (Füller, 2020a)

Gezwungen, entsprechende Nutzungsvereinbarungen zu unterschreiben.

Dieser Datenschutz als Grundrechteschutz gilt auch für Lernmamagement Systeme (MS), die semantisch korrekt besser Lern-Steuerungs-Systeme (LAS) heißen sollten und bei denen exakt angegeben werden muss, welche Daten für welche Zweck wie lange gespeichert werden, wer darauf Zugriff hat und wie man sie wieder löschen kann. Denn personalisierte Lernsoftware basiert notwendig auf möglichst umfangreichen Lern-, Verhaltens und Persönlichkeitsprofilen. Dazu wird das Lernverhalten der Schülersinnen und Schülerin möglichst kleinteilig aufgezeichnet und ausgewertet.Der Begriff dafür ist Learning Analytics. ( Ifenthaler, Schuhmacher, 2016; Moodle, 2020) Aus Lernprozessen wird ein permanentes Vermessen von digital abprüfbaren Lernleistungen.

Der Leiter des Hasso-Plattner-Instituts, das die vom BMBF finanzierte Schulcloud mitentwickelt, führt dazu aus: „Viele dieser interaktiven Systeme funktionieren nur, wenn sie den Nutzer kennen. Das bedeutet, dass Daten protokolliert werden: Was hat der Betreffende gestern gemacht? Welche Frage konnte er nicht beantworten? Wo müssen wir wieder ansetzen?“ (Meinel, 2020) Auch andere Software-Anbieter werben mit der Vermessung und Steuerung von Lernprozessen: “Wir richten Ihr Moodle so ein, dass Sie von den Analytik-Funktionen optimal profitieren. Moodle-Analytics wird damit nicht zur Glaskugel – aber fast” steht auf der Website eines offiziellen Moodle-Partners für Deutschland. (Moodle, 2020). Ein weiterer Open-Source-Anbieter verspricht „Pädagogische Funktionen und einfach bedienbare Benutzeroberflächen für den IT-gesteuerten Unterricht“. (Open Source, 2020).

Wer daran glaubt, braucht in der Tat immer mehr und immer bessere Daten. Und immer mehr Informatiker und Datenmanager statt Lehrkräfte…

Demnach ist der IT-gesteuerte Unterricht das Ziel? Der übergeordnete Begriff dafür ist datengestützte Schulentwicklung, ein Modell der empirischen Bildungsforschung. Ausgangspunkt ist die Vorstellung, Lernprozesse messen und wie einen Produktionsprozess steuern zu können (kybernetische Pädagogik) – als gäbe es Qualitätsmanagement-Parameter für die individuelle und kognitive Entwicklung von Kinder und Jugendlichen. Wer daran glaubt, braucht in der Tat immer mehr und immer bessere Daten, wie es die Kollegin Hartong am Beispiel Hamburg kritisch aufzeigt. Und immer mehr Informatiker und Datenmanager statt Lehrkräfte… (Hartong 2018; 20219)

Was ist das Ziel von Unterricht?

An dieser Stelle muss man eine Grundsatzfrage stellen. Was ist das Ziel von Unterricht und was das Ziel beim Einsatz von Digitaltechnik in Schulen? Geht es um das Optimieren des standardisierten Beschulens und um automatisiertes Testen auf „Richtig oder Falsch“? Dafür sind Digital- als Binärsysteme und Lernsoftware geeignet. Oder geht es um mehr als Auswendiglernen von Repetitionswissen? Zum Denken lernen als Ziel von Lehre und Unterricht brauchen wir ein menschliches Gegenüber, den direkten Dialog. So jedenfalls Immanuel Kant im Text “Was heißt: sich im Denken orientieren?” (1786). Sonst bekämen wir nur leere Köpfe, die zwar das Repetieren (heute: Bulimie-Lernen) trainieren, aber nicht selbständig denken lernen und Fragen stellen könnten. Auch der ehemalige Leiter des Massachusetts Institute of Technology (MIT), Rafael Reif, weiß um die Bedeutung von Präsenz und direktem Diskurs: „Die Ausbildung bei uns besteht aus drei Komponenten. Erstens: das Lernen von bestehendem Wissen. Zweitens: das Verbessern von bestehendem Wissen. Drittens: die Anwendung des Wissens, um etwas Neues zu schaffen. Den letzten Punkt nennt man Innovation. Digitales Lernen können wir nur für den ersten Teil nutzen. Aber wir gewinnen damit mehr Zeit für die beiden anderen Komponenten.“ Punkt Zwei ist das gemeinsame Arbeiten im Präsenzunterricht und Seminar.

IT muss dezentral und datensparsam organisiert werden. Schulen richten sich dafür z.B. eigene LMS-Instanzen ohne Analysefunktionen ein, damit Lehrkräfte und Schülerinnen bzw. Schüler Dokumente und Dateien austauschen können.

Alternativen zur Verdatung von Schülerbiografien

An dieser Stelle kann auch der Einsatz von IT im Unterricht und an Schulen konkretisiert werden. Was ist das genaue Ziel beim Einsatz von IT in Schulen? Automatisiertes Beschulung als Ersatz für Lehrkräfte? Oder nutzt man digitale Dienste ohne Personalisierung und Profilierung als Werkzeug? Der Autor arbeitet z.B. selbst mit Moodle, deaktiviert aber alle Analyse-PlugIns und reduziert das Speichern von Nutzerdaten auf das technisch notwendige (Nutzerkennung, Passwort, Berechtigungen nach dem LogIn). Als Betriebssystem dient Linux (Fedora, Mint, Ubuntu statt Windows), die Anwendungssoftware ist durchgängig Open Source, z.B. Libre Office für Büroanwendungen und Präsentationen. Auch für Grafik, Desktop-Publishing, Audio-/Videoschnitt oder Webpublishing gibt es entsprechende Tools.

Eine valable Alternative

Noch wichtiger ist Umdenken: IT muss dezentral und datensparsam organisiert werden. Schulen richten sich dafür z.B. eigene LMS-Instanzen ohne Analysefunktionen ein, damit Lehrkräfte und Schülerinnen bzw. Schüler Dokumente und Dateien austauschen können. Das LMS wird benutzt wie eine (digitale) Bibliothek oder eine Materialsammlung ohne Benutzungsprotokolle und ohne Profilierung. Der Server steht in der Schule oder bei einem Provider und ist über VPN (Virtual Private Network) mit Nutzerkennung und Passwort per Netz erreichbar. In dieses LMS kann man bei Bedarf (Stichwort Fernunterricht) Open Source-Videokonferenz-Software wie BigBlueButton oder Jitsi einbinden. Auf diesem Server liegt das für den Unterricht notwendige Material, so muss man im Unterricht nicht ins Internet, sondern kann im Intranet arbeiten. Diese lokale Aufgaben- und Materialsammlung wird ergänzt um den Zugriff auf den Bildungsserver des jeweiligen Bundeslandes. Für die Kommunikation außerhalb von Unterricht und Schule nutzt man DSGVO-konforme Messneger wie Threema oder Signal.

Der entscheidende Punkt ist, dass man „echte“ Rechner oder Laptops einsetzt, die Betriebssystem und Anwendungssoftware lokal installiert und diese offline vollständig funktionsfähig sind. Alles, was im Unterricht mit Rechner gelernt werden soll, kann man offline tun – mit Ausnahme von Netzrecherchen. Nur bei Bedarf schaltet man den Netzzugang ein – idealiter kabelgebunden über einen Router, um die Strahlenbelastung zu minimieren. Dadurch ist es möglich, klar zwischen Off- und Onlinemodus zu trennen.

Wir haben uns daran gewöhnt, immer online zu sein, „mal schnell“ dies und das zu suchen oder anzuklicken – und möglichst viel mit einem Gerät zu machen. Das ist bequem, hat aber Folgen. Die Einzigen, die dieses permanente Onlinesein notwendig brauchen, sind die Vertreter der Daten- und Plattformökonomie. Nur so können sie in Echtzeit Nutzerdaten sammeln und auswerten. Wir müssen uns stattdessen überlegen, für was wir wirklich online sein müssen und in der Grundeinstellung der Arbeitsrechner das Netz ausgeschaltet lassen bzw. für die (Netz-)Kommunikation besser ein zweites Laptop mit Tor-Browser (zum Verbergen der eigenen Netztadresse zu nutzen. Das mag etwas umständlich sein, aber das größte Privileg im 21, Jahrhundert wird sein, selbst entscheiden zu können, für was man online geht, welche Daten man preisgibt und sich ansonsten eine Privatsphäre leisten zu können. Denn die „Gretchenfrage 4.0“ heißt schlicht: Wie hältst Du es mit den Daten? So Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie und Technikethik und Leitet des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag.

„Aufklärung meint heute eine digitale Mündigkeit, in der kritische und unangenehme Fragen gestellt werden. Das vermeintlich Spielerische der Technikdebatten, das Verschieben des existenziellen Antagonismus zwischen Paradies und Untergang in die ferne Zukunft, ist in keiner Weise spielerisch: Vielmehr verschleiert es den Ernst der zentralen Frage, wer zur KI und ihrer Nutzung etwas zu sagen hat und von wem nur noch simple Anpassung erwartet wird. Es ist eine Machtfrage.” (Grunwald, 2020, 9)

Anpassung an IT-Systeme vs. Autonomie des Menschen: Der deutsche Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier fragte auf dem Kirchentag 2019 in Dortmund: “Was bleibt vom Menschen, wenn neue Technologien immer tiefer in unsere Entscheidungen eingreifen, unser Denken lenken, unsere Wünsche formen?“ und formuliert als Auftrag an uns alle: „Nicht um die Digitalisierung der Demokratie müssen wir uns zuallererst kümmern, sondern um die Demokratisierung des Digitalen!“ Schulen sind einer der wichtigsten Orte, um Lehrkräfte wie Schülerinnen und Schüler für diese Fragen zu sensibilisieren und notwendige Diskussionen mit nachfolgenden Generationen zu führen.

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Kein Mensch lernt digital https://condorcet.ch/2021/11/kein-mensch-lernt-digital/ https://condorcet.ch/2021/11/kein-mensch-lernt-digital/#respond Sun, 21 Nov 2021 17:16:01 +0000 https://condorcet.ch/?p=9851

Das digitale Lernen wird uns oft als progessiv und zukunftsorientiert verkauft. Condorcet-Autor Ralf Lankau legt uns in seinem Beitrag dar, wie einseitig und rückwärtsgewandt ein auf Algorithmen basiertes Lernen in Wirklichkeit ist.

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Prof. Dr. phil. Ralf Lankau: Warum sind Sie Lehrer geworden?
Bild: Lankau

Notwendige Fragen und sinnvoller Einsatz von Digitaltechnik im Unterricht

Beantworten Sie vor dem Lesen dieses Beitrags bitte ein Frage: Warum sind Sie Lehrerin oder Lehrer, warum Schulleiterin oder Schuleiter geworden? Ihre Antwort präjudiziert Ihre Argumente und Position in der aktuell geforderten digitalen Transformation von Schule und Unterricht.

Ein stetiges Déjà vu der Lernmaschinen

Die aktuellen Diskussionen über den Einsatz von technischen Medien, heute primär Digitaltechnik, in Schulen haben eine lange Vorgeschichte. Im Kern ist es das immer Gleiche: Automatisieren des Beschulens und Prüfens und an die Technik angepasste Lernmethoden. Claus Pias zeigte bereits 2013 die Konstanten der Geschichte der Unterrichtsmaschinen und der dahinterstehenden Theorien auf: „Lerngutprogrammierung, Lehrstoffdarbietungsgeräte und Robbimaten: Die Idee, man müsse die Lehre automatisieren, um sparsamer, effektiver und sachgemäßer zu unterrichten, ist viel älter als das Internet.“ (Pias, 2013) Er zitiert u.a. den Psychologen Pressey, der 1926 eine der ersten Lehrmaschinen konstruierte. Erziehung habe den geringsten Wirkungsgrad aller denkbaren Unternehmungen, so Pressey. Darum müsse der Lehrbetrieb arbeitswissenschaftlich optimiert werden. „Im Klartext: Wie bekommt man mit möglichst wenig Ressourcen möglichst viel Stoff möglichst schnell in die Köpfe?“ (ebda).

Im Kern ist es das immer Gleiche: Automatisieren des Beschulens und Prüfens und an die Technik angepasste Lernmethoden.

Diffuse Notwendigkeitsrhetorik

Die Vorstellung, dass man Parameter der produzierenden Industrie (Prozessoptimierung, Kostenreduktion, Effizienzsteigerung) mit Hilfe entsprechender Psychotechniken der Psycho-Ingenieure (Gelhard, 2011, 31f., hier 50) auf Lernprozesse übertragen könne, wird seit Beginn des 20. Jh. (William Stern u.a.) propagiert. Die gleichen Psycho-Techniken liegen heutigen Angeboten von Lernsoftware zugrunde. Dazu kommen zwei Fraktionen, die seit den 1950er Jahren um die Deutungshoheit der Steuerbarkeit von Menschen streiten : Kybernetiker und Behavioristen. Kybernetiker wie der Namensgeber der Kybernetik, Norbert Wiener, arbeiten mit mathematischen, Behavioristen wie B.F. Skinner mit (verhaltens)biologischen Modellen. Die Gemeinsamkeit ist der Glaube daran, dass der Mensch als (mathematisches resp. biologisches) Regelsystem definiert und mit Hilfe entsprechender Parameter gesteuert werden könne. Messen, Steuern, Regeln als mathematisch-technische, programmiertes Lernen als biologische Variante.

Claus Pias: Die Idee, man müsse die Lehre automatisieren, um sparsamer, effektiver und sachgemäßer zu unterrichten, ist viel älter als das Internet.

Vermessen statt Unterrichten

Die Annahme der Berechenbarkeit und Steuerungsphantasien für soziale Interaktionen wie Lehren und Lernen sind auch die treibende Kraft der digitalen Transformation, aktuell in Bildung und Gesundheit. Dabei kommen technische Entwicklungen zusammen, die man in ihrer Reichweite bislang kaum überschauen und einschätzen kann. Auf der einen Seite das Sammeln und automatisierte Auswerten von Nutzerdaten (Big Data Analysis) durch wenige kommerzielle IT-Monopole, auf der anderen Seite die Beeinflussungs- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer durch Web & App auf Basis ihrer Persönlichkeitsprofile (Nudging und persuasive, d.h. verhaltensändernde Technologien).

Denn alles, was man am Rechner macht, kann aufgezeichnet werden und kann im Sinne der IT-Anbieter und damit auch gegen die Interessen der Probanden verwendet werden. Diese IT-Systeme und Algorithmen sind intransparent: Big Data in der Black Box. Im Kontext Schule ist der Begriff dafür Learning Analytics: die kleinteilige, psychometrische Vermessung der Lernenden per Kamera, Mikrofon und Eingaben per Tastatur oder Touchscreen. Alle Handlungen werden per Mustererkennung und Statistik ausgewertet. Prof. Dirk Ifenthaler (Universität Mannheim) schreibt zum möglichen Umfang der Datensammlung und die Funktion von Learning Analytics, es könnten damit: „datenbasierte Auskünfte über das Lernverhalten, Lernaktivitäten und Einstellungen in Echtzeit während des Lernprozesses erfasst und im weiteren Verlauf berücksichtigt werden. (Ifenthaler, 2016)

Alles, was an Daten über eine Person zusammengetragen werden kann, wird zur Profilierung und Lernprozessoptimierung ausgewertet.

Prozesssteuerung durch Systemoptimierung

Diese personalisierten Lernprozessdaten werden ergänzt um externe Daten (Merkmale der Lernenden, Interesse, Vorwissen, akademische Leistungen wie Testergebnisse usw.). Doch auch soziodemografische Daten wie das soziale Umfeld, persönliche Netzwerke oder Präferenzen hinsichtlich sozialer Medien – Datenspuren aus dem Privatleben, auf die Schulen an sich keinen Zugriff haben sollten – werden einbezogen. Das ist die Logik der Daten-Ökonomie: Alles, was an Daten über eine Person zusammengetragen werden kann, wird zur Profilierung und Lernprozessoptimierung ausgewertet. Doch nicht nur das eigene Verhalten fließt in die Lern- und Persönlichkeitsprofile ein. Auch Lernleistungen anderer Probanden werden zum Vergleich und zur „personalisierten“ Steuerung der Lernenden herangezogen. Christoph Meinel vom Hasso-Plattner-Institut, das die Schulcloud mitentwickelt, schreibt im HPI-Blog-Beitrag zu Bildungsdaten, dass Lernsysteme „… Vergleichsanalysen mit den Verhaltensdaten aller anderen jemals eingeloggten Lerner durchführen und darauf aufbauend die weiteren Interaktionen dem anvisierten Lernziel entsprechend steuern (können).“ (Meinel, 2020)

Lernsysteme würden sich „erinnern“ (genauer: speichern) welche Matheaufgaben nicht richtig gelöst würden, oft sogar die Ursache erkennen. Das System speichert, „welche Vokabeln nicht richtig sitzen und deshalb weiter geübt und trainiert werden müssten“.

Solche kleinteiligen Lernleistungsprüfung könnten Lernmanagement-, genauer: Lernkontrollsysteme, viel besser umsetzen als es Lehrkräften je möglich wäre. Durch „passgenaue Angebote“ (ein beliebtes Wort der Prozessoptimierer) würden Schwächen der Schüler/innen erkannt und überwunden und „zielgenau“ (ein ebenso beliebter Begriff), Stärken individuell gefördert. Die Ziele gibt selbstredend das Lernprogramm vor und sind für Lernende ebenso intransparent wie die Leistungsmessung. Dafür müsse man personenbezogene Daten und Klarnamen speichern. Das System müsse „wissen“, wer vor dem Bildschirm sitzt und dazu alle Interaktionen mit dem System aufzeichnen.

Das System speichert, welche Vokabeln nicht richtig sitzen und deshalb weiter geübt und trainiert werden müssten.

„In dieser Lern‐ und Arbeitsumgebung sind Klarnamen unerlässlich. Lehrer müssen Ihre Schüler erkennen, Schüler ihre Klassenkameraden, Teilnehmer ihre Arbeitsgemeinschaften.“ (Meinel, 2020)

An dieser Stelle könnte ein Exkurs stehen über (Pseudo)Anonymisierung und die einfache Re-Personalisierung von Daten oder die Unmöglichkeit, Rechner im Netz vor Angriffen zu schützen. (Lankau, 2016). Aber das Thema Datenschutz ist so wichtig und komplex, dass hier nur auf die Aktion „Keine Schülerdaten für US-Unternehmen“ (Bündnis, 2020) und auf Digitalcourage verwiesen werden kann, die den Big-Brother-Award 2020 u.a. an die Kultusministerin von Baden-Württemberg für das Beharren auf den Einsatz von US-Software verliehen hat. (Digitalcourage, 2020)

Informatiker denken in Systemstrukturen und Systemlogik. Ziele sind die Optimierung von Prozessen und valide Ergebnisse.

Kontrollphantasien vs. Individualität

Hier geht es um anderes: Informatiker denken in Systemstrukturen und Systemlogik. Ziele sind die Optimierung von Prozessen und valide Ergebnisse. Das funktioniert für technische Systeme. „Digitale Transformation“ von Schule und Unterricht heißt primär, Lernprozesse maschinenlesbar und automatisiert abprüfbar zu machen. Digitaltechnik ist dabei nur die technische Infrastruktur der digitalen Organisation von Schule und Unterricht. Bildungseinrichtungen werden ein Operationsfeld (und Markt) der Daten-Ökonomie. Der übergeordnete Begriff ist „Smart“: Smart Home, Smart City, Smart School, und bedeutet: Kameras, Mikrofone und Sensoren zeichnen menschliches Verhalten auf, werten es mit Hilfe von Datenbanken aus und beeinflussen Menschen in ihrem Verhalten. Daran geknüpft ist das Versprechen, über diese Methoden validierte Ergebnisse, etwa beim Lernen, zu „produzieren“.

Es sind rückwärtsgewandte Theorien, wie auch die Humankapitaltheorie von Gary Becker, Milton Friedman u.a. von der Chicago School of Economics.

Jede Technologie, die für Überwachung und Kontrolle genutzt werden kann, wird auch genutzt.

Nur: Sowohl die Kybernetik wie das „programmierte Lernen“ sind für soziale Prozesse gescheitert, die Professuren wurden in den 1970er Jahren nicht mehr besetzt. Es sind rückwärtsgewandte Theorien, wie auch die Humankapitaltheorie von Gary Becker, Mil- ton Friedman u.a. von der Chicago School of Economics. Sie sind unterkomplex und im Kern falsch, wie man es beim Preisträger des diesjähriger Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Amartya Sen, nachlesen kann. (Sen, 2020). Selbst die technische Entwicklung ist rückwärtsgewandt. Das heute propagierte Cloud-Computing ist im Prinzip das Großrechner-Konzept (Mainframe) der Nachkriegszeit in Rechenzentren bis Angang der 1980er Jahre. Nur stehen die heutigen Rechner nicht mehr vor Ort, sondern werden in Serverfarmen in der „Cloud“ zusammengeschaltet.

Wichtiger noch ist die zugrunde liegende Struktur und Systemlogik von IT-Systemen, die die amerikanische Wissenschaftlerin Shoshana Zuboff bereits 1988 (!) in drei Gesetzen zusammenfasste:

  • Was automatisiert werden kann, wird automatisiert.
  • Was in digitalisierte Information verwandelt werden kann, wird in digitalisierte Information verwandelt.
  • Jede Technologie, die für Überwachung und Kontrolle genutzt werden kann, wird, sofern dem keine Einschränkungen und Verbote entgegenstehen, für Überwachung und Kontrolle genutzt, unabhängig von ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung. (Zuboff 1988)

Die Einschränkung „sofern dem keine Einschränkungen und Verbote entgegenstehen“ sind nach den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 revidiert. Der letzte Satz lautet heute: Jede Technologie, die für Überwachung und Kontrolle genutzt werden kann, wird für Überwachung und Kontrolle genutzt, unabhängig von geltendem Recht und ursprünglichen Zweck. Zuboff hat diese Entwicklung bis in das heutige „Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ fortgeschrieben (Zuboff, 2018). Der Aufbau einer entsprechenden Netzwerk-Infrastruktur in Schulen legt tendenziell die Basis für das automatisierte, digitale Beschulen und Testen per Schulcloud. Wenn Gehorchen und Funktionieren das Ziel von Beschulung ist, kann man mit Lernprogrammen arbeiten. Drill, Lernbulimie und letztlich eine Überwachungspädagogik lassen sich digital ermöglichen.

Sigrid Hartong: Wir brauchen Daten, Daten, bessere Daten!

Datengestützte Schulentwicklung und Metrik statt Pädagogik

Eine datengestützte Schulentwicklung, wie sie Sigrid Hartong in Ihren Aufsatz „Wir brauchen Daten, noch mehr Daten, bessere Daten!“ (2018) formuliert und in ihrer Studie (Hartong 2019) ausführt, verschiebt den Fokus von der pädagogischen Arbeit in Richtung Metrik und Optimierung der Datenerhebung und Auswertung. Statt Lehrkräften werden Test- und Qualitätsmanager, Data Stewards (zur Kontrolle der Dateneingabe), Experten für Error Management u.ä. eingestellt. Der Aufbau einer IT-Infrastruktur bedeutet: Stellen für Systembetreuer/innen.

Der Stellenbedarf für IT-Support berechnet sich nach Anzahl der eingesetzten Endgeräte. Bei laut KMK aktuell knapp 11 Millionen Schülerinnen und Schülern und einem Schlüssel von einer Systembetreuer-Stelle pro 400 Endgeräten kommt man auf einen Bedarf von 27.500 IT-Stellen in Schulen. Bei einem Schlüssel von einer Support-Stelle für 300 Endgeräte (als Betreuungsschlüssel für Schulen realistischer) sind es mehr als 36.600 Stellen – für die Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt fehlen. „Der nicht hinlänglich sichergestellte IT-Support könnte sich als Achillesferse des Digitalpakts erweisen“, so die GEW-Studie (GEW, 2019).

Bei einem Schlüssel von einer Support-Stelle für 300 Endgeräte (als Betreuungsschlüssel für Schulen realistischer) sind es mehr als 36.600 Stelle, die gebraucht werden. Das gibt der Markt gar nicht her und kostet Unsummen.

Auch die Digital-Pakt-Gelder reichen bei weitem nicht. Laut GEW-Studie „Bildung. Weiter denken. Mehrbedarf für eine adäquate digitale Ausstattung der berufsbildenden Schulen“ vom September 2019 (GEW-Studie, 2019) liegen die Kosten um ein Vielfaches höher: Die bislang propagierten 5,5 Milliarden Euro des Digitalpaktes decken laut GEW-Studie nur knapp ein Viertel des Gesamtbedarfs aller Schulen. Allein für die Mindestausstattung der Berufsschulen, die ohne aktuelle Rechner und IT in der Tat nicht ausbilden könne, seien eine Milliarde Euro pro Jahr erforderlich, die Pakt-Gelder damit aufgebraucht. Für allgemeinbildende Schulen würden in den kommenden fünf Jahren weitere 15,76 Milliarden Euro benötigt. Daraus ergebe sich ein Gesamtbedarf von 21,025 Milliarden Euro – eine beachtliche Differenz von rund 15 Milliarden Euro.

Doch wer Pakt-Gelder abruft, sichert die Aktualisierung der Systeme über die Pakt-Laufzeit hinaus zu und muss so den Schuletat auf Jahre hinaus an die IT-Systemhäuser verpfänden. Zudem fehlen laut Bertelsmann-Studie in den nächsten Jahren alleine über 26.000 qualifizierte Grundschullehrerinnen und -lehrer. (Bertelsmann, 2019)

Wir stehen vor grundlegenden Entscheidungen. Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, „Verstehen zu lehren“? (Gruschka, 2011) Oder übernehmen wir Parameter der produzierenden Industrie (Produktion von Humankapital mit validierten Ergebnissen)?

Präsenzunterricht als Normalfall und DSGVO-konforme IT

Die Kosten sind das eine, der Bedarf an IT-Systembetreuern, zusätzlich zu pädagogischen Fachkräften, das andere. Dazu kommen ungeklärte Fragen zum Datenschutz, der nicht Daten, sondern Grundrechte wie das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die Privatsphäre schützt und nicht mal nebenbei außer Kraft gesetzt werden kann!

Prof. Dr. Andreas Gruschka: Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, Verstehen zu lehren?

Wir stehen vor grundlegenden Entscheidungen. Welche Schule wollen wir? Verstehen wir es weiterhin als Aufgabe der Pädagogik, „Verstehen zu lehren“? (Gruschka, 2011) Oder übernehmen wir Parameter der produzierenden Industrie (Produktion von Humankapital mit validierten Ergebnissen)? Ist die automatisierte Messbarkeit von Lernleistungen das Ziel oder haben Schulen einen Auftrag für Bildung und Persönlichkeitsentwicklung, der sich nicht utilitaristisch auf Ausbildung verkürzt? Bleiben Schulen soziale Orte, Schutzraum für den Präsenzunterricht und das Lernen in Sozialgemein- schaften? Wird Lehren und Lernen verstanden als soziale Interaktionen auf Basis von wechselseitiger Beziehung, Bindung und Vertrauen zwischen Menschen? Oder etablieren wir einen zunehmend „autonom“ agierenden Maschinenpark zum Beschulen der nächsten Generation? Technisch machbar ist der Aufbau der Infrastruktur für eine Überwachungspädagogik (Burchardt; Lankau 2020). Die Theorien und Methoden für die Automatisierung und Psychologisierung von Unterricht wurden vor mehr als 100 Jahren publiziert. Die Psycho-Technik wurde um 1900 ebenso zur Leitdisziplin des Psycho-Ingenieurs wie die „Lehre der unbegrenzten Formbarkeit des Einzelnen“. (Gelhard, 2011, 100)

Oder fehlt da nicht etwas? Für das Verständnis braucht man den Dialog und ein menschliches Gegenüber. (Lankau, 2020b) Technische Medien sind mögliche, keine notwendigen Hilfsmittel. Jochen Krautz hat in seiner Schrift „Digitalisierung als Gegenstand und Medium von Schule“ (Krautz, 2020) die grundlegenden pädagogischen Prämissen formuliert. In meinem Text „Alternative IT-Infrastruktur für Schule und Unterricht“ wird bis auf Hard- und Software-Ebene skizziert, wie man Digitaltechnik einsetzt, ohne Schülerdaten zu generieren. Der Untertitel präzisiert die Funktion von Medien(technik) in Schulen: „Wie man digitale Medientechnik zur Emanzipation und Förderung der Autonomie des Menschen einsetzt, statt sich von IT-Systemen und Algorithmen steuern zu lassen.“ (Lankau, 2020a) Denn es ist nicht die Technik an sich, die zu Fehlentwicklungen führt, sondern der Missbrauch für Partikularinteressen und/oder Geschäftsmodelle. Als digitale Variante ist der Aufbau eines technologischen Totalitarismus wie in China möglich. (Schirrmacher, 2015). Das gilt es zu verhindern.

Fazit

Aktuell ist es wichtiger denn je, den Einsatz von (Digital-)Technik in Schulen auf den konkreten pädagogischen Zweck und das angestrebte Bildungsziel zu hinterfragen. Schulen sind weder Vermessungsanstalten noch Datensammelstellen der Datenökonomie.

Schulen bereiten junge Menschen auf ein selbständiges und verantwortungsbewusstes Leben in Gemeinschaft vor. Im Mittelpunkt steht der Mensch, nicht (Digital-)Technik.

Zum Autor:

Prof. Dr. Ralf Lankau ist Grafiker und lehrt seit 2002 Digitaldesign, Mediengestaltung und -theorie an der HS Offenburg.


Quellen
:

Bernhardt, Christoph(2018) Die autogerechte Stadt ist eine Untote, in: Tagesspiegel vom23.03.2018; https://www.tagesspiegel.de/wissen/verkehrsplanung-die-autogerechte-stadt-ist-eine-untote/21097930.html (10.3.21)

Bleckmann, Paula (2012). Medienmündig, Stuttgart: Klett

Bowles, Nellie (2018) The Digital Gap Between Rich and Poor Kids Is Not What We Expected. New York Times, Oct. 26, 2018; https://www.nytimes.com/2018/10/26/style/digital-divide-screens-schools.html (12.3.21)

Bündnis (2020): Bündnis für humane Bildung. Keine Schülerdaten für US-Unternehmen, http://www.aufwach-s-en.de/2020/09/keine-schuelerdaten-fuer-us-unternehmen/  (24.10.2020)

Burchardt, Matthias; Lankau, Ralf (2020) Aufruf zur Besinnung. Humane Bildung statt Metrik und Technik, GBW e.BV., https://bildung-wissen.eu/fachbeitraege/humane-bildung-statt-metrik-und-technik.html

Digitalcourage (2020) BigBrother Awards 20202; https://bigbrotherawards.de/2020 und https://media.ccc.de/v/bba20 (24.10.2020)

Engzell, P., Frey, A., & Verhagen, M. D. (2020, October 29). Learning Inequality During the Covid-19 Pandemic. https://doi.org/10.31235/osf.io/ve4z7

GI (2020) Pressemeldung Gesellschaft für Informatik: GI startet „Offensive Digitale Schultransformation“ (18.05.2020), Web: https://offensive-digitale-schultransformation.de/

Gollnick, Ines (2019) VDI-Nachrichten: Willkommen im Autoland Deutschland, VDI-Nachrichten 08. Juli 2019. Das Bonner Haus der Geschichte widmet dem Verhältnis der Deutschen zu ihren Autos eine inspirierende Schau. https://www.vdi-nachrichten.com/karriere/willkommen-im-autoland-deutschland/

Lanier, Jaron (2018a) Anbruch einer neuen Zeit. Wie Virtual Reality unser Leben und unsere Gesellschaft verändert

Lanier, Jaron (2018b) Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst

Lankau, Ralf (2020) „Alternative IT-Infrastruktur für Schule und Unterricht. Wie man digitale Medientechnik zur Emanzipation und Förderung der Autonomie des Menschen einsetzt, statt sich von IT-Systemen und Algorithmen steuern zu lassen, https://bildung-wissen.eu/gbw-flugschriften ; PDF:https://bildung-wissen.eu/wp-content/uploads/2020/09/lankau_flugschrift_web.pdf

Lankau, Ralf (2016) Datenschutz? Gibt’s doch gar nicht. in: Paul Tarmann (Hrsg.) Datenschutz – „Big Data“ als gesellschaftliche und politische Herausforderung. Gesellschaft & Politik. Zeitschrift für soziales und wirtschaftliches Engagement,

Meinel, Christoph (2020a) Im internationalen Vergleich sind wir nicht gut aufgestellt, didacta-Themendienst; https://bildungsklick.de/schule/detail/im-internationalen-vergleich-sind-wir-nicht-gut-aufgestellt (19.2.2020)

Meinel, Christoph (2020b) Bildungsdaten der Schüler schützen (16.9.20) https://blog.hpi-schul-cloud.de/individuelle-foerderung-mit-interaktiven-lernsystemen/  (22.10.2020)

Merkle, Ralf (2020) Lernbegleiter: Synonym für pädagogische Arbeitsverweigerung. Ein Gespräch von Ralf Merkle, Landesgeschäftsführer Realschullehrerverband Baden-Württemberg RLV, mit Prof. Dr. phil. Ralf Lankau zum Titelthema „Digitale Transformation von Schule?“ in: Der Realist Heft 2/2020; S. 8-13 https://futur-iii.de/2020/12/18/lernbegleite-synonym-fuer-paedagogische-arbeitsverweigerung/ (11.03.21)

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